Die sexuelle Grundlage der Baukunst 71
Th. Reik (in „Internat. Zeitschr. f. ärztl. Psychoanalyse“, II [1914],
S. 59 ff.) weist darauf hin, daß unter den „Symbolisierungen des
Frauenleibes“ neben der Festung, dem Garten usw. auch das Ge-
bäude als Symbol des Frauenleibes auftritt.1 Der wesentliche Zug liegt
wiederum darin, daß Insassen wie Kinder beherbergt werden. So sagt
denn auch H. Zulliger („Beiträge zur Psychologie der Trauer- und
Bestattungsgebräuche“ in „Imago“, X.Bd., 1924, S. 225): „Der Herd
ist als Symbol für das Genitale genügsam bekannt, das Haus als
solches für die Mutter.“
Speziell für die Traumsymbolik hat Freud selbst in seiner
Aufführung von Beispielen typischer Symbole („Traumdeutung“,
Ges. Sehr., III. Bd., S. 70 f.) dargetan, daß Zimmer zumeist Frauen-
zimmer bedeuten.
Nach der Bedeutung des Bauwerkes und des Zimmerraumes als
mythologischen und Traumsymbols des Frauenleibes, und zwar be-
sonders des Mutterleibes, zeigt sich weiterhin ein analoger Sinn im
Bild der Höhle. Auch hier kann uns die Untersuchung der
mythologischen Symbolik durch C. G. Jung nützlich sein. Denn er
hat gefunden, daß verwandte Vorstellungen, wie z. B. Golf, Abgrund,
tiefes Tal zwischen hohen Bergen die Vagina, speziell den Mutter-
schoß bedeuten (Jung, 1. c., S. 264) und ferner, was sinngemäß hie-
her gehört, daß der Höhlendrache die „furchtbare Mutter“ bedeutet
(Jung, 1. c., S. 540 Az), — wie das Haus, so gilt also auch die Höhle
als Repräsentanz des Mutterleibes.
Alb. Dietrich („Mutter Erde“, 2. Aufl., S. 101) unterstützt solche
Deutung durch den Hinweis darauf, daß gemäß der „ältesten, echten
Volksreligion“ die Erdgrube mit dem weiblichen Schoß für identisch
l) Man vgl. auch über Symbole des Frauenleibes die Kapitel „Erde,
Paradies“, „Stadt, Festung“, „Verschlossen“ und „Tor, Tür, Fenster“ bei
Storfer: „Marias jungfräuliche Mutterschaft. Ein völkerpsychologisches Frag-
ment zur Sexualsymbolik“, Berlin 1914.
Th. Reik (in „Internat. Zeitschr. f. ärztl. Psychoanalyse“, II [1914],
S. 59 ff.) weist darauf hin, daß unter den „Symbolisierungen des
Frauenleibes“ neben der Festung, dem Garten usw. auch das Ge-
bäude als Symbol des Frauenleibes auftritt.1 Der wesentliche Zug liegt
wiederum darin, daß Insassen wie Kinder beherbergt werden. So sagt
denn auch H. Zulliger („Beiträge zur Psychologie der Trauer- und
Bestattungsgebräuche“ in „Imago“, X.Bd., 1924, S. 225): „Der Herd
ist als Symbol für das Genitale genügsam bekannt, das Haus als
solches für die Mutter.“
Speziell für die Traumsymbolik hat Freud selbst in seiner
Aufführung von Beispielen typischer Symbole („Traumdeutung“,
Ges. Sehr., III. Bd., S. 70 f.) dargetan, daß Zimmer zumeist Frauen-
zimmer bedeuten.
Nach der Bedeutung des Bauwerkes und des Zimmerraumes als
mythologischen und Traumsymbols des Frauenleibes, und zwar be-
sonders des Mutterleibes, zeigt sich weiterhin ein analoger Sinn im
Bild der Höhle. Auch hier kann uns die Untersuchung der
mythologischen Symbolik durch C. G. Jung nützlich sein. Denn er
hat gefunden, daß verwandte Vorstellungen, wie z. B. Golf, Abgrund,
tiefes Tal zwischen hohen Bergen die Vagina, speziell den Mutter-
schoß bedeuten (Jung, 1. c., S. 264) und ferner, was sinngemäß hie-
her gehört, daß der Höhlendrache die „furchtbare Mutter“ bedeutet
(Jung, 1. c., S. 540 Az), — wie das Haus, so gilt also auch die Höhle
als Repräsentanz des Mutterleibes.
Alb. Dietrich („Mutter Erde“, 2. Aufl., S. 101) unterstützt solche
Deutung durch den Hinweis darauf, daß gemäß der „ältesten, echten
Volksreligion“ die Erdgrube mit dem weiblichen Schoß für identisch
l) Man vgl. auch über Symbole des Frauenleibes die Kapitel „Erde,
Paradies“, „Stadt, Festung“, „Verschlossen“ und „Tor, Tür, Fenster“ bei
Storfer: „Marias jungfräuliche Mutterschaft. Ein völkerpsychologisches Frag-
ment zur Sexualsymbolik“, Berlin 1914.