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Sydow, Eckart von
Primitive Kunst und Psychoanalyse: eine Studie über die sexuelle Grundlage der bildenden Künste der Naturvölker — Leipzig, Wien, Zürich: Internationler Psychoanalytischer Verlag, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.69943#0015
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I. KAPITEL
DIE WIEDERERWECKUNG DER
PRIMITIVEN KUNST
Die Kunst der Naturvölker steht seit kurzer Zeit erst im Blick-
punkte der Kunstanschauungen Europas, — ihr Gebiet ist die letzte
Eroberung der Kunsthistorie. Jugendfrisch ist die innere und äußere
Anteilnahme, die ihr zuteil wird. Das ist ihr Glück, — aber fast
ebensosehr ihr Unheil. Die paradoxe Lage, die jeder erlebt, der
exotisch-primitive Dinge studiert, kann man kurz so formulieren:
gerade, weil es heute leichter wurde, von diesen Dingen zu sprechen,
eben darum ist es auch um soviel schwieriger geworden.
Wie war es doch vor etwa zehn bis zwanzig Jahren? Fabelhaft
und berauschend schwül klang damals alles, was mit „Exotik“, ab-
stoßend und grauenvoll, was mit „Primitivität“ zusammenhing.
Romantischer Reiz umschwebte die Fernen: Forschungsreisen —
Überfälle — Urwälder ... all das klang in jenen Worten fremd-
artig und anziehend und abweisend mit. Auch der Besuch völker-
kundlicher Museen konnte an diesem starken, doppelseitigen Gefühl
nicht viel ändern. Ging man durch solch eine Sammlung, so hatte
man durchaus den Eindruck von etwas Chaotischem, durchaus
 
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