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In Amerika hat man vielleicht am klarsten die Notwendigkeit der Stadt*
bekrönung erkannt. Eine große Strömung setzte ein, die sich zur besonderen
Aufgabe die Schaffung von Mittelpunkten im Stadtbilde machte. Der »City*
Club« in Chicago erließ einen Wettbewerb für die Ausgestaltung von N ebem
mittelpunkten im Erweiterungsgebiete der Großstädte. Charakteristisch für
die Anschauungsweise der Amerikaner diesem Problem gegenüber ist die
Äußerung von Frederic C. Howe: »Es gab drei große Zeitabschnitte, in
denen der Städtebau die Gedanken und Träume des Menschen anregte:
die Zeit der Antonine, in der das römische Volk mit Begeisterung sich der
Verschönerung seiner Städte widmete; das Mittelalter in den Städten Ita«
liens, Frankreichs, Deutschlands und der Niederlande, deren Denkmäler
die erwachsende Liebe und den Stolz der zu junger Freiheit gelangten Bür*
ger bekunden, und jetzt im 20. Jahrhundert, in dem das deutsche Volk seinen
Stolz auf das Vaterland und sein Machtgefühl in Denkmälern von demselben
Sinn für Dauer und künstlerischen Glanz bekundet.«

Cornelius Gurlitt charakterisiert die amerikanischen Bestrebungen in einem
Literaturbericht im »Städtebau« folgendermaßen: »Da gibt es vor allem
sehr lehrreiche Bücher, deren Ziel es ist, ein geregeltes Bauwesen für eine
Stadt vorzubereiten. Es wird zumeist darauf gesehen, ein Civic Centre zu
schaffen, d. h. für die Mitte der Stadt eine großartige Platz* und Straßen*
anlage zu entwerfen, die mit allen Mitteln der Kunst ausgestattet werden
soll. Die Größe ist das Entscheidende unter diesen Kunstmitteln: Straßen
von 100 Metern Breite, eingefaßt von zwölfgeschossigen Häusern, in der
Mitte ein riesiges Capitol oder Municipal Building. Selten findet man eine
klare Berechnung der Kosten für Grunderwerb, Straßenbau, Bau der öffent-
lichen Gebäude, noch weniger darüber, wie diese Kosten auf die Schultern
der Steuerzahler verteilt werden sollen. Eine sichere Hoffnung auf die Kraft
der Zukunft läßt den großartigsten Plan als den willkommensten erscheinen.
Die Städtebauausschüsse sparen nicht Vergleiche mit den großen europä«
ischen Städten, um das zu zeigen, worin diese die amerikanischen übertreffen.
Der ,wohlbekannte Unternehmungsgeist und hohe Bürgerstolz berechtigt
zu großen Hoffnungen für die Zukunft der Stadt1, heißt es im Bericht für
Rochester.«

Wie ideal gerichtet diese Bestrebungen sind, mögen die folgenden Worte
dartun, die George B. Ford, Berater des Ausschusses für den Stadtplan der
Stadt New York am 21. April 1916 auf der Nationalversammlung zur Schaff
fung von Gemeinschaftsmittelpunkten sprach. »Es genügt nicht, die ver-

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