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stufen übersteigend, transzendental gerichtet sein, ja sie muß es für alle die,
denen das Haben nicht das Erhabene ist. Wenn Horaz mit der Stirn die
Gestirne berühren möchte, so haftet er nicht weniger an der Erde, als wenn
er den Wein besingt; die aber sich entäußern, sich völlig verlieren, sich
ohne Sinn und Wollen dem Alltäglichen, Allbindenden enthaftet und ent*
rückt fühlen, die gleiten in die Unendlichkeit. Erst mit den Sternen ge*
winnen wir das Leben ganz.

Wie der Kampf um die Versorgung allein durch soziale Kultur behoben
werden kann, so müssen wir von dem ziviliserten Geschmäcklertum zum
Kultus der Kunst gelangen. Gloria mundi et coeli.

O du mondbeschienene Stadt, o du Ferne der Welt —

Wir errichten die Stadt und das Reich, aber das Sicherste und Reichste
im Menschen ist die Güte, mit der er den anderen und sich selber hilft.
Dies war auch ehedem so, aber nur wenige vermochten den Zusammenhang
ihres eigenen Lebens mit dem allgemeinen und großen inneren Glücks*
gefühl zu erkennen. Nun haben wir kraft unseres Wollens und Könnens
ein äußeres Abbild dieses Aufstiegs errichtet. Nicht die Hütte und nicht
der Palast, kein Dorf und keine Stadtanlage, keine milde oder schroffe
Herrschgewalt schließen die letzte Bestimmung in sich. Was die Menschen
nach oben ins Glück reißt, was sie nach unten in die Verdammnis stößt,
das ist das Geheimnis, dem nur die erkennende Güte beizukommen weiß.
Heilig und schön ist alles im Urgrund des Weltwesens, doch bedroht von
Verzerrung. Unantastbar das Nichts.

Helles Land, grenzenlos offen allen Strömen des Geistes,
in Dir sind wir gekrönt, deine Sonne ist unser nie erlöschender Stem.
Die Religion in ihrer herkömmlichen Bedeutung als Bindung an Gegeben*
heiten war dem Staate von jeher ein wertvolles Hilfsmittel für seine eigenen
Interessen. Wenn sie sich in höhere Sphären verflüchtigte, ließen die Macht*
haber sie fallen. Der Staat als personifiziertes Ordnungsgebilde hängt an
dem ausgestreckten Finger des menschenähnlichen Gottes. Götzendienst
und Untertänigkeit sind die stets wiederkehrenden Formen der äußeren
Frömmigkeit, die keine Scheinheiligkeit, und der lieblosen Gewalt, die
keine aristokratische oder ochlokratische Tyrannis zu sein braucht. Abkehr
von den niederen Geboten der Ichsucht, Aufgabe des Ichs in der Hin*
gabe an die höhere Gemeinschaft sind die Auflösung uralter politisch#

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