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suchen müssen. Hier, bei Sano di Pietro, bei Fiorenzo di Lorenzo, dem
herrlichen Künstler, bei Stephan Lochner, folgt aller Reichtum aus der Ein?
heit, die hinter und über dem Schöpfer steht. Ihr Klang ist Gold. Sobald
aber in den Goldgrund das erste Loch geschnitten ist, sobald der blaue
Tageshimmel seine klare Richtigkeit durchsetzt, muß die verlorene natiir<-
liche Einheit von einer neuen Basis aus künstlich gesucht werden. Bis dahin
war der schließende Riegel der Einheit außerhalb. Welche Bedeutung es
hat, daß nun die Einheit sich im Bilde zusammenfinden muß, wird uns an
einer späteren Stelle beschäftigen. Hier werde aber doch Piero della Frans
cesca genannt, bei dem, eine kurze Weile, sich alles Einzelne noch bettet in
eine zarte transzendentale Einheit. Ihr Klang ist Silber. Ihre tiefe innige
Gebundenheit vermag selbst einem Bildnis — der Battista Sforza — in einer
bunten Umwelt der Zeitgenossen etwas Übersinnliches, tief Allgemein*
gültiges zu verleihen. Im übrigen sind wir hier bei Entscheidungen angelangt,
von denen aus die Frage des Gesamtkunstwerkes von neuem zu beurteilen
wäre.

Trotz allen Mißverständnissen ist das Gesamtkunstwerk das Ziel — nicht
freilich das aus Teilen zusammengesetzte, das über die Summe seiner
Teile nie hinausgelangt, sondern jenes, das, gleichgültig, welcher und wie#
vieler Mittel es sich bedient, doch alle Saiten zum Schwingen bringt, weil
es aus einer Höhe hergeht, in der noch alles gesammelte Einheit ist. So
kommt Webers »Oberon« aus der Einheit, während das Werk Richard
Wagners zur Einheit will.

Bei Rogier van der Weyden hat sich das Bild nun von der Baukunst ganz
gelöst. Ich nenne diesen Namen, weil sein Triptychon mit dem Hl. Lucas,
der die Madonna malt, die Konsequenzen dieser Trennung so besonders
deutlich erkennen läßt. Rogier ist nicht denkbar ohne die Arbeit der Brüder
van Eyk, von denen die Kunstgeschichte mit Recht lehrt, daß sie für sich
angeknüpft hätten an die kleinen und genauen, ausführlichen und bunten
Lebensdarstellungen der Buchmaler, deren zarte Illustrationen sie zu glän-
zenden Ölgemälden Vergrößerten. Rechnet aber die Kunstgeschichte ihnen
dieses zum Verdienst an — »weshalb sollten sie denn das Gute nichtnehmen,
wo sie es fanden?« — so sehen wir damit, in Konsequenz unserer früheren
Ausführungen, einen entscheidenden Schritt der Tiefe zu getan. Jetzt erst
entsteht der moderne Begriff des »Bildes« als einer bemalten, freien, beweg*
lichen, gerahmten Tafel. Und wir unterstreichen es, daß es Bücher, Bilder*

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