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Teske, Hans
Thomasin von Zerclaere: der Mann und sein Werk — Heidelberg: Winter, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.47780#0109
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s. Die Ensenhamens. 8A
Ern großer Teil der ersten Troubadours ist gelehrten Standes, hat
eine Schule besucht. So kann Willibald Schrötter^ reiche Belege
für ihre Ovidkenntnis und -benutzung häufen, doch zugleich zeigt er,
wie und worin Ovid und die Troubadours auseinandergehen. Was
bei dem heidnischen Römer rein dichterisch und zeitlos ist, erscheint hier
in bestimmter Weise verarbeitet und auf zeitlich bedingte, einmalige
Verhältnisse umgemünzt. Es fügt sich in die mittelalterliche Ordnung
ein. Es wird unpersönlicher, allgemeiner. Es wird vom Ständischen,
Gebundenen her erfaßt, mit den Anschauungen des feudalen Rechts
erfüllt. Es wird vom Christentum und in der christlichen Welt vergeistigt,
entsinnlicht und geläutert. Mährend bei Ovid die Liebe krank und
elend macht und den Verlust des vernünftigen Willens herbeiführt^,
heißt es bei Thomasin nur, sie mache viser vcison man, sie gäbe äem
tarn mär nürrisebeit (1180f.), Unheil bereite sie nur dem, der sich von
ihr überwinden lasse (1196). Man soll sich jedoch nicht ihr hingeben,
sondern sie mit selroonein sinne tragen (1177). Dann kann sie, wird
sie den Menschen edler machen, ihn erhöhen und bessern.
Christlicher Spiritualismus und Kenntnis der heidnisch-antiken
Dichter begegnen sich bei den gelehrten Troubadours, bei jenen Män-
nern, die als Berater in den Fragen der eortarin an den Höfen weilen,
die auf diesem Gebiete dem Herren und der Herrin dasselbe bedeuten
wie in geistlichen Dingen der Hauskaplan^. Nicht selten mag gar
Troubadour und eapellanus ein und dieselbe Person gewesen sein oder
mag jener das Lied gedichtet, dieser die Lehre gegeben haben. Geist-
licher ist schon der Thomasin des welschen Ensenhamens, ein Geistlicher
ist auch jener Andreas, dem wir die umfangreichste Minnelehre des aus-
gehenden 12. Jahrhunderts verdanken^. Aus dein Geiste der Trou-
badours, wohl vertraut mit den Höfen und Herrinnen, schreibt er für
seinen jungen Freund Walther in lateinischer Sprache drei Bücher von
der Liebe, wie man sie erwerbe, behaupte, sich vor ihr hüte. Andreas
kennt Ovid, er beruft sich des öfteren auf ihn, auf die Trs, die Remeäin,
die Tristitieu, Metamorphosen und Episteln, er führt Horaz und Lucan
an, nennt Cicero, Donat, Marcianns, die heilige Schrift. Auch zeit-
genössische Dichtung ist ihm vertraut, so spricht er von Artus, von
Ovid und die Troubadours. Halle 1908.
ebd. 109.
Wechßler (Amu. 340) 42f. u. ö.
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M-suiue 1892. DazuBreysifl, Die Zukunft 43 (1803) 13 ff.; Baethgen, TVjschr-
LüW. 6 (1S27) 47f.; S8ff.; Manitius (Anm. 332) 111 282- 286. Für die weite
Verbreitung des Werkes vgl. a. Grabmann, 8peenlum 7 (1932) 78ff.
 
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