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Teske, Hans
Thomasin von Zerclaere: der Mann und sein Werk — Heidelberg: Winter, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.47780#0116
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06

II. Thvmasiu von Zerclaere.

Reinheit und Vollkommenheit versuchen sie in diesem Leben zu ver-
wirklichen. Seit dem 11. Jahrhundert schon bemühen sich die Päpste,
der drohenden Gefahr Herr zu werden. Doch die Predigten ihrer
Sendlings verhallen un gehört, Gewalt fruchtet nichts. Umsonst ver-
sucht es Alexander III. 1180 mit einem Kreuzzuge^".
Das 12. Jahrhundert ist das blühendste Jahrhundert Südsrank-
reichs. Es ist die klassische Zeit der Troubadourdichtung, das Jahr-
hundert, in dem eine ästhetisch-humane Kultur von hier aus die Bildung
des ganzen Abendlandes befruchtet. Es ist zugleich die Zeit, in der die
Lehre der Katharer, der Reinen, ihre weiteste Verbreitung erreicht.
Es glückt ihren Bekennern, inmitten der orthodoxen Welt eine eigene,
festorganisierte Kirche zu gründen, den Edikten und Gesetzen von
Kaisern und Kirchenfürsten zu trotzen^. Das Fahrzeug Petri selbst
ist von den hochgehenden Wellen bedroht. Jnnocenz III. übernimmt
von seinen Vorgängern eine erschütterte Christenheit. Er weiß, was
seiner harrt, und greift schon in seinem ersten Pontifikatsjahre die
Aufgabe au?-'. Es ist eine schwere Aufgabe. Ungezählte Menschen sind
von der Irrlehre ergriffen, über tausend Städte von ihr angesteckt, fast
alle Großen des Landes hängen ihr an oder begünstigen sie. Der
König von Aragonien, Graf Raimund von Toulouse, die Grafen von
Coniming.es, von Foix, von Bearn, sie alle sind Förderer der Dichtung
und zugleich Gönner der Ketzer^. Gegen sie richtet sich der Zorn des
Papstes. Da Ermahnungen nichts helfen, ruft er nordfranzösische
Herren unter der Führung Simons von Montfort ins Land. Und nun
geht es Schritt für Schritt vorwärts. 1213 verliert der König von
Aragonien das Leben, siegend und mordend durchzieht ein Kreuzheer
das blühende Land^. Im Januar 1215 schließt das Konzil von Mont-
pellier diesen düsteren Abschnitt der südfranzösischen Geschichte ab°^.
Die Ketzerei ist in Blut und Feuer erstickt. Graf Raimund wird ab-
gesetzt und muß in die Verbannung gehen. Das Land ist verödet,
die Blütezeit der Troubadourdichtung geht zur Neiget
Thomasin ist in seiner Jugend, in Jahren, die noch nicht weit
zurückliegen, tief in die provenzalische Dichtung und Bildung einge-
taucht. Mit vollen Zügen hat er ihren Geist in sich ausgenommen. Nun

Hefele (Aum. 198) V? 835ff. Tkelve (Amu. 519) c>. a. O-
Inixie. Lp. I 94, Migne 214, 81 ff.
Anglade (Anm. 353) 174f.
'"4 Imvimiro, Na oroisaäs ües (Anm. 96, Bd. II), Paris 1906. llöff.
Hefele (Amu. 198) V? 857ff.
Anylade (Anm. 353) 21.
 
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