Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Teske, Hans
Thomasin von Zerclaere: der Mann und sein Werk — Heidelberg: Winter, 1933

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47780#0160
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
140

II. Thomasin von Zerclaere.

eine Art Verhör, wobei man selbst antwortet, Teilung (ckistributio),
Selbstverbesserung (oorreotio vel unto vel postguum ckixeris), Selbst-
schutz (praenmnitio) vor einem zu erwartenden Angriff, all das sind
Satzfiguren, die Cicero empfiehlt, die wir zugleich im Welschen Gast
wiederfindeu. Ju derWahlvon Wortfiguren hält sich Thomasin zurück.
Rauke beobachtet vor allem die Paarung von Synonymen, Aufzäh-
lungen jeder Art, Häufung von Antithesen, Anapher, Wiederholung mit
Wortspiel, etymologische Figuren. Auch sie stehen im Einklänge mit
der schulgerechten Poetik, ebenso wie der Schmuck der Rede durch Bilder,
Gleichnisse und Sentenzen. Es erübrigt sich, das im einzelnen nachzu-
weisen. Die Feststellung, daß Thomasin mit den Regeln der Poetik
und Rhetorik vertraut ist und einen, wenn auch maßvollen Gebrauch
von den von ihr gespendeten Mitteln macht, mag genügen.
Neue Aufschlüsse bieten sich erst, wenn wir noch einmal zu der
Vorrede zurückkehren. Der Dichter hat sein Thema genannt. Dann
folgt ein längerer Abschnitt über die Sprache, der deutlich iu zwei Teile
zerfällt. Die zweite Hälfte (55ff.) ist eine exeusatio, man könnte viel-
leicht auch mit Cicero^ von einer pruemunitio uck ick, yuock uckgreckiure
sprechen. Der Dichter bittet, ihm gewisse Verstöße gegen die Dichtkunst
nicht zu schwer auzukreideu. Da er nicht deutscher Abstammung und
Muttersprache sei, könne es ihm leicht geschehen, daß er einen zu langen
oder zu kurzen Vers baue°^, oder daß er einen Sprachschnitzer mache.
Wichtiger noch ist der erste Teil dieses Abschnittes (33—34). Da heißt
es, Thomasin wolle — obwohl er velbiZvbe Kun — keine welschen
Wörter in sein Gedicht mischen. Das Gewand seiner Sittenlehre solle
vielmehr von süno Gebote sm ein vor (38). Damit will er jedoch keines-
wegs diejenigen tadeln, die ihr Deutsch Mit Welsch strüeln. Im Gegen-
teil kann das sehr nützlich sein, da auf diese Weise ein Unkundiger, der
nicht selber welsch versteht, cker spuebeu vorte barte vil (45) lerne. Im
Falle des vorliegenden Werkes dagegen sei es unangebracht und würde
den Zweck der Arbeit umbiegeu; denn diesmal hat der Dichter emu
anckeru siu erkor n (50), diesmal kommt es ihm darauf an, daß man
auf ihn höre und ihn gut verstehe.
Welsche Wörter sind hier natürlich nicht italienische oder gar friau-
lische Eindringsel, vor denen sich Thomasin hüten will. Es kann sich
nur um provenzalische und französische Kunstwörter handeln. Schon
Horaz gestattet ja dem Dichter verbn Araeeo tonte (cks arte poet. 52f.),
cke orat. 111 88, z 204.
zur llbs. dieser Stelle vgl.B e ch, Germania 7 (1862) 79; Ranke (Amn.241)
86 f. Zu Rückerts (anderer) Auffassung kehrt Wolff, ZDA. 67 (1930) 266 zurück.
 
Annotationen