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Paul Thieme
V. Hekatombe
1. Die Erklärung des Eustathios zu A 66, ^ 130, exaröjußrj meine
eigentlich (xvqicos) eine dvoia ... ei exaröv ßocov, bezeichne allerdings
mißbräuchlich {xaTay^orixcog) einfach ein Opfer ex noXXmv ... 'Qwojv.
ist von der modernen Sprachwissenschaft übernommen worden. Die
wenigsten werden daran zweifeln, daß exaxojußr] ein Kompositum
aus ixarov ,,100“ und der vorgriechischen Fortsetzung des idg.
Stammes *gu- „Rind“, erweitert durch ein Bildungselement ä,
also einem *-ßfa ist, somit einem möglichen vedischen *satagvä so
vollkommen wie möglich entspricht. Es bedarf kaum noch des von
Bloomfield, Am. J. Ph. XVII 422 ff., scharfsinnig und erfolgreich
geführten Nachweises, daß die vedischen nävagva, däsagva, atithigvä
und etagva den sowieso als selbstverständlich voraussetzbaren Bil-
dungstyp eines Kompositums mit *gu-o/gu-ä im Hinterglied tat-
sächlich vertreten.
Können wir heute die Vermutung des Eustathios — die gewißlich
nur die übliche antike Auffassung reflektiert1) — nach der Seite
der Laut- und Formverhältnisse mit aller nur wünschenswerten
Präzision historisch begründen, so sind wir bisher, was die Be-
deutung anbelangt, allerdings kaum einen wesentlichen Schritt über
ihn hinausgekommen. Wenn Bloomfield rücksichtlich des homeri-
schen Gebrauchs des Wortes bemerkt: “the meaning of its compo-
nent parts must have been thoroughly lost sight of before Peleus,
II. XXIII 146 could promise a hecatomb of fifty rams” etc. (o. c.
424, Anm. 1), so wird hier zwar der Versuch gemacht, die ,,Miß-
bräu chlichkeit“ als Ergebnis einer geschichtlichen Entwicklung ver-
ständlich zu machen, aber diese Entwicklung selbst läßt sich als ein
notwendiger Vorgang —- im Gegensatz zur lautlichen: *-ßfa > -ßrj
— nicht erweisen.
Ja, manchen erscheint sie so wenig einleuchtend, daß sie bereit
sind, auf die übliche Analyse zu verzichten, van Leeuwen, Ilias
1 Sie liegt der Formulierung von Athen. I 5 zugrunde, wo von Konon er-
zählt wird, er habe nach dem Siege von Knidos alle Athener bewirtet sxazöfißrjv
kJ övu d'voag xai ov ipEvdcovvf.uxig (Stengel, bei Pauly-Wissowa s. v. Ey.azö/.ißr/).
Paul Thieme
V. Hekatombe
1. Die Erklärung des Eustathios zu A 66, ^ 130, exaröjußrj meine
eigentlich (xvqicos) eine dvoia ... ei exaröv ßocov, bezeichne allerdings
mißbräuchlich {xaTay^orixcog) einfach ein Opfer ex noXXmv ... 'Qwojv.
ist von der modernen Sprachwissenschaft übernommen worden. Die
wenigsten werden daran zweifeln, daß exaxojußr] ein Kompositum
aus ixarov ,,100“ und der vorgriechischen Fortsetzung des idg.
Stammes *gu- „Rind“, erweitert durch ein Bildungselement ä,
also einem *-ßfa ist, somit einem möglichen vedischen *satagvä so
vollkommen wie möglich entspricht. Es bedarf kaum noch des von
Bloomfield, Am. J. Ph. XVII 422 ff., scharfsinnig und erfolgreich
geführten Nachweises, daß die vedischen nävagva, däsagva, atithigvä
und etagva den sowieso als selbstverständlich voraussetzbaren Bil-
dungstyp eines Kompositums mit *gu-o/gu-ä im Hinterglied tat-
sächlich vertreten.
Können wir heute die Vermutung des Eustathios — die gewißlich
nur die übliche antike Auffassung reflektiert1) — nach der Seite
der Laut- und Formverhältnisse mit aller nur wünschenswerten
Präzision historisch begründen, so sind wir bisher, was die Be-
deutung anbelangt, allerdings kaum einen wesentlichen Schritt über
ihn hinausgekommen. Wenn Bloomfield rücksichtlich des homeri-
schen Gebrauchs des Wortes bemerkt: “the meaning of its compo-
nent parts must have been thoroughly lost sight of before Peleus,
II. XXIII 146 could promise a hecatomb of fifty rams” etc. (o. c.
424, Anm. 1), so wird hier zwar der Versuch gemacht, die ,,Miß-
bräu chlichkeit“ als Ergebnis einer geschichtlichen Entwicklung ver-
ständlich zu machen, aber diese Entwicklung selbst läßt sich als ein
notwendiger Vorgang —- im Gegensatz zur lautlichen: *-ßfa > -ßrj
— nicht erweisen.
Ja, manchen erscheint sie so wenig einleuchtend, daß sie bereit
sind, auf die übliche Analyse zu verzichten, van Leeuwen, Ilias
1 Sie liegt der Formulierung von Athen. I 5 zugrunde, wo von Konon er-
zählt wird, er habe nach dem Siege von Knidos alle Athener bewirtet sxazöfißrjv
kJ övu d'voag xai ov ipEvdcovvf.uxig (Stengel, bei Pauly-Wissowa s. v. Ey.azö/.ißr/).