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warte anhaftete, der von den acht Winden aus mitbestimmend auf die Gestalt des Turmes einwirkte und so das
Oktogon mit hervorgerufen hat. In einer Stadt der Naturbeobachtungen und Naturwissenschaften, wie Alexandria,
wäre dies durchaus verständlich.') Es folgt dann das dritte zylindrische Geschoß. Die durch die Münzen als oberster
Abschluß gesicherte Kolossalfigur verlangt als Stützpunkt darunter ein Kegeldach.2) Die Feuerstelle unter diesem aber
erfordert eine möglichst offene und doch vor dem Wind teilweise geschützte Umschließung. Das führt zu einem
Säulenrundbau auf geschlossenem, zylindrischem Sockel mit einfachem Kegeldach. Die Interkolummien waren viel-
leicht teilweise oder abwechselnd vergittert, ähnlich wie am Vestatempel in Rom. Der Rundbau ist in der Antike von
jeher der architektonische Behälter für Feuerstellen gewesen.

Im Innern des Turmes lag zu unterst ein großes Trinkwasserreservoir für die Turmbesatzung. Es war ein ge-
wölbter Raum mit vier mächtigen Tragepfeilern im Innern, deren Füße, wie es scheint, krebsartig aus härtestem
Material gebildet waren. Über diesem Reservoir scheint ein großer quadratischer Mittelsaal (ca. 10 m Seite) mit kreuz-

Abb. 65. Kastell Kait-bey von Südosten gesehen; noch vor 1904 (Aufnahme von van Berchem).

förmiger Nischenerweiterung gelegen zu haben, an dem seitlich vorbei die Treppe zum Reservoir hinabführte. Erst
über jenem Saal kam der hochgelegene Turmeingang. Auf dem Niveau seiner Türschwelle begann die berühmte innere
•Aufgangsrampe, die „Schnecke", so bequem in niedrigen Absätzen angelegt, daß man hinaufreiten konnte. Dieser
Aufgang umzog einen zentralen Schacht von quadratischem Querschnitt, der von oben bis unten durch den ganzen
Turm hindurch ging. Durch Türen gelangte man von der Rampe aus in die außen ringsum angelegten vielen Kammern,
deren 16 bis 20 in jedem Stockwerk gewesen sein müssen, und die durch die schon erwähnten Fensterchen von
außen beleuchtet waren. In den beiden oberen Geschossen waren keine Kammern mehr vorgesehen. Wahrscheinlich
waren alle Kammern wie auch der Rampenaufgang gewölbt. Für den Wasserraum im Unterbau ist ja die Gewölbe-
form ausdrücklich bezeugt.

Bei aller Großartigkeit im Aufbau ist der Pharos, was Schmuck anbelangt, äußerst einfach gewesen. Diese Eigen-
schaft liegt in der Natur seiner Bestimmung. Es lassen sich unmittelbar auf ihn die Worte eines modernen Architekten
anwenden, mit denen Reynaud, Traite d'architecture II, p. 471 den Charakter der Leuchttürme treffend kennzeichnet:
„Les phares ne sont pas des ceuvres de luxe, ce sont des edifices d'utilite public, et il convient d'autant mieux de
leur conserver ce caractere avec toute la simplicite, qu'il comporte que la plupart d'entre eux sont etablis loin de

1) Zur achtteiligen Windrose, Aristoteles und Alexandria siehe oben S. 80. 2) In gleicher Weise stand eine Kolossalfigur auf der

Spitze der Leuchttürme von Aigeai, Messina und Ostia. Eine Kolossalfigur des Poseidon am Quai von Kenchreai erwähnt Pausanias II, 2, 1.
Auch auf pompeianischen Wandbildern ist es zuweilen eine Statue, welche das Kegeldach kleiner Rundbauten abschließt, die mit Vorliebe an
Ufern stehen (vgl. Abb. 64). - Tritone als Akroterien sah Pausanias 11, 1, 7, auf dem Haupttempel des Poseidon am Isthmos (vgl. die Münzen
des Geta bei Blumer-Gardner, Num. Comm. on Pausanias pl. D, 49 u. 50).
 
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