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Thode, Henry; Michelangelo; Michelangelo [Mitarb.]
Michelangelo: kritische Untersuchungen über seine Werke; als Anhang zu dem Werke Michelangelo und das Ende der Renaissance (Band 2) — Berlin: Grote, 1908

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Deutung einzelner Figuren

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Buonarroti, in welcher Furcht wird man zittern, wenn wir uns von
Dem gerichtet sehen, der uns richten soll?"
Mit welcher Verbindlichkeit Michelangelo diese ausschweifen-
den Phantasieen des geschwätzigen Mannes beantwortet, habe ich
im ersten Bande meines „Michelangelo" (S. 93) mitgetheilt.
V
Deutung einzelner Figuren
Nur wenige Gestalten sind von Vasari (schon in der I. Auflage)
benannt. Er sagt, Christus sei von Aposteln und Propheten um-
geben, und hebt Adam, Petrus, Bartholomäus und Lorenzo hervor.
Die Gruppe der stürzenden Verdammten bezeichnet er als die der
sieben Todsünden, die als Teufel dargestellt seien (von ihnen führt
er an die Invidiosi, Superbi, Avari und Lussuriosi) und nennt Charon.
Condivi erwähnt von den Christus Umgebenden Johannes den Täufer
(doppo Maria), die zwölf Apostel und „i santi e sante de Iddio".
Unter ihnen die Märtyrer: Andreas, Bartholomäus, Lorenzo, Se-
bastian, Biagio und Katharina. Spricht er auch nicht direkt von
den sieben Todsünden, so sagt er doch, dass die Sünder von den
Teufeln nach unten gezogen werden, ein jeder an dem Körpertheil,
mit dem er sündigte: i superbi per i capegli, i lussuriosi per le
parti vergognose. Er nennt Charon und Minos und bemerkt, die
Auferstehung sei dargestellt, wie Ezechiel sie geschildert.
Von den neueren Schriftstellern haben nur Wenige den Versuch
gemacht, äusser jenen von Vasari und Condivi bezeichneten, leicht
zu benennenden Figuren andere mit einem Namen zu versehen.
Nur L. L. Chapon, der Stecher des Werkes, hat in seiner Schrift:
Le jugement dernier de M. Ange (Paris 1892) auf Grund von Mit-
theilungen des Abbe Rouvier eine ausführliche Deutung gegeben.
Nach ihm haben wir in der Gruppe links zunächst Christus: die
Vorfahren und Typen Christi, in jener rechts: Johannes, Apostel
und Märtyrer zu gewahren. Die Versammlung ganz links stelle
das heidnische Alterthum (darunter alle Sibyllen), diejenige ganz
rechts das jüdische (Patriarchen, Moses, Daniel, unten die ersten
Bekehrten: guter Schächer und Magdalena) dar. Des Weiteren be-
nennt er dann die einzelnen Figuren in jeder Gruppe:
I. Gruppe links von Christus: Adam, neben ihm Abel. Da-
hinter Noah, Abraham, Isaak. Darüber Rahel und Lea.
Dann die Richter: Gideon und seine Söhne, Simson, Samuel,
Judith, Melchisedek. Dann eine Menge von Erwählten, in
der Ferne die drei Könige, Salomon und seine Frau (mit
Diadem).
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