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Einleitung.

Künstler von solchem, man darf sagen, griechischen Formengefühl
sich aber vornehmlich die Darstellung der Madonna, der Engel und
halbwüchsiger jugendlicher Gestalten angelegen sein ließ, setzt das
in diesen Ausführungen behandelte Problem in das hellste Licht,
für welches auch Figuren, wie sein Johannes der Täufer in der
Impruneta, der bereits der schöne, lebensvolle Jüngling des Cinquecento
ist, sehr belehrend sind. Wenn auch er in der farbigen Glasur
seiner Thongebilde dem malerischen Geist der Periode seinen Tribut
gezahlt hat, so geschah dies doch in einem anderen, höher stilisirten
Sinne, als bei der sonst allgemein gebräuchlichen naturalistischen
Bemalung von Terrakotten und Stuccos.
So bestimmt nun ein zusammenfassendes Urtheil die der
Malerei untergeordnete, unfreie Stellung der Plastik
im Quattrocento festzustellen und die ihr heute zuerkannte
Bedeutung trotz Donatellos tief erregendem und fesselndem Genius,
trotz so vieler zarter und geistreicher Erscheinungen von intimem
Zauber und trotz einzelner mächtiger Schöpfungen, wie des Gatta-
melata und des Colleoni, als eine Überschätzung zu bezeichnen hat, so
würde es doch wesentlich modifizirt werden müssen, wenn alle diese
Werke nur Vorarbeiten für einen in sich vollkommenen Stil wären,
der, wie jener der Malerei, im Cinquecento entstände. Aber was
bedeutet denn, den einen Michelangelo ausgenommen,
diese Plastik des XVI. Jahrhunderts? Bei innerer
Leere äußerliches Erzwingen von Monumentalität in
Statuen, die nun unter erneutem Einflüsse der Antike einerseits,
Michelangelos andrerseits in großen Verhältnissen gebildet werden,
eine kalte Eleganz, ein Sichverlieren in nichtssagenden Allgemein-
heiten , eine ermüdende und bald übertreibende Wiederholung des
einst herrlich von den Alten Gesagten in Göttergestalten und Alle-
gorieen, ein Ausgehen auf rein dekorative Wirkungen, ja häufig ein
prahlerisches Sichbrüsten der Virtuosität. Wer, den nicht ein rein
historisches Interesse triebe, verweilte vor allen diesen Dingen —
es sei denn vor Arbeiten der frühen Zeit des Cinquecento, die,
wie Andrea Sansovinos Grabmäler, noch etwas vom Reize der
vorhergehenden Kunst bewahren, oder vor solchen, die, wie
die Bronzen Cellinis, Giovanni da Bolognas und Jacopo Sanso-
vinos, durch ihre malerische Wirkung und technische Gewandtheit
fesseln? Wer flüchtete sich nicht aus dieser Langeweile sehnsüchtig
zu den wenigstens lebendigen Gebilden des Quattrocento? Wer
 
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