Die Faunsmaske.
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daß er sehr sorgfältig den Guß der Kanzeln seines Lehrers Donato
ziselirt hat, sondern auf vielen Bronzegüssen von Schlachten und
einigen anderen kleinen Werken, in deren meisterhafter Ausführung
kein Anderer ihn damals in Florenz übertraf. Lorenzo also, der
die größte Liebe für die Malerei und Skulptur hatte, bekümmert
darüber, daß es zu seiner Zeit, die an Malern von größter Aus-
zeichnung und Ruf nicht arm war, nicht auch berühmte und vor-
nehme Bildhauer gäbe, beschloß, wie gesagt, eine Schule einzurichten;
und desswegen bat er Domenico Ghirlandajo, falls er hierzu geneigte
Jünglinge in seiner Bottega habe, sie in den Garten zu schicken,
wo er sie derart zu üben und auszubilden wünschte, daß es sowohl
ihm, wie seiner Stadt, zu Ehren gereiche. Daraufhin wurden ihm
von Domenico als die Besten unter allen Michelangelo und Francesco
Granacci übergeben. Und als Diese in den Garten kamen, fanden
sie, daß der junge Torrigiano de’ Torrigiani in Thon gewisse Figuren,
die ihm von Bertoldo gegeben worden waren, nachbildete. Michel-
angelo, als er dies sah, machte wetteifernd auch einige, und Lorenzo,
die schöne Begabung erkennend, setzte von da an große Erwar-
tungen auf ihn. Hierdurch ermuthigt, machte er sich nach einigen
Tagen daran, den Kopf eines alten Fauns zu kopiren.“
Nach Condivi, dem nun das Wort vergönnt sei, wäre es diese
Kopie gewesen, die zuerst die Aufmerksamkeit des Medici auf den
Knaben gezogen hätte.
„Binnen wenigen Tagen vollendete er — aus einem der für
die Libreria bestimmten Marmorstücke — den Kopf, indem er Alles,
was an dem antiken Vorbild fehlte, aus eigener Phantasie ergänzte
und ihm den Mund nach Art eines Lachenden öffnete, so daß man
die Höhle mit allen Zähnen sah. Der Magnifico, gekommen, um
zu sehen, wie weit die Arbeit gediehen sei, fand den Knaben damit
beschäftigt, den Kopf zu poliren und gerieth, nahe zu ihm tretend,
angesichts der Vorzüglichkeit des Werkes und seiner jungen Jahre,
in große Verwunderung. Aber wenn er auch die Arbeit lobte, so
sagte er doch, wie mit einem Kinde, mit ihm scherzend: ,Oh, du
hast diesen Faun alt gebildet und ihm doch alle Zähne gelassen.
Weißt du nicht, daß Leuten in diesem Alter immer einer oder der
andere fehlt?“ Es dünkte Michelangelo tausend Jahre, bis der
Magnifico sich entfernte, denn er wollte den Irrthum verbessern.
Und sobald er allein war, brach er seinem Alten einen der Ober-
zähne heraus, indem er das Zahnfleisch aushöhlte, als wäre er mit
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daß er sehr sorgfältig den Guß der Kanzeln seines Lehrers Donato
ziselirt hat, sondern auf vielen Bronzegüssen von Schlachten und
einigen anderen kleinen Werken, in deren meisterhafter Ausführung
kein Anderer ihn damals in Florenz übertraf. Lorenzo also, der
die größte Liebe für die Malerei und Skulptur hatte, bekümmert
darüber, daß es zu seiner Zeit, die an Malern von größter Aus-
zeichnung und Ruf nicht arm war, nicht auch berühmte und vor-
nehme Bildhauer gäbe, beschloß, wie gesagt, eine Schule einzurichten;
und desswegen bat er Domenico Ghirlandajo, falls er hierzu geneigte
Jünglinge in seiner Bottega habe, sie in den Garten zu schicken,
wo er sie derart zu üben und auszubilden wünschte, daß es sowohl
ihm, wie seiner Stadt, zu Ehren gereiche. Daraufhin wurden ihm
von Domenico als die Besten unter allen Michelangelo und Francesco
Granacci übergeben. Und als Diese in den Garten kamen, fanden
sie, daß der junge Torrigiano de’ Torrigiani in Thon gewisse Figuren,
die ihm von Bertoldo gegeben worden waren, nachbildete. Michel-
angelo, als er dies sah, machte wetteifernd auch einige, und Lorenzo,
die schöne Begabung erkennend, setzte von da an große Erwar-
tungen auf ihn. Hierdurch ermuthigt, machte er sich nach einigen
Tagen daran, den Kopf eines alten Fauns zu kopiren.“
Nach Condivi, dem nun das Wort vergönnt sei, wäre es diese
Kopie gewesen, die zuerst die Aufmerksamkeit des Medici auf den
Knaben gezogen hätte.
„Binnen wenigen Tagen vollendete er — aus einem der für
die Libreria bestimmten Marmorstücke — den Kopf, indem er Alles,
was an dem antiken Vorbild fehlte, aus eigener Phantasie ergänzte
und ihm den Mund nach Art eines Lachenden öffnete, so daß man
die Höhle mit allen Zähnen sah. Der Magnifico, gekommen, um
zu sehen, wie weit die Arbeit gediehen sei, fand den Knaben damit
beschäftigt, den Kopf zu poliren und gerieth, nahe zu ihm tretend,
angesichts der Vorzüglichkeit des Werkes und seiner jungen Jahre,
in große Verwunderung. Aber wenn er auch die Arbeit lobte, so
sagte er doch, wie mit einem Kinde, mit ihm scherzend: ,Oh, du
hast diesen Faun alt gebildet und ihm doch alle Zähne gelassen.
Weißt du nicht, daß Leuten in diesem Alter immer einer oder der
andere fehlt?“ Es dünkte Michelangelo tausend Jahre, bis der
Magnifico sich entfernte, denn er wollte den Irrthum verbessern.
Und sobald er allein war, brach er seinem Alten einen der Ober-
zähne heraus, indem er das Zahnfleisch aushöhlte, als wäre er mit