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Das Herrscherthum: die Flüsse.
in unseren Entwürfen definitiver Gestaltung fehlen die Kandelaber.
Und weiter ist zu beachten, dass die Flüsse doch auch für das
Lorenzodenkmal geplant waren, wo keine anderen Elemente ver-
bildlicht worden sein können. Als Allegorieen des Wassers also
dürfen wir die Flüsse nicht auffassen; die Vorstellung der Elemente
hat bei dem Programm nicht mitgewirkt.
Was aber bedeuten die Flüsse dann? Offenbar, obwohl auch
in ihnen Trauernde zu erkennen sind, wollen sie nicht als Repräsen-
tanten des verwaisten Kosmos betrachtet sein, sondern sie gehören
dem anderen Bereiche der Allegorie an, nämlich demjenigen des
Herrscherthumes. Tauchen sie doch auch schon in einem frühen
Entwürfe auf, in dem sonst noch keine Spur von der Klage des
Weltalls zu finden ist. Sie bedeuten, als Symbole irdischer Macht,
am Boden unmittelbar unter den irdischen Resten des Himmel-
entrückten gelagert, das Reich des Heros. Und dass auch hier ein
Trauern dargestellt werden sollte, entspricht dem von Michelangelo
selbst geäusserten Grundgedanken. Wie ganz eine solche Auf-
fassung in dem Geiste der Zeit lag, zeigt das Grabmal des Bernar-
dino Rota (j- 1575) in S. Domenico zu Neapel. Da erscheinen als
Trauernde die Kunst und die Natur, sowie der Arno und der Tiber,
welche Kränze zu dem Verstorbenen emporhalten. Die Inschrift
lautet:
Rotam flet Arnus atque Tybris extinctum
Cum gratiis queruntur aonis divae
Ars ipsa luget luget natura
Florem perisse candidum poetarum.
Auch für das Grabmal Pauls III. war ein Relief geplant, „con
due fiumi, l’uno fatto per un lago, e l’altro per un fiume, ehe e
nello stato de’ Farnes?-. (Vasari VII. 547-) „Mit zwei Flüssen, der
eine als See, der andere als Fluss gedacht, der im Staat der Farnese
sich befindet.“ Man bedenke ferner, in wie reichem Maasse die
Dichter jener Zeit die Flüsse heranziehen, wollen sie bedeutende
Persönlichkeiten und deren Heimath verherrlichen. Endlich nennt
ja auch ein Zeitgenosse und Bekannter Michelangelos, Gandolfi Por-
rino, in einem Gedichte direkt die beiden Flüsse Tiber und Arno:
E i magnanimi re del Tibro e d’Arno
I gran sepolcri aspettaranno indarno.
Das Herrscherthum: die Flüsse.
in unseren Entwürfen definitiver Gestaltung fehlen die Kandelaber.
Und weiter ist zu beachten, dass die Flüsse doch auch für das
Lorenzodenkmal geplant waren, wo keine anderen Elemente ver-
bildlicht worden sein können. Als Allegorieen des Wassers also
dürfen wir die Flüsse nicht auffassen; die Vorstellung der Elemente
hat bei dem Programm nicht mitgewirkt.
Was aber bedeuten die Flüsse dann? Offenbar, obwohl auch
in ihnen Trauernde zu erkennen sind, wollen sie nicht als Repräsen-
tanten des verwaisten Kosmos betrachtet sein, sondern sie gehören
dem anderen Bereiche der Allegorie an, nämlich demjenigen des
Herrscherthumes. Tauchen sie doch auch schon in einem frühen
Entwürfe auf, in dem sonst noch keine Spur von der Klage des
Weltalls zu finden ist. Sie bedeuten, als Symbole irdischer Macht,
am Boden unmittelbar unter den irdischen Resten des Himmel-
entrückten gelagert, das Reich des Heros. Und dass auch hier ein
Trauern dargestellt werden sollte, entspricht dem von Michelangelo
selbst geäusserten Grundgedanken. Wie ganz eine solche Auf-
fassung in dem Geiste der Zeit lag, zeigt das Grabmal des Bernar-
dino Rota (j- 1575) in S. Domenico zu Neapel. Da erscheinen als
Trauernde die Kunst und die Natur, sowie der Arno und der Tiber,
welche Kränze zu dem Verstorbenen emporhalten. Die Inschrift
lautet:
Rotam flet Arnus atque Tybris extinctum
Cum gratiis queruntur aonis divae
Ars ipsa luget luget natura
Florem perisse candidum poetarum.
Auch für das Grabmal Pauls III. war ein Relief geplant, „con
due fiumi, l’uno fatto per un lago, e l’altro per un fiume, ehe e
nello stato de’ Farnes?-. (Vasari VII. 547-) „Mit zwei Flüssen, der
eine als See, der andere als Fluss gedacht, der im Staat der Farnese
sich befindet.“ Man bedenke ferner, in wie reichem Maasse die
Dichter jener Zeit die Flüsse heranziehen, wollen sie bedeutende
Persönlichkeiten und deren Heimath verherrlichen. Endlich nennt
ja auch ein Zeitgenosse und Bekannter Michelangelos, Gandolfi Por-
rino, in einem Gedichte direkt die beiden Flüsse Tiber und Arno:
E i magnanimi re del Tibro e d’Arno
I gran sepolcri aspettaranno indarno.