Lille, Musde Wicar. London, British Museum
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aber nicht bei, sondern fasste die Figur als liegende auf,
und zwar, der Verwandtschaft mit dem Torso in der Akade-
mie wegen, als eine Studie für einen Flussgott. Frey, der sie
wieder als Knieende betrachtet und mir vorwirft, ich habe
den Gegenstand nicht richtig gedeutet, bezweifelt überhaupt die
Ächtheit der Zeichnung und nennt sie die Arbeit eines „spä-
teren versirten Nachahmers", giebt aber die Möglichkeit zu,
dass sie nach einem verlorenen Originale gefertigt sei. Ich
halte sie für unbedingt ächt, wenn auch die Strichführung
etwas Besonderes hat — als ob M. nicht einmal auch eine
solche angewandt haben könnte! Die Grösse, Einfachheit und
Gewalt der Formensprache weist unbedingt auf den Meister,
nicht auf einen Nachahmer hin. Auch muss ich an der Mei-
nung: ein Liegender sei dargestellt, festhalten. Das rechte
Bein ist nämlich, wie einige Striche beweisen, auch noch an-
ders: ausgestreckt, nicht gekrümmt, gedacht, hinge also, nimmt
man die Figur im Sinne des Knieenden, in einer nicht wohl
begreiflichen Weise über das Postament herab, auf dem das
linke knieet. Nun ist aber das Motiv des in starker Krüm-
mung aufgestemmten Beines das für die liegenden Statuen
der Medicigräber charakteristische, und es findet sich beim
„Tag" auch der hinter den Rücken gedrängte und verdeckte
Arm, wie in der Stellung des Oberkörpers die Verwandtschaft
mit dem Flussgott zu gewahren ist. Rechnet man dazu die
jenen Statuen ganz entsprechende gewaltige Formenbildung,
so kann es mir kein Zweifel sein, dass die Studie in nächstem
Zusammenhang mit ihnen steht, was verkannt nur werden
konnte, weil man sie nicht richtig auffasste. Wer weiss, war
sie nicht überhaupt für eine der Sarkophagfiguren gedacht?
Dafür könnte die etwas abschüssige Lage sprechen. Ich modi-
fizire demnach mein früheres Urtheil, insofern ich sage: der
Entwurf steht zwischen den Sarkophagfiguren und den Fluss-
göttern mitten inne.
283. 1856—5 —10—1173. Linker, gekrümmter Arm für eine
Figur des J. Gerichtes. — Schwarze Kreide. — Vgl. Krit.
Unt. II, II. Ber. 1512. St. S. 606. Frey 200 b. — Ähn-
liche Arme finden sich mehrfach in der Gruppe der Heiligen
rechts neben Christus, ohne dass doch eine genaue Überein-
stimmung nachzuweisen wäre. St. dachte an den jungen
Heiligen oberhalb Bartholomäus. Jedenfalls gehört die Studie
dieser Zeit an.
(284 ). 1854—6—28—I. Sitzender Jüngling. Nach links gewandt,
das rechte Bein aufgestemmt, das linke tiefer gestellt, die
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aber nicht bei, sondern fasste die Figur als liegende auf,
und zwar, der Verwandtschaft mit dem Torso in der Akade-
mie wegen, als eine Studie für einen Flussgott. Frey, der sie
wieder als Knieende betrachtet und mir vorwirft, ich habe
den Gegenstand nicht richtig gedeutet, bezweifelt überhaupt die
Ächtheit der Zeichnung und nennt sie die Arbeit eines „spä-
teren versirten Nachahmers", giebt aber die Möglichkeit zu,
dass sie nach einem verlorenen Originale gefertigt sei. Ich
halte sie für unbedingt ächt, wenn auch die Strichführung
etwas Besonderes hat — als ob M. nicht einmal auch eine
solche angewandt haben könnte! Die Grösse, Einfachheit und
Gewalt der Formensprache weist unbedingt auf den Meister,
nicht auf einen Nachahmer hin. Auch muss ich an der Mei-
nung: ein Liegender sei dargestellt, festhalten. Das rechte
Bein ist nämlich, wie einige Striche beweisen, auch noch an-
ders: ausgestreckt, nicht gekrümmt, gedacht, hinge also, nimmt
man die Figur im Sinne des Knieenden, in einer nicht wohl
begreiflichen Weise über das Postament herab, auf dem das
linke knieet. Nun ist aber das Motiv des in starker Krüm-
mung aufgestemmten Beines das für die liegenden Statuen
der Medicigräber charakteristische, und es findet sich beim
„Tag" auch der hinter den Rücken gedrängte und verdeckte
Arm, wie in der Stellung des Oberkörpers die Verwandtschaft
mit dem Flussgott zu gewahren ist. Rechnet man dazu die
jenen Statuen ganz entsprechende gewaltige Formenbildung,
so kann es mir kein Zweifel sein, dass die Studie in nächstem
Zusammenhang mit ihnen steht, was verkannt nur werden
konnte, weil man sie nicht richtig auffasste. Wer weiss, war
sie nicht überhaupt für eine der Sarkophagfiguren gedacht?
Dafür könnte die etwas abschüssige Lage sprechen. Ich modi-
fizire demnach mein früheres Urtheil, insofern ich sage: der
Entwurf steht zwischen den Sarkophagfiguren und den Fluss-
göttern mitten inne.
283. 1856—5 —10—1173. Linker, gekrümmter Arm für eine
Figur des J. Gerichtes. — Schwarze Kreide. — Vgl. Krit.
Unt. II, II. Ber. 1512. St. S. 606. Frey 200 b. — Ähn-
liche Arme finden sich mehrfach in der Gruppe der Heiligen
rechts neben Christus, ohne dass doch eine genaue Überein-
stimmung nachzuweisen wäre. St. dachte an den jungen
Heiligen oberhalb Bartholomäus. Jedenfalls gehört die Studie
dieser Zeit an.
(284 ). 1854—6—28—I. Sitzender Jüngling. Nach links gewandt,
das rechte Bein aufgestemmt, das linke tiefer gestellt, die
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