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Tietze, Hans
Die französische Malerei der Gegenwart — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 88: Leipzig: Seemann, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.67610#0008
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auch noch ein besonderer Reichtum aufgespeichert,
der seit dem siebzehnten Jahrhundert ständig und
ununterbrochen gesammelt und vermehrt worden
war, jene große nie abgerissene Tradition, die auch,
wo sie starr und feindselig erscheint, schirmende
und anspornende Kraft besessen hat und die fran-
zösische Kunst durch die Jahrhunderte hindurch
zur Einheit zusammenschloß. Hier findet auch der
waghalsigste Neuerer Ahnherren und Heimat und
ahnt nicht, wie viel er von seiner revolutionären
Kraft der vielverlästerten Akademie verdankt, die
hinter ihm steht. Je mehr der zunehmende Indi-
vidualismus der neuzeitlichen Entwicklung die
Kunst ihrer früheren sozialen Grundlagen beraubt
hat, desto wohltätiger wird hier das Vorhandensein
einer die Einzelerscheinungen wenigstens künst-
lerisch verbindenden Gemeinsamkeit empfunden.
Inmitten einer sich schicksalsbestimmt zersetzenden
Kunst bot die Art, wie sie in Frankreich von Ge-
schlecht zu Geschlecht weiter wuchs, doch den
Ruhepunkt eines entwicklungsgeschichtlichen Or-
ganismus.
Das Unternehmen, einen Überblick über den
gegenwärtigen Zustand dieser Malerei zu gewinnen,
gibt wie jeder Querschnitt durch die breite Fülle
einer Gegenwart Aufschluß über das Wesen künst-
lerischer Entwicklung, die für die historische Ein-
stellung sonst immer in dünne Regrifflichkeit ein-
zuschrumpfen Gefahr läuft. Nicht nur, daß die
reiche Vielfältigkeit erkennbar wird, die die ver-

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