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F. Toebelmann : Römisches Gebälke.

Abb. 36. Gebälk aus dem Innern.

Hebrard (Abb. 36) nehmen den Architrav und Fries in Anspruch. Welche von beiden An-
nahmen die richtige ist, läßt sich ohne örtliche Untersuchung nicht leicht feststellen. Daß
beide Gesimse im Innenraum nebeneinander auf dem gleichen Architrav gesessen haben, ist
ausgeschlossen; dagegen sprechen die Abmessungen1, und die Einzelheiten. Das eine Gesims
kann nicht etwa als Ersatz anläßlich einer teilweisen Erneuerung erklärt werden. Beide
sind außerdem als gleichzeitige Werke anzusehen; das beweisen die Einzelformen, wie unten
dargetan wrerden soll. Architrav und Fries können also nur einem der beiden Gesimse zu-
geteilt werden. Aus dem Verhältnis von Architrav und Fries zum Gesims ist ein völlig
sicherer Anhaltspunkt, zu welchem von beiden Geisa das Epistylstück gehört hat, nicht
zu erhalten2. Die Architravdicke gibt annähernd das Maß für den oberen Säulendurchmes-
ser; da sie ziemlich klein ist, muß man auf eine bescheidene Säulenhöhe schließen. Ist die
allgemeine Annahme einer zweigeschossigen Hallenarchitektur im Innern richtig, so ist es
wahrscheinlicher, das kleine Säulenmaß der oberen Ordnung zuzuweisen; es würde für
die untere zu gering sein3. Das Epistylstück wäre also mit dem kleinern Geison zu-

1 Gesims I mißt bei 0,96 Ausladung 0,655 Höhe. Gesims II bei 0,86 m Ausladung nur 0,555 m Höhe.

2 Gesims I steht zu Fries + Architrav im Verhältnis von 1 : 1,26; Gesims II aber wie 1 : 1,5. Da uns gleichzeitige
vollständige stadtrömische Konsolgesimse fehlen, ist ein Vergleich nur mit außerrömischen oder mit den spätem Kolossal-
bauten am Forum möglich. Es verhält sich das Gesims zu Fries und Architrav am

Tempel in Pola wie 1 : 1,93. Sergierbogen in Pola wie 1 : 2. Mars-Ultor-Tempel wie 1 : 1,53.
Tempel in Nimes wie 1 : 1,37. Castoren-Tempel wie 1 : 1,25.
Da das Verhältnis von 1 : 1,26 mehr dem der Kolossalordnung der späteren Zeit entspricht, ist es gegenüber dem näher-
liegenden vom Mars Ultor mit 1 : 1,5 als das unwahrscheinlichere abzulehnen.

3 Der obere Durchmesser der zugehörigen Säule beträgt nach Hebrard 0,49 bis 0,50 m — also etwas weniger als die
Epistylbreite —, was an sich kein Grund ist, die Zusammengehörigkeit zu bezweifeln. Tatsächlich übertrifft an frühaugusti-
schen Bauten das Epistyl den oberen Schaftdurchmesser; so an den Bauten in Pola, auch noch am Tempel in Nimes, während
bereits am Mars-Ultor-Tempel Epistyl und Schaft den gleichen Durchmesser haben. — Die Säulenhöhe bei 0,49 0. D. be-
trägt maximal nach den augustischen Normen (s.u.) rund 11 0. D. = W 115,40 m. Vergleichen wir die Säulenhöhe mit der
Geisonhöhe bei den vorigen Bauten und bei unsern zwei Gesimsen, so ergibt sich folgendes Bild:

Geisonhöhe : Säulenhöhe = 1 : 15 am Sergier-Bogen in Pola, 1 : 14 am Mars-Ultor-Tempel in Rom.
1 : 12,5 bei Geison II, 1 : 8,6 bei Geison I.
Das Verhältnis der Säulenhöhe zum Geison I ist demnach zu klein, d. h. Geison I gehört nicht auf den kleinern Archi-
trav, wie es auf unserer Tafel III dargestellt ist, sondern auf einen zu ergänzenden größeren. Vgl. Abb. 37.
 
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