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F. Toebclmann : Römische Gebälke.

nah an die Palmettenwedel herankommen. Das Ganze ist ein elegantes, aber etwas leeres
Spiel mit den hellenistischen Palmettenmotiven, ein etwas altertümelnder Stil, mit
streng stilisierten Stengeln, völlig regelmäßigen Blatt- und Kelchformen. Die gleiche
Eigenschaft zeigt auch die Dekoration der Architravuntersicht (G), die ein lockeres Flecht-
bandmotiv benützt, in das sie zarte Palmettenwedel einfügt, die Aufrollungen sind noch
mit Rosetten besetzt, und größere Blattrosen sitzen jeweils in der Mitte des Feldes.
Die Toebelmannsche Aufnahme zeichnet die Palmetten etwas magerer als die fran-
zösische, und trifft auch in der Anordnung der Blattfächer, die nahezu parallel stehen,
das Richtigere. Das ist alles gezeichnetes, nicht plastisch empfundenes Ornament; die
Plastik äußert sich nur in der Bereicherung der Flächen, sie belebt die Einzelformen, nicht
das Ganze. In der Behandlung zeigt sich eine überaus große Feinheit, ja eine übertriebene,
an Metallornament gemahnende Kleinarbeit. Das gilt für die Dekoration des Frieses,
wie für die der Sima, für die Konsolen und die Eierstäbchen und Perlschnüre; es gilt auch
für die Einzelheiten des oberen Gebälks, die sehr viel Ähnlichkeit haben; an der Sima ist dort
nach der französischen Aufnahme sogar ein ziemlich regelrecht klassischer Lotos- und
Palmettenfries gezeichnet. Es ist klar: dieser ganze Formenschatz beruht auf bewußt
eingeführtem Klassizismus, auf einem Wiederbeleben griechischer Motive. Es ist ein
außerordentlich feiner, zarter, künstlich preziöser Stil; es ist neuattische Kunst.

Abgesehen von der steilgeführten Umrißlinie des lesbischen Kymas (F) ist der Unter-
schied zum Kyma (E) nicht groß. Die Gesamtbildung des Ornaments ist die gleiche, nur
scheint sie etwas lahmer und lässiger in der Ausführung. Der dreiteilige Architrav bietet
sonst nichts besonderes. Übergangsprofile zwischen den Faszien sind bei dem kleinen
Maßstab, und vielleicht auch bei der bewußten Nachbildung griechischer Formen nicht
gemacht worden.

Diese Reste vom Innern der Basilica Aemilia: Architrav und Fries einerseits, und
die beiden Geisa andererseits zeigen den zarten Marmorstil, den wir auch an unserem
dorischen Gesims und den Säulenresten vom Forum (Augustusbogen ?) beobachteten. Hier
ist alles noch um einen Grad verfeinert, eleganter und reicher. Die Freude am reichen Glie-
dern und Ziselieren ist charakteristisch für die augustische Periode. Noch feiner und
noch delikater ist das, was an der Ära Pacis Augustae geformt wurde. Aber aus diesem
preziösen Stil wuchs rasch und groß der den Kolossaltempeln angepaßte Dekorationsstil,
der erst den vollen Ausdruck des gesicherten römischen Imperiums brachte. F.
 
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