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F. Toebelmann : Römische Gebälke.

Von eingreifenden Restaurationen des Tempels und des Forums aus der Folgezeit
wird nichts überliefert; auch der Befund der Überreste spricht dafür, daß die Gebäude
in ihrer ursprünglichen Form erhalten geblieben sind. Der Tempel, ein Peripteros mit
acht Säulen in der Front lehnte sich mit seiner Rückwand an die kolossale Umfassungs-
mauer an, durch welche das Forum von den anstoßenden engen und unschönen Volks-
quartieren abgeschlossen, und die großen im Heiligtum und in seiner Umgebung angehäuften
Kostbarkeiten — in den Kellern war der Reichskriegsschatz, aerarium militare, deponiert —
geschützt wurden. Der an jene Umfassungsmauer anstoßende östliche Teil der Cella und
das Ende des östlichen Pterons ist besonders gut erhalten geblieben, namentlich da im
Mittelalter zwischen und über den letzten Säulen der Glockenturm der (vor 955 gegrün-
deten) Kirche des Hl. Basilius errichtet wurde.

Seit der Renaissancezeit ist dieser Teil des Baues von den Architekten eifrig studiert
worden, doch beziehen sich die Zeichnungen aus dem 15. Jahrhundert (Giuliano da San-
gallo cod. Barberin. f. 63 V.; Codex Escurialensis f. 49 v. 51 u. a.) meist auf die unteren
Partien, die schönen Säulenbasen u. dgl. Um die Aufnahme im Grundriß haben sich u. a.
Antonio da Sangallo il gio. und Baldassare Peruzzi bemüht1: als erste Publikationen sind
zu nennen Antonio Labacco (Architettura f. 7. 8 ed 1558), Seb. Serlio (Architettura lib.
p. 84, 85) und besonders Andrea Palladio (Architettura lib. IV f. 7ff.; einige Zeichnungen dazu
sind erhalten in der Sammlung Devonshire vol. XIf. 29). Die besten älteren Aufnahmen
finden sich bei Ant. Desgodetz (1682) p. 138ff. In der napoleonischen Zeit sind dann Aus-
grabungen bis zum antiken Niveau angestellt, deren Resultate von Valadier (fabbriche
di Roma, fasc. VII, 1826) sorgfältig aufgenommen sind. Auf den früheren und auf den
Resultaten von weiteren Ausgrabungen 1849 beruht dann die Gesamtdarstellung bei
Canina, Edifizj di Roma II tav. 96—100. Die von französischen Architekten (J. Guadet,
G. Redon, V. Blavette, A. Dutert) neuerdings gemachten Einzelaufnahmen werden
unten an ihrer Stelle erwähnt werden2. H.

Von unserem Tempel sind die wesentlichen Teile der Ostwand, drei Säulen und
der Wandpfeiler der Südseite mit Architrav, dazu die Cellawand dahinter und die Stein-
decke des Pterons noch gut erhalten (Abb. 38). Den ergänzten Bau zeigt im Aufriß die
nach verschiedenen Aufnahmen hergestellte Zeichnung (Abb. 39). Unsere Tafeln geben
die Einzelheiten des Architravs gegen den Umgang und der Steinbalkendecke über diesem.
Quadratische "Kassetten sind durch die breiten Steinbalken, die über jeder Säulenaxe
nach der Cellawand hinübergreifen, eingespannt. Das ist das in Kleinasien an jonischen
Tempeln ausgebildete Deckensystem, das eine völlige Achsengleichheit bedingt, und zu
strenger Anordnung des ganzen Planes führt. Eines der ältesten Beispiele ist für uns der
Athenatempel in Priene3. Bei unserem Bau erstreckte sich der Umgang nur auf drei Seiten.
Die vierte Seite wurde durch die hohe, das dahinterliegende schlechte Quartier abschließende
Brandmauer gebildet4.

Die Kassetten (A) sind reich gegliedert, und ziemlich genau nach griechischem Vor-
bild geformt. Die Mitte des Grundes nimmt eine Blattrose ein (größter Durchmesser
0,90 m). Vier stark gewölbte, aber liegende Akanthusblätter mit breiten Lappen wechseln

in penelrali, quod est in templo Marlis Ulloris, reposui; Sueton. Aug. 29 : aedem Marlis hello Philippensi pro ultione palerna sus-
cepto voveral. Dedication: Velleius Paterculus 2,100, 2. Dio Cassius lib. 55 ind.; im allgemeinen noch Ovid Fasti 5, 545—598.

1 Vgl: Ferri, Indice geografico-analitico, p. 165.

2 Über die Ausgrabungen vgl. Lanciani, Ruins and Excavations, p. 304f.; über die neueren (seit 1890): Hülsen,
Rom. Mitt. VI (1891) S. 98—101; Corpus Inscr. Latinarum I ed. 2, p. 186f.

3 Wiegand-Schrader, Priene. Berlin 1904, Taf. X.

4 Jordan, Rom. Topographie I, 2, S. 446.
 
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