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F. Toebelmann : Römische Gcbälkc.

ein deutliches Bild nicht erreichen. Immerhin ist die Blattrose noch ein bescheidenes
plastisches Gebilde; sie klebt am Grund, und bleibt dadurch mehr oder weniger modellierte
Relief Zeichnung. Sie bildet das Verbindungsglied von der Reihe älterer Blattrosen am Rund-
tempel in Tivoli, am Magna Mater-Tempel, am dorischen Gebälk Taf. II u. a. zu den
späteren der claudischen und flavischen Zeit. Die Kassette wird zunächst eingefaßt
von einem weich geschwungenen lesbischen Kyma. Da an unserem Gebälk drei
verschiedene Formen des lesbischen Kymas vorkommen, und dies Profil überhaupt
eines der allerhäufigsten in der römischen Architektur ist, gehen wir näher auf die Einzel-
heiten ein. Die Vorgeschichte und Entwicklung des lesbischen Kymas ist von C. Weickert
vorzüglich behandelt1. Für die römischen Kymatien fehlten ihm aber zuverlässige Unter-
lagen2. Solche bringen nun unsere Toebelmann-Tafeln. Die Blattform A (Taf. IV und Y)
erinnert beim ersten Blick an die in der klassischen Zeit übliche Gestalt. Die Erhebung
des Reliefs ist allerdings geringer als bei den Kymatien des 5. Jahrhunderts; das Blatt-
fleisch senkt sich neben dem Saum ein, und wölbt sich dann schwach gegen die Mitte.
Die Blattrippe bildet ein spitz zulaufendes Dreieck, das durch gratförmige Kanten ein-
gefaßt ist, die bis zur Blattspitze durchlaufen. Die Randleiste ist nur eine Abfasung
die über der Öse die größte Breite erreicht. Sie berührt die obere Abschlußlinie nicht.
Da die Öse nach unten ziemlich weit offen steht, hat ein breites Zwischenblatt Platz. Von
einer rundlichen Erhöhung in der Öse läuft es in einen Grat und in eine stumpfe Spitze
aus. Gegenüber der entschieden straffen Haltung der klassischen Vorbilder ist hier die Zeich-
nung stumpf. Ein Vergleich mit den Kymatien vom Erechtheion3 zeigt auch im Relief
die minder schwungvolle Durchbildung. Unser Kyma erscheint somit als ein schwacher
Abglanz griechischer Vorbilder. Am nächsten steht ihm das Kyma am Sockel der Ära
Pacis4.

Der nächste Kassettenrahmen wird von einem gänzlich verschiedenen Kymation
(B) bekrönt. Dieses zeigt die ,,Kleeblattbogen"form, die bei der Dekoration der römischen
Kymatien die größte Rolle spielt. Das Hauptgewicht ist nicht mehr auf das Blatt, sondern
auf seine Umrahmung gelegt. Diese ist zu einer selbständigen kleeblattbogenförmigen
Leiste geworden, und vom Blattfleisch losgelöst, sitzt sie mit der ganzen Breite auf dem
unteren Rand auf, und stößt am oberen dicht an. Die Entwicklung zu dieser Veränderung
des Kymas geschah in hellenistischer Zeit, wie Weickert nachgewiesen hat5. Unsere augusti-
sche Periode nimmt also nebeneinander das gleiche Motiv aus zwei Entwicklungsschichten
heraus, und bekommt damit zweierlei Kymatien. Als das bildungsfähigere wird sich das
jüngere erweisen; es bleibt durch die römische Baukunst weiterhin der Träger der Ent-
wicklung, Das andere6 wird noch stumpfer und allmählich auf die einfachste Relief-
form beschränkt, und auch weniger häufig verwendet. So dürfen wir das jüngere
,,kleeblattbogen"förmig dekorierte als das eigentliche römische Kyma bezeichnen.
Kennzeichnend ist bei diesem nun auch von Anfang an die Veränderung des Hauptblattes.
An Stelle des Blattfleisches mit der sich gabelnden Mittelrippe ist eine Form getreten,
die mehr einer zweiteiligen Blüte gleicht, und damit die Richtung des ursprünglich hängenden
Blattes in's Gegenteil verkehrt. Auch das ist hellenistisches Erbe, wie Weickert7 nachweist.
Die allzustarke plastische Betonung der Mittelrippe und der Blattränder hat den Zusammen-
hang des Blattkörpers zerrissen. Ins Auge fallend blieben die Ränder und die sich
gabelnde Mittelrippe, das Blattfleisch jedoch trat zurück. Bei der Übertragung des Orna-

1 C. Weickert, Das lesbische Kymation. München, Diss. 1913. - Vgl. Weigand, Jahrb. 29, 1914, S. 72 ff.

3 Stuart Revett. Antiq. of Ath. II, Kap. 2, Taf. 8 von der Nordhalle. Siehe die vergleichende Zusammenstellung
in dem geplanten zweiten Band.

4 Weickert, a. 0. Taf. IXb. 5 Weickert, a. O. S. Soff. 6 Weickert, a. 0. S. 101, nennt es das naturalistische.
' a. 0. Taf. VI u. VII.
 
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