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F. Toebelmann : Römische Gebälke.

An Stelle des Hauptblattes aber ist eine Art von Blüte auf hohem rundlichen Stengel
eingesetzt, jede Erinnerung an die Blattform ist geschwunden. Die Blätter dieser Blüte
können als weichgelappter Akanthus, eher aber noch als Eichenlaub angesehen werden.
Das Gleiche gilt für die breiten Zwischenblätter, deren Rippe in der Öse die rundliche Er-
hebung hat, die nach unten spitz zuläuft. Ein ähnlich freies Kymation kommt an der
Ära Pacis vor, die in den Jahren 13—9 v. Chr. entstanden ist. Die Bogenlinie ist dort
nur ein glattes Band, eine Blüte tritt an Stelle des Blattes, und statt des Zwischenblattes
hängt eine zweite in der Öse. Die Umgestaltung des Motivs ist an der Ära Pacis entschieden
reifer und fortgeschrittener als an unserem Kyma (D). Aber auch dort tritt neben dieses
römische Kymation noch das griechisch geformte, das jedoch in Wirklichkeit wie unser
Kyma (A) stilistisch vom Klassischen wesentlich verschieden ist. Es scheint etwas leb-
hafter und frischer gezeichnet zu sein, als unser Kyma (A). Der Eindruck aber ist bei
beiden, als lägen die Blätter wie wirkliche Blätter auf dem Profil, die Relieferhebung ist
sehr gering, und verstärkt eigentlich nur die Grundform der Umrißlinie, sie bringt nichts
Neues, Gegensätzliches, Eigenes dazu, gibt also eigentlich nur eine plastisch gewordene
Zeichnung. Gerade so wie der Mäander an der Corona des dorischen Gebälkes Taf. II
oder an unseren Kassettenbalken. Anders dagegen ist das Kyma (D) und das schon genannte
ihm verwandte an der Ära Pacis. Ihre Oberfläche ist bewegter, schließt sich nicht einem
Profilgrund an, sondern in ihren Haupterhebungen bildet sie selbst den Profilumriß. So
ist hier nicht mehr eine plastische Zeichnung, sondern eine plastische belebte Form das
Motiv. Dieser Unterschied ist für die römische Architektur grundlegend. Beide Arten
kommen an augustischen Bauten noch nebeneinander vor. Unsere Kymatien A und C
sind im Vergleich zu den ähnlichen an der Ära Pacis jedenfalls älter, A rückt weiter vor
als C. Es ist geschichtlich bei der langen Bauzeit des Tempels von der Gelobung bis zur
Vollendung durchaus möglich, das C wesentlich später liegt als A.

Unter dem Kyma folgt ein ziemlich lockerer Perlstab mit rundlichen Scheiben und
oval gestreckten Perlen. Er korrespondiert nicht genau mit den Achsen des Kymaorna-
ments, wie wir das vom griechischen gewohnt sind. Auch als Überleitung der Streifen
am Architrav erscheinen bei (E) nochmals ähnliche Perlstäbe. Dadurch, daß der Grund
dahinter jedesmal als Hohlkehle ausgehöhlt wurde, treten sie als ein freiplastisches Ornament
auf, bei dem man seine Funktion als Gliederung einer Profilleiste schon vergißt. Unser
Architrav ist seiner Gesamtprofilierung nach fortgeschrittener als der am Bogen des Sergius
Lepidus in Pola1; auch der Architrav am Gebälk der Basilica Aemilia (Taf. III) zeigt die bei
den spätem augustischen Bauten übliche Einfügung der Perlstäbe und die starke Diffe-
renzierung der Streifen nicht. An der Unterseite ist ein einfaches Soffittenprofil, das haupt-
sächlich die Bedeutung hat, die Stoßfuge des zweisteinigen Architravbalkens zu verdecken.
Eine ähnliche Anordnung ist an den jonischen Bauten in Kleinasien zu beobachten. Z. B.
in Priene am Athenatempel, am Artemision in Magnesia, in Didyma u. a. m.2

Vom äußeren Gesims3, sind zwei maßlich und zeichnerisch voneinander abweichende
Aufnahmen vorhanden : die eine von Canina4, die andere von Dutert. Unsere Abb. lehnt sich
an die französische Aufnahme. Der Gesimsaufbau zeigt die für die Folgezeit wichtige, fertige
Anordnung der Einzelglieder : lesbisches Kyma, Zahnschnitt, Eierstab, Konsolen, Geison mit
Kymabekrönung und Sima. Da die Einzelheiten nur in kleinem Maßstab gezeichnet sind,
lassen sie sich nicht vergleichen. Der Zahnschnitt zeigt nach Dutert die rein klassische
Form, wie am Concordia-Tempel. Nach Canina wären bereits hier „Löckchen" in den

1 Rossini, Archi trionfali, Taf. VIII.

2 Wiegand-Schrader Priene, S. 99, Fig. 68; Human.-Watzinger, Magnesia, Abb. 35.

3 Edif. Taf. 101. Fragments antiques Taf. 31.

4 Nach Guadet, Fragments ant. 83, unt. Durchm. 1.785 m; o. D. 1,60 m.
 
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