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VIII. Thermen des Agrippa.

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Franchise 1885 S.3ff. und Taf. 1),welche daraus eine offene Palaestra macht, ist in ihren
Einzelheiten stark anfechtbar, die Verknüpfung mit der Basilica oder Porticus Neptuni
(s. Topogr. I, 3, p. 574) irrig. Verlockend wäre es ein neuerdings gefundenes Fragment des
im 3. Jahrhundert schreibenden Historikers Julius Africanus, in welchem „die schöne Biblio-
thek im Pantheon" erwähnt wird, auf diesen Saal zu beziehen1. Denn für eine Bibliothek
ist weder im Rundbau selbst noch in den Vorbauten des Heiligtums Platz zu finden, und
einzig an der Südseite schließt sich der große Saal so eng an die Rotunde an, daß der Aus-
druck „im Pantheon" verständlich wäre. Wenn Africanus hinzufügt, er habe selbst diese
Bibliothek für den Kaiser (Severus Alexander) eingerichtet, so würde daraus folgern,
daß der Raum nicht von Anfang an für eine Bibliothek bestimmt gewesen ist. Daß übrigens
Bibliotheken in Verbindung mit den großen hauptstädtischen Thermen gestanden haben,
wird nicht nur bezeugt durch die bei den Scriptores Historiae Augustae öfters erwähnte
bibliotheca Ulpia in thermis Diocletianis2, sondern auch durch den Befund der neusten
Ausgrabungen in den Thermen des Caracalla. Der große Saal in der NW.-Ecke des Um-
fassungsbaues ist, wie sich bei der Freilegung bis zum antiken Niveau gezeigt hat, mit allen
Einrichtungen versehen, welche für antike Bibliotheken charakteristisch sind (umlaufendes
Podium, Wandnischen, isolierender Korridor nach der Seite des Berges); der korrespon-
dierende an der SW.-Ecke ist noch nicht so weit freigelegt, doch darf man es vielleicht
als nicht zufällig betrachten, daß in den Kolossalkapitellen seiner Vorhalle der ägyptische
„Gott des Schweigens", Harpokrates, ornamental verwendet ist.

Als unter Paul III. um 1550 im Rücken des Pantheon die Via della Palombella durch-
geführt wurde, kamen beträchtliche Reste des Saales, seiner Säulen und des Gebälkes
mit dem Delphinenfriese ans Licht. Zeichnungen des Gebälkes sind damals aufgenommen
von Pirro Ligorio (cod.Taurin. vol. XIII), von G.A.Dosio (Uffizj 2038), von Giovanni und
Cherubino Alberti (cod. Borgo S. Sepolcro f. 11, 12); Pläne des Saales haben Ligorio,
Alberti und Palladio (cod. Devonshire IX f. 14 v.) aufgenommen3. Dann aber wurden
die Reste wieder durch moderne Bauten verdeckt, bis sie bei der 1881—82 durchgeführten
Freilegung des Pantheons aufs neue ans Licht kamen; seitdem ist die nördliche Wand
des Saales mit Säulenstellung und Gebälk restauriert und dauernd sichtbar4. //.

A. B. Eine glatte schön geschwungene Srnia bildet die Bekrönung des Gebälkes,
das seiner ganzen Gestaltung nach mit dem vorigen vom Trajansforum (Taf.X) außer-
ordentlich nah verwandt ist. Als Übergang zur Corona folgt unter einem Plättchen ein
Kyma. Schon an der Blattspitze teilt sich die Mittelrippe und läuft als Halbkreislinie
zur nächsten Blattspitze. Der Dreieckzwickel über der Gabelung ist ziemlich stark ver-
tieft. Gegenüber dem Kyma des vorigen Gebälkes bedeutet die Haltung dieser Kyma-
verzierung einen weiteren Schritt zur Verfestigung des Umrisses und der Zeichnung. Auch
die Ränder haben kantige Einfassung bekommen. Glatt ist die Corona, ohne Unterteilung
ihre Unterseite mit der Wassernase.

C. D. Wie am vorigen Gebälk fehlen die Konsolen, es folgen als Unterglieder Eier-
stab, Zahnschnitt und Kyma. Die Umrißlinie des Eierstabprofils ist fast genau ein Viertel-
kreis; sie setzt oben unter dem Plättchen senkrecht, unten über dem Perlstab mit horizon-

1 Oxyrrhynchus Papyri III p. 39: ev 'Pcifirj Trpöi; ratS? 'A/.e^avSpou S>Epjxat; bi r!j ev Ilavfte«.) ßlßXlä&Vjxf] Tfj

2 Hist. Aug. Prob. 2: libris ex bibliotheca Ulpia, aelale mea thermis Diocletianis. Vgl. Aurelian. 1. S. 24. Tacit. 8.
Numer 11.

:i Ob auch schon die Zeichnung im Codex Escurialensis f. 21, 1 (um 1490) unter dem Einlluß dieses Delphinenfrieses
steht, wie Egger S. 82 vermutet, bleibt zweifelhaft.

1 Über die neuen Ausgrabungen vgl. Lanciani, Notizie, degli seavi 1882, p. 353—357, Ruins and Excavations
p. 488f.; Hülsen-Jordan, Topogr. I, 3, S. 578 A. 53.
 
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