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I 10

F. Toebelmann : Römische Gebälke.

tritt stark bauchig vor, der Grund ist trotzdem tief eingeschnitten. So erschienen die
Stengel und Kelche fast vollständig ä jour gearbeitet zu sein.

C-D. Auch die Unterseite der Corona ist reich verziert; das Schuppenmuster mit
tief umbohrten und unterschnittenen Blättern ist etwas stumpfer und flüchtiger behandelt
als am Geison aus den Caracallathermen; sonst aber ganz in derselben Art. Auch die weitere
Profilfolge ist die nämliche wie dort. Ein Simaprofil mit Perlstab führt zum Zahnschnitt;
ein kleiner Eierstab, ein zweites Simaprofil und ein jonisches Kyma mit Perlstab folgen.
Selbst die Einzelheiten dieser Profile zeigen auffallend viele gleiche Züge. C entspricht
auf Tafel XVI dem Stück A. Beidemal ist der Umriß eine weit vorgezogene nach unten
dann stark bauchige Simalinie; bei beiden entwickelt sich darin ein Rankenwerk mit
mehr zerrissenen Fetzen als dem üblichen römischen Akanthus; sie sind aus einer geordneten
organischen Stilform heraus hier zu völlig frei behandelten Ornamenten entwickelt, die

sich zu jeder Biegung und Stellung eignen.
So können sie im einzelnen unschöne Formen
annehmen; das Ganze hat doch Leben und
Bewegung von großem Reiz. Der folgende
Perlstab steckt wieder in einer tiefen Rille,
in der er förmlich versteckt ist.

E. Auch der Zahnschnitt ist gleich wie
jener am Gebälk A-D auf Tafel XVI. Daß die
„Löckchen" nicht auf domitianischen Ur-
sprung hinweisen, wie Lanciani meinte1, ist
durch die übrigen severischen Gebälkstücke
bereits zur Genüge bewiesen. Das Zeitalter
des Septimius Severus und seiner Nachfolger
hat den flavischen Stil in mehr als nur diesem
Abb. 85. Friesstück. Stück wieder aufgenommen (s. u. II. Teil).

Der Zahnschnitt mit seinen weiten Abständen
bildet in der weich zurückflutenden Profillinie der Unterglieder künstlerisch eine Unter-
brechung; aber sie ist abgeschwächt, denn die Zähne sind niedrig, hier sogar geneigt. Das
Gegenspiel ist nur noch sehr schwach. Bei der Häufung reicher Profile verliert er seine
Bedeutung. Die Unterglieder beginnen zu einer zusammenhängenden Masse zu verwachsen.

E-G. Auch der Eierstab bietet nichts Neues. Er ist noch etwas breiter ausgezogen und
nicht mehr so tief umbohrt. Das folgende Simaprofil ist samt seiner Dekoration fast genau
gleich wie C auf Tafel XVI. Wieder sind die Formen noch breiter, hier auch die Zwischen-
stengel mit den „Eicheln" plumper. Während die kleinsten Stege zwischen den Profilen auf
Tafel XVI noch vertikal gestellt erscheinen, sind sie hier bei D, E und F, wie die Zähne
vornübergeneigt. Das ist ein Zeichen des fortgeschrittenen Zusammenfließens der Einzel-
formen. Ein Kyma, das zwischen lesbischem und jonischem Profil steht, und ein Perlstabglied
schließen die Folge der Unterglieder ab. Die Formgebung und das Dekorationsmotiv sind
ähnlich, aber wiederum derber als bei D auf Tafel XVI. Das Ornament ist ein Wellenband,
in dem abwechselnd stehende und hängende Kelche eingezeichnet sind, eine völlige Neubil-
dung aus dem alten Motiv des lesbischen Kymas. Dadurch, daß die von der Wellenlinie um-
schlossenen Flächenstücke hier völlig gleich sind, während sie bei D auf Tafel XVI noch
rhythmisch wechselten, erscheint hier der letzte Schritt zur Loslösung vom Blattstabmotiv
des alten lesbischen Kymas getan. Das abschließende kleine Rundstabglied entspricht völlig
dem gleichen bei D auf Tafel XVI.

1 Bull, communale 1895, S. 94.
 
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