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Tylor, Edward Burnett; Sprengel, J.W. [Transl.]; Poske, Fr. [Transl.]
Die Anfänge der Cultur: Untersuchungen über die Entwicklung der Mythologie, Philosophie, Religion, Kunst und Sitte (1. Band) — Leipzig: C. F. Winter'sche Verlagshandlung, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.61304#0283
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Achtes Kapitel.
Mythologie.
Die mythische Phantasie, wie jede andere Geistestbätigkeit, auf Erfahrung begründet. —
Die Mythologie liefert Anhaltspunkte für das Studium der Gesetze der Einbildungskraft. —
Veränderung in. der öffentlichen Meinung über die Glaubwürdigkeit von Mythen. —
Mythen rationalistisch für Allegorie oder Geschichte erklärt. — Ethnologische Bedeu-
tung und Behandlung des Mythus. — Mythen sind im Stadium der wirklichen Existenz
und Entwicklung bei modernen Wilden und Barbaren zu studiren. — Ursprüngliche
Quellen der Mythen. — Früheste Geschichte der Idee von einer allgemeinen Belebung der
Natur. — Personificirung der Sonne, des Monds und der Sterne; Wasserhose, Sandsäule,
Regenbogen, Wasserfall, Seuche. — Analogien zu Mythen und Metaphern ausgebildet. —
Mythen vom Regen, Donner etc. — Einfluss der Sprache auf die Mythenbildung. —
Materielle Personificirung primär, verbale Personificirung secundär. — Grammatisches
Geschlecht, männlich und weiblich, belebt und unbelebt, in Beziehung zu Mythen. —
Eigennamen von Gegenständen in Beziehung zu Mythen. — Der zur Förderung der
mythischen Einbildungskraft geeignete Geisteszustand.— Lehre von den Währwölfen.
Zu den Meinungen, wie sie eine geringe Kenntnis» erzeugt,
eine etwas grössere aber wieder aufbebt, gehört der Glaube an
eine fast unbegrenzte schöpferische Kraft der menschlichen Ein-
bildung. Der oberflächliche Betrachter hält, betroffen über die
Menge anscheinend wilder und gesetzloser Phantasien, welche ihm
keine Ursache in der Natur und nichts Gleichartiges in dieser
materiellen Welt zu haben scheinen, dieselben für neue Ausgeburten
der Einbildungskraft des Dichters, des Mährchenerzählers und des
Sehers. Aber bei Kleinem beginnt ein umfassenderes Studium
der Quellen der Poesie und Mährchendichtung in dem, was als die
willkürlichste Fiction erschien, für jede Phantasie eine Ursache
aufzudecken, eine Erziehung, welche zu jedem Gedankengange
geführt hat, einen Vorrath von ererbtem Material, aus dem jede
Provinz in dem Lande des Dichters gebildet, bebaut und bevölkert
ist. Rückwärts von unsrer eigenen Zeit kann man den Verlauf
 
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