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Wie der englische Charakter ist auch die nationale Fabel nicht
ohne Humor. Freilich kann man ihn nicht mit dem feinen sprühenden
gallischen Witz vergleichen, wie er sich in den Fabeln Lafontaine's kund
gibt; er ist nicht so zündend; er entbehrt die boshafte und doch nicht
beleidigende Ironie Lafontaine's. Der gallische Humor ist eben ironisch,
der englische ist komisch, und das ist auch der Unterschied zwischen
dem Humor Lafontaine's und dem der englischen Fabel. Man vergleiche
z. B. Gay's Tadel menschlicher Überhebung:
The man his eontemplation thus began:
When 1 behold this glorious show,
And the wide watery world below,
The sealy people of the main,
The beasts that ränge the toood or plain,
The wing'd inhabitants of air,
The day, the night, the various year,
And know all these by Heaven design'd
As gifts to pleasure human kind:
I cannot raise my worth too high,
Of what vast consequence am I!
„Not of th'importance you suppose",
Replies a fly upon his nose,
„Be humble, learn thyself to sean;
Knote, pride was neuer made for man". (Fable 49.)
Der englische Humor, der sich in Fielding, Goldsmith, Dickens und
vielen andern so köstlich kundgibt, kommt aber in der Fabel nicht in
seiner ungetrübten Heiterkeit und harmlosen Gemütlichkeit zur Geltung.
Es geht im allgemeinen durch die englische Fabeldichtung ein elegischer
Zug: ein sinnendes Gefühl der Wehmut, hervorgerufen durch die An-
schauung des Unvollkommenen im Irdischen, besonders aber im Mensch-
lichen. Der englische Fabulist sucht in seiner Bestrebung zu bessern
die Schattenseiten der menschlichen Welt auf, sieht nur sie und vergifst
die Lichtseiten; für das Gute ist er blind; er sieht das All in einem
düstern Lichte; sagt doch Gay, nicht einiges, oder vieles ist eitel, oder
die Menschen sind eitel, er verallgemeinert:
Whether on earth, in air or main,
Sure, everything olive is vain. (Fable 49.)
Gibt sich in diesen Worten nicht eine Weltanschauung kund, die
sich wesentlich von der unseres französischen Fabulisten unterscheidet?
Lafontaine freut sich des Lebens, der Natur und der Menschheit;
seine Bilder entbehren im allgemeinen nicht des heiteren Sonnenlichtes
Wie der englische Charakter ist auch die nationale Fabel nicht
ohne Humor. Freilich kann man ihn nicht mit dem feinen sprühenden
gallischen Witz vergleichen, wie er sich in den Fabeln Lafontaine's kund
gibt; er ist nicht so zündend; er entbehrt die boshafte und doch nicht
beleidigende Ironie Lafontaine's. Der gallische Humor ist eben ironisch,
der englische ist komisch, und das ist auch der Unterschied zwischen
dem Humor Lafontaine's und dem der englischen Fabel. Man vergleiche
z. B. Gay's Tadel menschlicher Überhebung:
The man his eontemplation thus began:
When 1 behold this glorious show,
And the wide watery world below,
The sealy people of the main,
The beasts that ränge the toood or plain,
The wing'd inhabitants of air,
The day, the night, the various year,
And know all these by Heaven design'd
As gifts to pleasure human kind:
I cannot raise my worth too high,
Of what vast consequence am I!
„Not of th'importance you suppose",
Replies a fly upon his nose,
„Be humble, learn thyself to sean;
Knote, pride was neuer made for man". (Fable 49.)
Der englische Humor, der sich in Fielding, Goldsmith, Dickens und
vielen andern so köstlich kundgibt, kommt aber in der Fabel nicht in
seiner ungetrübten Heiterkeit und harmlosen Gemütlichkeit zur Geltung.
Es geht im allgemeinen durch die englische Fabeldichtung ein elegischer
Zug: ein sinnendes Gefühl der Wehmut, hervorgerufen durch die An-
schauung des Unvollkommenen im Irdischen, besonders aber im Mensch-
lichen. Der englische Fabulist sucht in seiner Bestrebung zu bessern
die Schattenseiten der menschlichen Welt auf, sieht nur sie und vergifst
die Lichtseiten; für das Gute ist er blind; er sieht das All in einem
düstern Lichte; sagt doch Gay, nicht einiges, oder vieles ist eitel, oder
die Menschen sind eitel, er verallgemeinert:
Whether on earth, in air or main,
Sure, everything olive is vain. (Fable 49.)
Gibt sich in diesen Worten nicht eine Weltanschauung kund, die
sich wesentlich von der unseres französischen Fabulisten unterscheidet?
Lafontaine freut sich des Lebens, der Natur und der Menschheit;
seine Bilder entbehren im allgemeinen nicht des heiteren Sonnenlichtes