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Das 500jährige Jubiläum der Heidelberger Universität im Spiegel der Presse: Hamburger Nachrichten — 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.16749#0001

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Abeud-AuSgabe.

amburger

NachLrichrerL

«esrLndet 1792 — Herausaegeben, verlegt und gedrucktvon Hermann's Erben.—Vcrantwortlich: Für dieZeitung init Ausschluß dcs Jnseratentheils: Ches-Redacteure vr.juris Emil Hartmeyer und vr. giiri« Hermann Hartmeyer,nn. ,n Hamburg. Verantwortlich für den Jnseratentheil: W.H.N.Hoffnmnnin Homburi,.
Lrvedition: Spcersort 11. — Erscheinen täglich »weimal. Morgens 7 Uhr und Abends 7 Uhr; am Sonntag nur Morgens. om Montag nur Abcnds. — Einzeln« No. der Morgen-Ausgabe 1S^>, der Abend-Ausgabc Iv^. — Pre,s fur Anzergen vr Petitzeile S50i; mit Nachweijnng, Adr. od. f. Ausw. 4va
^ Briese werden nur angenonimen, wenn sie srankirt und an die Firma Hermann's Erben oder an di« Ne-action (wenn Anzeigen betresiend an die Expedrtron- der „Hamburgcr Nachrrchtcn adressirt sind.

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sür England und transatlantische Häsen; die Expcdition dcr „Hamburger Nachrichten", U. v. Vvn-iv,
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L 80., 25 karü klaee, sür Frankreich: Igvnev llnvns, kiaee äo is. Lourss 8, kur-t».

Hamburg,

Mittwoch, den 88. Juli.

Anzeigen nehmen an in Berlinr Haasenstein L Vogler, Jnvalidendank, Bernhardt Slrndt,
Rud. Mosse; Bonnr Gustav Lohen; Bremen: E. Schlotte; Franksurt a. M.r Jaeger'sche
Kuchhandlg., G. L. Daube L Co., Haasenstein L Vogler; Hannoverr Carl Schüssler;
Haasenstein L Vogler; Lcipzia: Haasenstein L Vogler, Rndolf Mosse; Lübeck: Otto
Gusmann, Dorette Gusmann, Haasenstein L Vogler; Magdcburg: Robert Kiess, Haasen-
stein L Bogler; Oldenburg (Grohherz.): Büttner L Winter; Kopcnhagcm Au^. I. Wolsf L Co.;
PariSr L.8onos Uavas, rlaes äs la Sourss 8: Turin, Wienr Haasenstein L Vogler.

L88«.

Die nur für das Ansland beftimmte Wochcn-Ausgabe der „Hamburger Iiachrichten" erscheint jeden Freitag, Morgens. Preis snr 'oie Lünder des Weltpostvereins incl. Porto A.5 pro Quartal. Preis der Jnserate filr die viergespaltene Petltzeile 30

Bestellungen nehmen entgcgen sämmtliche Postämter, die Buchhandlung von Otto Meissner in Hamburg, 26 Bergstraße, und die Expedition der „Hamburger Nachrichten"._

Hierbei eine Beitage»

Jnhatt.

TagcSübersittit.

Deutsches Rcich. Berlin: Fürst Bismarck.
Wettendorf Schceiben des Or. Fischer. Apotheker.
Reichsgerichtscrkenntniß. Straßburg: Back.
Oestcrreich. Das Cabinet Taaffe. Ein Erlah.
Manöver. Ein irredentistischerAiischlag. Die mili'
tärische Berichterstattung.

Däncmark. Hosnachrichten. Zur Bergfiicr.
Schweden und Norwcgen. Gerücht über Mmi-
fterwechsel. Zuni Verbot des dänischen Volkssestes
in Landskrona. Lock-out.

Grotzvritannten. London: Zur Vildung des
Ministeriums.

Spanien. Madrid.

Asien.

Afrika. v».

Umertka. New-Vork und Wash: gton: Fischerei-
srage. Flvttenbudget. Unruhe» in Mexico. Noth-
stand in Neufiindland.

Gesundheitöbericht.

» Hamburg, 28. ML.

Die seltsame Fassung des londoner Tele-
gramms, wonach der chinesische Gesandte
Marquis Tseng zumBesuch des Fürsten
Bismarck nach Kissingen abgereist, nachdem
er zuvor mit Cardinal Manning eine Unter-
redung hatte, könnte zn der Vermuthung An-
laß geben, daß die Reise des chinesischen
Diplomaten mit der Errichtnng einer päpst-
lichen Nuntiatur in Peking und dem daro.us
cntstehenden Streit ver ttc>n?vi'i^.. Regie-
rung mit dem Vatikan in ,rgend einem Zu-
sammenhange stände. Auf Grü.Ä emgezogener
Erkundigungen ist die „Magd. Z7g-" w der
Lage mitzutheilen, daß dieReise desMarquis
Tseng durch neue chinesische Schiffsbauten
auf dcn Werften des „Vulcan" in Stettin
veranlaßt worden ist. Daß das Haupt der
chinesischen Diplomatie in Europa den Ab-
stecher nach Deutschland benutzt, um die
persönliche Bekanntschaft des deutschen Reichs-
kanzlers zu machen, darin kann kanm etwas
Bejonderes gefunden werden. Jmmerhin
wht aus dieser Thatsache hervor, daß die
Veziehungen zwischen Deutschland und China
wrtdauernd vortrefflich sind, und daß die-
jenigen französischen und englischen Blätter
sehr schlecht unterrichtet waren, die
den jüngsten Entlassungen deutscher See-
leute aus dem chinesischen Dienst den
Eharakter einer deutschfeindlichen Maßregel
Uldichteten.

Der neue Bischof von Mainz, „Paulus
3eopold", vr. Haffner, hat am Tage der
Besteigung des bischöslichen Stuhles, 25. d.,
einen Hirtenö.I^s crtasseu, in welchem er
u. A. die social >emokratischen Bestrebungen
lebhaft bekämpst. Er läßt sich darüber
folgendermaßen vernehmen:

„Fürchte Gott und ehre den König! so hat von
icher die Kirche mit den Worlen dcs Weisen
Sprichw. 24, 21) uns ermahnt. Es ist driugend
lolhwendig. dast in unserer gefahrvollen Zeit dieser
olgerichlige Zusanimenhang zwischen Gottes-
eugr.iing und Unbotmäbigkeit, wie zwischen Gottes-
urcht und Königstreue erkannt werde. . .. Daß
äe Religion die geheimnißvolle Quelle alles gesell-
chafliche'n Lebens sei, wird leider ganz besonders
uch von jeneu vergcsse», welche gegeuwäriig die
jerbesjcrung der Arveits- und Wirthschastsvcr-
ältnisje thcils auf gewaltthätigem, theils auf
esetzlichem Wege erstreben. Gewalithätigkeitcn
aben den Völkern niemals Nutzen gebracht; das
hrcn im Einklang mit der erustei! Mahnung
is Herrn: „Alle, die daS Schwert crgreifen,
prden dnrch das Schwert umkommen"
(iatth. 26, 52), die biiteren Erfahrungen allcr
Zten und namentlich des verflossenen Jahr-
hnderts. Eine gesetzliche und fricdliche Ordiiung
jier in dcr That vielfach niißlichen Verhältnisse
zierstreben, ist dagegen nicht nur erlaudt und be-
rotigt, sondern auch nothwendig. Dieses Streben
isidarum stets von den Bischöfen und Pricstern
dc kathvlischeu Kirche mit besvnderem Eifer unter-
stzt worden. Jch will nur an deu Erust und die
Lbe erinnern, mit welcher mein hochseliger Vor-
gager Wilhelm Emauuel vor vielen Jahren sich
»t der Lage der Arbeiter beschäftigte. Nichts ist
„redlicher, als der Versnch, die Priester als Gegner
js Arbcitcrstandes und die Kirche als Hinderniß
ftes Wohles darzustellen. Ganz im Gcgentheil ist
lles Das, was die Arbeit so schwer belastet, aus
reisen erwachsen, welche den Grundsätzen des
hristenthunis nnd der Religion mehr und inehr

entfremdet sind. Andererseits haben alle Versuche
der jüngsten Zeit» die Arbeiterverhältnisse zu
bessern, bei jenen Männern die lebhastesie Unter-
stützung gefungen, welche dnrch die Licbe

zur Kirche sich auszeichnen. Eine voll-

ständige Abschaffung von Mühe und Noth

kann freilich von der Kirche und denen, die
ihren Glauben bekennen, niemals den Arbeitern
versprochen werden. Wer solches verspricht, ist ein
Schwärmer oder Betrüger. „Arme werdet Jhr
immer bei Euch haben", spricht der Herr, und die
Jahrhunderte haben dieses Wort bcstatigt. Zugleich
aber hat auch in allen Jahrhuuderten die hcilige
christliche Kirche sich als eine rrcue Muttcr der
Aimen bewiesen; sie schützt durch das göitliche

Gebot der Sonntagsruhe den Nrbeiter gegen Aus-
beutung seincr Kräste; sie keiligt die Ärbeit im
Hinblick auf ihren göttlichen Stifter, welcber für
den Sohn des Zimoiermanns gehalien wurde; sie
vereinigt die durch Geburt und Besitz geschiedenen
Stünde durch den Geist der brüderlichen Liebe; sie
lindcrt die Noth durch die Uebiingen der Barmher-
zigkcit; sie Ichrt uns die Leiden tragen im Aufblick
zu deui Kreuz des göttiichen Erlosers".

Es wird schwer halten, die katholischen
Arbeiter mit den Worlen der Liebe und der
Aufklürunq von dem gefährlichen Wege der
Social-Demokratie abzubringen. Hat doch vie
katholische Hetzpresse uutcr Führung kärchlicher
Oberen in dem letzteu Jahrz-chv'c nur allzu
viel dazu beigetragen, die Achtung vor der
Antorität des Staa(es und seiner Organe zu
untergraben.

Jn ffsiheiligten Kceisen wird trotz des
AuM/ubes an der Reise dcs r u s i ische n
Rauzlers Herrn v. Giers und an seiner
Zusammeukunft mit Fürst Bismarck und in
der Folge anch mit Graf Kal.vvty stftts^rMeu,
vbwohl bestimmte Angabcn über Zeit uno
Ort dieser Begegnungeü nicht zu machen
sind. Als gewichtigster Grund für diese
Kanzlerbesprechungen' wird die Jsolirtheit
geltend geinacht, in der sich die russische
Diploma'tie zur Zeit befindet.

Besondere Berücksichtigung in diesem Augen-
blicke verdient die Aeußernng des diplvma-
tischen Oraans der russischen Negiernng „Le
Nord" in Besprechung der zwischen Bismarck
uudKa! noky bereits stattgehabten Entrevue.
Das genannte Blatt sagt:

„Die Entrevue des Fürsten Bismarck mit dem
Grafen Kalnoky in Kissingen war bereits Gegen-
stand zahlreicher Coiniiientare. Es war ansangs
bestiilimt worden, daß die bciden Minister in
Gastein zur setben Zeit, wie ihre Souveräne, zu-
sammenkommen sollten. Gewisse Blätter wolllen tn
der Thatsache, daß die Zusammenkunft der Mi-
nister verschoben wurde, das Anzeichen einer
schwierigen Situation uud irgendwelcher Gefabren
sehen, von denen der europäische Frieden bedroht
wäre. Das sind bloße Märcbeu. Die Wahrheit ist,
daß, nachdem die Kur dcs Fürsten Bismarck in
Kissingen übsr die ursprünglich bestimmte Frist
hinaus verlüngert werden muß, der deutsche Reichs-
kanzler erst uach der Entrevue des Kaisers Wilhelm
mit dcm Kaisec Franz Josef in Gastei» uukomme.:
wird, weshalb er auch, da die Bcgegnung dcr beiden
Minister mit der Entrevue der Kaiser nicht mehr
zusammenfallen kann, den Grafen Kalnokh
fllr die nächste Zeit zum Besuch nach Gastein ein-
geladen hat. Dies ist die sehr eiufache Erklärung
einer Thatjache, die iiiit Unrecht als cin alarmiren-
des Symprom gedsutet wurde. Die gegenwärtige
Lagc Europas bietet keincnAnlaß zn einer begrün-
detcn Beuliruhigung. Die Dreikaiser-Entente,
die eine feste Grnndlage des europäischen
Friedens bildet, besteht in aller ihrer
Kraft. Wenn die Begegnung in Kissingcn
als eine ncue Bekräftiguug dcc deutsch - oster-
reichischen Alliauz betrachtet wird, so wird die
nächst bevorstehende Entrevue des Herrn
von Giers mit dem Fürsten Bismarck und seine
wahrscheinlich später nachfolgende Zusammenkunft
mit dem Grafeu Kalnoky nicht weniger ktar für
den Bestand der herzlichen Freundschaft zwischen
den drei Kaisern zengen, welche Freundschast gegen-
wärtig, cbenso wie früher, die werthvollste Garantie
des curopäschcn Friedens bildct und auch weiterhiu
bilden wird. Als eines wciteren Belegcs für dicse
Ueberzeugung soll auch des Besuchs erwähnt wer-
den, den Erzherzog Karl Ludwig, Bruder des
Kaisers Franz Joses, dem russischen Hofe nächstens
abstatten wird."

«

Die Amsterdamer Unruhen scheinen
nach dem heute eingegangeneil Tclegramm be-
schwichtigt zu sein. Es fanden zwar gestern
Morgen noch einige Zilsammenrottnngen statt,
der Tag verlief indeß ohne erhebliche Ruhe-
störungen, und auch am gestrigen Abend kam
es zu neiineiiswertlsen Züsammenstößen nicht
,mehr. Die Gesammtzahl der am Montag
Abend Getödteten wird auf 25 angegeben,

die der Verwundeten auf 90, wvrunter
40 Polizisten verzeichnet werden. Angesichts
dieser Zahlen fällt es in der That schwer,
an einen Pöbelexzeß gewöhnlichen Kalibers
zu glauben, wenn man außerdem die aus den
Barrikadenbau bezüglichen Angaben der
Amsterdamer Depeschen in Anschlag bringt
und sich sagt, wie hochgradig der die
Ruhestörer beseelende Fanatismus sein
mußte, um zu wiederholten Zusammen-
stößen mit den Truppen zu führen,
bei denen die Aufrührer natürlich deu
Kürzeren ziehen mußten. Von den eigent-
lichen Schuldigen, den intellectuellen Ur-
hebern des ganzen Krawalls wird wohl kaum
einer unter den Opfern sein. Dieses Ge-
lichter pflegt, wenn die Sache ernst wird,
immer nach der Devise: Weit davon ist gut
vorm Schuß, zn verfahren. Man yat noch
nie gesehen, daß einer von den anarchistischen
Hetzern seine eigene Haut zu Markte getragen
hälte: der erbärmliche Feigling Most ist
typisch für sie alle. Ts ist eingesiandener-
maßeu d>e TaciE des mvdernen Ainirchis-
nms, durch Arranglru»g derartigcr kleiner
„Vorposteiigefechte" den Krieg Aller gegen
Alle vorzubereiten. Wer sich übeihaiipt l>e-
lehren lassen will, kann aus den Anister-
damer Vorgüngcn manches lernen.

Aus Rvm wlrd dem Reuler'sche» Bnreau
unterm 26. d. gemeldet, im Valiean sei Line
Depesche aus Konstantinopel eingelrvfsen, wo-
nach Monsigiivr Rotelli, der apvstolische
Delegat in der türkischen Haupistaot, die
wichtlizell Unterhaudliingen znm Abschluß ge-
bracht habe, die Mit der Pforte zu pflegen
er beaufiragt gewesen, und daß die katho-
lische Kirche iin Orient grvße Erfolge zu
erwarten habe.

Man hält in Wien die Lage des Füsten
Alcxander von Bulgarien eiuch nach dem
glücklichen Schluß der Sobranje für eine be-
drüngte, deun Rußland ermüdet trotz der
Annäherung an die deutschen Mächte'nicht
in seiner bulgarenfeindlichen Politik. Die
russischen Verireter scheuen sich nicht, den
Fürsten als Ursache der Unsicherheit anzu-
klagen. Dazu konimen, wie der „Köln.
Ztg." aus Wien berichtet wird, die
ewigen Ränke der Regierungsstrebe^,
welche sich bestündig g'egenseitig mit
allerlei kleinen Kniffeii von der Staatskrippe
abzudrängen suchen. Neuerdings hat Kara-
welvw sich entschlossen, das vou ihm zeit-
weilig verwaltete Miiiisterium des Jnnern
Herrn Lukanow zn iibergeben, nnd zngleich
wird sein Gegner, Radoslawow, als Justiz-
minister durch Herrn Aschakow ersttzt. Herr
Radostawow lriit natürlich flugs zur Oppo-
sition ttber und 15r. Stranski, der Revo-
lutionsmacher, der auf das Mtnisterium des
Jnnein für sich gerechnet hatte, läßt durch
sein Blatt in Philippopsl hcfttge Klagen
führen, daß der Hauptstadt Sofia atte'rlei
Reichthümer zukommen, währeud die Haupt-
stadt Philippvpcl an der lceren Krippe nagen
müsse. Gegenüber dem „rollenden Niibel" ist für
den Fürsten übrigcns mssentlich, daß die
Svbranje ihm reichlich außerordeniliche
Geldmittel für verschiedeue Zwecke bewilligte.

Wie dem „Bureau Reuter" aus Konstan-
tinopel gemeldet wird, hatte der russische
Botschafter am 26. d. eiue Privataudienz
beim Sultan und überreichte ihm ein Hand-
schreiben des Zareu. Die Pforte hat mit
dem Credit General eine Anleihe von
LT. 60,000 zur theilweisen Titguug der
schwebenden Schnld abgeschlossen. Es
dürfte demnächst eine Anleihe von viel größe-
rem Betrage bewerkstelligt werden.

Der russi'sche Admiral Caznakoff war währcnd
seines Konstanüuvpeler Anfenthalis der Gegcnstand
bcsondcrer Aufinerksainkcit scitens dcs Sultans
Nicht nur wurde er zum Diner im Palaste zuge-
zogen, sondern es sauden ihm zu Ehren sogar
Uebungen des Panzergeschwaders statt, denen er im
Beisein des Marineministers auf dem Stdniiratschiff
betwohnte.

(Verfolg der Polilik siehe Beilage.)

Telegramme.

Schlangenbad, den 27. Juli. (Reut. Bur.)
Jhre Majestät die Kaiserin empfing hcute den
Prinzcn Nicolaus von Nassau und dessen Familie,
unternahm cine Ansfahrt in die Umgegend und
setzte die Badekur fort.

2^ Strittgart, den 28. Juli.
(Privat - Telcgramm.) Der frühere
Kultusmiuister Geßler ist gestorben.

Wicn, den 27. Juli. (Reut. Bur.) Von »estern
Mitta,! bis heute Mittag sind an der Cholera in
Fiimic 6 Perjonen erkrankt und 3 gestorben, in
Tricst 3 erkrankt und I gestorben.

Amsterdam, den 28.Juli. (Reut.Bur.) Gestern
Morgrn fanden noch einige Znsammenrottuiigen
statl. Der Tag verlief ohne Rubestörungen. Am
Abeud srinde» unbedeutende Zusammenstöße des
Pöbels mit der Polizei siatt, Pairouilleu zerstreuten
die Mcuge. Gegen 10 Uhr war die N»he voll-
ständig hergesiellt Jm Gauzen wurden am Mon-
tag Abend 25 Personen getödtct, gegen 90, dar>
unter 49 Polizisteu, vcrwnndet.

Paris, den 27. Juli. (Reut. Bur.) Thomson
ist zum Gesandtc» in Kopenhage» crnannt worden.

-Nadrid, den 28. Juli (Reut. Bur.) Die
Kamn er beschloß dic vollstäudige Insreiheitsetzung
der noch iu Abhäugigkeit zu den srüheren Herren
stehenden 2i>ü00 Negcr Cubas.

Persotta!ren.

—. Wie aus Berliuer Hvfkrciscn verlautet, ge-
dcnkt sich der dcutsche Krouprinz nach seinei
iüückkeyr von dcu Jubiiäumsfcstlichkeiten in Heidel-
berg uiit semer Gemahlm u»d seinen jüugere»
Töchleru auf etwa drei Wochen in ciu norddeutsches
Seebad zu bcgeben. Es soll vorlänsig die Jnsel
Sylt in Aussicht genvmmen frin, doch ist ein end-
gültiger Beschluß uoch nicht gesaßt worden.

—. Uebcr das Drum und Dran der Zusam-
menkunft des Fürsten Bismarck nnr dem
Grafen Kalnoky in Kissingen crhält die
„Magbeb. Z.' vvn dort einen Bericht, der wve
Aüeo, was den Reichskanzler betrifft, auch unsere
Leser iuteressiren wird: Die Zusammeuknnfte im
Schloß an der oberen Salin« haben stundeiilang
gedaucrt, sowohl Vormittags >oie Nachmiitags.
Zu Mittag aß man gegen 6 UhrAbends. Zu dem
cinen Lieser Biittagesseu war untsr anderen Per-
jone» auch der russijche Botschaster i» Paris ge-
ladeu. Verschicdene Male hojte der Reichskanzler
den österrcichischen Staatsmaun vo» seinem Gasthof
am Kurplatz mit dem vom Prinz-Regenteu Luit-
pold zur Bersügung gestellten Hofwagen persönlich
ab. Als Bismarck beim erstc» Besuche die Treppe
zu dcn Gemächern des Grafen hinaiifstieg, eilte ihi»
dicser mit den Worten entaegen: „Aber, mein
lieber Fürst, Sie bemühen sich sclbst her?" worauf
der Rc chskauzler scherz ud crwidcrte: „Nun, ich
mnß doch sehen, lrie cs bei Jhne«, lieber Graf,
-attösik:,:!" D!c Uutersiütznng beini Treppen-
steige» soitens des Portiers und eines Kammer-
Vieners wehrte der Kanzler läckelnd ab. Gletch-
w»hl meiiite or: „So rccht geht's mit dcn alten
Knochen doch nicht mehr." Beide Diplomateu
unternahmen dann längere gemeinsame Spazier-
fahrten. Knrz, der nllgemeine Eindruck, den dic
Ziisammenkuiift machte, war ein dnrchaus sympathi-
scher; auch der Abschied war ungcmein herzlich und
für das znschaueude Pnblikum, welchcs zufällig
Zeugc desselben wurde, besondcrs interesjant insolge
des schrofscn Gegensatzes in der äußeren Erscheinung
unsereS Kanzlers und derjeingen Kalnoky's. Aus
dem einen Bismarck kann man zwei Kalnoky's
schnitzen. Der österreichische Minister des Aeußeren
ist mindestcns einen Kopf kleiner als der Neichs-
kanzlcr. Zudem ist er schmächtiger und zarter ge-
baut. Dic unleugbarc Vornehniheit dieser Erschei-
nuug wird erhöht durch ein voruehmes, geistvolles,
eucrgisches Gelicht. AlS der Minister mit ciner
gewisjen Nachlässigkeit über den Perron schritt, lis-
peltkii einigc neben mir stehende Damen gauz ent-
täiischt: „Wie, das ist Kaluoky tz!" Hinterher
schritt der Reichskanzler — er hatte den Gast selbst
zur Bahn gebracht. Auf zwei oder drei Schritte
vom Kanzler cntferiit zu stehcn und mit Muße
die Züge und die ganze Haltung dcs großen
Mauucs studiren zu köunen, ist ein Glück, welches
uicht Jedem beschieden ist. Wohl eine Liertelstnnde
war dem ehrerbictig im Kreisc umherstehenden
Pnblikum diese Gelegenheit geboten, dcnn beide
Diplomaten waren schon 15 Minute» vor Abgang
des Zuges zur Stellc. Bor dci» Salomvagen. der
in dcn um 6 Uhr nach Wie» gehcnden Schnellzug
eingestellt war, fand diese letzte Zusammenkunst
statt. Die beiden Diplomaten redcten bis zum letz-
ten Angenblicke vor Bbgang des Zugss angelegent-
lich mii einander. Dic Begleitmig, der Geh. Ober-
Regierungsrath vr. Rvttcnburg von Seiten dcs
Reichskauzlers. uud der Barou v. Achrenthnl von

Seiten Kalnoky's, stand in lebhafter Unterhaltung
in nächster Nähe. Die zwangloje Toilette auf bei-
den Seiten verrieth, daß alle leere» Förmlichkeitcn
mit Absicht vermieden worden waren. Diese Beob-
achtung ließ sich auch währeud der vorhergehenden
Tage niachen. Der Kanzler >n langem, blauem
Gehrock nnd duuklen Beinkleidern, trug seineu
chamoisfarbencn Schlapphut, die bekannte große
Stahlbrille uud in dcn unbehandschuhten und
ringlosen, nicht einmal mit dem Trauring ge-
schmücktcn Händen einen derben. braunjchwarzen
Knvtenstock niit gewaltiger Krücke. Um den Fürsten
herum schnupperte zähnefletschend und keuchend der
Stellvertrcter des Reichshundes — eine graue
dänische Dogge, scblank gebaut, wie ein Reh, und
glatt und geschmeidig, wie ein Aal. So bösartig,
wie der gelvaltigcr gebaute und „läckitigere „Tyras",
der bekanntlich währeud des Berliner Kongresjes
sogar auf den Fürsten Gortjchakow einen Ansall
vcrübte, ist er nicht, denn das Thier ließ es ruhig
geschehen, daß ihm Kalnoky mit seinem Spazier-
stückchen scherzend in die Seite fuhr. Während des
Gesprächcs mit dem österreichischen Minister zog der
Kanzler einen mächtigen, kettenlosen Chronometer
von altfränkischem Zuschnitt aus der Westeiitasche.
Daii» jchivaug er sich behcnd in den Salonwagen,
uui dicsen einer kurzen Musterung zu unter-
ziehen. Kalnoly folgte ihm. Nach wenigen
Slugenblicken kehrte» Beide wicder zurück, um ihr
Gespräch fortzujetzen. Kurz vor Abgaug dcs guges
wandten sich die Miuister iu verbindlichen Worten
an die Beglcitilttg — der Reichskanzler an den
Baron v.Aehrenthal, eine schlanke, hoheErscheinung,
in der die Liebenswürdigkeit und bas beitercWese»
des Ur-Wienerthums in sympathischer Weise zum
Ausdruck kommt. Der Bahuhofsinspektor meldet,
daß die Zeit der Abfahrt gekommen ist. Ein all-
seitigcs Händeschütteln; der Kanzler lächelt freund-
lich und verbindlich dem Grafcn Kalnoky zn, ihm
einc glückliche Fahrt wünschend; Baron Aehrenthal
verbengt sich tief vor dem Kanzler und küßt die
dargereichte Hand; die beiden Gäste schwmgen flch
in denSalouwagen; ein schrillerPsiffderLokomorivc
und der Zuz verläßk langsam die Halle. Der öster-
reichischeStaatSmann ist an'sFenster seines Wagens
getrcten, dem Kanzler noch ein freundliches Lebe-
mohl winkend und diescr beantwortet den Gruß,
indem er sich zu kerzcngeradcr Haltung in semer
ganze» stattlichen Höhe emporrichtet und ties scinen
Schlapphut zieht. Dann ist der Zug der Hu..e
enteilt. Sich uniweiidend. spricht Bismarck
noch einige verbindliche Worte mit einem in-
zwischen herbeigetreteuen alten, gebrechlichcn
Herrn, eineiu Grafen Potoki, der Tags über dem
Grasen Kalnoky schon zu wiederholten Male«
seine Ausmartung gcmacht. von diesem aber
nichi empfangen wordcn war Dann verläßt der
Kanzlcr, die ehrerbietigen Grüße des dichtgeschaarten
Pubükums jn zuvorkommendster und freundlichster
Weise clwidernd, zufrieden und vergnügt lächelnd,
in Begleitung des Geheimen Obcr-Regicr«ngsrathes
Vr. Nottenbing, den Perron. Beide Hcrrcu be-
steigen den Wagen nnd fahren, gefolgt von dem in
mächtigen Sätzen nachspringenden Hunde, der Sa-
line zu. Das war der Schluß der Zujammenkunft
zwischen Bismarck uud Kalnoky. Aus der unleug-
bar heitcren und glücklichen Stimmung dcs Rcichs-
kanzlers kann man hossentlich die Folgerung ziehen.
daß das Ergebniß derselben ein in jeder Beziehung
befriedigendes ist. — Wann der Fürst Kissingeii
verlasse» wird, ist mit zienilicher Gcnauigkeit zu
bestimmen. Die Zahl derBüser, welche er noch zu
Iichmen hat, betrügt acht. Das läßt aus eiuen Auf-
enthalt bis zum 4. odcr 5. Auguü fchließen. Ob
alsdann eine Nachlur m Gastein vder eittr dlceete
Uebersiedelung nach Friedrichsruh oder Varzin be-
absichtigt ist, wird die Folgezcit lehren. Die letz-
tere Annahme jcheint die richtigere zu seia."

—. Das äußerst seltene Fest der eisernen Hoch-
zeit, der 66 Wiederkehr des HochzeitStages, werden
am 6. August d. I. Herr Major a. D. Jany und
Gemahlin in Königsberg i. Pr. begehen. Herr
Major Jany, trotz seiner 92 Jahre (seine Gattin
zähtt 83 Jahre) noch sehr rüstig, ist einer der weni-
gen noch lcbenden Veteranen der Befrciungskriege
1813—15; vielsach decorirt und blessirt, blickt er
auf eine sast 60jährige Thätigkeit im activen Staats-
dienst zurück; noch heute ist er unermüdlich thätig
im Dieuste der Huinaiiität, als Stifter einer An-
stalt für taubstunimc Waisenkinder crmattet er nicht
in dcr Sorge sür seine Schützlinge.

K Port Moody in Canada, den 25. Iuli.
Sir John und Lady Macdonald kamen heute
Mittag nach ciner Reise von 3500 Meilen, die nur
bei Tage zurückgelegt wurden, hier an. Der Preniier,
wclcher die Anregung zum Bau der conadischen
Pacific - Eisenbahn gegeben hat, wurde überall
enthusiastijch empfangen und eine große Auzahl
Adressen wurden ihni^ in den Prairie-, sowie in
den Berqdistrikten nnd von dcn Gcmeinden am
Stillen Ocean überreicht. Lady Macdonald machte
die Reise vom östlichsn Ansang der Bahn bis zu
den Rocky Mountains nach Pvrt Moody, eine
Eiitferiiuug vou 600 Meilen, durch alle Bergpässe,
auf der Locomotive.

—. Für das Studienjahr 1886/87 ift vom
akademischen Senat dcr Universität Marburg
vr. jur. Franz v. Lißt zum Rector gewählt.

—. Jn Freiburg starb am 25. Juli der badische
Generallieutenant a. D. Dreyer. Der Verstorbene,
seit langen Jahren in Freiburg ansässig, hatte erst

vergangelies Fruhjahr, vieljeitig beglückwünscht.
seinen 00. Geburtstag gefeiert.

3" Kassel ist Dienstag Vormittag Okfl».
bibliothckar vr. Albert Duncker plötzlich
storben. ^

l ll. N. Der kgl. sächsische Kaiinnersäna« Pani
Eugeii Degele, welchcm am 26. d. M derTad
in Loschwitz bei Dresben als erlösender Frcuild
genaht ist, war von mütterlicher Seite der Enkel
9cs berühmtcn Gcsauglehrers Ludwia Valest
(Walleshauser) in Müiiche», wo er ain 4. Juli
1834 geboreu wurde. Auch di- Eltern Dcqele'« bil-
deteu elueMusikei'familic; sie wirkien beide daselbs:
als Hofcapellstingcr, der Vater zugleich als Muük-
lehrer. Als Gymuayast, desjen Studien der küuf-
tlgen Laufbabu eu-.-e »>i>.,.-.. Ollrc-

genoß Eugeu zngleich !o fleißig Musikuntcrricht a,n
Coiiservatorium stmcr Batcrstadt (uuter Jgnaz
Lachiier m>d Georg Mittermaier). datz er bei lang-
labnger Erbluidung seines Vaters im Stande war.
zur Erbaltung seiner Familst 1852 als Geigcn'
^'oler ni die Hoftheaterkapelle einzutreten und
G- ^u/ '»unde» se.iies Valers z>. übernehmen.

° de» ehemaligen Tenoristcn
Alois Bayer uiid yriedrich Diez die jugendliche
Barytoiistlinme für die Bühnc auszubilden, zunächst
iiiit unguiift.gem Erfolge. denn ein erster Bcrsuch
in Muiichen als Richard (Puritaner) zeigte den
zwanzigiährigcn Debutaiiten noch allzu unrcis für
''°ue Lau'b,h^ Ett. zweijähriges Studium bei
Iakob Ärlhelm Rau)cher in Stuttgart (aleichfallS
c.ne», fruheren T-noriste»), welches ihm durch e.'n
Stivendium des Köuigs Ludwig I. ermöglicht
wurde, nnt aushulsslveiser Bcschäfiigung in Schau-
spiel und Oper daselbst, hatte beffercn Erfolg Das
st« -7' Hostheater in Hannover

e ^ M ^ ° (Hugenotten) und Pliuz.

regent (Nochtlager vvn Granada), sowie seine An-
triltspartie als Don Juan (am l. Mai) bewähnen
ihii sogleich als ausreichenden Bertreter dcs ersten
insbcsoudere sah Heinrich
Marschner ni ihm eiueu vollgültigeii Ersatz IieS
gealierien Traugott Gey für seinen „Tcmpler".
„Heilmg" und „Vampyr". Als Hofopern^
aiiger rn Dresden häite der Entsailafene,
weiin senie Kunstler- nnd Lebensbahn nicht so
grausam durch Krankheit inid srühen Tod zerrisseu
wordcn ware, gerade in diesen Tagen sein füuiuiid»
zwauzigjährrges Dieustjublläunl seiern köuucn
Dcnv seincr Bcriifuug „ach Dresden, eii.er vcr
exstn Amtsyandlungcn des Jnteuoauten von
Lu"'chau (1862 penstonirt. f den 16 Feb-.uar
.863) zum Probegastspiel (Prinzregent, Älmaviva,
Czaar, Hans Heiling) folgte der Autrilt des
Engagemcnts am l.August ,861 ats „Don Jnan"
eine seiner geruhmtesten Leistuugen. Die Borzüge
Degele s ni seiner Blüthezeit marc» die eincr
Ichöneii und auSdrucksvollen Slimmc, eines o--ist-
voilcn, poetischen und formvollendeien Spiels A vch
selncu Liedkr.Compvsilioiien hat cS an Aner'
nicht gefehlt.

/'"L" aus Laase an der Pomu.-rsä-e'i
Kuste eingetroffenen Nachricht ist dase! , dc-'
Kiipserstecher Paul Dröhmer. der dort mn > u-er
Familie in der Sommerfrische verweilte, an ett'.rr
Herzlahmung verstorben. Er war der 'ümnre
Brudcr u„d dcr Schüler des Professors H
Drohmer dcs uoch lebcnden Kupse. -,ch rs
uiid schloß stch ,ederzeit in seiue." st.

beiten geuau dem Bcispiel desselbe-, au.
W.e dieser wendete er ausschüeßlich deii S > 'a-z-
lunstslich, die „geichabte Manier" auf der Staolrlatlc
„bee dcr juvor darauf au>sv»»ar>»>e-„ r:„ter>-- ,1'na
stt> lfiae Tcchntl, rrcich: :n Bcrlin bejonders . arch
Luderitz uud nach ihm durch Hibelmann. Scidcl.
Adalbert Begas, Sagert, Dröhmer zu eine- . >oe,i
Stuse der Ausbildung gebracht worden ist. ttaul
Drohmer war i„ solcher Weise seit fast 30 Jah-.cn
unausgesetzt für den Kunsthaudel Ihätig ui t bat
eine große Zahl von Schwarzkunstblätt. ru be-
sonders »ach Bildern moderner populärer G.urc-
inalern ausgcführt.

» London, den 26. Juli. Hubert O.
Tyompson, ein bekaiintcrDcmokrat in New'Bvrk,
starb am Gchirnschlage.

Gcneral Van Alcn, ein Pajsagier aus Evqi. ud
auf dem gestern hier angekommenen Cunardd : >.
„Umbria", sprang während der Neisc über Bord
und ertrank.

Krrnft, Wiss en sch aft und Li tera i, r r.

vr. ^ !8. Sylt, den 26. Jnli. Das T' -rt
von dem vcrstorbeneii Dr. L. Meyn, daß im L» >fc
dieses Jahrhnnderts niit jeder Beschreibuua dcr
friesischen Jiisclu so viel phantastische G-olo»> nud
Archäologie verquickt worden sei, daß die Nach-
richten immer unzuverlässiger werden, bewahrheitet
sich nirgends mchr als bei den sogenannrcn großen
Waldern, die im 13. Jahrhundcrt in diesen Ge-
bietcn untergegangen sein sollen. Allerdings ist
cs verführerijch genug, aus Namen wie Osterwohld,
Westerwohld u. A. auf das Vorhandensein frühcrer
Wälder zu schließen, oder aus den Waldzeichnungen
der Meyerschen Karten in dem bekanntcn Dank-
werthjchen Werke auf früherc Berhältniffe eincn
Rückschluß zn machen. Jndcß ist es nicht geniiq,
die herkömmlichen Angaben bloß zu leugnen; eS ist
auch nachzuweisen, wie sie entstanden und wie sie
bei den Chronistcn haben Glauben finden können.
— Die Westseite Sylt's enthält große uiiterseeische

Heidelbergiana.

Die bevorstehende fünshundcrtjährige Jubelfeier der
lniversität Heidelberg hat eine aiischnliche Litcratur
n'S Leben geruten. Wir wollen in Nachstehendem
ine Rcihe beachtenswerther Schristen anzeigen i
Als das Ergebntß jahrelangcn, eifrigen und ge-
.viegtcnSammelns sührtsich ein im Verlage der Univer-
sitätsbuchhandlung von Bangel L Schmitt (Otto
Petters) iu Heidelberg erschieneneS stattliches Bnch
als Festgabe zum Jubiläum der Universität ein, in
welchem unter dem Titel „Heidelbera, geseiert
von Dichtern und Denkern seit sünf Jahrhun-
derten", der HerauSgeber Albert Mays eine reich-
h-ntige Auzahl von Anssprüchen in Poesie und Prosa,
rnauchcs bisher noch »icht gedruckt, in chronologijcher
Ordnung zusammcngestellt hat. Die fleißige und
Niühsame Arbetr erhebt Anspruch daraus, cine wisjen-
schastliche genannt zu werden; dies ergicbt sich nicht
->>r gus der Art der getroffene» Auswahl, sondern
den mannigsachen trefflicken erläuternden
"->>>:,elnen Cilaten. I» der ersten
7 . ! . > ^ alle

L'L'.-'ind PreiS Ältveidelberz» i.ieberg cn —
>.» .... . I von

ühren.

nPapst

Urvan . er 1385

her, durch welche cr oi- » ü. iversität

dem. Kursürsten Ruprecht gestattete. Uuter den
Dichtern und Schriststelleru des 16. und 17. Jhdts.
sind u. A. vcrtreten Sebastian Münster, Martin
Opitz, ferner ein Jubelgedicht anf die vierhundcrt-
jährrge Dtiftungsfcier 1786. Weiter beaegnen unS
Ramen wie Matthison und dessen berühmte Elegie,
Brentano, Goethe in mehreren Tagebuchnotizen und
Gedichten. Schlosser, Lenau, Jmmermann, Bunsen,
Simrvck, vor allem aber Scheffel mit seinem herr-
lichen Preisgesang „Alt Heidelbcrg, Du seine" und
sciner letzten Festdichtung auf das heurige Jubiläum.
Auch Bulwer, D'Jsraeli in Prosa, und Longfcllow
lassen sich in ihrer Muttersprache zum Lobe Heidel-
bergs vernehmen. Daß dies die Heidelberger auch
selbst von jeher verstanden, beweist die zweite Abttzei-
lung: „Die Heidelberger" deS jedcm Freuud uud
Verchrer der Ncckarstndt warm zn cmpfehlcnden Werks;
hier hat der Herausgeber Heidelbcrver Ausiprüche iu
Prosa und Pocsie zum Theil recht scherzhaft und
jchnurrig zusammengestellt. Die Ausstattung des
Buchs ist eine ansprechende. Nur ein offenbar von
einem sächsischen Correktor verschuldeter Druckfehler
sällt gleich zu Anfang sehr in's Auge, indem Urban VI.
vls Pabst dasteht, aljo mit weichem b.

„Hoch Heidelberg", Burschenlieder von Richard
Holsten, nennt sich ein zierliches Büchletn, das in

dem gleichen Hcidelberger Verlage ersckiencn, in
welchem der Dichter in formgewaudte» Bersen froh-
müthig und von Jugendfrische durchweht, das freie
Biirschciilcbeii auf der Hochschule preist. Dabei ent-
geht seinem empfänglichen Gemüth nicht die Hcrrlich-
keit der Natnr, dic er in begeisterten Worten besingt,
ebenso aber wird er in schwungvollcn Versen den
Freuden dcs edlen Rcbeusastes gerecht, geiioffen ini
Kreise sroher Zecher, und auch Liebessehnsucht und
Miiinelust ersüllt zeitweilig sein einpfindsameS Herz.
Genug, die anmüthige Liedersammluug, unter der
ein Preislied aus H.idclbergs Farben von ernster
und sinniger Haltuug ist, darf aus beifällige Anf-
nahme bei Gleichfühlenden rcchnen.

Die ebensalls im Verlage von Bangel L Otto
Petters erscheinende, von Hosraih Karl Bartsch
redigirte illustrirte Festchrontk „Ruperto-Carola"
liegt in ihrer zweiten Nummer vor, die wiederum in
Text und Bild nur Gediegencs bietet. Eröffnet wird
die Nummer mit einer historischen Studie: „Die
Universität Heidelberg unter der Regicrung Karl
Friedrich's" 0802-1811) von I)r. Karl Obser, mit
Porträt des Kursürsten, der Aufsatz über die Grün-
diing der Hcidelberger Universität von Adolf Koch
gelangt zum Abschluß; die kostbaren, stilistisch höchst
tnteressaiitcn gothischen Scepter der Univcrsität
Heidelberg, thcilweise dem 14. und dem 15. Jahr-
hundert angehörend, werden von dem ausgezeichneten
Kunstgelehrien Wilhelm Lübke besprochen; eine treff-
liche Abbildung der Sceptcr nebst der zum Jubiläum
gcstifteten Decke rüyrt von bem Erbauer der Fest-
yalle, Oberbauralh Prof. Joses Durm in Karlsruhe
her; all' den ungezählten Verehrern Scheffel's wird
die anziehende Schilderung: Sommertage in
RadolfzeU von Alberta v. Frcydorf willkommcn
sein; eine Ansicht von Schcffel's Sommersttz
in Mettnau von H. Kley und des Dichters Arbeits-
zinimer auf der Mettnau von desjen treuem Freunde
Anton von Werner gezeichnet, leiyen dem Text ein
erhöhtes Jiitcresse. Es folgen sesselnde Dichtungen:
„Herzensschlüsjel", von H. Eyth illustrirt, ein Gedenk-
biatt aus dem Album etnes H-idelberger Studenten,
„Studio's Abschied" mit Jnitial; eine Erläuterung
zu der von H. Klcy nach den Entwürfen von Prof.
Karl Hoff gezeichneten Jllustration: Friedrich der
Siegreiche und die Schlacht bei Seckenheim 1462;
die Schildernna des Festzuges von Karl Hoff. dem
Schöpfer desselben, Fest-Notizen und Aufruf sür ein
Schesfcl-Dcnkmal in Heidelberg.

„Heidelberger Studentenleben zu Ansang >
unseres Jahrhunderts", nach Briesen und Akten,
von vr. Ed. Heyck, cin in Carl Winter's Uni-
versitätsbuchhandlung in Heidelberg erschienenes!
Werk, stellt sich als das Ergebniß einer sehc fleißigeu '
Ersorschiing der Quellen dar, wclches interessante,!
wichtige Beiträge zur Erkcniitiiiß des akademischen >
Lebens auf der Heidelberger Hochschule während der
beiden ersten Decennien unjeres Jahrhunderts bietet. l

Mit dcr von Karl Friedrich vou Baden voll Umsicht
»iid Thalkraft iliiterttommeiieii Wiederherstelluug der
um die Wende des 18. Jahrhunderts günzlich in
Verfall geraihencn Heidelbergcr Universität durch dcn
Erlaß neuer acadcmtscher Gesetze, welche 1805 ver-
öffentlicht wnrden, und durch die Berusung srischer.
tüchtiger Lehrkräfte an Stelle der in Schematismus
und Formelwejen versiiilkeiieii alten Proscsjoreu, be-
gann eine ueus Blüthezeit sür die Hochschule, an dercn
Wachsthum naturgemäß a»ck die Stadt und Bürger-
schaft theilnahmen. Vor alleri- aber ward die durch die
Neuordnunq der Universität hervorgcrusene Herau-
bilduug einer neuen Studeiitenjchaft vou Bcdeutung.
Der Vcrfasser schildert aussührlich den Umjchwung.
der sich innerhalb des gesammlcn Studenteulebens
durch die Eiiiführung der akademischeu Gerichtsbarkeit
vollzog, deren Organe von vornhcrein bestredt waren,
das Bcrbinduiigswesen durch discipliuarische Maß-
regeln zu unterdrücken. Die hierans zwischen deu
akadenuschen Behörden und der in den altcn Formen
der Orden und Laiidsmannschaften bestchenden Verbin-
dungeii sich ergebenden Conflicte führtsn zu man-
cherlei Excessen, die eine Verschärsung durch die
Streitigkeiten erhielt. welchc zwischen den Studenten
und der damals in Hetdelberg liegenden Dragoner-
Garnison immer wieder ausbrachen und endlich den
AuSzug der Studentenschaft „ach Neucnheim 1804
zur Folge hatten. Sclbst der vvn Jena nach Hcidel-
berg berufene berühmte Jurist Tyibaut vermochte, zum
Prorektor crwählt, durch seiue wohlgcmeinten, aber
an Verkennung der Verhältniffe lcidenden Maßregeln,
die Ursache von mancherlei Excessen wurde, zu denen
der im Grunde uoch rohe Ton, welcher in der
Studentenschaft herrschte, nicht wenig beitrug, dcm
Unwejen nicht nachdrücklich zu steuern. Allmählig
aber niilderten sich die Sitten des Studententhnms
durch die geselligen Beziehungen ab, in welche die
Verbindungen zu den Prosefforen und den Bürgern
traten. Der Verfasjer citirt Schitderungen des
Heidelbcrger Lebens von Zcitgenoffen auS dem Jahre
1807, die dasjeldc als ein harmlos, sröhliches und
zwangloses darstellcn, in welchen die Studenten
stets sich eines taktvollen Aufiretens befleißigten.
Weniger günstig gestaltete sich im crsten Deccnnium
daS Verhältnih zwischen den alten und den neu be-
rufenen Docenten, Neid und Mißgunst wie Aerger
über Zurücksetzung der ältcren Professoren-
generation gaben zu vielen Hetzereicn Änlaß.
Das BerbindungSleben- began» seit dem Winter-
semester 1805/6 einen steten Ausschwung zu nehmen
durch den Zusluß norddeutscher Studenten,
in denen das Gesühl der Zusamwcnhörigkeit sich sehr
stark ausprägte und so zn der Bildung der Lands-
mannschasten sührte, die sich zu festgeschloffenen Cor-
porationen vereinigten. Sehr bald aber traten
zwischen den einzelnen Landsmannschafte» scharfe
Gegensätze auf, die eine Reihe von Conflicten her-
vorrief, gegen welche seitens der Regierung harte
Maßregeln getroffen wurdeo. Dirse Streittgkeiten

zwischen den akadcniischen Behörden und den
Landsinannschaslcii und den letzteren iintereinander,
führten zn der zeitweiligen Aushebung der Lands-
monnschaften, doch bestande» die Verbinduiigen,
deuen die Prvfesjoren ihr Wohlwollen doch bewahr-
ten, heimlich weiter und legte» schließlich den Grund
zu der Bildung der Corps, welche bald eine
douiinirendc Stelluiig durch ihre straffe Zncht und
den sestcn inuern Zusammenhalt erlangten. Die
Befrciungskriege riesen danu jene tikfeingreifende
Beweg- ng in der studireuden Jugend hcrvor, wclche
die Einiguug des Vaterlandes sich als höchstes Zicl
setzend, ihren Slusdruck i» der Gründiing der Bur-
scheuschast fand. Der Verfaffer erörtert besonders
eingehend diese Bewegung, der wenigstens nicht abge-
spröchen werden kan», daß sie den Einhcitsgedanken
in der dentschen akademischen Jugend weckte, freilich
ohne im Stande zu sein, durch jugcndliche Schwär-
merei hingerisjen, diescn Gedanken zielbewußt und
klar zu versolge», so daß uicht treffcnder die ersten
Jahre der Burschenschaft charakterisirt werden
können, als durch die Worle, in die Karl
Hase in Jena seine Jugenderinnerungcn zu-
sammenfaßte: „Jdeale »nd Jrrihümer!" Die Un-
klarheit über den einzuschlagendeii Weg, das Ziel zu
erreichen, und die Phantaslereien, wclche die Anhänger
der Burschenschaft zu allerlei nutzlosen Aeußerlich-
keiten verlciteten, wie dic Erfindung dcr noch dazu
heraldisch unmöglichen schwarzrothgoldenen Farben,
die niemals die des chemaligen Deutschen Reiches
gewesen und im achtundvicrziger Sturmjahrc zur
Barrikadenfahne herabsanken, das Affektircn des sogen.
altdeuischen Wesens in Sprache, Echrifl nnd Tracht,
hinderte eine natürliche und gesnnde Entwickelung der
Bewegung, die mit allen Mitteln z« hemmen, sich die
deulschen Regierungen gleichzeitig angelegen sein
ließcn. Der Gegensatz, in welchen die Burschenschaft
bci,hrem Auftauchen, zumal auch in Heidelberg, zu
den Corps trat, war von vorneherein gegeben.
Habrn die Corps mit Recht sich von jehcr nur als
straff organisirte studentische Corporatione» gefühlt
uud bewährt, unter strcngem Ausschluß jeder politischen
Tendenz, so hat gerade das Betvnen politischer Be-
strebmigen die Burschenschaft Vvn Anbeginn an in
cine unklare und unhaltbare Stellung gedrängt. Die
Proklamirung crner des Grundsatzes, das sie
eine allaemeine große Brudergemeinde der
Studentenschaft anstrebe, ließ de» Zusammenhang
innerhalb der doch im Grunde als Svnderbund auf-
tretenden Burjchenschast sehr bald lockern. Als dann
eine extreme Richtung unter dem Namen der „Un-
bedingten" immer mehr von den ursprünglich lauteren
Absichten der burschenschastlichen Bewegung sich ent-
sernte und endlich zum Fanatisnms ausartete, fand
dieser in der Blvtthat Ludwig Sand'S — durch seine
Ermordung Kotzebue's — jenen abjchreckenden
und für den durch die aufstachelnden Reden seines
Frenndes Karl Follen in Heidelbcrg vcrwirrten,
überspannten Jüngling so beklagenSwerthen Abjchluß.

- Damit waren die Stunden der Burschenschaft
> gezählt, der Traum von der Einigung Deutschlands
i zerstört. Die deutsche Nation war noch zu unreif.

! als daß es einer Schaar schwärmerischer Jiinglinge
niöglich gewese», diesen Gedanken zur Verwirklichung
zu briugen. Eine harte Lehrzeit hatte das deutsche
Volk nvch durchzumachen, durch Blut und Eisen
miißte cs aufgerüttelt wcrden, um zum Bcwußtsein
der in ihm schlummerden Kräfte zu kommen, die zu
wcckcn, zur Entfaltuiig zu bringen und zum glor-
reichcn Ziele, dem neugeciiiten Deutschen Reichc zu
führen eiiicm auserlejenen Manne beschieden war»
dessen Name schon jetzt als der größtcn deutschen
wie europäischeu Staaismänner Eincr in die Tafel»
der Geschichie mit unverlöschlichen Zügen eingegraben
steht. — Der Vcrfasjer des vorliegenden Buchs
schließt mit dcr Auflösung der Heidelberger Burschen-
schast am 26. Novembcr 1819 seine recht verdienst-
vollc Schilderung eines Abschnitts der Vergangenhcit
der Heidelberger Studentensckast. die in der Eigen-
art, wie sie während dieser Periodc in die Ocsfent-
lichkcit gktreten, nie wiedererstanden ist. Das
„Heidelberger Studentenleben" I>r. Heyck's erhielt
durch vier Licktdruckbitder nach Originalen im Besitze
der Heidelberger Universitätsbibliothek, die muth-
maßlich von dem früheren Jnhaber der Winter'schen
Universitätsbuchhandlung, Carl Winter herrühreo.
eine cbeuso interessante wie origineüe Ber-
anschaulichung des Lebens und Treibens der Studen-
ten in Heidelberg zur Zeit der Besreiungskriege.

„Jm Pfalzgrafenschloß", eine Studenten- nnd
Soldatengesch,chte aus dem alten Hridelberg von
Friedrich Percy Weber, betitelt sich cin zierlich
auSgestattetes, im Verlage von Moritz Schauenburg
in Lahr erschiencnes Büchlein, das den Leser in die
verhängnißvolle. folgenschwere Zeit des WintcrkSnigs
verjetzt. Die handlnngsreiche, fesselnd in der Dar-
stellungsform gehaltene historische Erzählung beginnt
mit deu glanzvollen Tagen, da Friedrich V. an der
Seite jeiner stolzen ehrgeizigen Gemahlin Elisabcth
Stuart auf dem damals in seiner ganzen architek-
tonischeu Herrüchkeit prangenden Heidelberger Schloffe
Hos hielt. Die Annahme der böhmischen Königskrone,
der Zug nach Böhme», Friedrich's Scheinherrschaft,
seine Flucht nach der Schlacht am weißen Berge in
die pfälzische Heimath, sein Berzicht, dieselbe dnrch
Mannsfeld's und Christian von Braunschweig's
Unterstütziing gegcn Tilly zu verthcidtgen uiib endlich
die Einnahme von Stadt und Schloß Heidelberg durch
den ligistijchen Hecrjührer, dicse Kette bedeutungs-
voller Ercignisse bilden den historischcn Hintcrgrund
der Erzähluug. Als Hauvtfiguren hebeu sich hiervon ab
ein junger pfälzischsr Cavalier Konrad von Steinach,
der aus der Heidelberger Hochschule seineu Studien
obliegt, und das amnuthige Töchterlcin des Pro-
seffors Fabricius, Elise, die einander herzlich zu-
gethan sind. Nach Erduldung von viel Leid und Un-
gemach und langer Treunung, demi Konrad zieht

mit in's Böhmerland, und nachdem der heimgekehrte
Junker seinc Braut von der Tilly'schen Soldatesca
gcrettet, deren Hauptmann, ein ehemaligrr Heidel-
bergcr Student und Feind Konrad's von letztercm im
Zweikampf erstochen, wofür Konrad verhaftet, aus
dem Gefängniß aber von Elise befreit wird, findet
diese an der Scite des Gcliebten auf einer der Burgen
des Vatcrs Sichcrheit uud ciu neues Heim. DaS
lange Widerstreben des adelsstolzen alten Steinach
hatte endlich nachgelassen. Einc zweite in den Gang
der Erzählung verflvchtene Liebesepisode betrifft den
ols verjchollcn betrachteten. plötzlich aber als tapfcrer,
gechrter Rittmeisttt des Mannsfeldischen KriegsvolkS
mit dem kühnen Parteigäuger nach Heidelberg hcim-
kehrenden Bruder Elisen's. Auf seinen Kriegszugc»
hatte er in Savoyen eine schönc junge reiche Gräfin
aus den Händen ihreS schurkischen Vetters gereilck.
die ihm dafür cwige Treue gelobt. Bergebens hatte
dann der junge FabriciuS nach den Spuren der Ge-
licbtcn geforscht. Da trifft er den als Diplomaten in
Heidelberg anwesenden Vetter der schönen Gräfin, der
ihn zu gewinnen weiß durch die Vorspiegelnng.
Fabricius von seiner Berlobten Kunde zu verjchaffen.
Der Jtaliener giebt dem wackern Rittmeister eiuen
gefälschten Biief des Jnhalts, daß die
Gräfin einem Lndern angehöre und läßt
darauf dcn verzweifclten Fabricius durch
ligiftische Dragoner übersallen und tödten.
Als des braven deutschen Reilersmannes Ende der
Gräfin kund wird, nimmt fie dc» Schleier Uin
diese beiden Liebesepisoden grnppirte der Berfasser
eine Reihe lebensvoll charaktcrisirter Gestalten, unter
denen namentlich einige altheidelberger Studenten
interessireii, denn fie bieten Gelcgenheit. das wilde
unb Ivüste Treiben der Studenten im 17. Jabrhundert
vorzuführen, nicht minder wohl gelungcn sind dem
Versasjer die eingeflochtenen Episoden aus dem
Soldatenleben der psätzischen und Tilly'schen Kriegs-
völkcr. Kurz, vr. Fr. Weber's Studente»- und
Soldatengcjchichte ans der Neckarstadt zur Zeit der
Wirren deS drcißigjährigen Krieges ist in ihrer
srischcu, lebendigen Schildcrung der damaligen Zu-
stände wie der Menscheu iu ihrem Denken und Füh-
len so anzieheud und theilwcise auch ergreisend, daß
ein Jeder, dem Heidelberg bckannt oder werth durch
die dort verlcbte unvergeßliche Studcntenzeit geworden,
seine Freude an der historischen Erzählung „Jm Pfalz-
grafenschloß" haben wird. Dcr Verfasser vcrjüumtb
auch mcht, znr Belebung mehrere charakteristisch»
alte Studenten- und einige Liebeslieder in den Gaug
der Handlung zu sügen und dadurch noch den Reiz
seiner Dichtung zu erhöhen.s
 
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