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Das 500jährige Jubiläum der Heidelberger Universität im Spiegel der Presse: Hessische Morgenzeitung — 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.16744#0002
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— Ende dieser Woche kommt voraussichtlich
Se.Königl.Hoheit der Kronprinz, vonHeidelberg
und Schlangenbad zurnckkommend, hier durch.

— Die „Fuld. Ztg." bestatigt, daß Dienstag,
den 10. d. M. die Bischöfe Preußens zur
Konferenz nach Fulda zusammenkommen.

** Heute, Dienstag, um 8 Uhr AbendS, ivird
der monatliche geistliche Abend des evang. Frauen-
und Jungfrauen-Vereincs im evang. Vereins-
hause stattfinden, zu dem alle Missionsfreunde (auch
Herren) herzlich eingeladen werden. Herr Dekan
Kröner hat diesmal die Ansprache freundlichst über-
nommen.

— Die Fürstin Dolgoronky tritt am
Donnerstag ivieder im Stadtpark auf. Die pikante
Violin-Virtuosin ivird den Besuchern dcr Stadt-
park-Konzerte von voriger Saison her noch in
Erinnerung sein. Wie übcr die Fürstin, Kammer-
virtuosin der Kaiserin von Rußland, verlautet,
wird sich die von dem Gemahle der Fürstin ange-
strebte Aussöhnung mit ihr einstweilen nicht reali-
siren. Die Fürstin kann sich nicht entschließen,
die ihr aufs Neue dargereichten Fcsseln, so kostbar
dieselten auch sind, wieder anzunehmen, zumal sie
im Begriffe steht, sich durch ihre Kunst ein eigcnes
großes Vermögen zu erwerben. Bekanntlich tauchte
diese hochinteressante Künstlerin vorigen Sommer
plötzlich in den Konzertcn des Ansstellungsparkes
in Berlin auf, wo das noch nicht dagewesene
Erscheinen einer Fürstin als Violin-Virtuosin
ersten Ranges auf dem Konzcrtpodium ungewöhn-
liches Aufsehen machte und allabendlich Tausende
von Konzertbesuchern anzog. Dicsen Winter spiclte
die fürstliche Violin-Virtuosin in einer großen
Anzahl von Konzerten in London, sowie in ihrem
Heimathlande Spanien, mit ganz außerordentlichem
Erfolge; zuletzt weilte sie zu ihrer Erholung in
Wiesbaden.

— Ein hiesiger Verein, von dem sehr selten
geschrieben und gesprochen wird, der aber nichts-
destoweniger im Stillen immer thätig bleibt, ist
der Verschönerungs-Verein, und dürfte er
unsereS Erachtens wirklich seinen zahlreichen Mit-
gliedern gegenüber etwas hören lassen. Kürzlich
ist nun von dem Verein das auf Wilhelmshöhe,
unterhalb Engel's Steinbruch befindliche Schutzhaus
(sog. Fricadellen-Häuschen) ganz neu in Stand ge-
setzt und auf dem Weg von Möller'S Ruh nach
dem Asch und der Drusel ein sehr schöner neuer
Sitzplatz mit AuSsicht in das schöne Druselthal
angelegt worden. Auch die für die obere Kölnische
Allee bestimmten neuen eisernen Ruhebänke werden
nächster Tage zur Aufstcllung kommen. Das Haupt-
unternehmen des Vereins, die Aufstellung des mo-
numentalen Gaskandelabers mit Exedra von
Sandstein ist cbenfalls in Ausführung begriffen;
die Bauplanke ist bereits aufgerichtet.

— Die Mitglieder des Vereins zur Besörderung
dcs Gartenbaues statteten in dicscm Jahr in der
Rosenzeit dem Garten dcs Herrn Hofschmiedemeister
Schombarth hier einen Besuch ab und fanden
wiederum Gelegcnheit, ihre vollste Ancrkennung
über biesen in seinen verschiedcnen Anlagcn muster-
hast gepflegten Gartcn auszudrücken. Jn jedcr
Beziehung dient das ganze Arrangement, die in
üppigster Kultur befindlichen Gewächse, die neuen
Anlagen für Sukkulcnten, Kakteen :c., --die am
schattigen Platz befindliche Farrnanlage und vor
allem die vielen hochstämmigen und niedrigen Rosen
dem Beschauer zur besonderen Belehrung. Die
Abtheilungen für Zier- und Nutzpflanzen, die
Blumengruppen, Teppichbeete und auch das Ge-
wächshaus, in welchem ^lstris krnssraiis in Blüthe,
Volicamsritzn, schöne Blattbegonien, -Vntbnrinm
Lolisr^srinvnw und eine Orchidee, OMinoonrpn
Roxü mit lilla Blüthen, zeugten von der großen
Sorgfalt, welche der Besitzer und deffen Obergärtner,
Heir Kluge, Allem zugewendet. Eine bcsondcre
Erwähnung verdient noch ein ll^rns urynnitoa
ponckula mit weidenartigen, silberfarbigen Blüttern,
ein Zierstrauch, welcher die weiteste Verbreitung
verdient, weil dessen Früchte eingemacht wcrden
können, und ein prachtvoller hochstämmiger Epheu,
Hockorn llolix nrborog., mit starkem Stamm und
Krone, ein wahres Unikum.

— Jn der Arbeiter-Kolonie Neu-Ulrichstein
befanden sich im Monat Juli 7 aus dem Negbez.
Kaffel Gebürtige unter den 33 Arbeitslosen.

— Mit dem neuen Repetirgewehr
werden jetzt auch die in Mainz stehenden Jnfanterie-
Regimenter deS 11. ArmeekorpS ausgerüstet.

— Gestern Abend 7 Uhr fand eine große
Feuerwehrübung an der St. Martinskirche statt.

— DerStaatssekretär desJnnern, v. Bötticher,
hat an den Geschäftsausschuß deS deutschen Aerzte-
vereinsbundes auf deffen Klarlegung der that-
sächlichen Verhältniffe übcr die Honorirung der
Aerzte bei den Krankenkassen eine Antwort cr«
theilt, in der er dem Wunsch einer gütlichen Ver-
ständigung zwischen Aerztevereinen und Krankenkaffen
Ausdruck gab und glaubt, daß die Geneigtheit zu
einer solchen Verständigung zunehmen wird, wcnn
sich in ärztlichen Kreisen die Ueberzeugung Bahn
bricht, daß das Krankenversicherungsgcsetz keincswegs
nur Gefahren für die wirthschaftliche Lage des
ärztlichen Standes in sich birgt, vielmehr auch zur
nachhaltigen Verbefferung dieser Lage beizutragen
geeignet ist. Die fortschreitende Durchführung
des Gesetzes werde eine erhebliche Vermehrung der
ärztlichen Kräfte erforderlich machen und ebcnso
werde die völlig unentgeltliche Hilfeleistung, welche
bisher in zahlreichen Fällen thatsächlich für die
Aerzte unvermeidlich war, mehr und mehr beseitigt
werden. Hierdurch dürfte der Nachtheil ciner ge-
ringeren Vergütung der ärzlichen Leistungen bci der
Kaffenpraxis als bei der Einzelpraxis mindestcns
aufgehoben werden. Herr v. Bötticher schließt mit
der Hoffnung, daß die Aerzte den Schwierigkeiten,
mit denen die Krankenkaffen im Anfang noch zu
kümpfen haben, Rechnung tragen und ihre Forde-
rungen den Kräften der Kassen auch in solchen
Fällen anpaffen, in denen die Bergütung mit der
Mühewaltung nicht in Einklang steht; daß aber an-
dererseits die Kaffen, sobald eS ihre Mittel ge-
statten, selbstverständlich zu einer der ärztlichen
Mühewaltung voll entsprechenden Vergütung sich
verstehen werden.

— Jm Monat Augnst darf die Jagd ausgeübt
werden auf Naubwild jeder Art, auf Wildschweine,
wilde Kaninchen, wilde Schwüne, wilde Gänse und
wilde Tauben, münnliches Reh-, Roth- und Damm-
wild, wilde Enten und Becassinen.

— Die Nachfrage nach Einpfennigstücken
hatte bekanntlich den Bundesrath im Herbste vorigen
Jahres veranlaßt, die AnSprägung von 400 000
Mark Einpfennigstücken zu bcschließen. Wie die
„Berl. Pol. Nachr." hören, .wird der Rest dieses
Betrages zur Zeit in der Berliner Münze ausge-
prägt; ob damit dem Bedürfnisse vollauf genügt
sein wird, scheint keineswegs sicher, denn Thatsache
ist, daß im letzten Jahre sich die Nachfrage nach
dieser Münzsorte bei den öffcntlichen Kasscn sehr
erheblich gesteigert hat. Uebrigens sind in der
königlichen Münze seit längerer Zeit schon wieder
Reichsgoldmünzen hergestellt worden.

— Es kursiren zur Zeit falsche Reichsbank-
Noten zu 100 Mark. Dieselbcn sind a» folgen-
den Zeichen kenntlich: 1. Die Buchstabcn der
Strafandrohung unter dem Rothen Kontrollestempel
sind etwas zusammengedrängt und größer als auf
den echten Scheincn. Die blaue Färbung der
Vorder- und Rückseite ist heller. 2. Die am obern
Nande der Kehrseiten eingedruckten Ziffern sind
größer als bei echtcn Noten und braunroth statt
hellroth. Die Farbe der Banknoten ist fast immer
weißlichgrau statt hellblau. 4. Das Wasserzeichen
fehlt den falschen Noten, und der Druck der Straf-
androhung an der Vorderseite ist schlecht, auch der
des Adlers undeutlich. Die Nummern der falschen
Noten sind nicht gleichlautend, sondern verschieden.
Die rothen Nummern auf der Rückseite sind nicht
aufgedruckt, sondern vermittelst eines Pinsels auf-
getuscht. Die Ausführung dcr Schraffirungcn,
Muster und Reliefs ist ungenau.

— Gestern Nachmittag erschoß sich der
Bursche eines in dcr Fünffenstcrstraße wohnenden
Rittmeisters dcr Husaren. Das Motiv der That
ist nicht bekannt.

Aus der Provinz nnd den benachbarten
Landestheilen.

Fulda, 2. August. Die Frau Landgrüfin
von Hcssen ist gestern Vormittag 11 Uhr per
Schnellzug auf hiesiger Bahnstation eingetroffen
und ohne weiteren Aufenthalt nach Schloß Adolfseck
gefahren.

Wiesbaden, 2. August. Der Geheimrath
Langenbeck ist Sonnabend in der Privat-Augen-
klinik von Hermann Pagenstecher hier am grauen
Staar glücklich operirt worden. Dcr Kaiser und
Kaiserin sandten telegraphisch Glückwünsche.

Göttingen, 2. August. Hier ist cinc
chemische Gesellschaft begründet worden. Prof.
Victor Meyer wurde zum Präsidenten, Prof. Tollens
zum Vizepräsidenten, Prof. Jannasch und Dr.Seuckart
zu Schriftführern und Dr. Schrödcr als Kassirer
für das kommcnde Jahr gewählt, wührend bereits
5'0 Herren ihren Beitritt zu dem neuen Verein
erklärten.

Aus Thüringen, 1. Aug. Die Ernte-
arbeiten haben infolge dcs günstigen Wetters
überall begonnen. Die Aussichten sind ganz vor-
zügliche. Auch die Hackfrüchte vorAllem die Kartoffcln,
vcrsprechen einen reichen Ertrag; weniger günstig
sind die Aussichten auf die Obsternte; beson-
ders an Birnen, wclche im vorigen Jahre inassen-
haft in Thüringen geerntet wurden, dürfte diesmal
der Ertrag cin sehr geringer sein.

Vermischte Nachrichten.

Karlsruhe, 2. August. Der Kassierer W e -
niger der Generalkasse der Eisenbahn wurde
wegen Unterschlagung von 200,000 Mark ver-
haftet. (Fr. Z.)

— Die „Jüd. Pr." meldet aus Kissingen,
28. Juli. Herr Districtsrabbiner Bamberger hier
hatIüch anläßlich dcr Anwesenheit des Fürsten
Reichskanzler an denselben mit eincr Eingabe in
Bczug auf die Anti-Schächtagitation der Thier-
schutzvereine gewendet. Daraufhin wurde derselbe
hcute Morgcn von dem Chef der Reichskanzelei,
Herrn Geh. Ober-Regierungsrath Dr. Rottenburg
empfangen. Dieser gab die beruhigensten Versiche-
rungen und sagte unter Anderem: „Der Herr Fürst
beauftragte mich, Jhnen mitzutheilen, daß die Reichs-
regierung dem Verlangen der Thierschutzvereine, das
einen Eingriff in die religiösen Satzungen dcs Juden-
thumS bedeute, niemals ihre Zustimmung gebcn
werde."

Aus Darmstadt, den 30. Juli, wird der
„Fr. Ztg." gemeldet: Heute ereignete sich hier ein
betrübender Unglücksfall. Profeffor Brauer
vom hiesigen Polytechnikum wollte mit zehn Stu-
denten eine Exkursion nach dem Griesheimer
Schießplatz unternehmen, wozu ihm die dortige
Artillerie eine Break stellte, welche ein Soldat fuhr.
Vor der Technischen Hochschule aufgestiegen, war
man kaum zehn Schritte gefahren, als die Pferde
scheuten und in rasender Eile die abfallende Straße
hinunter und um die Ecke dcr Karls- und Schul-
straße jagten. Hier, vor dem Hotel zum „Prinzen
Karl" merkten die Jnsaffen, daß der Wagen sich
auf die eine Seite legte, sie sprangen schnell auf
die andere, um das Gleichgewicht wieder herzu-
stellen; doch cs fiel der Wagen nach dieser Seite
um und warf sämmtliche Jnsassen so wuchtig auf
das Trottoir, daß sie wie betäubt liegen
blieben. Sie waren alle — mit Aus-

nahme des Kutschers — mehr oder weniger
verletzt, fünf so schwer, daß sie vom

Platze getragen werden mußten. Profeffor Brauer
selbst hat eine bedeutende Verletzung am Kopfc;
er liegt vorläufig noch mit dem Studcnten Nißle,
der eine ähnliche Wunde aufwies, im „Prinzen
Karl". Zwei Herren auS der Gesellschaft, die
Studenten Kloß und Winter, haben dagegen innere
Verletzungcn davongetragen und mußten in das

Hospital übergeführt werden. Student Beck hat
einen Bruch des Handgelenks und Student Roos
einen Armbruch, die Uebrigen sind mit leichteren
Verletzungen davongekommen. Eine bestimmte

Schuld an dem beklagenswerthen Unglück ist Nie-
mandem beizumessen.

— Aus Böhmisch-Kamnitz wird den „Dresdn.
Nachrichten" unterm 28. d. M. berichtet: Jn dem

zur Herrschaft Böhmisch-Kamnitz gehörigen falkenaucr
Revier hat gestcrn Mittag ein furchtbarer
Kampf zwischen einem Waldhüter und einem
Holzsrevler stattgefunden, bei dem der Letztere
von dem Waldhüter erschoffen wurde. Die Affaire
nahm folgenden Verlauf: Der fürstliche Kinsky'sche
Aushülfswaldheger Kral unternahm eine Durch-
strcifung des ihm zur Ueberwachung anvertrauten
falkenauer Revicrs, wobei er, nahe dcr Ortsgrenze,
auf den berüchtigten Holzfrevler Johann Graffe
aus Falkenau sticß, der sich, nachdem ihm der Hegcr
einige Zeit unbemerkt nachgeschlichen war, daran
machte, mit seiuer Holzaxt die Wurzeln eines
schönen Stammes abzuhaueu. Die Aufforderung
des Hegers, ihni die Axt auszuliefern, beantwortete
Grasse mit dem Versuche, den Walühüter mit seinem
Jnstrumcnte nicderzuschmettern. Kral aber flüchtete
sich, trotzdem er mit Gewehr und einem sechs-
schüffigen Revolver wohlbcwaffnet war, woraus der
Holzfrevler eine förmliche Hetzjagd nach dem Auf-
sichtsorgan unternahm. Kral stürzte aber im
Rennen über cine Baumwurzel und fiel zu Boden,
und als ihn Graffe erreicht, sührte diescr mit sciner
Axt, schäumcnd vor Wuth, eincn furchtbaren
Streich gegen den am Boden liegenden Heger, dcr,
glücklicherweise schlecht geführt, diesen nur am
Hinterhaupt schwer verletzte. Jn der entsetzlichsten
Todesangst raffte sich der Scbwervcrletzte rasch
empor, stürzte fort, riß seinen Rcvolver aus der
Tasche und schoß seincm Gegner zwei Kugcln cnt-
gegen, die diesen aber nur noch wüthcnder machten,
denn mit den Worten: „Bestie, das sollst Du
büßen", rannte er dem Waldhüter nach. Kral
fühlte abcr in Folge des enormen Blutverlustes
seine Krüfte schwinden, und da er merkte, daß die
Entfernung zwischen ihm und seinem Verfolger
immer kleiner wurde, kehrte er sich rasch um und
schoß mit seinem Gewehre den nur zwei Schritte
von ihm entfernten Holzdieb, der ihn eben mit
seiner Axt niederschmettern wollte, mitten durchs
Hcrz. Als die Geschichte in Falkenau ruchbar
wurde, umlagerten die Freunde Grasse's das dortige
Forsthans und begehrten vom Förster stürmisch die
Herausgabe Kral's, der sich nach dem Kampfe
dorthin begcben hatte. Der Förster entsprach
aber diesem Verlangen nicht, sondern erbat sich
von Böhmisch-Kamnitz Gendarmeriehülfe. Die Ruhe
wurdc aber, noch ehe diese erschien, hergestellt.
Kral wurde Abcnds noch zur Untersuchungshaft
nach Vöhmisch-Kamnitz abgeführt.

— Nach einer uns auS dem Patent-Bureau
von Richard Lüders in Görlitz zugehenden Mit-
theilung ist es dem Hcrrn Profeffor Dewar an
der Royal Jnstitution, London, gelungen, die Luft
(dcn Sauerstoff also) in festem Zustande darzu-
stellen. Wic iMLohlensäure schon längst im gas-
förmigen und Mssigen Zustande kcnnen, so hattc
man bereits den Saucrstoff auch schon in flüssigem
Zustande hergestellt. Herr Profcssor Dcwar lüßt
nun derartig hergestellte flüssige Luft in einen Be-
hältcr eintretcn, in welchem das Vacuum vorher
erzcugt wordcn. Durch die cnornie und plötzliche
Absorbtion dcr Würme der eintrctcnden flüssigen
Luft, bei deren plötzlich stattfindender koloffalen
Ausdehnung, wird eine Kälte von nahezu 200 Grad
erzcugt, in der die flüssige Lirft zu eincr schnecigen
Maffe gefricrt. Jn diesem Zustande soll dieselbe
nach dem Vortrag des Herrn Dcwar dazu benutzt
werden könncn, um in wiffenschaftlicher Bezichung
das absolute Null der Temperatur zu bestimmen.

Petersburg, 26. Juli. Dieser Tage haben
auf dem Schießplatze der Garde-Truppen im^Lager
bei Kraßnoje Selo Schießversuche mit einer neuen,
von einem russischen Jngenieur erfundenen Ex-
plosivmasse begonnen, welche dazu bestimmt sein
soll, anstatt des gewöhnlichen Schießpulvers Ver-
wendung zu sinden. Der Stoff, deffen Zusammen-
setzung noch Gehcimniß des Erfindcrs ist, entwickelt
angeblich einen erstaunlichen Effekt, der bedeutcnd
größer als der dcs schwarzen Dynamits sein soll,
aber weder Rauch noch Wärme erzeugt.

— Aus ber Jnstructionsstunde in der
Kaserne bringt die „V. Z." eine hübsche Blüthen-
lese sogenannten höheren Blödsinns. Unteroffizier:
„Womit putzt der Soldat im Kriege das Gewehr?"
-^Mekrut: „Mit Werg." —- Unteroffizier: „Wenn
er nun kein Werg hat?" — Rekrut: „Mit einem
Lappen." — Unteroffizier: „Wenn er nun keinen
Lappen hat?" — Rekrut schweigt. — Unteroffizier:
„Dummer Kerl, ein bischen Werg findet sich immer
noch in der Tasche." — Unteroffizier: „Mit ohnc
waS darf der Soldat nicht über den Kasernenhof
gehen?" — Rekrut (zögernd): Mit — ohne — was
—." — Unteroffizier (begütigend): „Nun, nun,
mit einer brcnnendcn Pfeife ohne Deckel darf dcr
Soldat nicht über den Kasernenhof gehen." —
Unteroffizier: „Was thun Sie, wenn Sie das Unglück
haben, beim Exerciren dem Herrn Unteroffizier auf
die Hühneraugcn zu treten? — Rekrut: „Dann
thue ich cine Ohrfeige kriegen." — Unteroffizier:
„WaS thun Sie, wenn Sie in ein Restaurant treten
und Jhr Unteroffizier bietet Jhnen ein Glas Bier
an?" — Rekrut: „Dat kümmt nicht vör."

Letzte Telegramnie.

Heidelberg, 2. August. Anläßlich der
Jubiläumsfeier der hiesigen Universität sind von
dem Großherzog folgendc Auszeichnungen ver-
liehen worden: der Prorektor Geheimer Nath Ernst
Jmmanuel Bekker ist mit Ueberspringung eines
Grades zum Komthur erster Klaffe des Zähringer
Löwen ernannt, der Professor Kuno Fischer zum
Geh. Rath erster Klasse mit dem Prädikat Exzellenz,
die Profcfforen Karl Bartsch (Germanist), Leo
Königsberger (Mathematiker) und Becker (Opthal-
mologe), zu Gehcimen Näthen zweitcr Klassc, die
Profcssorcn Uarlowa (Romanist), Winkclmann
(Historiker) und Quincke (Physiker) zu Geheimen
Hofräthen, den Professorcn Erdmannsdörffer (Hi-
storiker), Erb (Kliniker) und Zangemeister (Ober-
Bibliothekar) zu Hofräthen und der Profeffor
Hausrath (Theologe) zum Kirchenrath.

Bayreuth, 2. August. Der Kronprinz
des deutschen Reichs traf um 8 Uhr 40 hier ein.
Er wurde von den Behörden und einer großen
Volksmenge cnthusiastisch bcgrüßt. Die Krieger-

vereine bildeten Spalier. Die Stadt ist festlich
beflaggt.

Bad Liebvusteiu, 2. August. Der älteste
Nath des Justizministeriums, Herr Herzbruch,
Präsident der Justiz-Prüfungskommission, Mitglied
des StaatsrathS, ist hierselbst gestorben.

Paris, 2. August. Von den Generalraths-
wahlen sind bis jetzt 1043 bekannt, gcwühlt sind
636 Republikaner und 300 Konservative; 107
Stichwahlen sind erforderlich. Die Republikancr
habcn 59 Sitze gcwon-en und 53 Sitze vcrlorcn.

Handel, Börse und Verkehr.

Bcrlin, 31. Juli. Der Vorstand des Verkaufs-
bnreauö dcr Bereinigtcn oberschlesischcn Walz-
wcrke thcilt hicsi>icn Blättcrn mit, daß dic Acstern aus
Brcslau gcmeldcte Nachricht bctrcffcnd eine Herabsctzung
des Walzeisen-Grundpreises unzutreffend ist.

Berlin, 31. Juli. Nach cincr Brcslauer Meldung
umfaßt die heute ueriiffentlichtc Pfandbriefkiiudigunq
der Schlesischcu Landschaft etwa 90 000 000 Mki vo'n
etwa 150 Mill. umlaufcndcn 4- uud H/zproz. Pfandbriefen.

Die Preusiischc Bodcnkrcdit'Akticnbank wird
in diesem Jahre cinc zifferinäßige Semcstralbilanz nicht zur
Veröffcntlichung bringen. Die Verwaltung glaubt indeß,
daß dic Erträgnisse des Jnstituts im erstcn Scmester derart
sind, daß man nach densclben für das Jahr 1886 die
glciche Dividcnde wie im Vorjahre in Aussicht nehmen kann.

Hannoversche Landes - Krcditanstalt. Der
„H. Kur." bcrichtct, daß dcn Jnhabcrn dcrjcnigcn 4proz.
Obligationcn, welche im Juni d. I. zur Rückzahlung auf
den 2. Januar 1887 gckllndigt sind, nachträglich die Kon-
vcrtirung in 3>/gproz. angebotcn und einc diesbezüglichc Be-
kanntmachung in den nüchsten Tagcn crlassen wcrden wird.

Wien, 31. Juli. Aus Belgrad wird gemeldet, daß
der Finanzausschuß der Skupschtina die Ausgabe von 15
Mill. Franken siprozentiqer Pfandbricfe dcr Uprana
Fondava auf Grundlagc des Schulfonds uns dcs Sanitäts-
fonds genehmigt hat. Die Berliner Handelsgesclljchaft zahlt
daraus einen Vorschuß von neun Millionen zu 6 pCt. mit
dem Necht, innerhalb eines Jahres die Pfandbriefe fcst zum
Kurse von 79 zu übernehmcn. Dcr Finanzausschuß lehnte
die Verlängerung des Salzmonopolvertrages rnit der Anglo-
bank als finanzicll ungünstig ab. Der Geh. Kommcrzienrath
Dicttrich aus Berlin erhält für ganz Serbien auf 15 Jahre
das Privilegium der Erzeugung von Leuchtgas, Paroffiu,
Stcarin und ähnlichen Fabrikaten. Die Berlincr Handels-
gescllschaft übernahm daS Bergwerk Senje sür 50 Jahrc.

Erfurt, 31. Juli. (Bericht von G. C. Kühlewein.)
Jn der abgelaufcnen Woche wurde die schönc, warme Witte-
rung nur durch cinige kurze Regen unterbrochcn und konnte
die im Gangc befindliche Erntc ihren ungestörten Fortgang
nehmen. — Wcsentliche Preisverändcrungen sind im Ge -
treidegcschäft nicht zu vcrzeichnen, ncuer Noggcn, von
auSwärts mehrseitig offerirt, fand nur vereinzelten Absatz.

Das Angcbot von RapZ ist seitcnS dcr Produzcnten
mehr hcrvorgctreten, sticß aber, wo dic Qualitäten bezüglich
Trockenhcit noch zu wünschen übrig ließcn, auf Zurückhaltung
der Käufer.

Der dieSjährige Oel< und Saatmarkt wird Montag, dcn
9. August hier in VogelZ Garten abgchaltcn.

Wcizen "i 7 157—166 Mark

Roggcn / ^ 145-150

Hafer j> p-r 1M0 Krlogramm

Dottcr
Lein

Mohn, blau

Erbsen, gelb und grün
do. Viktoria
Linsen

Bohncn, weiß
Vichbohncn
Wicken
Lupinen

Gcrstenmehl, weiß
Gcrstenfuttcrmehl
Gerstenschrot
Graupenfuttcr
Erbsenschrot

Frankfnrt, 2. August.

240—275 „

48—49 Mark
13-16

16—17,50 „

per 100 Kilo.

18-

13-

-21

-14

13,50—14
10—11,50
9—10
6-6,50
10—10,50
(Wochenbcricht.) Während

des größeren Theilcs der BerichtSwoche war dic Börse durch
das Prolongationsgeschäft in Anspruch gcnommen. Jm All-
gemeinen war aber die Stimmung auf umfangreiche Deckungs-
und Mcinungskäufc der Spekulation eine feste. Auch Käufc
des Privatkapitals machten sich namentlich auf dem Fondsmarkt
wicder bemerkbar und verursachtcn theilweise ein Anziehen
dcr Kurse. An stärkeren Anreizcn fehlte cs jedoch der Spe-
kulation beinahe gänzlich. Die politische Lage schcint zwar
für das Gelingcn wcitauSschender Pläne keine Garantie zu
bieten — im Gegcnthcil glaubt die Spekulation alle Ursache
zu haben, dcr Friedensliebe der Russen und Franzosen
gründlich zu mißtrauen, aber für den Augenblick wcnigstens
hat die Zusammenkunft dcS dcutschcn Reichskanzlcrs mit dem
Leitcr der auSwärtigen Politik in Oesterreich auf allzu
ängstliche Gemüther beruhigend gewirkt. Der Bcsuch des
chinesischcn Gcsandtcn Marquis Tseng beim Fürstcn Bis-
marck in Kissingen gab außcrdcm zu cincr günstigcren Be>
urtheilung der Chancen dcS chinesischcn Eisenbahngeschäfts
für die deutsche Gruppe Veranlassung. Bcmerkenswerth cr-
scheint die Thatsachc, daß dic westlichen Börsen in der Be«
richtswoche durchgängig fcste Tendenz zeigten. Was die
Einzelheiten des Vcrkehrs anbelangt, so waren deutsche Fonds
fest bei wenig vcränderten Kurscn, cbenso östcrr.-ungar.
Rentcn. Jtalicncr gcwannen 0,50 pZt., während 6 pZt.
Rumänier 0,20 pZt. verloren, 5 pZt. Serben blieben unvcr-
Lndert, 4 pZt. Spanier konnten 0,40 pZt. profitircn, da
sich daS Gerücht betr. Rücktritt des spanischcn Finanzministers
nicht bestätigte. Bcsondcrs begünstigt warcn Egyptcr, von
wclchen 5 pZt. priv. 0,60 pZt., 4 pZt. unif., 0,50 pZt. u.
3 pZt., 0,30 pZt. avancirtcn. Russcn blieben dic Vorwoche
etwas abgeschwächt. 6 pZt. Orient-Anleihe II gaben 0,10
pZt, 5 pZt. Oiient-Anleihe 111 0,30 pZt. nach; 5 pZt.
gcmischte blicbcn unvcrändert. Prioritäts-Obligationen aus-
ländischcr TranSportanstaltcn zeigcn bci sester Tendenz aber
ruhigem Geschäft nur geringfügigc Kursveränderungen.
Dcutschc Bankcn zeigtcn feste Tendcnz bci anzichenden Kursen
und guter Frage. Cs gewannen Frankfurter Bank 0,90 pZt.,
Baslir Bankverein 2,50 pZt. Darmstädter Bank 0,70 pZt.
Dcutsche Bank 2,40 pZt., Drcsdencr Bank 1,50 pZt. Von
spekulativcn Bankaktien notiren Disk. Lkom.-Antheile 210,40
gegeu 207,50, Oesterr. Kreditakticn 457>/z gegen 455>/z
bis V4 >n der Vorwoche. Deutschc Bahncn blieben ruhig
bei iin Allgemeinen fcster Tcndcnz. Heidclberg-Speicr ge-
wannen 0,30 pZt., Hessischc Ludwigsbahn 0,10 pZt., Maricn-
burger 0,50 pZt., Lübeck-Büchcncr 0,40 pZt., während Meck-
lenburg-Fricdrich-Franz ca. 3 pZt. vcrloren. Oesterr.Export-
bahncn zeigten in Folge relativ bcfricdigcndcr Einnahmcn
und wegen dcr günstig beurthcilten Exportchancen fast durch-
weg steigendc Tcndenz. Es profitircn Böhmischc West ^ fl.,
Dux-Bodenbachcr ^/, fl., Fünfkirchener 1 fl., Galizier IV«
Staatsbahn 1 fl., Südbahn °/z fl., Nordwcst 3>/2 und Elb-
thal ca. 5 fl. Schmeizer Bahnen zeigten bei guten Um-
sätzen festc Tcndenz. Gotthard gewann 0,40 pZt., Vereinigte
Schweizer Bahnen 0,25 pZt. Von Jndustrie-Acticn ge-
wannen Braucrei Binding 5.50 pZt., Frankfurtcr Bicrbraucrci
3 pZt., Kölner Straßcnbahn 4 pZt., Frankfurter Trambahn
1 pZt., während Zuckcrfabrik Waghäusel 2 pZt. und Türk.
Tabak 0,90 pZt, verlorcn. Geldstand sehr lcicht. Privat-
disconto I-/4 pZt. Wechsel fest.

Magdcburgcr Börse.

31. Juli. 2. August.

Granulated, —

Krystallzuck"r 1. —

Krystallzucker 11. —

Kornzucker 96 pCt. 20.60—20.90 M. 20.60-20.90 M.
Kornzuckcr 95 pCt. —

Kornz. Rcnd. 88 pCt. 19.40—19.60 M. 19.40—19.60 M.
Nachprod. 88-92 pCt. —

do. Rend. 75pCt. 16.50—17.50 M 16.50—17.50 M.

Tendcnz am 2. August: Iiuhig.
 
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