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Das 500jährige Jubiläum der Heidelberger Universität im Spiegel der Presse: Pommersche-Zeitung — 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.17454#0011
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Mittwoch, den 11. August.

Eigenthum, Drmk und Verlag kon «.

Redaktion nnd Expedition Kirchplatz 3.

Anmchmc von Jnseraten Schulzenstraße 9 und Kirchplatz S.

Rr. 185.

Stettirr, 1886.

Abouurmeut auf der Post vierteljährlich 1 Mark 50
mit Landbriesträgergeld 1 Mark 90 Pfg.
Jnserate die Petitzeile 15 Pfennig«.

Pommrsche Hettuna.

iölrllll, 9. August. Dt« Rtdr des deutschtn
Kronpriuzen anläßltch des Jubtlävms der Hetdel-
berger Untversträt, welche in der gesammten Wie-
ner Presse mit wärmstem Betfall begrüßt wurde,
wtrd im „Fremdenblatt" m t lebhafter Zusttmmung
besprochen. Namentltch ewpfiehlt das Btatt die
Wort« deS deurschen Kronprtnzen, daß «s, „je
höhere Gtpfel in Wtfsruschaft und im geschtchtltcheu
Lrben »rstiegen stnd, je stolzere Ztel« winken, desto
größerer Besounenhett und Selbstverleugnung" be-
darf, allgemrtnrr Btherzigung. „Festzuhalten an
der Wahrhaftigkeit und Strengr geistigrr Zucht,"
schretbt das Blatt, „fretmuthig, friedferttg und
brüderltch zu verharren im Strrbrn nach Bervoll-
kommung" — dahin grht die ervst» Mahnung
d«s Kronprtnjen. Und nicht in Deutschland alletn
darf man jene Mahnung deachten; sie blribt ge-
sproch»n für die akademische Jugrnd aller Staaten
und Nationen, sir mag auch an unsern Hoch-
schule« gehört werdrn, wo Fretmuth, Frtedfertigkrtt
und Bruderstiin, wo die histortschen Tugendrn der
deutschin Nation so oft vergessen werden unter
dem Einfluß der hohlen Phrase, wo die Strenge
g»tsttger Zucht, der Jvealtsmus der Jugend n-r
zu ost begrabin wlrd untrr dem KultuS von
„Idealen", dte unser« Vorfahren ntemals geduldet
hätten im Trmpel der Wtssenschaft. Dtr vtrl-
fachen Bande, welche Oesterretch und Deutschland
»erknüpfen, sie erhalten uns im innigen Kontakt
mtt dem Geistesleben im neuen Reiche, das ja in
gewtsser Hinsicht uuzertrrnnlich ist von dem
Getsteelrbeo unsereS aus drnselbeu gemeinsamin
Kulturschätzen schöpfenden VaterlandrS; ste habe»
auch u»s»r» Sympatht« und tnntge Thetlnahme
dem Heidtlberger Fest» zugewandt. Mögen darum
aber auch dtr erusteu Wsrte deS deutjchen Katser-
sohne», die Mahnung zu Frrtmuth, Friedfertigkett
und Bruderstu«, tn Oesterretch auf fruchtbaren
Bodeu fallen!"

— Sämmtltche Wtrner Blättrr verwetjen in
jeder Nummer, so telegraphtrt der Korrespontrvt
des „Berl. Tagbt.", auf dte große Brdeutung der
Gastrtner Entrevue und fetern dt»s»lb«n iwmer
wtrder als rtn« Frt»denSbürgschast. Stark be-
merkt wtrd Katsrr Franz JosephS Besuch bet dem
Fürsten Bismarck und deS Letzteren andrrthalb-
stündtge Audte«, b»i dem österreichtschen Monarchen,
während Graf Kalnoky brt dem Katser Wllhelm
etne lange Audienz hart«. Betde Katser verltehen
den betdersetttgen Sutten zahlretche Drkorattonen.
Der österretchtsch« Oberhofmetster Prin» Eonstantt«
Hohenlohe erhtelt dr« Schwarzen Adlerorden mtt
Brillant««, Legationsrath Baron Aehrenthal den
pr,uß Kronenorden 2. Kl., Flügeladjutant Major
Freund ebenfalls den Kronen-Orde» zwtiter Klassr.
Mehrrre andere Herrrn «rhielten geringerr Aus-
»etchnungrn Diulscherseils erhielten Miutstrr
v. Bülow den eifernrn Kronenorden »rster Klasse,
Brhetmrath Roltenburg da» Großkreuz trö Franz
Iosephsordens, der Chrf d«S Ctvtlkabinets v. Wtl-
mowskt daS Großkreuz des LeopoldsordenS.

— Ueber dir Ergrdntsse der Rcts« des un-
gartschin Ministerprästdente» Herrn vsn Ltsza zum
Katsrr Franz Josrph nach Jschl li«g»n posittve
Nachrtchren zwar noch «tcht vor, doch fehlt es »icht
a« offiziösrn Andeutung«», welche »ur Beruhtgung
d«s magyartschen Nattonalgefühls beizutragen be
Mwmt siud. So soll anläßltch de« Jubiläums
tzer Befretung der Festung Of,u von drr Türk«n
herrschaft et» Handschrrtbrn des KatserS zu er-
warten sein, desirn Veröffentlichung bereits in drn
nachstrn Tagen erfolg«n soll, wLhrend das Fest
erst am 1. Septembrr grf«i«rt wird. Dtrsew
-Handschretbe» wtrd offiztösrrsetls «ine hvhe poli-
ttsche Bedeutuog betgrlegt. Auch dte Anwesenhett
des Katsers b«t den Ende dieses Monats abzu-
haitendrn Kavalleriemanöorrn tn Budaprst soll drn
Anlaß zu etner Kundg»bm.g des Monarchen bie-
teu. Dagegen tst dtr von «intgen österrrichtschen
Blätter« gemeldet« Zuzirhung deS Herr» v. Tisza
zu der Gasteiner Msnarcheu-Zusammrnkunft un-
rtchtig, wte sich aus den dortigen Mittheilungen
über den Verlauf drrsilden ergtedt. Daß dt«
äußerst» Linke tn Ungarn thr Sptel zur Aufre-
gung der Maffrn durch die „Arm«efrage" noch
nicht aufg-ben wtrd, läßt stch vorauSsehrn, der
<lku:e Charaktrr der letzteren dürfte aber mit den
in Aussicht stehrndrn Brruhigunge» deseittgt sein.

— Anläßlich der Urbernahme der Leitung
** aukwärtigen Angelegenhriten turch Lord

Jddrsleigh, zu etuer Zett, wo dir polttische Lage
Europas weit davon eutfernt sei, beruhtgend ,u
sein, hebt dir „Morning Post" wiederholt hervor,
daß die beste Poltlik, welche England zur Erhal-
tung des ruropäischen FrtedenS und zum Schutz
brttischer Jnteressen verfolgr« könnte, auS einem
engen Bündntß mit den Kabinetten von Berltn,
Wten und Rom brstehr. Der Adschluß eiarr sol-
chen Quadrupel - Alltan» wüff« jeden Pla» zu
Schand.n mach«n, den ander» Mächte zm Stö-
rung d«s FriedenS tm Sinne führen dürften. Dte
„Morning Post" gi«bt zu, daß vitlleicht wedrr
Rußland «och Frankreich irgend welche ernst«n
krtegerische» Absicht«» h«grn, «rklärt eS aber für
ktndtsch, wenn M7n bestretten wollt«, daß di« Po-
Ittik dtrs«r beiden Mächte gegenwärttg derarttg s«i,
daß sie die größte Besorgntß hervorruft. Der
Zeitpunkt näh«re stch, in drm die Signatarmächt«
des Berliner Vertrages nach Konstanliaopel «ingr
laden werden würden, um di« in dem organtsche«
Statut von Ostrumelien vorgenommenen Aende-
rungen zu prüfen; es set kaum abzusehen, mit
welchen Gründen der Vertreter derjentge« Macht,
tie durch di, Abschaffung des Frethafen« von
Batum de» Brrliner Bertrag thatsächlich in Stücke
zerrtsien hab«, die Unverletzbarkett deS internatto-
nalen Brrtrags mtt Bezug auf das organtsche
Statut Ostrumeliens verthetdtgrn werde. Es dürf«
ab«r als sicher angenommeo werd»», daß, wenn
auders Rußland aufhörrn sollte, einen Thiil deS
«uropäischen Konzerts zu btlden, d«r Bruch in d«m
Augenlltcke rrfolgen werdr, wo die Frage deö
v«rei»igt«n Bulgariens wieberum znr Erwäguug
der Mächt« gtlang». Aus dtrsem Grund« Lofft
das konservattve Organ, daß vor dem Erschetmn
dteseS Tages Lord JvdeSleigh im Stand« setn
wrrdr, de» Grundstein »u einrw grsundrn Etnver-
nehmen mtt den Kabinetten von Berlia, Wien
uud Rom zu lrgen.

— Ja Betreff drr ,ahlr«ichra Verkäuf« pol-
ntscher Güter in der Provtnz Pos«n bringt dtr
Krakauer „Reforma" etnrn Arttkel, in w«lchem ste
darauf hinweist, daß dte Polen schon seit 50
Jahren andauernd Großgrundbesitz verli«ren, trotz
d,m schon vor 20 Jahren t» Posen Ler „TrlluS"
gegründet worden sei, um den polnischen Grund-
brsitz zu rrtten, und bewerkt dann:

„Man müff« annehmen, daß dte Großgrund
befltzer sowohl im eigen«n, wi« im »ationalrn
Jnirress« ,u der «tnzigen R«ttu»g 1n solch«m Falle,
zur Sparsamkrit, Arbeitsamkeit, Ordnung in der
Wtrthschaft uvd im Rechnen rc., HLtten greifen
sollen; das AlleS sei aber nicht geschrhea, tmwer
mehr drtuge das Deutschthum ins pslntsche Land
etn, und der deulsche Reichekanzler habr stch ntcht
getäuscht, wenn er beim Kolontsationsprojekt darauf
gerechnet habe, daß er stetS riue hinlängliche Aa-
zatzl polnischrr Güter zum Kauf«n findeu werbe.
Wenn irgend etwaS, so bewetse dtese traurtge
Thatsach« am besten, wie sehr di« Polrn unver-
beffrrlich sind, inSbesondere, wi« unverbefferlich der
polnisch« Adel ist; es b«w«ist weiter, daß, wen«
man auf idn allein, wie di«S Manche thun, oder
auf ihn besonders, wie «s iehr Btel» thun, di,
Hoffnung auf die Zukunft flützen wolltr, diese
Hoffnung rasch zerriunen wrrde. Es ltege daher
eine um so größere Nothwendigkrit vor, stch mit
der vollen Kraft deS Gefühls patriotischer Pfltcht
d«m Bürgerthum und dem Volke zuzuwenben, vm
da dte nattonal« Kraft zu bilden und zu ent-
wickeln."

— Wie der „Deutschen Kolonial-Zeitung"
aus Masiauah geschrtebrn wtrd, hat der N«gus
von Abessinirn alle seine Vizekönige, Statthalter,
Patriarch-n und Feldherren für Znd« August noch
der alten Rkstdenzstadt Gondar «inberufen. Zum
Theil glaubt man, «r beabsichtige seinen ältesten
Sohn zu seinrm Nachfolger ausrufen zu lasien,
ander« glsuben aber, eS handle stch «m «ine
KriegSerklärung gegen etne eurvpäische oder afri-
kanijche Macht. Wte unter der Hand verlautet,
würden sich der franzöfisch, und grtrchtsche Konsul
vo» Maffauah und viell«icht auch je ein Ver-
trauter der italirnischen und der engltschen Regt«
ru«g (beide letztrre selbstvrrständlich inkogntto)
nach Gondar brgrben, um zu erfahren, was auf
diesem abesstaischrn Reichstage beschlossen wtrd.
A«slaud.

Petersburg, 5. August. Neuerdings be
haupten dte russischen Blätter, daß es stch bet Lrr
Missivn deö ErzherzogS Karl Ludwig um nichts

GeringereS handle, alS dte Zustimmung der rus-
sischen Rigierung zur Annrxton Bosniens und drr
Herzegowina zu erlangen. Die „Now. Wr "
äußrrt sich darüber wir folgt:

Der Erzherzog Karl Ludwig erfreut sich der
besonderen Sympathi« deS russtschen HofeS und
wtrd ihw dahrr auch dir AuSführuag jedes Auf-
lrageS leichter w«rben als trgend etnem anderen
österreichischen SiaatSmaun. vnückstchtigt man
aber den Umstand, daß der Erzherzog hter an-
langt«, nachdem schon von Kisstngen dte W«isun-
grn des veutschen Kanzlers «tngetroffen und also
di« Erklärungrn d«s Erzherzogs gewtssrrmaßrn
vsm Fürsten Btsmarck grbilltgt waren, so erklärt
sich dtr optimisttsche Stimmung in Wien durch
eine früher zlvtschen der deutschen und österr«icht-
schen Regterung abgeschlosiene Beretnbarung. Wie
rS scheint, wünschen unsere Bundesgenossen dte
Schlirßang drs Freihafens tn Batum zu exploi-
tirrn. Nach der Anstcht der österreichtschrn Staats-
männer stnd ihre Chancen auf den günstigen
Auegang der bosaisch-herzegowinischen Frage durch
die Batum - Angelegenhett brdeutend gesttegen.
Wie wett diese Hoffnuagen der Wiener politischen
Kretse gerechiferttgt stnd, werden wir tn der
nächstrn Zukuvft sehen, denn die Einverleibung
BoSnirus und der Herzegowina soll uoch im Sep
tember staltfiuden. So lang« aber noch ketn« de-
finitive Entscheidung gefaßt ist, darf maa wohl,
ohne in daS Wesen dieser für uns äußerst kiy-
lichen polittschen Frag« näher einzudrtngen, mit
Spannung der Lösung entgrgensthen — wie dte
Absicht Oesterretchs verwirkltcht werden kann, ohnr
den Berltner Traktat zu vrrlrtzen. Wen» di«
Großmachte die ganze Htnfälltgkeit dieses Traktat«
zugtben, ihn zuweilen aber, sogar im Widerspruch
mtt der gesunden Bernunft, aufrechterhalten, so
würde «in offener Angrtff auf seine Jntegrttät
eine auffallende Jnkonsequenz setn. Vom Ge-
sichtspunkt der Jnteresien Rußlands wäre rs nur
zu wünscht», daß dir Mächte angesichts dieser
Jnkonsequei-z di« Entschetbung der doSnisch-her-
zegowintschen Fragr auf «inige Zeit v«rl«gten.
Es kann stch tn Kurzem vieles verändern und
wahrsch,inlich wtrd auch dte Vcreinbaruug zwischen
Raßland und Oesterreich über die Besttmmungen
der Etnflußsphären auf der Balkanhalbinsel nur
etn todter Buchstab« bleiben. Wir unsererseits
können »ur dies wünschen. Ttn« solch« Verein-
barung tst für uns tm höchsten Grade unvorthetl
haft und mirb wohl Rußland nie virgeffen, daß
Dank thr BoSnien und dir Herzegowina österrei-
chisch geworden sind.

SkaLhrt-vre«.

Stettiu, 10. Auzust. Heute Bormittag fand
auf dem KönlgSplatz groß« Parade statt, bei wel-
chrr der in den Ruhestand getretene btsherig«
Kommandant von Stetttn, General - Lieutenant
Fretherr v. A m e l u n x e n, sich von den Offi
z>,r«n der htesigen Garnison verabschiedete, wobet
gleichzeirig die Vorstellung der neuernannten Kom-
manteure ersolgt». Währrnd der Parole konzer-
ttrte auf dem KönigSplatz die Kapellr des 34.
Siegiments. Nach derseldrn »og die Wache mtt
Musik auf. Es hatten sich zu dem milttärischen
Schauspiel rine Menge Zuschauer etngefunden.

— Auf dew hitsige» Standesamte wurden im
Monat Juli d. I. augemeldet: 262 Geburten,
61 Aufgebote, 59 Ehtschließungen und 326 Sterbe-
fälle (gegen 271 Geburten, 62 Nufgebote, 79
Eheschließuvgen und 381 Sterbefällr im Monat
Jul« 1885).

— Die dieSjährigen Herbstübungen der hie-
sigen Truppenthetl« stnd wie folgt festgesetzt: Bom
19. bis 24. August Regiments Urdungen bei Stet-
tin, vom 26. bis 29. Brigade Urbungen bet Stet-
tin. Am 21. Bugust Abmarsch nach dem Manö-
ver-Terrain. Vom 3. bis 8. September Drtache-
mevts Uebunge» bei Maffow mtt Bivouak der
Borposten. Am 9. September Ruhetag. Vom
10. bis 16. September Divisions-Manöver bei
Maffow mir zwri Bivouaks der ganzrn Diviston
und drct Bivouaks der Vorposten. Rückkehr der
Truppen nach Stetiin am 17. Srptewber.

— Die VII Wanderversammlung brs Ver-
bandeS diutscher Architektes- »nd Jngenieur Ver-
etne tagt in diesem Jabrr vom 15 biS 18. Au-
gust in Frankfurt a. M.

— Geftern Abend gegen 10 UHr brach in
dem Wohngebäubr der „Kaisermühlr", etne der

sieben Bachmühl««, Herrn Steffen gehötig, Feurr
aus, durch welcheS daS Wohnhau« und dtr mit
demselben in Verbindung stehend« Mühl« einge-
äschert wurde.

— Denjtnigr» Steuerzahlern, welchr «S im-
mer noch für ketne verwerfltchr HandlungSwetse
halten, der Behörde grg«nüb«r falsche Angabe«
über ihre Bermögeusvirhiltnisse zu machen, wäb-
rend sie als gute Bürger fich sonst vor jeder straf-
daren Handlung sorgsam bewahren, möge etne
Eutschetdung des ReichsgrrichtS zur Warnung gr-
reichen, wrlche unterm 24. Mai 1886 rrgangen
ist. Der 8 156 des Strafgrsetzbuchs bestraft mtt
Gefängntß von einem Monat bt« zu drrt Jahre«
Denjenigrn, welcher vor einer zur Abnahmr etnrr
Berstcherung an Eidesstatt zuständig«n Behörde
etnr solchr Verstcherung wissentlich falsch abgtebt
u. s. w. DaS R«tchsg«richt hat nun, wt« die
„Voss. Ztg." schreibt, festgestrllt, daß dtes« Be-
sttmmung auch Anwendung findrt, wenn rtn Steuer-
rrklamant bet Beranlagung d»r klasfifizittrn Eiu-
kowmrnsteuer — und daffelbe muß natürlich vo»
jeder andere« Steuer gelten — der BrzirkS-Kom-
mtsston, mit oder auch ohn« Auffordrrung settenS
derselben Lrklärungen wissentl'ch falsch abgiebt und
eidrSstattlich als rtchtig versichrrt, um eivr niedrt-
grre Etvschätzung hrrbetzusühren. Das Retchs-
gericht hebt in der Begründung hervor, daß «S
für den Thatbestand Luribaus ntcht erford«rltch
sei, daß die «tdesstattltche Verstcherung von der
Bihörde «rfordert sein müsse — waS seitenS der
Behörde erst gescheh«« soll, wenu alle anderen
Mtttel der Ermittelung des EinkommenS deS Sieuer-
pflichtige« erschöpft srien —, sondern daß di« Be-
stimmung auch da Platz greif«, wo der Beschwerde-
führrnde fretwillig und bevor settenS der Steuer-
behörde (EinschätzungSkommission) irgend wrlch«
Erhebungen rrfolgt setrn, auf sein Einkommeu be-
zügliche wtssentlich falsche Erklärungen unter etdes-
stattlicher Versicherung d«r Rtchtigkrit abgrbe. Das
Reichsgericht verwirft hirrbei ausdrückltch di« An-
stcht der Vortnstanz, vaß da dte BeztrkSkommisflon
g«s«tz- und vorschriftsmäßig dte Abgab, der etde«-
stattltchen Verstcherung erst nach Erschöpsung aller
anderen Mtttel der Feststellung etnes steuerpfltch-
tigen EtnkommenS erforderu dürfe, ste vorher «icht
als «tne zur Entgegenuahmr etuer rideSstatltche«
Bersicherung zuständige Behörde gelten könne, und
folgert seinerseits, daß fich avs diesem Umstande
krtneSwegs ergebe, daß der unverlangt uod vor
Benutzung anderer Beweismitlel abgegebenen Ver-
sichrrung an LtdeSstatt die Tigenschaft und Be-
deutung alS solcher entzogen sei. „Wie d«r
Grund, w«lcher den Beschwerdrführer zu trr un-
aufgeforderten Abgab« eiirer solche» Erklärung ver-
anlaßt, grrade der sein kann, di« Nachforschuug
nach anderen Beweismitteln zu v«rhüten, beztr-
hungsweise der Pflicht zur Vorlegung sklcher, bei
unbegründeter Reklamation ntcht vorhandener Be-
weismittel flch zu entziehen, so tst selbstverständ-
lich die zur Entscheidung über die Reklamation
berusene Behörde nicht behindert, drr thr unver-
langt durch dit «ideSstattltche Verflcherung «nt-
gegrn gebrachten Bescheintgung Glaube« zu schrn-
ken uod von der Benutzuug und Herbetziehung
anderer Beweismittel, welche dem ihrerseittge«
Verlangen der eidrsstattlichen Versicherung hätte«
vorauSgehen müffen, mit Rückstcht auf daS Bor-
liegea der Irtzteren abzusehen."

xvn. allgrmeine Versammlung der deutschen
anthropologischen Gesellschast.

Zu der heute eröffneten Jahresversammlung
sind von außerhalb 62 Theilnrhmer erschienen,
darunter u. A.r Geheimrath Dr. Virchow-
Berlin, Dr. Karl von den Steinen- Düs-
seldorf, Dr. Schaaffhausen - Bonn, d»r
Konservator des königltchen Museums für Völker-
kunde iu Berlin, Eduard Krause, Profeffor Dr.
NicolauS Tolmatschow - Kasan, Santtäts-
rath Dr. Grumpler- Breslau, Retchs - Auti-
quar H t l d e b r a n d t - Stockholm, Dr. Ham-
pel-Budapest Dr. B a t e r - Stralsund, Sani-
tätsrath Dr. Schlemm - B«rlin, Dr. Ludwig
B ü r ch n e r-München, Obcr-Stabsarzt Maaß-
Berlin, Aiterthumsforsch«r C. Nagel - Deggen-
dorf, Ober - Stabsarzt Dr. Vater - Spanvau,
Dr. W a n ck e l - Olmütz, Prof. Dr. Küster-
l Berlin, Dr. Otto OlShause n-Berlin, General-
Major von Reckow- Stolp, Dr. Ttschler -
Köuigsberg u. a. m. Von hiesigen Bewohnern
 
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