Zrschemt tiiglich Morgens und Mends; jedoch tällt em Sonn- und
Festtagen die Abendmisgabe, ani Tage daraus die MorgenauSgabe fort.
Das Abormement beträgt vro Ouartal 3 75 bei den resb-
Deutichen Postümtern 4 70 Z. Einzelne Exemplarein der Exvedition 10^
17«. Jahrgmrg.
Dinstag, den 13. Juli.
Reclamcn nnmittelbar hinter den pvlit. Nachr. L Zelle 30
Uorgkll-AuMbe.
Deutsches Reich.
" Rostock, 12. Iuli. Der Kaiser hat
seinc Cur in Ems beendct und ist zunächst
zum Besuch der Kaiserin nach Koblenz ab-
gereist. Es taucht jetzl wiederum des Geriicht
von einer Dreikaiser - Zusammcukunst
aus. Sollte dieselbe wirklich zu Stande kommen,
so wärc dieses Ereigniß gerade jetzt, wo die
Oricnl-Frage wicder in bedrohlicher Weise in
din Vordergrund gerückt ist, als ein bedeutungs-
volles Anzeichcn dafiir zu betrachten, daß Ruß-
land gewilll ist, mit dcn Kaisermächten in
Einklang zu bleiben. Vordcrhand hat man
es jedoch nur mit einem bloßen Gerücht zu
thun.
Von besondcrem Interesse ist der Ausfall
der in den Rcichslanden, besondcrs in den
bcidcn Hauplstädten derselben, vollzogcnen
Gemeiuderaths-Wahlen; in Straßburg
sowohl wie in Metz hat das altdcutsche Element
erhebliche Fortschritte gemacht, welche einen um
so ersreulicheren Eindruck machen, je unerwar-
leter dieselben kommen. Straßburg hattc seit dem
Jahre 1872 keine Gemeindevertretung gehabt,
sonderu war commissarisch verwaltet wordeu.
Als jetzt unter der Statthalterschaft des
Fürsten Hohenlohe der Sladt ihre communale
Selbstständigkeir wiedergcgebcn wurde, stclltcn
die eingeborenen Elemente, die frühercn
Autonomisten und dic Protcstlcr, eine gemein-
same Liste auf, aus wclcher das altdeutsche
Elcment völlig ausgeschlossen war. Die Alt-
deulschen gingim in Folge dessen selbstständig
vor und setzten auf ihre Liste neben Eingc-
wanderlc auch Altelsasser, zu denen sie Vcr-
rrauen hatlen. Dicser Schritt hat gure Früchte
getragen, denn es ist der altdeutschen Liste ge-
lungcn, cinen unerwarter großcn Theil dcr
Von ihr Nominirtcn durchzusetzen; sreilich ist,
wie nicht anders ,;u crwarten stand, die über-
wicgende Majorität im neuen Gemeinderath
dcn Elsassern gesichert. Immerhin bietet daü
Wahlrcsultat in Straßburg svwohl wie in
Metz cin erfreulichcs Zcichen für das An-
wachseu des deutschen Einflusses, lvozu gewiß
das Aufrassen der Eingewanderten nach dcr
Beseitigung des Vsanienffel'schen Regierungs-
syslems ein gut Theil wird beigelragen haben.
Tie Nesnilatc der englischen Wahlen
laufcn vom Lande nur langsam ein; es stehcn
nach dem letzteu Bulletin von gestern Morgen
noch nahe an 100 Wahlen aus. Wcnu die
Ergebnissc derselben den bisher bekannt ge-
wordenen glcichen, so ist eine Majorität für dic
Tories allcin nicht ausgcschlossen.
Die französische Depntirtenkammer
arbeitet mit Hochdruck, dic Depulirten ver-
langt cs nach dcr Heimalh, wo die Ge-
neralraths - Wahlcn bevorstehen. Dieselben
sind diesmal von bcsonderem Jnteressc, da
dic Monarchisten Anstrengnngen niachcn, um
daraus für ihre Sache Eapilal zu schlagen;
da bci diesen Wahlen die Kirchthurms-Jnter-
csseit crfahrungsmäßig einc große Rolle spielcn,
so ist es für die rücksichlslosen Gegner des
gcgenwärtigen Regimes vielleicht nicht aus-
fichtslos, wenn sie auf Erfolge hosfen. — llnter
deni Drange, zu Ende zn kommcn, bleibt nnn
in der Kammer mancherlei uncrledigl, so u. A.
dic Erhöhung der Kornzöllc, cin Vorgang,
welcher in schutzzöllncrischcn Krcisen sehr böses
Blut gcmacht hat. Auch cine Angelegcnheit
von allgemeincrem Jnteressc ist dnrch dic Är-
deilSniüdigkeit der Kanimer iii Mitleidenschast
aczogen wordcn, nämlich daS große Wcrt
Lesseps, die Durchstechung der Land-
enge vou Panama. Der von dcr
Kammcr niedergesetzte Ausschuß halte von
Leneps Einsichl in die Interna der von ihm
gcbildelen Gesellfchast verlangt, ein Wunsch,
desien Erfüllung Lesseps verweigert hatte. Jn
Folge dessen wurde der Gesetzcntwnrf wegcn
Emission einer Prämien-Anleihc voni Mini-
sterium mit Zustimmung Lesseps' zurück-
gczogcn. Letzterer ist durch, das Fehlschlagen
dieser Hossnung durchaus nicht muthlos gc-
worden, er vcrsuchr, sich selbst zu helfen, und
sindct dei seinen Äclionären auch allem An-
schein nach die nöthige Unterstützung.
Die Prinzen von Orleans sühlen sich
durch dic über sie verhängte Strcichung aus
den Listen der französischen Armee osfenbar
sehr hart belroffen, die Herzöge von Aumale
und Chartres haben cincn geharnischtenProtest
gegen diese Maßregel erlasien. Dic Sprache,
mit welcher der Erftcre den Präsidenten Grevh
apostrophirt, ist allerdings kaum geeigner, die
Sache der Orleans zu fördern.
Berlin, II.Juli. Nach dcn Jnformalionen
der „Berl. Polit. Nachr." dllrste die nächste
Plcnarsitzung des Bundesraths am Mitt-
woch stattfinden, wenn die Ausschüsse bis dahin
die erwähnten ÄusführungSbcstimniungen zum
Zuckersteuergesctze dnrchberalhen haben.
Mit Bczug auf 8 20 dcs Gesctzes über
Markenschutz vom 30.November 1874 macht
der Reichskanzlcr (in Vcrtretung v. Boetticher)
unterm 7. Juli n. e. bekannt, daß zwischcn
deni Deulschen Reich nnd Serbien durch
Auswechselnng von Erklarungen der beider-
seitigen Regierungen eine llebereinknnft dahin
getroffen worden, daß in Bezug anf die Bc-
eichnung der Waaren oder die Berpackung dcr
etzterensowic beziiglich derFabrik- oderHandels-
marken die Angehörigen dcs Dentschen Reichs
in Serbien nnd die scrbischen Staatsangehöri-
gen in Dentschland dcnsclben Schntz wie die
eigencn Angehörigen gcnießen sollen, daß serner
die Angehörigen des einen Landes, nm in dem
anderen ihren Markcn (Namen, Firmcn und
Waarcnzeichen) den Schutz zu sichern, die in
diesem Lande dnrch Gesetze oder Verordnungcn
vorgeschricbenen Bedingimgcn und Förmlich-
keiten zu crfiillen haben. Die llebcreinknnft
soll vom Tagc ihrer Bekanntmachuiig an in
Anwendung trelen.
Die Kaiserliche Normal - Eichungs-
Commission veröffenklicht die Bestimmun-
gen, nach welchen sie bis auf Weitercs sür
Dampfkessel - Sicherheits-Äpparalc,
welche durch das Schmelzen einer Metall-
legirung in Thäligkeit treten, den Schmelz-
punkt der Legirung bcglaubigen wird.
Zur Bcglaubigimg werden nnr Legirungen für
solche Dampskefsel-Sicherheitsapparatc zuge-
lassen, wclche von dcm Herrn Staalssccretär
des Jnnern für gecignet crachtet und demgemäß
der Kaiserlichcu Normat-EichimgS-Commifsion
hezeichnet worden sind.
Nachträglich ist im Neichslage noch ein vom
Abgeordncten Or. Haarmann crstattetcr
umfangreichcr Bericht der Pclitions-
Commission iiber dic Jmpffrage aus-
gegeben worden. Wie bckannt, iautet der An-
lrag dcr Commission anf Ucbcrgang zur
Tagesordnung über dic Pelikionen gegen den
Jmpfzwang.
Die dentlche Rcichsrcgierung hak, wie man
dem „Hamb. Corresp." schreibt, dcr Baseler
Missionsgcsellschaft in Betreff dcr
Mission in Kamerun folgenden Beichcid gc-
geben; „Jn Anerkennung dcr Opser, die niit
dem so segensreichen Werk verbunden sind, ist
sie gern bereit, der Baseler Missionsgescllfchast
die zur Enrfaltung ihrer Thätigkcit nöthige
freie Bewegung zu gewähren, sowie dic Be-
sugniß zur Errichlung von Missionshäuseru,
Kirchen und Schulen, Prediger- und Lehrer-
Wohnungen und zur Erwerbung von Grund-
stückeu zur Ansicdelung gclvonnener Christen
zu ertheilen. Ferner gcstehl sie ihr das Recht
zu, von den durch die Missionsgesellschast oder
den Christengemcindcn crworbenen Grund-
stücken den Branntweinhandel auSzuschließen.
Sodann wird ihr freic Hand gelafsen, die
inneren kirchlichen imd Schulvcrhältnissc der
zu sammclnden Gemeinden selbstständig zu
regeln, eine christliche Gemeindeordrmng einzu-
führen und Beiträge dcr Christen für dic
Zwccke dcr Missionskirchc und Schule anzu-
ordncn. Sie erwartcl, daß dic Baseler
Missionsgescllschaft den Beginn ihrer Thätig-
keit möglichst beschleunigc." — Von den acht
Missions-Zöglingen, welchc am l. Inli in
Basel eingesegnet wurden, sollcn drci sür dic
Missionsarbcit in Kamerun znrückbchaltcn
werden.
Steltiu, 10. Juli. Ueber das Festessen,
mit dem der „Vulcan" die heutige Taufscier
des Subvcntionsdampfers „Preußc n" beschloß,
wird der „Boss. Ztg." berichtev; Ministcr von
Puttkamcr widmete den crsten Toast dem
Kaiser. Anknüpsend an die Thatsache, daß
durch den Stapellauf des Schiffes „Preußen"
cine neue Aera in handelspolitischcr Beziehung
für Deutschland geschaffen sei, feierte er den
areisen Kaiser als das Vorbild der chrlichen
Arbeit, die in imnierwährcnder Thätigkeit für
das Gemeinwohl, das Gedeihen des Bolkcs
sorge. Obcrpräsidenc Graf Behr-Negen-
dauk brachte das Hoch aus den Kronprinzen,
den Statthalter dcr Provinz Pommcrn, aus.
CommerzicnrathSchlutow, Vorsitzender des
„Vulcan", feicrre dcn Fürsten Bismarck, der
die deutsche Industrie dadurch anertännt hat,
daß cr den Bau der Subventionsdampfer aus
deutschcn Wcrften anordnete. Alsdann nahm
Staatssecretär v. Boetticher das Wort.
Er rühmtc die Leistungen der dcutschen
Jndustrie; ihre Kraft sei schon dadurch
crkennbar, daß dic fremden Nalionen nichts
weniger als erbaut sind durch die subventio-
nirten ostasialischen Linien; glcichzcitig vcr-
kündigle cr unlcr Ueberweisung dcr Jnsignien
folgende Auszeichnungen i Comiiicrzienrath
Schlutow crhielt dcn Rothen Adlerordcn
vicrter Classe, Direclor Iungermann und
Oberingcnieur Stcck den sdroncnordcn vierter
Classc, Obermaschinennieister Schrocder das
Allgemeinc Ehrenzeichen. Der Staatssccretär
schloß seinc Rede mit einem Hoch auf den
„Vulcan", seine Leitcr und scine Arbeiter. Jm
Anschluß hieran brachte der commandirende
General v. Dannenberg das Hoch aus auf
dic Direclion und dcn Vcrwaltungsrath des
„Bulcan". Jn längerer humoristisch ge-
särbter Rede lobte dcr Vorsitzendc des Nord-
deulschen Lloyd, Consiil H. H. Meicr-
Brcmen, die Thäligkeit des „Bulcan", der,
wenn auch verspätet, so doch glorreich dic
Arbeit gcschafft imd damit dcn Engtändern
sich als ebcnbiirtig crwiesen habc; scin
Hoch galt der Dame, die heute dcn Tausact
vollzog, dcr Gräsin Behr - Negendank. Der
Gatte der Gefcicrten toaftete auf den
Täusling) seine Mannschaft und seinen Führcr.
— Eine interessantc Unterhrechung in der Rcihe
der Toaste bildcle die Verlesnng dcr Dcpesche,
wetche dcr dculschc Kronpriuz au dieBer-
sammlling gerichtct hatte, und in welcher er
zum Stapellauf des „Preußen" nnd zu wei-
lerem Gedcihen den „Vnlkan" beglückwüschte.
Der Vorsitzendc der Käusmannschaft zu Stettin,
Herr Hakcr, seiertc >mn dcn Staatssecrctär
v. Stcphan, nnd in Verlrecnng desselben
brachte Oberpostdirector Sachse cin Hoch aus
auf Stettin, die Hanptstadt der Provinz, in
welcher unser General-Postmeistcr geboren ist.
— Trotz Herrn v. Slephan's Äbwesenheil
aber waren gcborenc Pommern unter
den Gästen. Ministcr v. Puttkamer nahm
dies Borrecht sür sich und seinen Collegen
v. Boeiticher in Änspruch, und niit dem Wunsche,
daß dic Provinz Pommern „bald aus ihrer
wirthschastlichen Nothlagc erlöst werde", brachte
er ein Hoch auf dicse Provinz aus; fpeciell gc-
dachte cr dabei des vommerschcn Adcls, dcr fich
stets treu dein Königshause gezcigt habe; bei-
spiclsweise ieien in der Schlachl von Prag II,
im ganzen siebcnjährigen Kriege 47 aus dem
Geschlechte derer von Puttkamer den Heldentod
gestorben. Der Gesandlc v. Kusserow trank
auf dic Kaiserlichc Marine. Prompt wnrde
das Hoch von bezüglicher Seite mit einem
solchen anf dic Haiidclsstotte bcanlwortet. In-
leressanl war die Episode. die dnrch den chine-
sischen Lcgationsrath Ehen g- im - thein
hcrbcigeführl wurde. Jn chinclischer Sprache
brachte er cinen Toast auü, den derDolmclscher
King-in-thai ans witzige Weise verdeurschle.
Mit größtcm Bcifall wnrde die Ethymologie
aufgenommen, „Vulkan" sramme von „wollcn"
und „könncn", und dcr Gesellschaft, die Beides
vereinigt, gclle das Hoch des Verlreters dcs
himmlischen Reiches. Nach einmal ergriff
Herr v. Boctticher das Wort; er sctzle aus-
einandcr, daß bei Gründung der subvcntionirten
Linien nicht nur das Jnteressc Deutschlands,
sondern auch das der frcmden Nationen be-
achtct worden; sein Toast galt dcm stcten Ein-
vernehmen Chinas und Deutschlands. Fast
war dic Tischkarle erlcdigt, die Reihe dcr Toaste
bci Weitem noch nicht; bis zur Aushcbuna der
Tafel setztcn sich die sogenannten „wilden"
Toaste sortc, alle der Begeisterung cnlsprosscn
und alle des Lobes voll fllr dic Männer,
deren Jnitialive das hcutige nationale Fest zu
danken war.
Leipzig, 9. Iuli. Außer dcn Herrcn
Deumcr und Johannes, iiber deren Ausweisung
wir bereits berichteten, ist auch noch Herr
Zuckschwerdt in Plagwitz auf Grund deS
Socialistcngesctzes aus dem Bezirke der Amts-
hauprmannichast Leipzig ausgewicscn wor-
dcn. Die drei Genannten bildeten dcn Vorstand
dcs aufgelöstcn Fachvereins der Metallarbeiler.
Herrn Zuckschwerdt, dcr ein ossencs Geschäft
hat, ift auf sein Ansuchcn dic Frist zum Bcr-
lassen des Bannbezirks um mehrcre Tage ver-
längert worden.
Strastburg i. E., 12. Iuli. Unler den
in den Gemeinderath gewählten 23 Alt-
clsäiicrn sind 5 Autonomisten, 10 Protestlcr,
4 elsässische Klerikale, 4 Elsässer ohne bestimmte
Parteistellung.
München, 11. Iuli. Wie verlauiet, stcht
es jetzt so gut wie fest, daß Kaiser Wilhelm
diesmal anf seiner Rcisc nach Gastein cincr
Einladung des Prinzregenlen folgend vom
18. bis 19. Juli in München iibernachtet. Die
„Neucst. Nachr." widmen dem Kaiser bercits
einen Begrüßungsartikel, in welcheni cs heißl.
Seit langen, langen Jahren hat Münchcns
Bevölkerung dic Freude entbehren müssen, das
crhabcne Oberhaupt des Reichcs zu sehen.
Draußen, weil vor derStadl, auf demRangier-
bahnhofe, weilte unser Käiser wenige Minuten
nur, und in Rosenheim, eine Stunde Eisen-
bahnfahrl von Baierns Hauptstadt, brachle der
grcise Fürst die Nachl in einem Gasthausc zu,
wenn cr zu den Heilquellen Gasteins reiste.
Unsere Bevölkerung hat dieseThatsachen immer
schwcr empfunden: wir alle wußten, was der
traurige Grund war. Ietzt, wo sür Baiern
mit dcr Rcgicrung des Prinz-Rcgenlen hellere
Zciten angebrochcn sind, wird auch unserer
isladr die bohe Freude ,;u Theil, dcn chr-
würdigen Träger der deutschen Kaiserkrone in
ihren Mancrn zu bcgriißen. Ein glücklicheS
Wahrzeichen ftir die Zukunft!
Oefterreich.
Wie«, 10. Iuli. Der Statthalter von
Mähren, Gras Schönborn, hat das ihm in
der vorigen Woche zugefallene Landtagsmandat,
wie bcrenS gcmcldct, aoermals abaelehnt. Dic
halbamtlichen Journale „Brünner Morgenpost"
und Moviny" veröffentlichen folgende Erklärung
des Sratthallcrs: „An die geehrten Wähler dcr
Städte Ungarisch-Hradisch, Ostra, Bisenz und
Wessely! Die am 2. Jul> d. I. stattgcfundene
Wicderwahl im Städtebezirke Ungarisch-Hra-
disch-Ostra-Bisenz-Wessely, durch wclche mir
abermals das Mandat eines Landlags-Abgc-
ordneten sür die gcnannte Städlegruppe über-
tragen wurde, betrachte ich als einen mich in
hohem Gradc ehrenden und für mich schr cr-
freulichen Bcweis besonderen Vertrauens, und
sprechc hiermil dcn geehrten Wählern, dic sich
an der Wahl meiner Person bctheiligt habcn,
meinen ausrichtigsten und herzlichsten Dank aus.
Allein diesclben Grllnde, wclche mich bcwogen
haben, das bereits früher von mir inncgehabie
Mandal niederzulegen, und welche nach mcincr
Änsicht in dcr Presse publicistisch hinlänglich
bcsprochcn und gewürdigt worden sind, miissen
mich anch zu dcm Opser bcstimmen, die abcr-
m als auf mich gesallene Wahl abzulehnen. Jch
tbne dics mit dcm Äusdrucke lebhaftcstcn
Dankes und bcdaurc ebcnso, nachdem ich der
chrenvollen Afforderung mcincr Mandaten, sic
im Landlage zu vertrelen, nicht cntsprechcn
kann, daß diesclben sich also der Mühe ciner
nochmaligen Wahl wcrden nnterziehen miiffc».
Jch bitte die gechrten Herren Wähler, bn
dicscr cincm andern Manne ihres Berkranens
ihreStimmcn zuwcndenzu wollcn. Dr Fric-
drich Gras Schönborn." — Zum zwciten
Malc lcgt Graf Schönborn das Mandal zurück,
an dessen Erlangung er vor zwei Jahren ein
o lcbhaftes Jnteresse hattc. Dic halbamtliche
„Briinner Morgenpost" ist zu dcr Erklärung
aulorisirt, daß der Statthaltcr Graf Schönborn
persönlich mehreren maßgebenden Persönlich-
kciten deS mährischen Clubs, wie dcr Wähler
in Ungarisch-Hradisch bestimmt erklärte, die
Wicderwahl nicht annehmcn zu wollen. Dic
„Ncue Fr. Presse" wirft die Frage auf; „Sollte
erst hinterher in Rcgierungskreisen die An-
chauung Wurzel gesayt haben, daß in einem
Kronlande von der Beschasfenheit Mährens am
allerwenigsten der keineswegs gliickliche Griff,
dcn man bei der Ernennung dcs Statthalters
bethätigte, nicht noch dadurch gesteigert werden
dürfe, daß der Statthalter als Parleigcnosse
der Tschechen im Landtagc seinen Platz nehme?"
Der Umstand, daß nilln keinen zweiten Landes-
chef und keinen der seither ernannten Minister
dem Kreise enlnahm, in dem die Gesinnugs-
genossen des Grafen Schönborn sich bcwegcn,
schcint einigermaßcn fiir diese Ausfaffung zu
sprcchcn.
Grotzbritannicn unb Jrland.
Londou, 10. Iuli. Jm Hinblick auf den
nngünstigen Berlaus dcr Wahlcn Voni mini-
steriellen Gesichtspunkte aus ist Grund zu der
Annahmc vorhanden, daß das neue Par-
lament so zeitig als dies angänglich ist, ein-
beruscn werden wird — wahrschcinlich am
5. August, dem in der Königlichen Procla-
mation, welche die Wahl anordnete, an-
bcraumtcn Tage. Mr. Gladstonc's Erklärnng
iiber den Gegenstand, welche er am 10. Juin
ini Unterhause abgab, geschah in den solgenden
Worteni „Falls, wenn die Wahlcn statt-
gcfunden haben, die irische Politik der Re-
gierung als dem Lande nicht genehm bcsunden
werden sollle, oder falls über diesen Punkt
irgend ein Zwciscl hcrrschcn sollie, dann sollte
aus diescm Grunde unsraglich dns Parlamcnt
unverzüglich zusamnientretcn.
Die „Pall Mall Gazette" sragt; „Was
soll ietzt geschehen?" nnd antworlet dar-
auf: Mr. Parnell wird jetzt verniinftiger sein,
da er die Öhmnacht dcs irischcn Bolums und
dic vcrbissene Entjchlosscnheit des cnglischcn
Bolkes sieht, jener Landbill nicht seine Zu-
stimmung zu geben, ohne dic, wic er iveiß,
das irische Parlament niemals mit der
Rcchrsverwaltung des Landes bclraut werden
kann. Ferner hat Lord Hartington nngeheuere
Fortschritle iu der Richlung von Homcrule
gcmachl. Bci der vorigen Wahl hielt er es
sür Berrücktheit, Jrland Seibstregierung zu
gebcn, wie in England. Gestern Abend sagte
er uns, er sei bereit, dem irischen Volke in
demselbcn Maaßc, odcr selbst in höherem
Gradc, als in dcm Falle der Bevölkerung Von
Großbritannien, cine größere Controle über
gcwisse irische Angelegenheiken zu ge-
währcn. Sclbstverständlich, wcnn Mr. Glad-
stone cincn groß u und vollständigen Plan
sciner eigencn Polilik hätte, den er niit
aulokratischer Autorität dcm Landc aufnöthigen
könntc, dann würde er ganz recht daran thun,
die demülhigc Rolle dcr Umarbeitung seiner
Bill auf Hartinglon'schen Grnndzügen abzu-
lchncn. Er hal aber weder einen solchen Plan,
noch cinc solche Aulorität. Er ist nichts als
ein chrlicherMaklcr zwischcn dcn beiden Denio-
kratien. Beide habcn jctzt mit gleichmäßiger
Klarheit gesprochcn. Er kennt dic Grenzen
dessen, worübcr sich untcrhandeln läßk. Wenn
er verschwindcl, wird mit ihrn die letzte Aus-
sichl auf eine freundliche Rcgclung dcr großcn
Fragc dcr irischen Sclbstregiernng zu Grabc
gelragen., Ein Zeitranm nuterdnickten Bürgcr-
kricgcS wnd solgcn, und am Ende werdcn wir
niiter weniger günstigen Auspicicn das zu thun
haben, was Mr. Gladstonc jctzt lhun dürfte.
Wird im neuen Parlanient genug Patriotis-
mus vorhanden scin, um daraus zu bestchcn,
daß cr cs thun soll?"
Frankreich.
Paris, 10. Juli. Wie dcr „Tcmps"
meldet, habcn die Abgg. Barodct, Des-
mons, Cantagrel und Labordöre, Vorstands-
Znm fünfhuttdertjährige« Jubiläum
der Univcrsität Heidelbcrg.
I.
V. A. Heidelberg, 9. Juli. Nur wenigc
Wochen noch trcnncn uns von dcm Jubelfeste,
welches die älteste und ehrwiirdigste Hochschulc
dcs Dentschen Neiches, unscrc alina inator
Kiwsrto-Carola, in großartiger Weise bcgehen
wird. Wenn schon imnier die hcrrlichcn Reizc
unserer Musenstadt, ihre prächtige llmgebung
und vor Allem das über ihr rhronende Pfalz-
grafenschloß, daS nirgend scincs Gleichen findct,
Frcmde ans allen Weltgegenden schaarenweise
herangezogen haben, so wird diese Feier einen
ganz ungcwöhnlichcn Zustrom von Besuchern
verursachcn. Bor Allem die alteu Hcidelberger
Musensöhne werden aus allen Gauen Demsch-
lands zusammenströmen, um mitzufeiern an
dcr Stttlte, wo sic einst die schönsten Tage
ihrer Jugend verleblcn. Altheidelberg rüstet
sich zum würdigen Empsang der Gästc. Schon
scil Monden sind dic eisrigsten Vorbcreitungen
im Gangc, dic sich nun von Woche zn Wochc
steigern; überall herrscht die regste Gcschäftig-
keit, was man sieht und hört, beziehl sich nur
auf das Jubelscst. Der Straßcndamm wird
ausgebesserl, Trottoire neu gelegt; viele Häuser
glänzen schon in nenem Anstrich, an anderen
Iieht man noch Gerüste niit fleißigen Arbeilern.
Besondere Sorgfalt ist ans das alte Universitäts-
.. Wohl vi ' " '
gebäude verwandi. Wohl viele meiner Lands
teulc, die in Heidelberg ftudirtcn, erinncrn sich
des alten Hauses mit seiner dllrftigen, schmuck-
losin Ausstaltung. Es hat ein ganz anderes
Nussehen bekonimen. Au dem Aeußeren war
freilich wcnig zu ändern möglich, wohl aber
das Innere hat einen gediegenen Schmuck
erhalten. Man sicht da jetzt Marmor-
treppen und Marmorsäulen, Parguettböden,
Sluccatnrarbeiten und Malcrei. Vor Allcm
die Aula, srüher lächerlich häßlich, ist prächtig
^ geschmückt worden m durchaus stilvoller Weise
U.
^rnit Eichenholzgctäfcl und glanzenden Decken-
ndgemälde
i gemälden; ein großes Wandgcmälde von Pro-
fessor Ferdinand Keller in Karlsruhe, den
Einzug der Wissenschaften in Heidelberg dar-
stellend, wird in diescn Tagen noch angebracht
werden; auch eine von dcr Stadt geschenkte
Marmorbüstc des Großherzogs sindel dort ihre
Ausstellung. Am Neckar auf der sog. Lauer
(Holztagerplatz) erhebt sich die mächtlge Fcst-
ballc, welchc Raum für 5—6000 Pcrsonen
bielen soll. Ebcn ist man bei der Aus-
schmückung bcschäsligt, dic bcsonders im Jnncrn
glänzend sein wird. Ein blaner Himmel, mit
goldenen Slcrnen besäet, wölbt sich über dem
Beschauer, rcichc Malcrei wird die Bogengänge
rc. zieren. Dic Hauptsront blickt stromabwäris,
zwei Thiirme mit vergoldetcn Küppcln be-
grenzen dcn Eingang, cine zwcite Fronte blickt
auf dcn Ncckar, zu dem cinc mächtige Frci-
lreppe hinabsührt. Auch mit dem Bau dcr
Tribiinen sür den historischen Festzug hat man
bercits begonnen; cs wcrden dcren sünf errichtet
außer den zahlreichen privaten. Bor einigen
Tagen hatte ich die Vergünstlgung, die Costiime
und Requisilcn zu diesem Zugc in Augenschcin
nehmen zu können; man muß sehen, um die
Großartigkeit dcs ganzcn Unternchmens be-
greifen zn können. Ein großcr Speichcr ist
gänz sür diesen Zweck in Anspruch genommcn;
zu ebener Erdc besindet sich eine Saltlerwerk-
stättc, zwci kiinstliche Pferdc stehcn da zum
Anprobiren der gefertigten Sättel, welche im
. ^ m. I ' .
fünften Stock lagern. Zm crsten Stock sind die
Bureaux und Arbeitsräume, auch allerlei Ans-
rüstungsgegcnstände werden dort ansbewahrt;
im vierten Stock liegt die große Schneidcr-
werkstätte. Zwci Treppen hoch ist das
große, sauber geordnete Lager dcr
Coitüme sür sämmtliche Thcilnehmer am
Zuge; aufjedcm Kleidungsstück ift Nummer und
Name des Trägers angebracht. Hochinter-
essant ist eS, die verschiedenen Trachten zu
schaueu, die zum Theil prächtigen Gewänder
in ihrer reichen Ausstattnng und Farbenpracht.
Alle Arbeitcn sind mil größter Gcdiegenheit
angefertigt, die Stoffe durchgehend echr, kost-
barste Scide und Sammet mit Goldstickercien
und sonstigem Schmuck. Sind doch Sammel-
stofsc darnnter, die eigens in Lyon haben
bestellt werden müffen und von denen das
Meter bis 70 .N kostet. Da kann man frei-
lich sich nicht wundcrn, daß cinzelnc Pracht-
anzüge cincn Answand von 800 ^ ersorder-
lich machten; die Gesammtkostcn für den Fest-
zug belaufcn sich auf 140 000 .//, dic säminl-
lich dnrch sreiwillige Bciträge ausgebracht
Ivnrden. Es ist aber iiicht daranf ahgesehen,
nnr durch Enlfaltung prnnkvollcii Staates
zn glänzen, soiidcrn der leitende Gcdanke ist
höchste historischc Treue nnd künstlcrische
Schönhcir herzustcllen. Dcr ganze Zug isl cin
Entwurf des ProfessorS Hoff in Karlsruhe,
nach dessen Angaben auch alle Costüme bis
ins Einzelne hinein gcarbeitct sind.
^Jnteressant ist jetzt cin Gang durch die
«Ltraßcn, in allen Schaufenstern licgcn Sachcn,
dic aufs Jubiläum bcrechnet sind odcr wenig-
stcns in Berbindung mit ihm gebracht wer-
dcn. So sah ich ein Jubilänms-Bett mit
vollständiger Ausrüstnng (ciserne Bettstelle,
Matratzc, Keil- und Kopstissen, sowie wollcne
Decke) siir 25 ../t, ein Jubiläunis-Waschgeschirr
sür 3,75 Ferncr gicbt es Iubiläums-
Gläser und Humpcn in großer Auswahl,
Jubiläums-Aschbcchcr, Hüle, Schnaps ic. Von
den Fest-Publicationen, wclche die Fenstcr
unsercr Buchhandlungcn ziercn, cin andcres
Mal.
- n Die Jubiläums-Krmst-
LkussteUung zn Berlin.
IV.
Zunächst habc ich eincn Irrthum zu bcrichti-
gen, der in mciner letzken Berichlerstaltnng mir
unterlaufen ist: Das in demselben erwähnte
Portrail des Engländers Millais ist nicht dessen
cigenes, sondern das cincs Hcrrn I. C. Hook.
Fast von allcn unseren bekanntcn Bildniß-
malern sind Porlraits ausgestellt wordcn; von
Professor Graef: ein trefflich ansgesiihrtes
Bildniß des Professors Emil du Bois-Reymond,
von Fritz Paulsen-Berlin: Das Portrait
des durch seine humoristischen Schilderungcn
der „Lciden und Frruden der Familien Buch-
holz" bekannten Schriststellers I)r. Iülius
Stinde; ferner von Fritz August von!
Kaulbach -Münchcn — Portrait der Prinzes-1
sin Gisela" — Friedrich Kaulbach icn., Han-
novcr, Hnao Crola. Düsseldorf, Otto
Hey'den, Conrad Dielitz, Friedrich
Kraus, Berlin, Karl Gampcnrieder,
München — Portrait dcr Prinzessin Elvira
von Baiern in ganzer Figirr — Rudolph
Ku ppclmayr, Miinchen, SophieMeycr,
Berlin u. s. w.
Unter den „Kinderportraits" zeichnen
sich die des Professors Ferdinand Kellcr,
Karlsruhe, wie immcr durch dcn glänzcnden,
wirküngsvollcn Bortrag und die äußerst
vornehme Darstcllung aus. Diese Bildcr
machen abcr trotz ihrcr bcdeutendcn tcchuischen
Vorzüge nicht dcn vollcn Eindruck der Nalur-
wahrheil, den der Beschauer doch empfinden
will, sie crinnern in Atlem zu sehr an Bild-
nisse aus der prunküollen Renaissance-Zeit und
crscheincn deshalb unserer mehr nüchternen
Zcil fremdartig. Paul Hoccker, Berlin,
maltc cine Gruppe von 4 odcr 5 Geschwistcrn
im kindlichen Ältcr, wie sie sich auf einer
blumigen Wicsc in spielender Weise tummeln.
Hätte der Künstler die Wiese etwas wenigcr
schwer aus dcm Bilde hcrvortretcn lassen, so
würde die Wirkuug sicher eine vorthcilhafterc
scin.
Es würde hicr zu weit sühren, wcnn ich
noch eine größere Änzahl von Bildnissen einer
Besprechung unterzöge; es konnle sich nur dar-
um handeln, auf einige dcr hervorragendsten
und charakteristischcn, insbesondcrc auf diejenigen
hinzuweisen, welche die allgemeine Aufmerksam-
kcit auf sich vereinigen. Einige dieser Bild-
nisse werden gewiß auch der Reproduclion, sci
cs in dcn bereits angekiindigten Bilderwerkcn,
sci es in dcn illustrirten Blättern, verfallen
und das Jnteresse größerer Kreise auf sich
lenken; andere wcrdeu wohl noch lange den
Gegeirstaiid cifrigster Discussion bilden, da über
das Maß ihres künstlerischen Wcrthes die An-
sichten zuni Theil weit auscinandergeheu.
Die ausgestclllcn religiöseu Gemäldc
lassen einc sehr vcrschiedenartige Behandlnng
des Slosses crkcnnen. Aus dcr einen Seite
das Bemühcn, möglichst archäologische Natur-
treuc zu schildern, auf der anderen Seite das
Fcsthaltcn der traditionellen idcalcn Darstellung
und dancben Versuche, biblische Lcgendcn nnd
Borgängc mit eincm moderncn Gcwandc zu
umgeben und bildlich in die Gegenwart zu
vcrsctzen in der Weise, wie cs die alten Mcister
gelhan haben, nur mit deni Unicrschiedc, daß,
währcnd Diese gerne dic von ihnen geschil-
derrc ScemÄznm Mittclpunkte ciner prunk-
haften, glänzcnden Unigcbung gestatieicii,
nnsere moderncn Meister dabci die „Armuth"
und den „armen Mann" in den Bordergrund
treicn lassen. So mcistcrhaft auch maiiche
diescr rcligiösen Gemälde in malerisch technischer
Bczichung ausgeführt sein mögen und so sehr
sie auch unserc Bewunderung über dasKönnen
der Künstlcr herausfordern, so wird der Beschauer
doch wohl immer nur einzelncn bcgegnen, nus
welchen ihin eine ihn befriedigcude Stiiniiiung
enlgegentritt. Mehr als bei irgend welchen
anderen bildlichen Daisstellungen wird sreilich
dcr Eindruck, welchcn die religiösen Bilder auf
den Bcschauer niachcn, von dem Standpunkle,
den dcrselbe den bidlischen Geschichten und der
Religion gegenüber einnimint, bcdingt. Nicht
minder wird auch die Anfordernng, welche der
Einzelne an deren Dartlellnngsweise erhebt:
ob diese idcal, achäologisch, odcr realistisch
gehalten sein soll, die Beurlheilung wesentlich
beeinflüssen. Und endlich: wer in derHauptsache
nur in der Bewerthung der malcrisch-technischeu
Ausführuug seine Besricdigung sucht, der wird
viclleicht gcrade da cnrhusiastischcn Beifall
zollcn, wo im Großen und Ganzen das Publi-
cum sich rccht ablehuend äußert. Unserc Aus-
stellung bietet nach allen diesen Richtungcn hin
schr characteristische Bilder, cs sindet sich nnter
den hierhcr gehörigen wohl daS eigcnartigjte!
Auf dem Gebiete der religiösen Malerci läßt
sich ein eigenthümliches Schwanken dcr Künjtler
in der Auffaffung und Darstelluiig der Bor-
würfe erkennen ; so schestit es sajt, als ob intt
äußerster Anstrengung dem ^Traditionellen cin
„ctwas Anderes" aegeniiber gestellt werden soll.
Größcre Gegensätze, Wie z. B. zwischcn dem
Gemälde von' H-einrich> Sieniiradzki:
„Christüs bei Maria und Marlha" und denen
von Fritz von Uhde in Münchcn: „Das
Abendmahl" und: „Komm, Herr Jesn, sei
Festtagen die Abendmisgabe, ani Tage daraus die MorgenauSgabe fort.
Das Abormement beträgt vro Ouartal 3 75 bei den resb-
Deutichen Postümtern 4 70 Z. Einzelne Exemplarein der Exvedition 10^
17«. Jahrgmrg.
Dinstag, den 13. Juli.
Reclamcn nnmittelbar hinter den pvlit. Nachr. L Zelle 30
Uorgkll-AuMbe.
Deutsches Reich.
" Rostock, 12. Iuli. Der Kaiser hat
seinc Cur in Ems beendct und ist zunächst
zum Besuch der Kaiserin nach Koblenz ab-
gereist. Es taucht jetzl wiederum des Geriicht
von einer Dreikaiser - Zusammcukunst
aus. Sollte dieselbe wirklich zu Stande kommen,
so wärc dieses Ereigniß gerade jetzt, wo die
Oricnl-Frage wicder in bedrohlicher Weise in
din Vordergrund gerückt ist, als ein bedeutungs-
volles Anzeichcn dafiir zu betrachten, daß Ruß-
land gewilll ist, mit dcn Kaisermächten in
Einklang zu bleiben. Vordcrhand hat man
es jedoch nur mit einem bloßen Gerücht zu
thun.
Von besondcrem Interesse ist der Ausfall
der in den Rcichslanden, besondcrs in den
bcidcn Hauplstädten derselben, vollzogcnen
Gemeiuderaths-Wahlen; in Straßburg
sowohl wie in Metz hat das altdcutsche Element
erhebliche Fortschritte gemacht, welche einen um
so ersreulicheren Eindruck machen, je unerwar-
leter dieselben kommen. Straßburg hattc seit dem
Jahre 1872 keine Gemeindevertretung gehabt,
sonderu war commissarisch verwaltet wordeu.
Als jetzt unter der Statthalterschaft des
Fürsten Hohenlohe der Sladt ihre communale
Selbstständigkeir wiedergcgebcn wurde, stclltcn
die eingeborenen Elemente, die frühercn
Autonomisten und dic Protcstlcr, eine gemein-
same Liste auf, aus wclcher das altdeutsche
Elcment völlig ausgeschlossen war. Die Alt-
deulschen gingim in Folge dessen selbstständig
vor und setzten auf ihre Liste neben Eingc-
wanderlc auch Altelsasser, zu denen sie Vcr-
rrauen hatlen. Dicser Schritt hat gure Früchte
getragen, denn es ist der altdeutschen Liste ge-
lungcn, cinen unerwarter großcn Theil dcr
Von ihr Nominirtcn durchzusetzen; sreilich ist,
wie nicht anders ,;u crwarten stand, die über-
wicgende Majorität im neuen Gemeinderath
dcn Elsassern gesichert. Immerhin bietet daü
Wahlrcsultat in Straßburg svwohl wie in
Metz cin erfreulichcs Zcichen für das An-
wachseu des deutschen Einflusses, lvozu gewiß
das Aufrassen der Eingewanderten nach dcr
Beseitigung des Vsanienffel'schen Regierungs-
syslems ein gut Theil wird beigelragen haben.
Tie Nesnilatc der englischen Wahlen
laufcn vom Lande nur langsam ein; es stehcn
nach dem letzteu Bulletin von gestern Morgen
noch nahe an 100 Wahlen aus. Wcnu die
Ergebnissc derselben den bisher bekannt ge-
wordenen glcichen, so ist eine Majorität für dic
Tories allcin nicht ausgcschlossen.
Die französische Depntirtenkammer
arbeitet mit Hochdruck, dic Depulirten ver-
langt cs nach dcr Heimalh, wo die Ge-
neralraths - Wahlcn bevorstehen. Dieselben
sind diesmal von bcsonderem Jnteressc, da
dic Monarchisten Anstrengnngen niachcn, um
daraus für ihre Sache Eapilal zu schlagen;
da bci diesen Wahlen die Kirchthurms-Jnter-
csseit crfahrungsmäßig einc große Rolle spielcn,
so ist es für die rücksichlslosen Gegner des
gcgenwärtigen Regimes vielleicht nicht aus-
fichtslos, wenn sie auf Erfolge hosfen. — llnter
deni Drange, zu Ende zn kommcn, bleibt nnn
in der Kammer mancherlei uncrledigl, so u. A.
dic Erhöhung der Kornzöllc, cin Vorgang,
welcher in schutzzöllncrischcn Krcisen sehr böses
Blut gcmacht hat. Auch cine Angelegcnheit
von allgemeincrem Jnteressc ist dnrch dic Är-
deilSniüdigkeit der Kanimer iii Mitleidenschast
aczogen wordcn, nämlich daS große Wcrt
Lesseps, die Durchstechung der Land-
enge vou Panama. Der von dcr
Kammcr niedergesetzte Ausschuß halte von
Leneps Einsichl in die Interna der von ihm
gcbildelen Gesellfchast verlangt, ein Wunsch,
desien Erfüllung Lesseps verweigert hatte. Jn
Folge dessen wurde der Gesetzcntwnrf wegcn
Emission einer Prämien-Anleihc voni Mini-
sterium mit Zustimmung Lesseps' zurück-
gczogcn. Letzterer ist durch, das Fehlschlagen
dieser Hossnung durchaus nicht muthlos gc-
worden, er vcrsuchr, sich selbst zu helfen, und
sindct dei seinen Äclionären auch allem An-
schein nach die nöthige Unterstützung.
Die Prinzen von Orleans sühlen sich
durch dic über sie verhängte Strcichung aus
den Listen der französischen Armee osfenbar
sehr hart belroffen, die Herzöge von Aumale
und Chartres haben cincn geharnischtenProtest
gegen diese Maßregel erlasien. Dic Sprache,
mit welcher der Erftcre den Präsidenten Grevh
apostrophirt, ist allerdings kaum geeigner, die
Sache der Orleans zu fördern.
Berlin, II.Juli. Nach dcn Jnformalionen
der „Berl. Polit. Nachr." dllrste die nächste
Plcnarsitzung des Bundesraths am Mitt-
woch stattfinden, wenn die Ausschüsse bis dahin
die erwähnten ÄusführungSbcstimniungen zum
Zuckersteuergesctze dnrchberalhen haben.
Mit Bczug auf 8 20 dcs Gesctzes über
Markenschutz vom 30.November 1874 macht
der Reichskanzlcr (in Vcrtretung v. Boetticher)
unterm 7. Juli n. e. bekannt, daß zwischcn
deni Deulschen Reich nnd Serbien durch
Auswechselnng von Erklarungen der beider-
seitigen Regierungen eine llebereinknnft dahin
getroffen worden, daß in Bezug anf die Bc-
eichnung der Waaren oder die Berpackung dcr
etzterensowic beziiglich derFabrik- oderHandels-
marken die Angehörigen dcs Dentschen Reichs
in Serbien nnd die scrbischen Staatsangehöri-
gen in Dentschland dcnsclben Schntz wie die
eigencn Angehörigen gcnießen sollen, daß serner
die Angehörigen des einen Landes, nm in dem
anderen ihren Markcn (Namen, Firmcn und
Waarcnzeichen) den Schutz zu sichern, die in
diesem Lande dnrch Gesetze oder Verordnungcn
vorgeschricbenen Bedingimgcn und Förmlich-
keiten zu crfiillen haben. Die llebcreinknnft
soll vom Tagc ihrer Bekanntmachuiig an in
Anwendung trelen.
Die Kaiserliche Normal - Eichungs-
Commission veröffenklicht die Bestimmun-
gen, nach welchen sie bis auf Weitercs sür
Dampfkessel - Sicherheits-Äpparalc,
welche durch das Schmelzen einer Metall-
legirung in Thäligkeit treten, den Schmelz-
punkt der Legirung bcglaubigen wird.
Zur Bcglaubigimg werden nnr Legirungen für
solche Dampskefsel-Sicherheitsapparatc zuge-
lassen, wclche von dcm Herrn Staalssccretär
des Jnnern für gecignet crachtet und demgemäß
der Kaiserlichcu Normat-EichimgS-Commifsion
hezeichnet worden sind.
Nachträglich ist im Neichslage noch ein vom
Abgeordncten Or. Haarmann crstattetcr
umfangreichcr Bericht der Pclitions-
Commission iiber dic Jmpffrage aus-
gegeben worden. Wie bckannt, iautet der An-
lrag dcr Commission anf Ucbcrgang zur
Tagesordnung über dic Pelikionen gegen den
Jmpfzwang.
Die dentlche Rcichsrcgierung hak, wie man
dem „Hamb. Corresp." schreibt, dcr Baseler
Missionsgcsellschaft in Betreff dcr
Mission in Kamerun folgenden Beichcid gc-
geben; „Jn Anerkennung dcr Opser, die niit
dem so segensreichen Werk verbunden sind, ist
sie gern bereit, der Baseler Missionsgescllfchast
die zur Enrfaltung ihrer Thätigkcit nöthige
freie Bewegung zu gewähren, sowie dic Be-
sugniß zur Errichlung von Missionshäuseru,
Kirchen und Schulen, Prediger- und Lehrer-
Wohnungen und zur Erwerbung von Grund-
stückeu zur Ansicdelung gclvonnener Christen
zu ertheilen. Ferner gcstehl sie ihr das Recht
zu, von den durch die Missionsgesellschast oder
den Christengemcindcn crworbenen Grund-
stücken den Branntweinhandel auSzuschließen.
Sodann wird ihr freic Hand gelafsen, die
inneren kirchlichen imd Schulvcrhältnissc der
zu sammclnden Gemeinden selbstständig zu
regeln, eine christliche Gemeindeordrmng einzu-
führen und Beiträge dcr Christen für dic
Zwccke dcr Missionskirchc und Schule anzu-
ordncn. Sie erwartcl, daß dic Baseler
Missionsgescllschaft den Beginn ihrer Thätig-
keit möglichst beschleunigc." — Von den acht
Missions-Zöglingen, welchc am l. Inli in
Basel eingesegnet wurden, sollcn drci sür dic
Missionsarbcit in Kamerun znrückbchaltcn
werden.
Steltiu, 10. Juli. Ueber das Festessen,
mit dem der „Vulcan" die heutige Taufscier
des Subvcntionsdampfers „Preußc n" beschloß,
wird der „Boss. Ztg." berichtev; Ministcr von
Puttkamcr widmete den crsten Toast dem
Kaiser. Anknüpsend an die Thatsache, daß
durch den Stapellauf des Schiffes „Preußen"
cine neue Aera in handelspolitischcr Beziehung
für Deutschland geschaffen sei, feierte er den
areisen Kaiser als das Vorbild der chrlichen
Arbeit, die in imnierwährcnder Thätigkeit für
das Gemeinwohl, das Gedeihen des Bolkcs
sorge. Obcrpräsidenc Graf Behr-Negen-
dauk brachte das Hoch aus den Kronprinzen,
den Statthalter dcr Provinz Pommcrn, aus.
CommerzicnrathSchlutow, Vorsitzender des
„Vulcan", feicrre dcn Fürsten Bismarck, der
die deutsche Industrie dadurch anertännt hat,
daß cr den Bau der Subventionsdampfer aus
deutschcn Wcrften anordnete. Alsdann nahm
Staatssecretär v. Boetticher das Wort.
Er rühmtc die Leistungen der dcutschen
Jndustrie; ihre Kraft sei schon dadurch
crkennbar, daß dic fremden Nalionen nichts
weniger als erbaut sind durch die subventio-
nirten ostasialischen Linien; glcichzcitig vcr-
kündigle cr unlcr Ueberweisung dcr Jnsignien
folgende Auszeichnungen i Comiiicrzienrath
Schlutow crhielt dcn Rothen Adlerordcn
vicrter Classe, Direclor Iungermann und
Oberingcnieur Stcck den sdroncnordcn vierter
Classc, Obermaschinennieister Schrocder das
Allgemeinc Ehrenzeichen. Der Staatssccretär
schloß seinc Rede mit einem Hoch auf den
„Vulcan", seine Leitcr und scine Arbeiter. Jm
Anschluß hieran brachte der commandirende
General v. Dannenberg das Hoch aus auf
dic Direclion und dcn Vcrwaltungsrath des
„Bulcan". Jn längerer humoristisch ge-
särbter Rede lobte dcr Vorsitzendc des Nord-
deulschen Lloyd, Consiil H. H. Meicr-
Brcmen, die Thäligkeit des „Bulcan", der,
wenn auch verspätet, so doch glorreich dic
Arbeit gcschafft imd damit dcn Engtändern
sich als ebcnbiirtig crwiesen habc; scin
Hoch galt der Dame, die heute dcn Tausact
vollzog, dcr Gräsin Behr - Negendank. Der
Gatte der Gefcicrten toaftete auf den
Täusling) seine Mannschaft und seinen Führcr.
— Eine interessantc Unterhrechung in der Rcihe
der Toaste bildcle die Verlesnng dcr Dcpesche,
wetche dcr dculschc Kronpriuz au dieBer-
sammlling gerichtct hatte, und in welcher er
zum Stapellauf des „Preußen" nnd zu wei-
lerem Gedcihen den „Vnlkan" beglückwüschte.
Der Vorsitzendc der Käusmannschaft zu Stettin,
Herr Hakcr, seiertc >mn dcn Staatssecrctär
v. Stcphan, nnd in Verlrecnng desselben
brachte Oberpostdirector Sachse cin Hoch aus
auf Stettin, die Hanptstadt der Provinz, in
welcher unser General-Postmeistcr geboren ist.
— Trotz Herrn v. Slephan's Äbwesenheil
aber waren gcborenc Pommern unter
den Gästen. Ministcr v. Puttkamer nahm
dies Borrecht sür sich und seinen Collegen
v. Boeiticher in Änspruch, und niit dem Wunsche,
daß dic Provinz Pommern „bald aus ihrer
wirthschastlichen Nothlagc erlöst werde", brachte
er ein Hoch auf dicse Provinz aus; fpeciell gc-
dachte cr dabei des vommerschcn Adcls, dcr fich
stets treu dein Königshause gezcigt habe; bei-
spiclsweise ieien in der Schlachl von Prag II,
im ganzen siebcnjährigen Kriege 47 aus dem
Geschlechte derer von Puttkamer den Heldentod
gestorben. Der Gesandlc v. Kusserow trank
auf dic Kaiserlichc Marine. Prompt wnrde
das Hoch von bezüglicher Seite mit einem
solchen anf dic Haiidclsstotte bcanlwortet. In-
leressanl war die Episode. die dnrch den chine-
sischen Lcgationsrath Ehen g- im - thein
hcrbcigeführl wurde. Jn chinclischer Sprache
brachte er cinen Toast auü, den derDolmclscher
King-in-thai ans witzige Weise verdeurschle.
Mit größtcm Bcifall wnrde die Ethymologie
aufgenommen, „Vulkan" sramme von „wollcn"
und „könncn", und dcr Gesellschaft, die Beides
vereinigt, gclle das Hoch des Verlreters dcs
himmlischen Reiches. Nach einmal ergriff
Herr v. Boctticher das Wort; er sctzle aus-
einandcr, daß bei Gründung der subvcntionirten
Linien nicht nur das Jnteressc Deutschlands,
sondern auch das der frcmden Nationen be-
achtct worden; sein Toast galt dcm stcten Ein-
vernehmen Chinas und Deutschlands. Fast
war dic Tischkarle erlcdigt, die Reihe dcr Toaste
bci Weitem noch nicht; bis zur Aushcbuna der
Tafel setztcn sich die sogenannten „wilden"
Toaste sortc, alle der Begeisterung cnlsprosscn
und alle des Lobes voll fllr dic Männer,
deren Jnitialive das hcutige nationale Fest zu
danken war.
Leipzig, 9. Iuli. Außer dcn Herrcn
Deumcr und Johannes, iiber deren Ausweisung
wir bereits berichteten, ist auch noch Herr
Zuckschwerdt in Plagwitz auf Grund deS
Socialistcngesctzes aus dem Bezirke der Amts-
hauprmannichast Leipzig ausgewicscn wor-
dcn. Die drei Genannten bildeten dcn Vorstand
dcs aufgelöstcn Fachvereins der Metallarbeiler.
Herrn Zuckschwerdt, dcr ein ossencs Geschäft
hat, ift auf sein Ansuchcn dic Frist zum Bcr-
lassen des Bannbezirks um mehrcre Tage ver-
längert worden.
Strastburg i. E., 12. Iuli. Unler den
in den Gemeinderath gewählten 23 Alt-
clsäiicrn sind 5 Autonomisten, 10 Protestlcr,
4 elsässische Klerikale, 4 Elsässer ohne bestimmte
Parteistellung.
München, 11. Iuli. Wie verlauiet, stcht
es jetzt so gut wie fest, daß Kaiser Wilhelm
diesmal anf seiner Rcisc nach Gastein cincr
Einladung des Prinzregenlen folgend vom
18. bis 19. Juli in München iibernachtet. Die
„Neucst. Nachr." widmen dem Kaiser bercits
einen Begrüßungsartikel, in welcheni cs heißl.
Seit langen, langen Jahren hat Münchcns
Bevölkerung dic Freude entbehren müssen, das
crhabcne Oberhaupt des Reichcs zu sehen.
Draußen, weil vor derStadl, auf demRangier-
bahnhofe, weilte unser Käiser wenige Minuten
nur, und in Rosenheim, eine Stunde Eisen-
bahnfahrl von Baierns Hauptstadt, brachle der
grcise Fürst die Nachl in einem Gasthausc zu,
wenn cr zu den Heilquellen Gasteins reiste.
Unsere Bevölkerung hat dieseThatsachen immer
schwcr empfunden: wir alle wußten, was der
traurige Grund war. Ietzt, wo sür Baiern
mit dcr Rcgicrung des Prinz-Rcgenlen hellere
Zciten angebrochcn sind, wird auch unserer
isladr die bohe Freude ,;u Theil, dcn chr-
würdigen Träger der deutschen Kaiserkrone in
ihren Mancrn zu bcgriißen. Ein glücklicheS
Wahrzeichen ftir die Zukunft!
Oefterreich.
Wie«, 10. Iuli. Der Statthalter von
Mähren, Gras Schönborn, hat das ihm in
der vorigen Woche zugefallene Landtagsmandat,
wie bcrenS gcmcldct, aoermals abaelehnt. Dic
halbamtlichen Journale „Brünner Morgenpost"
und Moviny" veröffentlichen folgende Erklärung
des Sratthallcrs: „An die geehrten Wähler dcr
Städte Ungarisch-Hradisch, Ostra, Bisenz und
Wessely! Die am 2. Jul> d. I. stattgcfundene
Wicderwahl im Städtebezirke Ungarisch-Hra-
disch-Ostra-Bisenz-Wessely, durch wclche mir
abermals das Mandat eines Landlags-Abgc-
ordneten sür die gcnannte Städlegruppe über-
tragen wurde, betrachte ich als einen mich in
hohem Gradc ehrenden und für mich schr cr-
freulichen Bcweis besonderen Vertrauens, und
sprechc hiermil dcn geehrten Wählern, dic sich
an der Wahl meiner Person bctheiligt habcn,
meinen ausrichtigsten und herzlichsten Dank aus.
Allein diesclben Grllnde, wclche mich bcwogen
haben, das bereits früher von mir inncgehabie
Mandal niederzulegen, und welche nach mcincr
Änsicht in dcr Presse publicistisch hinlänglich
bcsprochcn und gewürdigt worden sind, miissen
mich anch zu dcm Opser bcstimmen, die abcr-
m als auf mich gesallene Wahl abzulehnen. Jch
tbne dics mit dcm Äusdrucke lebhaftcstcn
Dankes und bcdaurc ebcnso, nachdem ich der
chrenvollen Afforderung mcincr Mandaten, sic
im Landlage zu vertrelen, nicht cntsprechcn
kann, daß diesclben sich also der Mühe ciner
nochmaligen Wahl wcrden nnterziehen miiffc».
Jch bitte die gechrten Herren Wähler, bn
dicscr cincm andern Manne ihres Berkranens
ihreStimmcn zuwcndenzu wollcn. Dr Fric-
drich Gras Schönborn." — Zum zwciten
Malc lcgt Graf Schönborn das Mandal zurück,
an dessen Erlangung er vor zwei Jahren ein
o lcbhaftes Jnteresse hattc. Dic halbamtliche
„Briinner Morgenpost" ist zu dcr Erklärung
aulorisirt, daß der Statthaltcr Graf Schönborn
persönlich mehreren maßgebenden Persönlich-
kciten deS mährischen Clubs, wie dcr Wähler
in Ungarisch-Hradisch bestimmt erklärte, die
Wicderwahl nicht annehmcn zu wollen. Dic
„Ncue Fr. Presse" wirft die Frage auf; „Sollte
erst hinterher in Rcgierungskreisen die An-
chauung Wurzel gesayt haben, daß in einem
Kronlande von der Beschasfenheit Mährens am
allerwenigsten der keineswegs gliickliche Griff,
dcn man bei der Ernennung dcs Statthalters
bethätigte, nicht noch dadurch gesteigert werden
dürfe, daß der Statthalter als Parleigcnosse
der Tschechen im Landtagc seinen Platz nehme?"
Der Umstand, daß nilln keinen zweiten Landes-
chef und keinen der seither ernannten Minister
dem Kreise enlnahm, in dem die Gesinnugs-
genossen des Grafen Schönborn sich bcwegcn,
schcint einigermaßcn fiir diese Ausfaffung zu
sprcchcn.
Grotzbritannicn unb Jrland.
Londou, 10. Iuli. Jm Hinblick auf den
nngünstigen Berlaus dcr Wahlcn Voni mini-
steriellen Gesichtspunkte aus ist Grund zu der
Annahmc vorhanden, daß das neue Par-
lament so zeitig als dies angänglich ist, ein-
beruscn werden wird — wahrschcinlich am
5. August, dem in der Königlichen Procla-
mation, welche die Wahl anordnete, an-
bcraumtcn Tage. Mr. Gladstonc's Erklärnng
iiber den Gegenstand, welche er am 10. Juin
ini Unterhause abgab, geschah in den solgenden
Worteni „Falls, wenn die Wahlcn statt-
gcfunden haben, die irische Politik der Re-
gierung als dem Lande nicht genehm bcsunden
werden sollle, oder falls über diesen Punkt
irgend ein Zwciscl hcrrschcn sollie, dann sollte
aus diescm Grunde unsraglich dns Parlamcnt
unverzüglich zusamnientretcn.
Die „Pall Mall Gazette" sragt; „Was
soll ietzt geschehen?" nnd antworlet dar-
auf: Mr. Parnell wird jetzt verniinftiger sein,
da er die Öhmnacht dcs irischcn Bolums und
dic vcrbissene Entjchlosscnheit des cnglischcn
Bolkes sieht, jener Landbill nicht seine Zu-
stimmung zu geben, ohne dic, wic er iveiß,
das irische Parlament niemals mit der
Rcchrsverwaltung des Landes bclraut werden
kann. Ferner hat Lord Hartington nngeheuere
Fortschritle iu der Richlung von Homcrule
gcmachl. Bci der vorigen Wahl hielt er es
sür Berrücktheit, Jrland Seibstregierung zu
gebcn, wie in England. Gestern Abend sagte
er uns, er sei bereit, dem irischen Volke in
demselbcn Maaßc, odcr selbst in höherem
Gradc, als in dcm Falle der Bevölkerung Von
Großbritannien, cine größere Controle über
gcwisse irische Angelegenheiken zu ge-
währcn. Sclbstverständlich, wcnn Mr. Glad-
stone cincn groß u und vollständigen Plan
sciner eigencn Polilik hätte, den er niit
aulokratischer Autorität dcm Landc aufnöthigen
könntc, dann würde er ganz recht daran thun,
die demülhigc Rolle dcr Umarbeitung seiner
Bill auf Hartinglon'schen Grnndzügen abzu-
lchncn. Er hal aber weder einen solchen Plan,
noch cinc solche Aulorität. Er ist nichts als
ein chrlicherMaklcr zwischcn dcn beiden Denio-
kratien. Beide habcn jctzt mit gleichmäßiger
Klarheit gesprochcn. Er kennt dic Grenzen
dessen, worübcr sich untcrhandeln läßk. Wenn
er verschwindcl, wird mit ihrn die letzte Aus-
sichl auf eine freundliche Rcgclung dcr großcn
Fragc dcr irischen Sclbstregiernng zu Grabc
gelragen., Ein Zeitranm nuterdnickten Bürgcr-
kricgcS wnd solgcn, und am Ende werdcn wir
niiter weniger günstigen Auspicicn das zu thun
haben, was Mr. Gladstonc jctzt lhun dürfte.
Wird im neuen Parlanient genug Patriotis-
mus vorhanden scin, um daraus zu bestchcn,
daß cr cs thun soll?"
Frankreich.
Paris, 10. Juli. Wie dcr „Tcmps"
meldet, habcn die Abgg. Barodct, Des-
mons, Cantagrel und Labordöre, Vorstands-
Znm fünfhuttdertjährige« Jubiläum
der Univcrsität Heidelbcrg.
I.
V. A. Heidelberg, 9. Juli. Nur wenigc
Wochen noch trcnncn uns von dcm Jubelfeste,
welches die älteste und ehrwiirdigste Hochschulc
dcs Dentschen Neiches, unscrc alina inator
Kiwsrto-Carola, in großartiger Weise bcgehen
wird. Wenn schon imnier die hcrrlichcn Reizc
unserer Musenstadt, ihre prächtige llmgebung
und vor Allem das über ihr rhronende Pfalz-
grafenschloß, daS nirgend scincs Gleichen findct,
Frcmde ans allen Weltgegenden schaarenweise
herangezogen haben, so wird diese Feier einen
ganz ungcwöhnlichcn Zustrom von Besuchern
verursachcn. Bor Allem die alteu Hcidelberger
Musensöhne werden aus allen Gauen Demsch-
lands zusammenströmen, um mitzufeiern an
dcr Stttlte, wo sic einst die schönsten Tage
ihrer Jugend verleblcn. Altheidelberg rüstet
sich zum würdigen Empsang der Gästc. Schon
scil Monden sind dic eisrigsten Vorbcreitungen
im Gangc, dic sich nun von Woche zn Wochc
steigern; überall herrscht die regste Gcschäftig-
keit, was man sieht und hört, beziehl sich nur
auf das Jubelscst. Der Straßcndamm wird
ausgebesserl, Trottoire neu gelegt; viele Häuser
glänzen schon in nenem Anstrich, an anderen
Iieht man noch Gerüste niit fleißigen Arbeilern.
Besondere Sorgfalt ist ans das alte Universitäts-
.. Wohl vi ' " '
gebäude verwandi. Wohl viele meiner Lands
teulc, die in Heidelberg ftudirtcn, erinncrn sich
des alten Hauses mit seiner dllrftigen, schmuck-
losin Ausstaltung. Es hat ein ganz anderes
Nussehen bekonimen. Au dem Aeußeren war
freilich wcnig zu ändern möglich, wohl aber
das Innere hat einen gediegenen Schmuck
erhalten. Man sicht da jetzt Marmor-
treppen und Marmorsäulen, Parguettböden,
Sluccatnrarbeiten und Malcrei. Vor Allcm
die Aula, srüher lächerlich häßlich, ist prächtig
^ geschmückt worden m durchaus stilvoller Weise
U.
^rnit Eichenholzgctäfcl und glanzenden Decken-
ndgemälde
i gemälden; ein großes Wandgcmälde von Pro-
fessor Ferdinand Keller in Karlsruhe, den
Einzug der Wissenschaften in Heidelberg dar-
stellend, wird in diescn Tagen noch angebracht
werden; auch eine von dcr Stadt geschenkte
Marmorbüstc des Großherzogs sindel dort ihre
Ausstellung. Am Neckar auf der sog. Lauer
(Holztagerplatz) erhebt sich die mächtlge Fcst-
ballc, welchc Raum für 5—6000 Pcrsonen
bielen soll. Ebcn ist man bei der Aus-
schmückung bcschäsligt, dic bcsonders im Jnncrn
glänzend sein wird. Ein blaner Himmel, mit
goldenen Slcrnen besäet, wölbt sich über dem
Beschauer, rcichc Malcrei wird die Bogengänge
rc. zieren. Dic Hauptsront blickt stromabwäris,
zwei Thiirme mit vergoldetcn Küppcln be-
grenzen dcn Eingang, cine zwcite Fronte blickt
auf dcn Ncckar, zu dem cinc mächtige Frci-
lreppe hinabsührt. Auch mit dem Bau dcr
Tribiinen sür den historischen Festzug hat man
bercits begonnen; cs wcrden dcren sünf errichtet
außer den zahlreichen privaten. Bor einigen
Tagen hatte ich die Vergünstlgung, die Costiime
und Requisilcn zu diesem Zugc in Augenschcin
nehmen zu können; man muß sehen, um die
Großartigkeit dcs ganzcn Unternchmens be-
greifen zn können. Ein großcr Speichcr ist
gänz sür diesen Zweck in Anspruch genommcn;
zu ebener Erdc besindet sich eine Saltlerwerk-
stättc, zwci kiinstliche Pferdc stehcn da zum
Anprobiren der gefertigten Sättel, welche im
. ^ m. I ' .
fünften Stock lagern. Zm crsten Stock sind die
Bureaux und Arbeitsräume, auch allerlei Ans-
rüstungsgegcnstände werden dort ansbewahrt;
im vierten Stock liegt die große Schneidcr-
werkstätte. Zwci Treppen hoch ist das
große, sauber geordnete Lager dcr
Coitüme sür sämmtliche Thcilnehmer am
Zuge; aufjedcm Kleidungsstück ift Nummer und
Name des Trägers angebracht. Hochinter-
essant ist eS, die verschiedenen Trachten zu
schaueu, die zum Theil prächtigen Gewänder
in ihrer reichen Ausstattnng und Farbenpracht.
Alle Arbeitcn sind mil größter Gcdiegenheit
angefertigt, die Stoffe durchgehend echr, kost-
barste Scide und Sammet mit Goldstickercien
und sonstigem Schmuck. Sind doch Sammel-
stofsc darnnter, die eigens in Lyon haben
bestellt werden müffen und von denen das
Meter bis 70 .N kostet. Da kann man frei-
lich sich nicht wundcrn, daß cinzelnc Pracht-
anzüge cincn Answand von 800 ^ ersorder-
lich machten; die Gesammtkostcn für den Fest-
zug belaufcn sich auf 140 000 .//, dic säminl-
lich dnrch sreiwillige Bciträge ausgebracht
Ivnrden. Es ist aber iiicht daranf ahgesehen,
nnr durch Enlfaltung prnnkvollcii Staates
zn glänzen, soiidcrn der leitende Gcdanke ist
höchste historischc Treue nnd künstlcrische
Schönhcir herzustcllen. Dcr ganze Zug isl cin
Entwurf des ProfessorS Hoff in Karlsruhe,
nach dessen Angaben auch alle Costüme bis
ins Einzelne hinein gcarbeitct sind.
^Jnteressant ist jetzt cin Gang durch die
«Ltraßcn, in allen Schaufenstern licgcn Sachcn,
dic aufs Jubiläum bcrechnet sind odcr wenig-
stcns in Berbindung mit ihm gebracht wer-
dcn. So sah ich ein Jubilänms-Bett mit
vollständiger Ausrüstnng (ciserne Bettstelle,
Matratzc, Keil- und Kopstissen, sowie wollcne
Decke) siir 25 ../t, ein Jubiläunis-Waschgeschirr
sür 3,75 Ferncr gicbt es Iubiläums-
Gläser und Humpcn in großer Auswahl,
Jubiläums-Aschbcchcr, Hüle, Schnaps ic. Von
den Fest-Publicationen, wclche die Fenstcr
unsercr Buchhandlungcn ziercn, cin andcres
Mal.
- n Die Jubiläums-Krmst-
LkussteUung zn Berlin.
IV.
Zunächst habc ich eincn Irrthum zu bcrichti-
gen, der in mciner letzken Berichlerstaltnng mir
unterlaufen ist: Das in demselben erwähnte
Portrail des Engländers Millais ist nicht dessen
cigenes, sondern das cincs Hcrrn I. C. Hook.
Fast von allcn unseren bekanntcn Bildniß-
malern sind Porlraits ausgestellt wordcn; von
Professor Graef: ein trefflich ansgesiihrtes
Bildniß des Professors Emil du Bois-Reymond,
von Fritz Paulsen-Berlin: Das Portrait
des durch seine humoristischen Schilderungcn
der „Lciden und Frruden der Familien Buch-
holz" bekannten Schriststellers I)r. Iülius
Stinde; ferner von Fritz August von!
Kaulbach -Münchcn — Portrait der Prinzes-1
sin Gisela" — Friedrich Kaulbach icn., Han-
novcr, Hnao Crola. Düsseldorf, Otto
Hey'den, Conrad Dielitz, Friedrich
Kraus, Berlin, Karl Gampcnrieder,
München — Portrait dcr Prinzessin Elvira
von Baiern in ganzer Figirr — Rudolph
Ku ppclmayr, Miinchen, SophieMeycr,
Berlin u. s. w.
Unter den „Kinderportraits" zeichnen
sich die des Professors Ferdinand Kellcr,
Karlsruhe, wie immcr durch dcn glänzcnden,
wirküngsvollcn Bortrag und die äußerst
vornehme Darstcllung aus. Diese Bildcr
machen abcr trotz ihrcr bcdeutendcn tcchuischen
Vorzüge nicht dcn vollcn Eindruck der Nalur-
wahrheil, den der Beschauer doch empfinden
will, sie crinnern in Atlem zu sehr an Bild-
nisse aus der prunküollen Renaissance-Zeit und
crscheincn deshalb unserer mehr nüchternen
Zcil fremdartig. Paul Hoccker, Berlin,
maltc cine Gruppe von 4 odcr 5 Geschwistcrn
im kindlichen Ältcr, wie sie sich auf einer
blumigen Wicsc in spielender Weise tummeln.
Hätte der Künstler die Wiese etwas wenigcr
schwer aus dcm Bilde hcrvortretcn lassen, so
würde die Wirkuug sicher eine vorthcilhafterc
scin.
Es würde hicr zu weit sühren, wcnn ich
noch eine größere Änzahl von Bildnissen einer
Besprechung unterzöge; es konnle sich nur dar-
um handeln, auf einige dcr hervorragendsten
und charakteristischcn, insbesondcrc auf diejenigen
hinzuweisen, welche die allgemeine Aufmerksam-
kcit auf sich vereinigen. Einige dieser Bild-
nisse werden gewiß auch der Reproduclion, sci
cs in dcn bereits angekiindigten Bilderwerkcn,
sci es in dcn illustrirten Blättern, verfallen
und das Jnteresse größerer Kreise auf sich
lenken; andere wcrdeu wohl noch lange den
Gegeirstaiid cifrigster Discussion bilden, da über
das Maß ihres künstlerischen Wcrthes die An-
sichten zuni Theil weit auscinandergeheu.
Die ausgestclllcn religiöseu Gemäldc
lassen einc sehr vcrschiedenartige Behandlnng
des Slosses crkcnnen. Aus dcr einen Seite
das Bemühcn, möglichst archäologische Natur-
treuc zu schildern, auf der anderen Seite das
Fcsthaltcn der traditionellen idcalcn Darstellung
und dancben Versuche, biblische Lcgendcn nnd
Borgängc mit eincm moderncn Gcwandc zu
umgeben und bildlich in die Gegenwart zu
vcrsctzen in der Weise, wie cs die alten Mcister
gelhan haben, nur mit deni Unicrschiedc, daß,
währcnd Diese gerne dic von ihnen geschil-
derrc ScemÄznm Mittclpunkte ciner prunk-
haften, glänzcnden Unigcbung gestatieicii,
nnsere moderncn Meister dabci die „Armuth"
und den „armen Mann" in den Bordergrund
treicn lassen. So mcistcrhaft auch maiiche
diescr rcligiösen Gemälde in malerisch technischer
Bczichung ausgeführt sein mögen und so sehr
sie auch unserc Bewunderung über dasKönnen
der Künstlcr herausfordern, so wird der Beschauer
doch wohl immer nur einzelncn bcgegnen, nus
welchen ihin eine ihn befriedigcude Stiiniiiung
enlgegentritt. Mehr als bei irgend welchen
anderen bildlichen Daisstellungen wird sreilich
dcr Eindruck, welchcn die religiösen Bilder auf
den Bcschauer niachcn, von dem Standpunkle,
den dcrselbe den bidlischen Geschichten und der
Religion gegenüber einnimint, bcdingt. Nicht
minder wird auch die Anfordernng, welche der
Einzelne an deren Dartlellnngsweise erhebt:
ob diese idcal, achäologisch, odcr realistisch
gehalten sein soll, die Beurlheilung wesentlich
beeinflüssen. Und endlich: wer in derHauptsache
nur in der Bewerthung der malcrisch-technischeu
Ausführuug seine Besricdigung sucht, der wird
viclleicht gcrade da cnrhusiastischcn Beifall
zollcn, wo im Großen und Ganzen das Publi-
cum sich rccht ablehuend äußert. Unserc Aus-
stellung bietet nach allen diesen Richtungcn hin
schr characteristische Bilder, cs sindet sich nnter
den hierhcr gehörigen wohl daS eigcnartigjte!
Auf dem Gebiete der religiösen Malerci läßt
sich ein eigenthümliches Schwanken dcr Künjtler
in der Auffaffung und Darstelluiig der Bor-
würfe erkennen ; so schestit es sajt, als ob intt
äußerster Anstrengung dem ^Traditionellen cin
„ctwas Anderes" aegeniiber gestellt werden soll.
Größcre Gegensätze, Wie z. B. zwischcn dem
Gemälde von' H-einrich> Sieniiradzki:
„Christüs bei Maria und Marlha" und denen
von Fritz von Uhde in Münchcn: „Das
Abendmahl" und: „Komm, Herr Jesn, sei