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^ »D Festtagen die Abendausgabe, am Tage darauf die Morgenausgabe fort.

Das Abonnement beträgt pro Quartal 3^4 75 bei den resp.
Dsutschen Postämtern 4^ 704 Einzelne Exemplare in der Expedition 104.

1VS. Jahrgaug.

Sonnabend, den 31. Juli.

Preise der Jnserate für Mecklenburg:
l—2 Petitzeilen 25 für gröstere Jnserate die Petitzeile oder deren Raum 104,
für's Ausland 15

Reclamen unmittelbar hinter den polit. Nachr. L Zeile 30 4-

188«.

- Kdrkd'KNMbe.

- Von allen Kaiserl. Postanstalten
werden Abonneinents auf die jetzt
° zweimut täglich erscheinende

„Rostorker Zeitung"

^ für die Monate Auguft und
. Teptember zum Preise von
2,50 excl. Postaufschlag ent-
gegengenonunen.

Die Expedition.

Derttsches Reich.

Berlin, 30. Juli. Ucber den mehrfach er-
Mhntcn Erlaß dcs österreichischcn
Hand els m i n ist ers bemerkt die „Nat.-
^>9.",: Die dem österreichischenHandelsministcr
Uahestehendcn Drgane warnen eindrinalich vor
Uebcrschätzung der Bedculung feincs Erlasscs,
^wvrin cr Tarifvcrträge init Deutschland nnd
Utaiien als das zn erstrebende Ziel hinstellt.
iperjenige muß in der That ein unverbesser-
licher Oplimist sein, der sich auf diesen Erlaß
Ku besonderen Hoffnungen hingiebt; einen
Earifvertrag mit uns abzuschließen, ist Oesterreich
heute bereit, wie es jeder Zeit dazu bercit war
7" es fragt sich nur, was iu dem Vertrage
llehen soll. Jndessen hat man in Oester-
Uich doch vielteicht erkannt, welche dop-
pelschneidigc Waffe man geschwungcn hat,
vis man die Schutzzölle gegen Deutfchland so
fchroff zu spanncn beschloß, und cs ist nie zu
Mr zur Umkehr. Bekanntlich tritt der zwischen
dem deulschcn Reiche und Oesterreich - Ungarn
echgeschlosicne Handclsvertrag vom 23. Mai
t881 mil Ende dcs Jahres 1887 außer Äraft.
Abermals werden die beideu großcn, durch so
bielfachc politische Jnteressen aus einander an-
llewiesenen Reiche vor die Frage gestellt, ob
>ene Jnrcresien nicht dic beste Verkittuug er-
Mlten wiirden, wenn gleichzeitg eine harmonische
Zusgleichung auch auf dem Felde der mate-
stellen Bcziehungen inS Werk lrcite, oder ob
vie seit dem Jahre 1870 eiugclrctenc Handcls-
seindseligkeit vielleichl in noch verschärftcm Maße
wre Fortsetzung finden soll. Für diejenigen,
vse keiner Belehrung durch Wortc zugänglich
>md, mögcn dic Zahleu der Haudelsstatistik
wrechen, die seit dem Jahre 1884 cincn unauf-

haltsamen Rückqang bekunden. Jnsbesondere
ist die österreichische Ausfuhr nach Deutschland,
die 61—64 pCt. des Gesammtausfuhrhandels
der Monarchie umfaßt, ständig zurückgegangen,
und auch Deutschland ist nicht ohne Schäden
und Wunden nus diesem Kampfe hervorgegau-
gen. DieseMißersolge der Schutzzollpolitik auf
bciden Seiten lassen hoffeu, daß die Erklärung
des Herrn von Bacquehem auf einen srucht-
baren Boden fällt. Auch in Deutschland sind
in dcr lctzten Zeit die Stimmen gewachseu, selbst
im schutzzöllnerischen Lagxr. die eine Umkehr auf
dem eingeschlagenen Wege befürworten. Der
Jdee einesZollbündnisses mitOesterreich-Ungaru,
die sich hier und da wieder hervorwagt, steht
von vornhercin der Frankfurtcr Fricde mit der
darin Frankreich gewährten Meistbegünstiguugs-
clausel gegenüber. Fürst Bismarck ist vielfach
und eng durch seine Socialpolitik an Wege ge-
chundcn, die neben dem Freihandel vorbei-
?ührcu. Vicl wäre aber fchou gewonncu, wcnn
die Richtuug beim Abschluß von Handels-Ber-
trägen geändert, wcnn nicht zumeist das auto-
uomc Princip, sondern das der Gegcn-
seitigkeit in den Vordergrnnd gestellt würde.
Jn der Thatsache, daß diese Politik als die
führende bezeichnet wird, scheiu: uns derWerth
des Rundschreibcns des Herrn v. Bacquehcm
zu liegen. Mögen dic Ergebnisse der dem-
uächstigen Berhandluugen von dicscm Geistc
zeiigen.

Wie die Dortmunder Union uud eiue Reihe
anderer rheinisch-westfälischer Moiitanwerke, so
sicht sich nunmehr auch der BoHumer Ber-
ein sür Bergbau und Gußstahlfabri-
kalion dazu genöthigt, zu einer Einfchrän-
kung der Arbeit und demgcmüß der von
ihm bisher gezahlten Arbeitslöhne zu schreiten.
Der Leiter des Bochumer Bereins, der Geh.
Commerzienrath Baare, der von je her zu den
eisrigsten Befürworteru der Schntzzollpolitik
gchörte, nahm noch in dem vorjährigen Ge-
schäftsbericht Gelegenheit, eine Lanze für die
Schutzzollpolitik zu brechen, und zwar, iudem
cr den eigentlichen Segcn derselben iu den
Bortheilen crblickte, welche den Arbcilcrn dar-
ans erwüchsen. Socialpolitische Gesichtspunkte
vor Allcm, so äußerte sich damals Herr Baare,
rechlfertigteu die Schutzzölle. Die Maßnah-
men, zu dcuen Herr Baare jetzt seinen Ar-
bcitern gegenüber genöthigt ist, enthalten indeß
eiue sehr ausdrückliche Widerlcgung jener Auf-
fassung. Während die Schutzzollpolitik eS nicht
zu vcrhütcn vermocht hat, daß die an die Ar-
beiter zu zahlenden Löhne verringcrt werden,
bcwirkt nnser wirthschafkspolitisches Spstem,
daß die Arbciter für ihrc Lebcnsmittel höhere
Preise anzulegen haben, als es ohne die Zölle
der Fall wäre. Äber mehr noch. Einerieits
gab die Schutzzollpolitik gewissen Jndustrien
Vorübcrgehend künstliche Anregungen, so daß
dieselben zu eiuer unifangreicheren Beschäfti-
gung von Arbeitern Veranlassung hatten,
audcrerscits bcuachthciligte sie manche Zwcige

der wirthschaftlichen Thätigkeit der Art, daß sie
dic bisher von ihncn beanspruchlen Arbeiter
nicht läugerbeschäftigen konnten. Jetzt, da die
gehofften günstigen Wirkungen der Schutzzoll-
polilik auf die Montanindustrie versagen und
diese ihre Thätigkeit eiiifchränken muß, fehlt
den Arbeitern die Gelegenheit, in jeneu anderen
durch die Schutzzollvolitik gefchädigten oder gar
unterdrückten Geschästszweigen Beschäftigung
zu finden, so daß die gegenwärtige Wirth-
schaftspolitik gerade unter sacialpolitischen Ge-
sichtspunkteii in mehr als einer Hinsicht nach-
theilig erscheint. Herr Baare müßte zu einer
iiierkwürdigen Beweisfiihrung greifen, wenn er
nach den nunmehrigen Ersahrungen auch iu
dem diesjährigen Geschäfrsberichte noch dcu
socialpolitischeu Segen der Schutzzollpolitik
herausstreichen wollte.

Ju dcr diesjährigeu Geueralversammluug
des Bereins deutscher Eisenbahnver-
waltungen zu Stuttgarl am 26. und
27. August kommt —.wie der „Boss. Ztg." be-
richtet Ivird — der Antrag der Generaldirection
der badischen Staatsbahneu zur Beschluß-
fassung, die Ausgabe der combinirbaren
Rundreisebillets durch Streichung des 89
der betreffenden Bcstimmungeu zu eincr
daucruden Vcreinscinrichtung zu machcu. Jn
dem betreffenden Commissionsbericht wird ge-
sagt, daß die in Frage stehendeEinrichtuug dic
Erwartungen, welche man bei ihrem Jnkraft-
lretcu an sie knüpfte, im vollstcn Maaße er-
füllt, wenu wcht übertroffen habe, und daß
dereu Werth für den allgemeiucn Verkehr nn-
bestritten sei, indem sie namentlich durch die
damit verbundene Berbilligung der Fahrpreise
und dnrch die ausgedehnte Gültigkeitsdauer
dcr Billets aus die Bclebung und Erhöhung
des Pcrsonciiverkchrs ciuen güustigen Ein-
fluß ausgeübt habe. Jm Weiteren sei in
Betracht zu ziehen, daß der Verein, in Erkennt-
uiß der Zweckmäßigkeit der bcslchcuden Eiu-
richtung durch bezügliche Beschlüsie der 1884er
uud 1885er Geilcralvcrsammlung fortgcsetzt
auf deren weitere Ansbildung bedacht geweseu
sei und daß nicht niiudcr aus dem perfect ge-
wordcnen Beschlusie der letztjährigeu General-
versammlung die Einführung einer mit dem
Jahre 1884 bcginneiiden und vorläufig sür dic
folgendcu füns Jahre iveitcr zu führenden
Statistik der Ergebnissc de-» Berkchrs auf com-
binirbare Rundreisebillets betreffeud, gefolgert
werden könne, der Bcrein habe damit bereits
die Absicht bekündet, die Ausgabe combinir-
barer Rundreiscbillets auch über das Jahr
1886 hiuaus fortbestchcn zu lasien. Dic Com-
missioii sür Angclegcnheilen deö Personenver-
kehrs sei denii auch bci der Berathung des
Antrages der Badischen Staatsbahn demselben
vollständig beigetreten und habe einstimmig be-
schloffen, ihn der Generalversammlung, nm die
Fortdauer der Ausgabe combinirbarer Ruud-
reisebillets zweifctlos sicher zu stellen, zur An-
nahme zu cmpsehlen.

Wie dem „Frankf. Journal" gemeldet wird,
soll sich der wegen Landesvcrraths verhaftcte
Redacteur Richard Prohl im Berliner Ge-
fänguiß erhäugt haben.

Wie man in gut unterrichteten Kreisen an-
nimmt, siud die Gerüchte von cincm Per-
sonenwechsel in der Leitung der Bot-
schaften in Paris und London dadurch
cutstandeu, daß demuächst ini diplomatischen
Dienst, ebenso wie im Consulardienst um-
fasiendc Neubcsetzungcn stattsinden werden, von
deuen die Leitungeii der Botschaften abcr aus-
geschlossen bteiben. Betreffs der Verschiebnngen
in der Besetzung der deutschen Consulate
werden bereits folgende Äcamen genannt: An
Stelle des nach Port au Prince versetzten
vr. Griesbach ist der bisherige Viceconsul zu
Nizza, v. RekowSki, zum Consul in Mailand
ernannt worden. Dem Gencralconsul Wirkl.
Legationsrath Gerlich zu Calcutta wurdc
Or. Eiswaldt als Secretär beigegeben. Zum
Bcrweser des Consulats zu Smhrna, desien
biSheriger Jnhaber vr. Reitz abberufen ist,
wurde der dsrtigc Consiilalssecretär Pietschel
ernannt. Auch bei dcn Wahlconsulaten ist cine
Bacanz zu erwähnen. Das Consulat zu Wien
wnrde durch deu Tod des dortigen General-
consuls Joseph v. Mällmanu erledigt und soll
baldigst wieder besetzt werden.

Die „Nat.-Ztg." erzählt: Eine große Ueber-
raschung wurde heute der Königlichen chirurgi-
schen Klinik durch den Besuch des Krou-
prinzeu bereitet. Derselbe hatte sich durch
ein brennendes Streichholz eine Verletzung der
Hand zugezogeu, und weil er die Sache vicl-
leicht für nicht unbedenklich halten mochte,
suchte er sofort die Königl. Klinik auf. Da
Herr vr. Fehleisen, der erste Assistent, in Ab-
wesenheit des verreisten Hcrrn Geheimrath
Prof. V. Bergmann eben die Klinik leitcte, so
wurde dem Ässistenzarzt vr. Norian die Ehre
zu Theil, den hohen Patienten behandeln zu
diirfen. Die Bcrletzung war glücklicherweise
nur unbedeutend, uud ichou uach 5 Minuten,
nach Anlegung eines Verbaudes, konnte der
Kronprinz die Klinik verlassen. Dabei äußerte
der hohe Herr in Hinsicht auf die Studenten,
welchc, aus derKlinik kommend, sich im Portal
angesammelt hatten, lächelnd: „Da haben wir
ja gleich das ganze Auditorium". Für die ihm
dargebrachtcn Griiße herzlich dankend, fuhr
der Kronprinz von dannen.

Der chinesische Gesandle in London Marquis
Tseng stattete im Lausc des heutigen Bor-
millags zunächst bcim Grafen Bercheni einen
Besuch ab uud begab sich darauf nach der hic-
sigen chinesischen Gcsandtschaft, wo er längcrc
Zeil vcrblieb. Wührend seines 3—4tägigeu
Aufenthaltes in Berlin ist dcr Marquis Tseng,
Ivie dic „Nat.-Ztg." erfährt, Gast deS Kaiicrs
uud ist demsclben während dieser Zeit König-
liche Hofequipage und Dienerschaft zur Ber-
fügung gestellt wordcn. — Deni Vernehmen
nach wird der Gesandte Marquis Tscng fich

morgen nach Potsdam begeben und dort einige
Stunden verbleiben. Wie man ferner erfährt,
beabsichtigt der Gesandte vor seiner Weiterreise
nach Petersburg sich zuni Betüch des „Bulkan"
nach Stettin zu begeben und hieraus seine Reise
direct nach Rußland fortzusetzen.

Nach einer Berliner Correspondenz des heu-
tigeu „Hamb. Corr." ist Regierungsbau-
meister Keßler bisher bestraft 1867 wegen
vorsätzlicher Körperverletzung mit 4 Wochen
Gefängniß, 1874 wegen versuchten Betruges
niit 8 Monaten Gefängniß, 1885 wegen Be-
amtenbeleidiguug mit 100 oder 150 .41 Geld-
strafe, 1886 wcgcu Beleidiguug durch die Presse
mit 100 „E Geldstrafe. So unbedeutend, wie
das „Berl. Volksbl." cs darstellte, ift also
namentlich dic zweile Sache nicht. Es ist alfo
angeiiommcn worden, daß das Gesetz von
1842 noch in Wirksamkeit ist, und es ist weiter
angenommen, daß jene Borftrasen sich auf
Berbrechen beziehen, „wodurch dcr Thäter sich
als ciucn, fllr die öffcntliche Sicherheit oder
Moralitül gefährlichen Menschen daiqtellt."
dkach der anscheinend officiösen Correspondenz
des Hamburger Blattes hat bei der Aus-
weisung Keßler's aus Brandenburg auf Grund
des Gesetzes von 1842 noch die Rücksicht mit-
gesprochen, daß er von dort aus die Herausgabe
des „Bauhandwerkers" und seine Einwirkung
auf die Berliner Arbeiterschast, derentwegen er
aus der Reichshauptstadt auf Grund des
Socialistengesetzes entferut wurde, leicht hätte
fortsetzen können. Und die Braunschweiger
Behörden hätten die Gelegenheit benutzt, um
mit dem wegen Borstrafen der Aufenthalts-
beschränkungeu Unterliegenden zualeich den socia-
listischen Agitator los zu werden. Bei den
Entscheidungen der Behörden — bemerkt die
„Wes.-Ztg." — haben also Auslegungen von
vrdcntlichen Gesetzen und Ausnahmegesetzen
und Zweckmäßigkeitsgründe sich so durchkreuzt,
daß, wenn das Sitte würde, Justiz und Ver-
waltung zugleich zu Schaden kommen niüsien.

S. M. Panzerschiff Friedrich Carl,
Commandant Capitän zur See Stempel, ist
am 29. Juli in Gibraltar eingetroffen. —
Der Dampfer Salier, mit dem Ablösungs-
Conimando sür S. M^Kreuzer Albatroß, ist
am 30. Juli in Port Said eiugetroffen und
beabsichtigl, ani >. August wieder in Sec zu
gehen.

Aus Kiel, 29. Juli, wird den „Hamb.
Nachr." geschrieben: Jni August v. I. wurde
auf der Werft der Schiffs- und Maschinenbau-
Actiengesellschaft „Germania" hier mit dem
Bau eines Avisos begonnen, melcher als
Ersatz sür^,Loreley" zu dienen har. Heute ist
das neue Schiff vom Stapel gelaufen. Es ist
96,8 nr lang, 9,75 iw breit, 6,60 nr tief und
hat eiu Deplacemetti von 1382 Tonncn, ist
mithin fast viermal so groß, als die bisherige
„Loreleh". Der neue Aviso ist mit Einrichtungen
versehen, die ihn zum Dienst in den heimischen

fünfhllttdertjährigen Jubiläum
der Nniversität Heideiberg.

m.

Festschriften.

„ V. LI. Heidelberg, 29. Juli. Unter den
aforbereiluugen sür unser Säcularfest nimmt
W Arbeit der Feder keineswcgs den gcriiigsten
'»lqtz ein. Gilt es doch nicht allein zu jubelu
Md zu schwärmen inZiegeisterter akademischer
^»!t, auch die ernste Seite des Festes kommt
Lr ihrem Rechte, und mit Stolz blickt uuserc
^ochfchule zurück auf fiiuf Jahrhunderte geistigen
^dens. In den großen Festacten wird dieses
Mu, berusencn Männern vor eincr erlauchten
^ilammlung von Gclehrten aus allen Gauen
^utschlands und der übrigen Culturstaatcn
Tpnerisch verherrlicht werdcn, aber es ist auch
<tj>rge gcirqgen, daß durch die Schrift cin
sHfbender Markstein aufgerichtet werde in Ge-
osii-' O^wAmer Fest-Publicationen. Än die
^ iciellen Schristen reihen sich zahlreiche andere
w manchcr Lehrer dcr Hochschule
w Oinete die Resiillate sciner letzten Forschungen
o - Bankbarkeil der A1in.a nratsr, Andere
gsi^len Erinnerungen historischer oder persön-
,, Ari. noch Audere bestiegcu dcn Pcgasus
Hch besangen die Jubelbraut. Die Zahl der
ljMchriften ist bis jetzt schon eine sehr große
«d noch täglich laufen neue ein. Es würde
,u>ch hixr zu weil führen, wenn ich alle nam-
Uft machen wollte, ich muß mich darauf be-
lchränken dic wichliqsten anzuführen, die ent-
cheder allgemeines Jnteresse haben oder sich
bcciell auf das Fest beziehen. Gcnannt habe
'chon in meineni letzteu Artikel das große
Muudxiilmch der Universität, von Eduard
'"iinkelmann herausgegeben.

Gleichfalls im Auftrage der Regierung ist
Me Geschichre der Universität von A. Thor-
?eckc in Angriff genommen, wegen Krankheit
oeq Versasiers aber nicht vollendel worden, fo
Nß nur der erste Theil unter dem Titel: „Die
Ai" . ' ' '

,-Wfänge der Universitäl Heidelberg" hat er-
Minen können. Von besonderer Wichtigkeit
wr die Gelehrtcngeschichte dcr vorigen Jahr-
Miiderte ist „die Matrikel dcr Ilniversität
Mdelberg von 1386—1662", die eiu hiesiger
Wfvatgelehrter vr. Gustav Toepke auf eigene
tfv'ten herausgegeben hat. (2 Bände. Heidel-
1884—1886.) Ein engeres Gebiet der
ÜNiversitälsgeschichte behandelt C. W. F- L-
§locker in seiner Schrift „Die theologische
w>cultät an der Großherzoglich badischen Uni-
^rsität Heidelberg von 1386—1886." Ueber

die Heidelberger Universitäts - Jubiläen der
friiheren Jahrhunderte hat ein pseudonhmcr
Autor R. Rupertophilus geschrieben. Es sei
bei dieser Gelegenheit erwähnt, daß bei der vier-
hundercjährigen Jubelfcier im Jahre 1786, die
sür damalige Verhältnisse schr glanzvoll be-
gangen wurde, der aus Goethe's Dichtung
und Wahrheit als Jung-Stilling bekannte
Hofrath und Professor Junq die Festrede hiclt,
die mit großem Beifall ausgenommen wurde,
uns freilich etwas schwulstig vorkommen will.
Eine besondcrc Periode aus der Geschichte der
Universilüt schildert ein alter Frcund Scheffel's
vr. I. Leyser in seiner Schrift „Die Neu-
stadterHochschule (OoUoMiun oktsinurianuin)".
Die orthodoxe lutherische Reaction unter Kur-
fürst Ludwig VI. hatte im Jahrc 1578 die
Auhänger der milden Lehre Zwingli's aus
ihren Lehrstühlen vertrieben; Pfalzgraf Johanu
Casimir nahm dieselben auf und gründete in
Neustadt a. H. eineHochschule, welche dem refor-
mirten Bekenntnisse auch geistig eine Stütze
geben sollte. Die sreundliche Stadt drüben am
Haardtgebirge, die durch vielfache historische
Heziehungen mit Heidelberq verbunden ist —
der Stifter der Universität, Ruprecht, liegt dort
begrabeu — will sichs auch nicht nehmen laffen,
in Erinnerung an jene Epoche ein besonderes
Fest zu veranstalten, für welches, da in der
Festwoche kein Tag mehr frei ist, der uächste
Montag inAussicht genommen wurdc. Gleich-
falls einen alten religiösen Hader ruft uus vor
Augen die Brochüre von L. Palatinus
(Pseudonym) über die Scheidemauer in dcr
Heiliggeistkirche. Lange Zeiten hindurch lvar
nämlich dieses Bauwerk durch eine Mauer in
zwei Hälftcn zcrlegt, von denen die ciue der
cvangelischeu Gemcinde, die andere früher den
Katholiken, zuletzt den Altkatholiken zur Be-
nutzung diente. Jetzt endlich hat das heran-
nahende Fest dieses Denkmal der Jntoleranz
beseitigen lasien, im vorigen Herbste siel die
Maucr, nachdcm von Seite der beiden Cou-
fcssioiicn Einigkeit über die gemcinsame Be-
nutzung dcs Gotteshauses erzielt wurde, und
nun zeiqt sich der altgothische Bau nach ge-
dieaener Restauration in seiner einfachen hehren
Schönheit, eine würdige Halle für die beiden
großen Festacte.

Historischen Jnhalts sind auch solgende
Schriften: „Zum Jubiläum der Universität
Hcidelberg. Vou Constaiitin Ritler von
Höfler. Prag 1886." uud „Die Heidelberger
Chronik. Von I>r. ruoä. Hegewald. Mei-
ningen 1886." Daran reihc ich noch die „Fest-
schrift zur füushundertjährigen Stlftuugsfeier
der Universität Heidelberg, veröffeutlicht von
dem historisch-phitosophischen Berein zu Heidel-

berg. Mit Beiträgen Von R. Hartselder,
G. Weber, W. Oncken, C. Lemcke, W.
Wundt, H. Holtzmann u.A. v. Kirchen-
heim. Leipzig 1886."

Speciell aus uusere Neckarstadt bczüglich ist der
erste Aufsatz von Carl Hartfelder „Der
Humanismus und die Heidelberger Klöster",
sowie der dritte vou Wilhelm Oncken „Hci-
delberger Erinnerungen aus ernster Zeit",
welcher uns in die vergangenen Jahrzehnte
dcr Zerrissenheit Deutschlands hineinfiihrt.
Eine besondere Festschrift hat auch der natur-
wisseuschaftliche Vercin vorbereitet. Von be-
deutendem wissenschaftlichen Werthe ist der
Catalog der altdeutschen Handschriften dcr
Universitäts-Bibliothek, den Karl Bartfch mit
bekannter Gründlichkeit uud Sachkenntniß aus-
gearbeitet hat. Diese Manuscriptc, welchc dcu
größten Schatz der Bibliothek bilden, siud so
ziemlich das Einzige, was Heidelberg von den
im Jahre 1622 durch den päpstlichen Legat
Leo Alletius geraubten Büchern zurückerhielt.
Hübsch wäre es gewesen, wenn der Papst jetzt
bei Gelegenheit der Stiftungsfeier den ganzcn
noch in Rom befindlichen Raub, in werthvollen
griechischen und lateinischen Handschriften, so
wie einer reichen Sammlung von Druckwerken
bestehend, zurückgegeben hätte. Das thut er
nun freilich nicht, aber wenigstens — einen
Catalog des geraubtcn Gutes (d. h. nnr
der Druckschriften) hat er herstelleu lassen und
wird ihn zum Feste dediciren. Bon deu Be-
amten der Universitätsbibliothek selbst ist dann
noch unter dem Titel „Pfälzische Äibliographie"
ein Catalog der überaus reichhaltigen Samm-
lung von Brochüreu rc., die sich auf die Ge-
schichte dcr Pfalz, speciell Heidclbcrgs beziehen,
im Besitz des Raths Mays hieselbst. ausge-
arbeitet worden. Von einem werthvollen
Autograph MartinLnther's, das dieBiblio-
thek besitzt, die Schnialkaldischen Artikel vom
Jahr 1537, hat Carl Zangemeister
(Oberbibliothekar) einen Abdruck veranstaltet,
der jetzt in zweiter Jubiläumsausgabe erscheint.

Wenn ich mich jetzt zu den Schriften wende,
welche persönliche Erinnerungen an Heidelberg
und das akademische Leben daselbst enthalten,
so gebührt der erste Platz dem greisen, hier
allgemeiu verehrten Historiker Georg Weber
mit seinen „Heidelberger Erinncrungen. Am
Borabend der Fünften Säcularfeier der Uni-
versität. Stuttgart 1886." Dieses Werk, desien
Lectüre jedem angelegentlich empfohlen seiu
kann, beruht im Wesenllichen auf ciner Reihe
von Artikeln, welche bereits 1884 in der
„Münchener Allgemeinen Zeitung" erschienen
sind. Was der Versafser beabsichligte, will ich

ihn selbst aussprechen lassen. „Er wollte der
Universität ein kleines Denkmal der Dantbar-
keil und Pietät stiften für die edlen Gaben,
dic er für die Bildung und Ausgestaltung
seines inneres Lebens von derselben empfangen,
und sür die wissenschaftliche Anrcguug und Be-
lehrung, die er in dem vieljährigen Umgang
mit so ausgezcichneten Männern in sich auf-
genommen hat. Zugleich sollten sie der Stadt
eiu Zeugniß ablegen von der treuen Anhänglich-
kcit eines ihrer ältesten Bewohner, von dcr
Liebe und Hingebuug an ihre reichen Güter
und Vorzüge und von den aufrichtigen
Wünschen fiir ihr ferneres Aufblühen und Ge-
deihen. Bei derZusammenstellung der obigen,
größeutheils auö den eigcnen Eriiincrungcn
und Eindrücken geschöpfteu Lebensbilder hat der
Berfasser den doppelten Zweck vor Augen ge-
gehabt, einmal der heutigen Einwohnerschaft
ihre große Bergangenheit in's Gedächtniß zu-
riickzurufen, und dann an seiner eigenen Secle
noch cinmal die hohen Gestalten vorübergehen
zu iassen, die iu scinen jüngeren Mannesjahrcu
scin Dascin bercichert und gehoben haben."

Frisch und anziehend geschrieben sind die Ab-
schnitte, welche über die Lltere Geschichte der
Uuivcrsität handeln; besonderes Jnteresie ge-
winnt aber die Darstellung, wo Weber auS
eigener Erfahrung sprichl und die großeu
Männer auflrelcn läßt, die iu deu vierziger
und fuiifziger Jahren den höchsten Glanz der
Hochschule ausmachten und ihr eine Bedeutung
gabcn, die weil übcr dic Kreise dcS akademischcn
Lebens hinausreichte. War doch Heidelberg
damals eincr dcr Hauptsitze der natioualeu
und freiheitlichen Bewegung, welche die Ein-
heit unseres Vaterlandes angebahnt hat!
Männer wie Gervinus, Welcker, Kapp. Thibaut,
Vangerow, Mitlermaier, Roßhirt, Zöpfl, Mohl,
Schlofler, Josias Bunsen und Häusier, an die
sich danu noch als letzter der erst vor wenigen
Jahreu verstorbcne Bluntschli reiht, führt
Weber uus in lebenswarmen Bildern vor mit
strenger historischer Gerechtigkeit und doch
liebevoller Mildc in der Darstellung; kein
Besierer konnte dazu berufeu sein, als er, der
mit vielen aus diesem Kreise hehrer Gestalte.n
Jahre lang iu intimer Freundschaft gestanden
hattc.

Eigen berührt es uns, wenn der Vcrfaffer
erzählt, daß er sich vor vierzig Jahren mit
einer Reihe von jüngeren Männern meist An-
gehörigen der Rupcrto- Carola, darunter Ger-
vinus. Vangerow u. A. in jugendlustiger Ge-
sellschasr das Wort gegeben habe, sie wollten
nicht vor dem Jubiläum aus derWelt scheiden
und dann berichtet. daß außer ihm nur noch

Einer am Leben sei. Eine Note unter dem
Text meldet aber, daß auch dieser, Geheimrath
Profesior Philipp von Jolly in München, zu
Grabe gegangen sei.

Aus jenem Kreise allein noch dasteheud,
empfindet Weber es dankbar, daß ihm vom
Schicksal vergönnt war, wenigstens die Vor-
bereitungen zu dem Feste zu erleben. „Jhni
ist das Glück beschieden worden, über Vicrzig
Jahre von seincm Haus und Garteu auf dem
rechten Neckärufer aus die schöne Landschaft
zu Uberblicken und seine Augen über Schloß
und bewaldete Berghöhen, über Fluß und
Stadt schweifeu zu lasien. Er weiß daher die
wundcrbaren Reize dcr Gegend und ihre er-
grcifcude Wirkung auf Herz und Gemüth zu
würdigen und ftimmt mit voller Seeke deni
Scheffel'scheu Gedichte bei, das in der Pfalz
bereits zum Volkslied geworden ist: „Alt Hqidel-
berg, du feine, Du Stadt an Ehren reich, Am
Neckar und am Rheine Kein' andre kommt
dir gteich." Nichl nur die Vorbereitungen zum
Fest, auch das Fest selbst wird der ehrwüroige
Geschichtsforscher miterleben dürfen, wovon sich
Schreiber dieser Zeilen noch heute selbst iiber-
zeugen konnte.

Eine Ergänzmi^ gewiffermaßcn zu Weber's
Buch bildet die Schrift unseres Landsmannes
Eduard Heyck (aus Doberan) „Heidelberger
Studentenlebcu zu Aufang unseres Jabr-
hunderts. Nach Briefen und Acten. Mit
vier Lichtdruckbildern nach Originalen im
Besitze der hiesigen Universitätsbibliothek.
Heidelberg 1886". Es sind bunke ansprechende
Bilder aus dem akademischen Leben der ver-
gangenen Jahrzehnte, die u. A. auch Uber die
Entstehuug und Ausbilduug der studentischen
Corporationeu Aufschluß geben.

Dem speciellen Jnteresse der alteu Corps-
studenten dient „Das Corpsleben in Heidelberg
während des neunzehnten Jahrhunderts. Fest-
schrift zum fünfhuudertjährigen Jubiläum der
Universität. Heidelbcrg, Otko Petters. 1886."
Äei demselben Verleger crschien: „Heidelberger
Stundentenleben Einst und Jetzt. Eine Samm-
lung von 36 Lichtdruckbildern mit erläuterndem
Text." Anziehende Schilderungen aus dem
Studentenleben der neueren Zeit bietet
P. Mar mit seinem kleinen Werk „Heidelberg.
Eine Jubiläums-Erinnerung." Auch K. Elze
hat Heidclberger Erinnerungen veröffentlicht
unter dcm Titel: „Zum Heidelberger Jubel-
feste. Halle a. S. 1886."
 
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