Nvred». D«r Prorektor Brkkrr, bereits geschmückt
mit Ler vom Großhtrzog soeben gestifteten Ehren.
kette, begrüßte nun di, Bersammlung in kurzer,
gedankevreicher Rede. Hierauf sprach der Unter-
richtsminister Nokk, welcher im Namen des ge
sammten MinistertumS als Gesqenk eine Repr»
duktion der der Universttät verlorengegangenen
berühmten Handschrift der Minnrstngerlieder über-
retcht«. Nach dem Minister sprach im Namen
Ler Ständekammern der Prästdent der zweiten
Kammer, Lamey. Dann begannrn die Anreden
der Deputationen, «röffnrt durch die in italieni-
fcher Sprach« gehaltene deS päpstlichen Bibliotht-
karS Stevenson. I« der Antwort auf dteselb«
hob der Prorektvr hervor, daß dir Sendung Ste-
»enson'S überall in Deutschland «in Zrichen der
«rsehnten Herstellung friedltcher Zustände sei. Es
folgt« Geheimrath Eduard Zeller, welcher im Na-
men aller deutschrn Univcrsttäte», Akademie« und
technischen Hochschule» sprach. Hteran schloffen
stch dir Ueberretchungrn drr Widmungen und
Adreffen drr einzelnen Universttäten, deren Ver-
tretrr ihre Gaben auf den Tisch vor dem Groß-
herzog niederlegten. Der Prästdent des Jnstttuts
»on Frankreich, Jules Zeüer, der lrtzke Rrktor
der Straßburgrr Univrrsttät, sprach tm Namen
aller fremden Uaivrrfitäten und Akademien, wor-
auf di« fremden Korporationen einzeln ihre Ga-
ben darbrachten. Nach weiteren Anreden drS
Präfidrnten d«S Oberkirchrnraths Stößer, des Ar-
chivdirrktorS von Waech, dc« Oberhürgermeisters
WilckrnS, w-lcher im Namen der Stadt eine
prachtvoll« Büst« des Großherzogs überreichte, so-
wir nach eiaer Ansprach« deS schwetzerischrn Bun-
deSrichterS Morel schloß die Frier mit Mnfik.
Der Zug vrrlteß dt« Aula in derselben Ordnung,
wt« «r gekommen. Bei dem Derlassen der U»t-
verfität wurden di« Fürstlichkriten »it enthufiasti.
schrn Ovation«» begrüßt. Bei dem Prorektor
fand Nachmittags «tn Diuer statt, an «elchem
di, Mtnistrr Goßlrr und Nokk sowir der päpst
lich« Gesandt«, vi«l« offiztell« Persönlichkeiten »nd
Ehrengäste thrilnahmrn.
A«sla«d.
Bad Gasteiu, 3. August. Schon von 5
Uhr ab war g«st«r» der Straubingerplatz von
,i««r großen M»»schenm«ngr angefüllt, welche di»
Ankunft d«S Fürsten Bismarck «rwariete. Als
der Fmst anlangte, rrscholl «tn braasendeS dret-
fachrS Hoch; auch di« Fürstin, dtr im zwriten
Wagrn fuhr, wurd« lebhaft begrüßt. Btsmarck
fuhr unmtttelbar zum Schwatgerhaus. Gleich
nach der Ankunft des Fürsten fuhr der Kaiser
nach der Btlla Solttud« zum Grafen Lehndorff.
Gestern ist drr Minister v. Bötticher, heute Bor-
mittag d«r Statthalter Fürst Hohknlohr etnge-
troffen. Zur kaiserlichen Tafel sind h«Ute keine
Einladungen «rgangen, weil der Geburtstag
Friedrich Wtlhelm III. ist. Fürst Bismarck machie
um Uhr dem Katser rinen Besuch von
riner Stund«. Der Fürst wurd« bri seinem Er-
scheine» jedesmal vo» den Badegästen brgrüßt,
brsonderS lebbaft aus dem Spaziergang, den «r
VormittagS auf dem Kaiserwege machte.
Paris, 3. August. Jn Folge der Beröffent-
lichung drr Facfimtles der Briefr drS GeneralS
Boulang« a« den Herzog von Aumal« und nach-
dem Boulanger erst di« Authenzität dersrlben ab-
geleugnet und sodann mit zweifelhaftrn Ausflüch-
ten die Brief« «»tschuldigte, ist Boulangers An-
s»h«n t« der öffentliche» Meinung erschüttert und
seinr Strllung rine schwirrig« geworde». Di«
opportuntstische« Blätter verurtheilen ihn hart.
Di« radikalrn Organe vertheidigen ihn als «in
Objekt d«s HaffeS der Monarchisten oder schwei-
grn di« Sache todt. Vom Rücktritt Boulang«r«
ist noch kein« R«de, auch ist derselb« unwahr
scheinlich.
DaS R«sultat d«r GrneralrathSwahlen ist die
Erhaltung deS Ltutus quo, also der bisherigen
Majoritäten. Somit find di« Siegeshoffnungrn
der Monarchtsten nicht erfüllt.
D«r „Figaro" meldrt, daß «in« Entrevue
zwisch«« Frepcinrt «nd GirrS «rnstlich i» Ausficht
genomme« s«i.
Loodvll, 31. Jali. Aus Edinburgh wird
»ntrrm 29. d. M. telrgraphirt:
,,Di» Nachricht, daß die Regtrrung ei«
Lruppenschiff mit «inrr Abtheilung Marin« - Sol-
daten an Bord entsandt hat, erreichte die schotti-
sche Jnsel Ttrer am Dienstag und verursachte vtel
Aafregung und Bestürzuag. Man machte jede
Anstreugung »ur Berheimlichung der Thatsache. aber
«s wurdr doch bekannt. Abends wurde ei» Mas-
senmeeting abgehalien, i« welchem verschiedene
Rathschläg« zu Tage traten. Di« ungestümerenGeister
«aren für Widerstand bis zum Ende, aber di«
kaltblütigeren Köpf« scheinen anzufangen, drn
Ernst der Schwtertgkeit einzusehrn, in die ste stch
»«rsetzt habr». St, versuchen thr Vergehen gr-
ringer darzustellrn, indem ste die ZeitungSberichte
für üLertriebe« uud selbst für unwahr erklären.
Ts verbletbt indeß di« Thatsache, daß der Ge-
richtSbot« zum Berlaffen der Jnsel gezwungen
war, ohne jeinen Zweck, für de« er dorthin ge-
sandt war, rrreicht zu haben, und daß dtr mili-
tärisch« Expedition tn Folge setnes Berichts nach
Tiree grsandt wurde und nicht in Folg, der Zei-
tungSberichte. Das Truppenschiff „Asststance" er-
reichte Oban am Mittwoch früh und war wäh-
rend drs Tages ein Gegenstand großen Jnter-
«sses. Die Landungsplätze waren mit Nesgieri-
gen überfüllt, uud dte Bai war mit kleine» Boo-
ten bedeckt, drre« Jnsasse« das Schiff begierig in
Augenschein nahmen. Man erwartete, die »Asfi-
stance" w«rd« in Gemeinschaft mit dem Ftsch-
dampfer „Nigel", mtt dem Gerichtsboten und der
Polizei an Bord, «ach Tiree absegel«, aber zu-?
folge der nruestr«, heute Abend hier rivgrgange
nen Nachrichten liegt dao Schiff nvch in der Bai
von Oban. Anfänglich «ahm man an, daß tn
ver Erwartung deS Eingangrs einrr Depesche vom
Lord-Advokaten der Abgang verzögert wurde, aber
gestrrn erreichte Oban die Meidung von drr Ent-
sendung writerer 100 Marine-Soldaten an Bord
des Thurmschiffes „Ajax", und folgert man dar-
auS, daß die Expeditivn deren Ankunft in Oban
adwarten wird. Der „Ajax" wird heute Abend
spät in Oban erwartet und die ganze Expedition
wird wahrscheinlich morgen in aller Frühe nach
der rebellischen Jnsel aufbrechen. Es kann nur
wenig Zwetfel darüber berrschen, daß, so bald
das Militär in Tiree erschetut, die Uebelthäter
sich gutwtllig überliefern werden.
Gestern telegraphicte Lord 3ohn Campbell
an Mac-Donald wie folgt:
„Begeben St« sich nach Tiree; bitte« Sie
die Bevvlkerung tn meivem Namen, nicht drn
Friedrn zu brrchen. Segeln Sie unver'üglich da-
hin ab.«
I« der Nacht vom Sonnabend auf den
Sonntag kam «s tn Brlfast wieder zu ernstlichen
Ruhestörungrn. Dteselben brachen aus, als einige
Sonntagsschulen von ihren Ausflügrn zurückiehr-
ten, wodurch stch in der Old Lodge und Shank
hill eine große Menschenmenge ansammelt«. Dir
beiden fetndlichen Parteien begannen alsbald mti
Steinen zu bombardiren, mehrere Wtrthshäuser
wurdrn demolirt und viele Zivilpersonen wte Po-
lizisten, unter den letzterrn Poltzei - Jnspektor
TownSend, verwundet. Die Polizei zeigte am Anfang
große Mäßtgung und machte nur vo» rhren
Stöcken Gebrauch. Erst als «s di« S«lbst»erth«i
digung gebot, bediente sie sich ihrer Schußwaffen.
Ein 12jähriger Knab«, wrlcher von seiner Muiter
zum Krämer geschickt worden war, wurde er-
schoffen. Der Sonntag verltrf ztemlich rubig, je-
doch war einr bedeutrnd«, theilwrts« mit Geweh-
ren bewaffnrtr Polizrimannschaft in den ausrüh-
rerischen Distrikten postirt.
Gietti««» Racvrichte«.
Stetti», 4. August. Bri Gelegenhrit deS
in der Zett vom 9. bis 12. d. M. hter abzuhal-
tenden 17. KongreffeS drr deutschen anthropolo-
gtschen Gesellschaft tst für de» 11. d. Mts. ein«
Odrr-Frstfahrt in Ausficht genommrn, bet wrlchrr
dir Festtheilnehmer auf der Rückfahrt am Abeod
auch durch eine Oderufer Beleuchtung übrrrascht
werden sollen. Die Grnehmigung zur Beranstal-
tu»g dieser Beleuchtung ist bei dr« Bthörden be-
reits nachgesucht woedrn.
— Morgen, Donnerstag, und di« beidrn
folgenden Tage konzertirt in der Grünhof Beaur-
rrt (Bock) das Teomprter KorpS des königlich säch-
fischen 1. Ulanen RegimentS Nr. 17 aus Oschatz
unter Leituvg seiueS Stabstromprters Herrn Tb.
Herbst. Dem Korps geht ,tn guter Ruf »sraus
und dürft« flch di, Kapellr auch hier eineS zahl-
reichen BesucheS zu erfreuen haben.
— Auf den neuen Strecken der Straßen-
bah» haben flch am gestrigen ersten Betriebstage
VerkehrSstockangen im Ga,ze» nicht herausgestellt,
nur am Bollwerk war die Pc>ffage s,hr beengt,
als der Grüvzrug-Vormarkt begann. An der
Stelle, wo dieser Markt abgehalte« wird, findet
eine Kreuzung der Wagen statt ui>d hierdurch
erleidct der dort srhr starke Verkehr stets «ine
Hemmung. Jtdenfalls ist «s allen Müttern drin-
geud anzurathen, ihreKinder nicht mit
zu drn Vormärkten an das Boll-
werk ,u nehmen, wenn fi« dieselben nicht
UnglückSfällen ausgesetzt sehen wollen. Wi, das
Gedräng« sich gester« Nachmittag Lort entwickelte,
gehört «S zur Unmöglichkett, die Kinder zu sichern
und dasselbr Bild dürfte flch an jedem Dienstag
und Freitag eutwickeln. Anzuerkennen ist, daß
Lie Direktion der Straßenbahn AlleS aufbieiet,
um dem Publikum entgrgen zu kommen und all«
Vrrkehrsstörungen zu vermeidrn und dürfte ste
wohl auch «inen Ausweg finden, di« Kreuzungen
drx Wagen a» dieser grfährltchen Marktstrll« zu
vermnden.
— Von dem Holzlager des BaumeisterS
Fischer, Altdammerstraße, find in d«r Nacht vom
30.-31. Iuli ca. 10 Stück kiefern, Balk.n, 14
Fuß lang und 10 Zoll stark, grstohle» worden.
Auf dte Ermiitelung der Dteb« hat der Bestohlene
eiue Belohnung von 20 Mk. ausgesetzt.
— Ein außerst frecher Dtrbftahl ist in der
Nacht vom 29. —30. v. M. bei der BauerhofS-
brsitzerin Dittmann in Rosenthal, Krei« Nieder-
Barnim, verübt. Daselbst «urde ter Stall er-
brochen und darauö ein dunkelbrauner Wallach,
vor dem Kopf «tnen Stern uud mit weißer
Schnauze, und ein hellbraunrr Wallach, beid« Htn-
terfüße weiß gefessrlt; feruer zwri komplette Ar-
beitsgrschirr«, ein Futtrrsack, rine IFutterschwinge
und «in Paar langschäfttge Stiefel» gestohlen.
Der Gesammtwerth der gestohlenrn Gegrnständ«
beträgt ca. 1000 Mk. Auf dir Hrrbeischaffung
der gestohlenen Sachen ist von der Bestohlenen
eine Belohnung von 50 Mk. ausgesetzt. Es
wird angenommen, daß der odrr dtc Diebe sich
nach Stettin gewandt haben, um hier den Ver-
kauf der gestoLlene« Sachen zu versuche».
— Am 1. d. M. wurde am Bollwerk ge-
genüber der Fischerstraße «inr gefüllte Ktst« als
herrenloses Gut aufgefunden, zu welcher stch bis-
her der rechtmäßige Eigenthümer nicht gemel-
drt hat.
— Durch unvorstchtiges Umgeheu mit Ltcht
entstand tu der Nacht vom 2. zum 3. d. M. io
dem Hause Heinrichstraße 37 i« dem Schlafzim-
mer rines Handlungskommis Feurr, welches jrdoch
von den Hallsbewobnern gelöscht war, ehr eS fich
weiter verbreikete.
A»s drn Provinze«.
Bermischtes auS Pommern. Die
zu mtlitärischen Zweckrn von Berltn aus unter
nommenen LuftbaUonsahrten baben in letzter Zeil
wiedeeholt in Pommern ihr Endr gefuuden. Erst
vor ca. 10 Tagen siel «i« solcher Ballsn in der
Nähe vv» Stetttn nieder und am Sounabend kam
ei» Ballo« wieder bei Trebenow nieder. Ueber
die Landung wird von Lort grschrieben: Di«
Landuug wollte nicht so schnell von Statten ge-
he», drun es wehte ia der Näh« der Erde eine
scharfr Lust di, den Ballon schnell writrrtrieh unv
sast in den Lübbenower See geworfen hätte.
Knapp dieser Gesahr «ntronnen, faßi« eudlich der
ausgeworfeue Anker im Randower Bruch hinter
stark« Baumwurzeln und dicht htnter Lübbeuower
Grenze giug endltch dte Landung glücklich vor fich.
Einen imposanten Anblick grwährt« «s auch, die-
se» 1400 Kbm. saffenden Koloß am Boden wäl-
zen zu sehen, doch uicht lange dauert« Lies Schau-
spiel, dte Passagterr gtngen schnell daran, di« Klap-
pen zu öff»e«, um daS Gas entweich:n zu laffen,
und als dieS gescheheu, mtt Hülfe der Zujchauer
das ganze Di»g zusammenzurolleu. Die Brsatzuug
bestaud auS 3 Unterofstziere» der Berltner Gar-
»lson; ste waren um 9 Uhr in Schöneberg bei
Berli» aufgestiegrn und hatten die Retse hierher
in drei Stunden zurückgelegt. Auf ihr Ansuchen
wurd« ihnen vom Domtnium Lübbenow Fuhrwerk
gestellt, der ganze 9>/, Ctr. wiegende Ballon auf-
geladen und nach Nrchlin tranSporttrt, von wo
aus dt» Rück-etse prr Bahn vor flch gtng. — Drr
11 Jahr« alte Knabe Ierling aus Berlin, welcher
bet ei«rr Fawilie in Wolgast untergebracht ist,
hatt« stch «tne« ziemltch verwegene« Retseplan eut
worfen, als «r vor einigrn Tagen in Folge eineS
StrriteS heimlich das HauS setner Pslegeeltern
verließ und setnc Heimathstadt Berli« zu «rreichen
suchte. Der Flüchiliug, wrlcher a» einer Seite
stark gelähmt ist, ging zu Fuß »ach Anklam, wo
selbst «r jedoch, ivegen seiuer Bitt« um Nachtquar
tier verdächtig, der Polizet überltefert uud nach
Wolgast zurücktransportirt wurde. Er gehört zu
den verwatsten Ktndern der Rrichshauptstadi, welche
auf Koste« derselben in verschiedenen Städten un
i«rg«bracht stnd
»«d Liter«t»r.
Floreuz iu Wort uud Bild. Grschicht«
— Kulturgeschichte — Kunstgeschichte von Rud.
Kleinpaul. Mit 200 Jllustrationen. Jn
20 Heften ä 1 Mark. Leipzig, Schmidt und
Günther. 4. und 5. Heft.
In dtrsr« Hefken deginnt der Verfaffer seiue
Wanderung durch di« Stadt und führt uns gleich
auf ihren schönsten Platz, auf die Piazza Lella
Signorta mit den weltberühmten Baute», dem Pa
lazza Vecchio, d»r Loggia dei Lanzi, d»m Palazzo
degli Ufsizi und kommt dan« zu den ebenfalls
weltberühmte« Kuustsammlungen in den Ufsizien
mtt ihren Meistecwerken der Bildhauerei und Ma-
lrr»i. Der Text ist hvchinter«ffa»t, die Jllustra-
ttonen geradezu vorirefflich, «ine besonder, Freude
für jed«n Kunstfreund. s277j
Eill reizendes Scherzbild. Soeben gingen
u«s zwri sthr hübsch ausgrführte Kabtnetphoto-
graphten, Leipzig bet Theodor Kalb (Preis zusam-
men 1,50) zu, welch« unzweifelhaft allseitig Bei-
fall finden werden.
Auf der einen stont ein hübscheS, kiei-
nes Mädche», den Stift im Mnud«, tie Schi«
fertafel in der Hand: „Was soll ich walen?"
Aaf der andern hält eS dem Beschauer dte mit
einer ortginelle« Kinderzrichnung bemali« Tafel
entgegen : „Das bist Dn !" lächelt es ihn an und
auch der Er»strst« kann fich brim Betrachten des
kteinen reizenden KoboldS cineS LächelnS nicht er-
wehren. j266j
v. Heüdoiff-Baumrrsrodc, das Rccht drr
Arbeit and die Lmidfrage. Berlin b«i Edw
Staude.
Der Verfasser trttt hier mit drr Forderung
hervor, alles Privateigenthum aufzuheben und alleS
La»d dem Staat« zu geben. Es ist kaum glaub-
lich, daß rin Mann, der auch »ur «iue schwach«
Krnntniß von der Laudwirthschaft befitzt, zu sol-
chen Albernheiten kommen kann. Dcr Landbau
blüht doch nicht durch Dummheit, sondern erfor-
dert, we»n rr richtig brtrteben werden svll, ein
tingehrndrs Studium und etne reiche praktische
Erfahrung, kurz gebtldrt« Landwtrthe und diese
wtll d«r Verfaffer »u« «rsetzrn durch Poliz«tmän-
»er. Wtr haben selte» etwas SchwächereS gelese».
Ja, wenn die Phrasen des Vrrfaffers, denrn eS
an wiffenschaftltchrr Schärfe uud Berständniß fehlt,
dem Brbetter Brod geben könnten, dann HLtte er
wirklich rine große That gethan. s283j
Der«kfchte Machrichtt«.
— Ueber daS Leben am Niger entnimm!
dte „Fcanks Ztg." etnem, Quitscha, 31. Mat,
dattrten Privatbriefe rine« Misflonars di« folgrn-
den srhr tntereffanten Mtttheilungen: „Als ich
Jhnen Las letzte Mal schrieb, waren wir im Be-
griff, unser Misflonshaus zu bauen. Jetzt ist es
ferttg und wir bewohnen es schon seit einem Mo-
nat. Die Schwarzrn find sehr faul und fslglich
sehr langsam tm Arbeiten; da mußten wir also
ielbst gehörig Hand anlegen, um «icht von der
Rrgenzeit, di« eben begiunt und voll» fünf Mo-
nat« dauert, überrascht zu werden. Glücklicher
Witse hat un« dir stechende Sonne und die un-
glaubltche Hitzr, welche die Monate Januar, Fe-
bruar, März und April so gefährlich machen, nicht
zu viel zugesitzt. Jch bin selbst von etner schwe-
ren Krankheit, die mich im Dezembrr und Ia-
nuar zweimal an den Rand d«s GrabrS brachte,
fast ga,iz grnrsen. Wir habeo berrits zrhn Kin-
ver, meistens Kinder der Häupllingr, und jede
Woche vrrmehrt stch dt« Zahl derselben. Da
deißt e» »un dafür sorgen, daß diese uicht nur
Erziehung und Untenicht, sondern auch Nahrung.
und Kleidung erhalten. Di« Kinder lause» bis
zum 14,, viele bis zum 16. und 16. Jahr« ganz
nackt umher. Manch« kommrn mtt Geschwüren
und vrrfaulten Gliedern in die Misston und da
muß geheilt werden Leidrr haben wir wegen
Geldmangrls noch k«inr Sklaven freikaufen kön-
nen, denn wir haben unsere Misflo» sozusage»
mit NichtS begonnen. Dazu flnd die arwen
Unglücklichen noch sehr theuer. Jr nach dem
Alter, den Fähigkeiten und der Stärke koste»
ste 50, 100, 150 bis 200 Maik. Man
sollte es kaum glaub.n, da manch« Häupt-
ltnge bei 800 besttzen. Diejrnige», welchr
zum Verkauf ausgestellt werden, werdin metsten»
als Schlachtopfer ringekauft. Leider genügen dtesr
Mordthaten den Wilden ntcht. Wenn rine Ort-
schaft das Recht «iner anderen irgenvwie verletzt,
so muß dieselbe mehr oder wentger Leute auslie-
fern, di« geschlachtet und aufgezehrt werden. Noch
vor «inigen Monaten kam s» etn Fall vor, und
zivar bet getauften Schwarzen. Neun Man»
wurden ausgeliefert. Der Häuptling natürltch be-
kam den ersten davon, allein als Christ wollte «r
setnen Mann nicht versp«isen; »r warf ihn also
während der Nacht in'ö Waffer und ertränkl«
ihn mit rigener Hand, weil ket» Erteunkener ge-
gesse» werden darf. Noch schlimmee ist es bei
den Hetden. Die Letbeigcnen d«r Häuptltnge und
Reichen, welchr durch ihren Dienst in näherer
Berührung mit ihrem Herru stehrn, find ihr«s
Looses ficher, wenn derselb« stlrbt. Si« müssen
ihn auch als Diener in die andee, Welt beglri-
ten Aa der Brerdigung nrhwea nur Persosen
Lrs GeschlechtS drr verstorbeoen Person Antheil,
so daß di« Fiau der Beerdtgung des ManneS,
die Tochter der Beerdigung d«S Vater« nicht bei-
wohnt. Die Leichendauer dauert ein, zwet, drei
bis acht Tag« und besteht im Auffriffen der Opfer,
im Trinken, Tanzen und in den rohesten Brlusti-
gungeo. Noch etn« andere O,u«ll« der Mord-
ihaten ist die hier ziewltch häufige Mißgeburt.
Die Mutter nimmt ganz «infach das betreffend»
Kind und trägt e« tn den Wald. Jn «inem
dichten Gebüsch wirft fir das Ktnd über ihren
Kopf dtvter sich und kehrt dann schvell, ohn« fich
umzudrrhen, nach Hause zmück. Hunger und
wild« Thiere machen dem traurigen Dasetn drs
bedauernswerthen Geschöpfes bald eia Ende. Ge-
wöhnlich versteht dtr Amwe LieS teuflische Werk
und Leehald vrrsucht «s der Misstonär, di«se durch
wiederholie Getränk« zu gewinnen, damit ste di«
Klnder anstatt zum Walde zur Mission brtvgt.
Eine Amme aus eiuer benachdarien Orischaft gr-
stand, daß ste mrhr als ein halbrS Hundert sol-
cher Kmder umgedracht habe. Es grnügt dazu
irgend ein merkbarer körperlichrr Frhler oder etn
zu fchwacher Körperbau. Auch die armen Zwil-
li»ge erwartet dasfelbr Loos. Eines der rrfolg-
retchsten Mittel, um dir Schwarzen h«ranzuzieh«n,
ist drr Grsang und besonders dte Mustk. Von
wie großrm Nutzrn würde der Mtsston eine Spiel-
Lose sein, deren so vtel« i» Deutschland zum Zett-
vertreib dtenen! DaS Erlernen der verschiedenen
hiefigeu Sprachen wird jetzt eine unserrr Haupt-
beschästigungen. A« Schwierigkritrn fehlt «s da
natürlich vicht, denn es giebt ja kein« Bücher,
die haben wir zu machen, wozu es »och Jahr«
bedarf."
— D«r »«rstorbt»«» Schauspirlerin Mtnona
Fn,b-Blumau«r schlagfrrttgen Humor schtldert das
„Kl. Journ." in folgenden hübschen Anrkdoteu:
AlS ste noch tn den Tagrn ihrer besten Iugend-
blüthe stand und in D. als mu»t«re Liebhaberin
weilte, wurd« ein Herr v. S., deffen mtiitärische
Charge bcretts bts zu dem hoffnungsvollen FLHn-
rtchs Portepee avancirt war, derarttg von den
Retzen der ju«gen Schauspielertn gefesselt, daß «r
keine Gelegenhrtt vorübergehen lteß, um ihr z»
huldtgen. Eivst, als Mtnona das WI«gt»f«st
feiert«, fand fich unter drn Gratulanten auch d«r
sporrnklirrevde MarSjünger. Er hatt« zuvor i»
dir Wohnuvg des GeburtstagsktndeS rine pracht-
voll« Palme geschtckt, und als es ihm später
glückte, di« vielumworbrn« Köntgia deS TageS auf
«inige Augrnbltckc alletn zu spcechen, sagt« der
bartlose Kavalier, indem er stch zärtlich zu ihr
herabneigte: „JeneS Grwächs, gnädtgstes Fräulei»,
welches ich Jhnen sandte, hat eine groß« Aehnltch-
keit mit mir! Wie es nach dem Lichtr ringt, so ringe
ich nach einem Strahl auS Jhren schönen Augenl
Wie gefällt Jhnen die Palme?" — „AuSgezeich-
net", erwiderte Minona mit feivem Spvtt, „na-
mentltch ist st, so prachtvoll — grün!" —-
Eivst weilte Frau Frieb - Blumauer während der
Ferien auf dem Gute eines schlesischen Edelmannes,
wo die einzelnen Familtenmitglttdtr durch ,ine
heitere und zwanglosr Geselltgkeit di« Siunden
zu kürzen ltebten. So vergnügt« man sich «ineo
Tages auf der Kegelbahn, welche im Park ange-
legt war. Als das Fazit drr Berechnung gezogen
wurd«, fand es fich, daß Minona die meisten
Poivts aufzuweisen hatte. Der HsuSherr trat
galant auf fie zu, küßte thr respektvoll die Hand
und sagte: „Jch hätte nie geglaubt, daß diks«
kletnen Hände stch auch im Kegelsport so tüchtig
erweisen würden!" — ,,Wte uugalant", ant-
wortete di« ltebenswürdige Schausptelertn lächelnd,
— „ich sollt« meinen, daß es doch gerad« dir
Bretter flnd, auf denen ich meinr Triumphe
feiere!" — — —
— Anläßlich deS Jubiläums der UniverfitL
mit Ler vom Großhtrzog soeben gestifteten Ehren.
kette, begrüßte nun di, Bersammlung in kurzer,
gedankevreicher Rede. Hierauf sprach der Unter-
richtsminister Nokk, welcher im Namen des ge
sammten MinistertumS als Gesqenk eine Repr»
duktion der der Universttät verlorengegangenen
berühmten Handschrift der Minnrstngerlieder über-
retcht«. Nach dem Minister sprach im Namen
Ler Ständekammern der Prästdent der zweiten
Kammer, Lamey. Dann begannrn die Anreden
der Deputationen, «röffnrt durch die in italieni-
fcher Sprach« gehaltene deS päpstlichen Bibliotht-
karS Stevenson. I« der Antwort auf dteselb«
hob der Prorektvr hervor, daß dir Sendung Ste-
»enson'S überall in Deutschland «in Zrichen der
«rsehnten Herstellung friedltcher Zustände sei. Es
folgt« Geheimrath Eduard Zeller, welcher im Na-
men aller deutschrn Univcrsttäte», Akademie« und
technischen Hochschule» sprach. Hteran schloffen
stch dir Ueberretchungrn drr Widmungen und
Adreffen drr einzelnen Universttäten, deren Ver-
tretrr ihre Gaben auf den Tisch vor dem Groß-
herzog niederlegten. Der Prästdent des Jnstttuts
»on Frankreich, Jules Zeüer, der lrtzke Rrktor
der Straßburgrr Univrrsttät, sprach tm Namen
aller fremden Uaivrrfitäten und Akademien, wor-
auf di« fremden Korporationen einzeln ihre Ga-
ben darbrachten. Nach weiteren Anreden drS
Präfidrnten d«S Oberkirchrnraths Stößer, des Ar-
chivdirrktorS von Waech, dc« Oberhürgermeisters
WilckrnS, w-lcher im Namen der Stadt eine
prachtvoll« Büst« des Großherzogs überreichte, so-
wir nach eiaer Ansprach« deS schwetzerischrn Bun-
deSrichterS Morel schloß die Frier mit Mnfik.
Der Zug vrrlteß dt« Aula in derselben Ordnung,
wt« «r gekommen. Bei dem Derlassen der U»t-
verfität wurden di« Fürstlichkriten »it enthufiasti.
schrn Ovation«» begrüßt. Bei dem Prorektor
fand Nachmittags «tn Diuer statt, an «elchem
di, Mtnistrr Goßlrr und Nokk sowir der päpst
lich« Gesandt«, vi«l« offiztell« Persönlichkeiten »nd
Ehrengäste thrilnahmrn.
A«sla«d.
Bad Gasteiu, 3. August. Schon von 5
Uhr ab war g«st«r» der Straubingerplatz von
,i««r großen M»»schenm«ngr angefüllt, welche di»
Ankunft d«S Fürsten Bismarck «rwariete. Als
der Fmst anlangte, rrscholl «tn braasendeS dret-
fachrS Hoch; auch di« Fürstin, dtr im zwriten
Wagrn fuhr, wurd« lebhaft begrüßt. Btsmarck
fuhr unmtttelbar zum Schwatgerhaus. Gleich
nach der Ankunft des Fürsten fuhr der Kaiser
nach der Btlla Solttud« zum Grafen Lehndorff.
Gestern ist drr Minister v. Bötticher, heute Bor-
mittag d«r Statthalter Fürst Hohknlohr etnge-
troffen. Zur kaiserlichen Tafel sind h«Ute keine
Einladungen «rgangen, weil der Geburtstag
Friedrich Wtlhelm III. ist. Fürst Bismarck machie
um Uhr dem Katser rinen Besuch von
riner Stund«. Der Fürst wurd« bri seinem Er-
scheine» jedesmal vo» den Badegästen brgrüßt,
brsonderS lebbaft aus dem Spaziergang, den «r
VormittagS auf dem Kaiserwege machte.
Paris, 3. August. Jn Folge der Beröffent-
lichung drr Facfimtles der Briefr drS GeneralS
Boulang« a« den Herzog von Aumal« und nach-
dem Boulanger erst di« Authenzität dersrlben ab-
geleugnet und sodann mit zweifelhaftrn Ausflüch-
ten die Brief« «»tschuldigte, ist Boulangers An-
s»h«n t« der öffentliche» Meinung erschüttert und
seinr Strllung rine schwirrig« geworde». Di«
opportuntstische« Blätter verurtheilen ihn hart.
Di« radikalrn Organe vertheidigen ihn als «in
Objekt d«s HaffeS der Monarchisten oder schwei-
grn di« Sache todt. Vom Rücktritt Boulang«r«
ist noch kein« R«de, auch ist derselb« unwahr
scheinlich.
DaS R«sultat d«r GrneralrathSwahlen ist die
Erhaltung deS Ltutus quo, also der bisherigen
Majoritäten. Somit find di« Siegeshoffnungrn
der Monarchtsten nicht erfüllt.
D«r „Figaro" meldrt, daß «in« Entrevue
zwisch«« Frepcinrt «nd GirrS «rnstlich i» Ausficht
genomme« s«i.
Loodvll, 31. Jali. Aus Edinburgh wird
»ntrrm 29. d. M. telrgraphirt:
,,Di» Nachricht, daß die Regtrrung ei«
Lruppenschiff mit «inrr Abtheilung Marin« - Sol-
daten an Bord entsandt hat, erreichte die schotti-
sche Jnsel Ttrer am Dienstag und verursachte vtel
Aafregung und Bestürzuag. Man machte jede
Anstreugung »ur Berheimlichung der Thatsache. aber
«s wurdr doch bekannt. Abends wurde ei» Mas-
senmeeting abgehalien, i« welchem verschiedene
Rathschläg« zu Tage traten. Di« ungestümerenGeister
«aren für Widerstand bis zum Ende, aber di«
kaltblütigeren Köpf« scheinen anzufangen, drn
Ernst der Schwtertgkeit einzusehrn, in die ste stch
»«rsetzt habr». St, versuchen thr Vergehen gr-
ringer darzustellrn, indem ste die ZeitungSberichte
für üLertriebe« uud selbst für unwahr erklären.
Ts verbletbt indeß di« Thatsache, daß der Ge-
richtSbot« zum Berlaffen der Jnsel gezwungen
war, ohne jeinen Zweck, für de« er dorthin ge-
sandt war, rrreicht zu haben, und daß dtr mili-
tärisch« Expedition tn Folge setnes Berichts nach
Tiree grsandt wurde und nicht in Folg, der Zei-
tungSberichte. Das Truppenschiff „Asststance" er-
reichte Oban am Mittwoch früh und war wäh-
rend drs Tages ein Gegenstand großen Jnter-
«sses. Die Landungsplätze waren mit Nesgieri-
gen überfüllt, uud dte Bai war mit kleine» Boo-
ten bedeckt, drre« Jnsasse« das Schiff begierig in
Augenschein nahmen. Man erwartete, die »Asfi-
stance" w«rd« in Gemeinschaft mit dem Ftsch-
dampfer „Nigel", mtt dem Gerichtsboten und der
Polizei an Bord, «ach Tiree absegel«, aber zu-?
folge der nruestr«, heute Abend hier rivgrgange
nen Nachrichten liegt dao Schiff nvch in der Bai
von Oban. Anfänglich «ahm man an, daß tn
ver Erwartung deS Eingangrs einrr Depesche vom
Lord-Advokaten der Abgang verzögert wurde, aber
gestrrn erreichte Oban die Meidung von drr Ent-
sendung writerer 100 Marine-Soldaten an Bord
des Thurmschiffes „Ajax", und folgert man dar-
auS, daß die Expeditivn deren Ankunft in Oban
adwarten wird. Der „Ajax" wird heute Abend
spät in Oban erwartet und die ganze Expedition
wird wahrscheinlich morgen in aller Frühe nach
der rebellischen Jnsel aufbrechen. Es kann nur
wenig Zwetfel darüber berrschen, daß, so bald
das Militär in Tiree erschetut, die Uebelthäter
sich gutwtllig überliefern werden.
Gestern telegraphicte Lord 3ohn Campbell
an Mac-Donald wie folgt:
„Begeben St« sich nach Tiree; bitte« Sie
die Bevvlkerung tn meivem Namen, nicht drn
Friedrn zu brrchen. Segeln Sie unver'üglich da-
hin ab.«
I« der Nacht vom Sonnabend auf den
Sonntag kam «s tn Brlfast wieder zu ernstlichen
Ruhestörungrn. Dteselben brachen aus, als einige
Sonntagsschulen von ihren Ausflügrn zurückiehr-
ten, wodurch stch in der Old Lodge und Shank
hill eine große Menschenmenge ansammelt«. Dir
beiden fetndlichen Parteien begannen alsbald mti
Steinen zu bombardiren, mehrere Wtrthshäuser
wurdrn demolirt und viele Zivilpersonen wte Po-
lizisten, unter den letzterrn Poltzei - Jnspektor
TownSend, verwundet. Die Polizei zeigte am Anfang
große Mäßtgung und machte nur vo» rhren
Stöcken Gebrauch. Erst als «s di« S«lbst»erth«i
digung gebot, bediente sie sich ihrer Schußwaffen.
Ein 12jähriger Knab«, wrlcher von seiner Muiter
zum Krämer geschickt worden war, wurde er-
schoffen. Der Sonntag verltrf ztemlich rubig, je-
doch war einr bedeutrnd«, theilwrts« mit Geweh-
ren bewaffnrtr Polizrimannschaft in den ausrüh-
rerischen Distrikten postirt.
Gietti««» Racvrichte«.
Stetti», 4. August. Bri Gelegenhrit deS
in der Zett vom 9. bis 12. d. M. hter abzuhal-
tenden 17. KongreffeS drr deutschen anthropolo-
gtschen Gesellschaft tst für de» 11. d. Mts. ein«
Odrr-Frstfahrt in Ausficht genommrn, bet wrlchrr
dir Festtheilnehmer auf der Rückfahrt am Abeod
auch durch eine Oderufer Beleuchtung übrrrascht
werden sollen. Die Grnehmigung zur Beranstal-
tu»g dieser Beleuchtung ist bei dr« Bthörden be-
reits nachgesucht woedrn.
— Morgen, Donnerstag, und di« beidrn
folgenden Tage konzertirt in der Grünhof Beaur-
rrt (Bock) das Teomprter KorpS des königlich säch-
fischen 1. Ulanen RegimentS Nr. 17 aus Oschatz
unter Leituvg seiueS Stabstromprters Herrn Tb.
Herbst. Dem Korps geht ,tn guter Ruf »sraus
und dürft« flch di, Kapellr auch hier eineS zahl-
reichen BesucheS zu erfreuen haben.
— Auf den neuen Strecken der Straßen-
bah» haben flch am gestrigen ersten Betriebstage
VerkehrSstockangen im Ga,ze» nicht herausgestellt,
nur am Bollwerk war die Pc>ffage s,hr beengt,
als der Grüvzrug-Vormarkt begann. An der
Stelle, wo dieser Markt abgehalte« wird, findet
eine Kreuzung der Wagen statt ui>d hierdurch
erleidct der dort srhr starke Verkehr stets «ine
Hemmung. Jtdenfalls ist «s allen Müttern drin-
geud anzurathen, ihreKinder nicht mit
zu drn Vormärkten an das Boll-
werk ,u nehmen, wenn fi« dieselben nicht
UnglückSfällen ausgesetzt sehen wollen. Wi, das
Gedräng« sich gester« Nachmittag Lort entwickelte,
gehört «S zur Unmöglichkett, die Kinder zu sichern
und dasselbr Bild dürfte flch an jedem Dienstag
und Freitag eutwickeln. Anzuerkennen ist, daß
Lie Direktion der Straßenbahn AlleS aufbieiet,
um dem Publikum entgrgen zu kommen und all«
Vrrkehrsstörungen zu vermeidrn und dürfte ste
wohl auch «inen Ausweg finden, di« Kreuzungen
drx Wagen a» dieser grfährltchen Marktstrll« zu
vermnden.
— Von dem Holzlager des BaumeisterS
Fischer, Altdammerstraße, find in d«r Nacht vom
30.-31. Iuli ca. 10 Stück kiefern, Balk.n, 14
Fuß lang und 10 Zoll stark, grstohle» worden.
Auf dte Ermiitelung der Dteb« hat der Bestohlene
eiue Belohnung von 20 Mk. ausgesetzt.
— Ein außerst frecher Dtrbftahl ist in der
Nacht vom 29. —30. v. M. bei der BauerhofS-
brsitzerin Dittmann in Rosenthal, Krei« Nieder-
Barnim, verübt. Daselbst «urde ter Stall er-
brochen und darauö ein dunkelbrauner Wallach,
vor dem Kopf «tnen Stern uud mit weißer
Schnauze, und ein hellbraunrr Wallach, beid« Htn-
terfüße weiß gefessrlt; feruer zwri komplette Ar-
beitsgrschirr«, ein Futtrrsack, rine IFutterschwinge
und «in Paar langschäfttge Stiefel» gestohlen.
Der Gesammtwerth der gestohlenrn Gegrnständ«
beträgt ca. 1000 Mk. Auf dir Hrrbeischaffung
der gestohlenen Sachen ist von der Bestohlenen
eine Belohnung von 50 Mk. ausgesetzt. Es
wird angenommen, daß der odrr dtc Diebe sich
nach Stettin gewandt haben, um hier den Ver-
kauf der gestoLlene« Sachen zu versuche».
— Am 1. d. M. wurde am Bollwerk ge-
genüber der Fischerstraße «inr gefüllte Ktst« als
herrenloses Gut aufgefunden, zu welcher stch bis-
her der rechtmäßige Eigenthümer nicht gemel-
drt hat.
— Durch unvorstchtiges Umgeheu mit Ltcht
entstand tu der Nacht vom 2. zum 3. d. M. io
dem Hause Heinrichstraße 37 i« dem Schlafzim-
mer rines Handlungskommis Feurr, welches jrdoch
von den Hallsbewobnern gelöscht war, ehr eS fich
weiter verbreikete.
A»s drn Provinze«.
Bermischtes auS Pommern. Die
zu mtlitärischen Zweckrn von Berltn aus unter
nommenen LuftbaUonsahrten baben in letzter Zeil
wiedeeholt in Pommern ihr Endr gefuuden. Erst
vor ca. 10 Tagen siel «i« solcher Ballsn in der
Nähe vv» Stetttn nieder und am Sounabend kam
ei» Ballo« wieder bei Trebenow nieder. Ueber
die Landung wird von Lort grschrieben: Di«
Landuug wollte nicht so schnell von Statten ge-
he», drun es wehte ia der Näh« der Erde eine
scharfr Lust di, den Ballon schnell writrrtrieh unv
sast in den Lübbenower See geworfen hätte.
Knapp dieser Gesahr «ntronnen, faßi« eudlich der
ausgeworfeue Anker im Randower Bruch hinter
stark« Baumwurzeln und dicht htnter Lübbeuower
Grenze giug endltch dte Landung glücklich vor fich.
Einen imposanten Anblick grwährt« «s auch, die-
se» 1400 Kbm. saffenden Koloß am Boden wäl-
zen zu sehen, doch uicht lange dauert« Lies Schau-
spiel, dte Passagterr gtngen schnell daran, di« Klap-
pen zu öff»e«, um daS Gas entweich:n zu laffen,
und als dieS gescheheu, mtt Hülfe der Zujchauer
das ganze Di»g zusammenzurolleu. Die Brsatzuug
bestaud auS 3 Unterofstziere» der Berltner Gar-
»lson; ste waren um 9 Uhr in Schöneberg bei
Berli» aufgestiegrn und hatten die Retse hierher
in drei Stunden zurückgelegt. Auf ihr Ansuchen
wurd« ihnen vom Domtnium Lübbenow Fuhrwerk
gestellt, der ganze 9>/, Ctr. wiegende Ballon auf-
geladen und nach Nrchlin tranSporttrt, von wo
aus dt» Rück-etse prr Bahn vor flch gtng. — Drr
11 Jahr« alte Knabe Ierling aus Berlin, welcher
bet ei«rr Fawilie in Wolgast untergebracht ist,
hatt« stch «tne« ziemltch verwegene« Retseplan eut
worfen, als «r vor einigrn Tagen in Folge eineS
StrriteS heimlich das HauS setner Pslegeeltern
verließ und setnc Heimathstadt Berli« zu «rreichen
suchte. Der Flüchiliug, wrlcher a» einer Seite
stark gelähmt ist, ging zu Fuß »ach Anklam, wo
selbst «r jedoch, ivegen seiuer Bitt« um Nachtquar
tier verdächtig, der Polizet überltefert uud nach
Wolgast zurücktransportirt wurde. Er gehört zu
den verwatsten Ktndern der Rrichshauptstadi, welche
auf Koste« derselben in verschiedenen Städten un
i«rg«bracht stnd
»«d Liter«t»r.
Floreuz iu Wort uud Bild. Grschicht«
— Kulturgeschichte — Kunstgeschichte von Rud.
Kleinpaul. Mit 200 Jllustrationen. Jn
20 Heften ä 1 Mark. Leipzig, Schmidt und
Günther. 4. und 5. Heft.
In dtrsr« Hefken deginnt der Verfaffer seiue
Wanderung durch di« Stadt und führt uns gleich
auf ihren schönsten Platz, auf die Piazza Lella
Signorta mit den weltberühmten Baute», dem Pa
lazza Vecchio, d»r Loggia dei Lanzi, d»m Palazzo
degli Ufsizi und kommt dan« zu den ebenfalls
weltberühmte« Kuustsammlungen in den Ufsizien
mtt ihren Meistecwerken der Bildhauerei und Ma-
lrr»i. Der Text ist hvchinter«ffa»t, die Jllustra-
ttonen geradezu vorirefflich, «ine besonder, Freude
für jed«n Kunstfreund. s277j
Eill reizendes Scherzbild. Soeben gingen
u«s zwri sthr hübsch ausgrführte Kabtnetphoto-
graphten, Leipzig bet Theodor Kalb (Preis zusam-
men 1,50) zu, welch« unzweifelhaft allseitig Bei-
fall finden werden.
Auf der einen stont ein hübscheS, kiei-
nes Mädche», den Stift im Mnud«, tie Schi«
fertafel in der Hand: „Was soll ich walen?"
Aaf der andern hält eS dem Beschauer dte mit
einer ortginelle« Kinderzrichnung bemali« Tafel
entgegen : „Das bist Dn !" lächelt es ihn an und
auch der Er»strst« kann fich brim Betrachten des
kteinen reizenden KoboldS cineS LächelnS nicht er-
wehren. j266j
v. Heüdoiff-Baumrrsrodc, das Rccht drr
Arbeit and die Lmidfrage. Berlin b«i Edw
Staude.
Der Verfasser trttt hier mit drr Forderung
hervor, alles Privateigenthum aufzuheben und alleS
La»d dem Staat« zu geben. Es ist kaum glaub-
lich, daß rin Mann, der auch »ur «iue schwach«
Krnntniß von der Laudwirthschaft befitzt, zu sol-
chen Albernheiten kommen kann. Dcr Landbau
blüht doch nicht durch Dummheit, sondern erfor-
dert, we»n rr richtig brtrteben werden svll, ein
tingehrndrs Studium und etne reiche praktische
Erfahrung, kurz gebtldrt« Landwtrthe und diese
wtll d«r Verfaffer »u« «rsetzrn durch Poliz«tmän-
»er. Wtr haben selte» etwas SchwächereS gelese».
Ja, wenn die Phrasen des Vrrfaffers, denrn eS
an wiffenschaftltchrr Schärfe uud Berständniß fehlt,
dem Brbetter Brod geben könnten, dann HLtte er
wirklich rine große That gethan. s283j
Der«kfchte Machrichtt«.
— Ueber daS Leben am Niger entnimm!
dte „Fcanks Ztg." etnem, Quitscha, 31. Mat,
dattrten Privatbriefe rine« Misflonars di« folgrn-
den srhr tntereffanten Mtttheilungen: „Als ich
Jhnen Las letzte Mal schrieb, waren wir im Be-
griff, unser Misflonshaus zu bauen. Jetzt ist es
ferttg und wir bewohnen es schon seit einem Mo-
nat. Die Schwarzrn find sehr faul und fslglich
sehr langsam tm Arbeiten; da mußten wir also
ielbst gehörig Hand anlegen, um «icht von der
Rrgenzeit, di« eben begiunt und voll» fünf Mo-
nat« dauert, überrascht zu werden. Glücklicher
Witse hat un« dir stechende Sonne und die un-
glaubltche Hitzr, welche die Monate Januar, Fe-
bruar, März und April so gefährlich machen, nicht
zu viel zugesitzt. Jch bin selbst von etner schwe-
ren Krankheit, die mich im Dezembrr und Ia-
nuar zweimal an den Rand d«s GrabrS brachte,
fast ga,iz grnrsen. Wir habeo berrits zrhn Kin-
ver, meistens Kinder der Häupllingr, und jede
Woche vrrmehrt stch dt« Zahl derselben. Da
deißt e» »un dafür sorgen, daß diese uicht nur
Erziehung und Untenicht, sondern auch Nahrung.
und Kleidung erhalten. Di« Kinder lause» bis
zum 14,, viele bis zum 16. und 16. Jahr« ganz
nackt umher. Manch« kommrn mtt Geschwüren
und vrrfaulten Gliedern in die Misston und da
muß geheilt werden Leidrr haben wir wegen
Geldmangrls noch k«inr Sklaven freikaufen kön-
nen, denn wir haben unsere Misflo» sozusage»
mit NichtS begonnen. Dazu flnd die arwen
Unglücklichen noch sehr theuer. Jr nach dem
Alter, den Fähigkeiten und der Stärke koste»
ste 50, 100, 150 bis 200 Maik. Man
sollte es kaum glaub.n, da manch« Häupt-
ltnge bei 800 besttzen. Diejrnige», welchr
zum Verkauf ausgestellt werden, werdin metsten»
als Schlachtopfer ringekauft. Leider genügen dtesr
Mordthaten den Wilden ntcht. Wenn rine Ort-
schaft das Recht «iner anderen irgenvwie verletzt,
so muß dieselbe mehr oder wentger Leute auslie-
fern, di« geschlachtet und aufgezehrt werden. Noch
vor «inigen Monaten kam s» etn Fall vor, und
zivar bet getauften Schwarzen. Neun Man»
wurden ausgeliefert. Der Häuptling natürltch be-
kam den ersten davon, allein als Christ wollte «r
setnen Mann nicht versp«isen; »r warf ihn also
während der Nacht in'ö Waffer und ertränkl«
ihn mit rigener Hand, weil ket» Erteunkener ge-
gesse» werden darf. Noch schlimmee ist es bei
den Hetden. Die Letbeigcnen d«r Häuptltnge und
Reichen, welchr durch ihren Dienst in näherer
Berührung mit ihrem Herru stehrn, find ihr«s
Looses ficher, wenn derselb« stlrbt. Si« müssen
ihn auch als Diener in die andee, Welt beglri-
ten Aa der Brerdigung nrhwea nur Persosen
Lrs GeschlechtS drr verstorbeoen Person Antheil,
so daß di« Fiau der Beerdtgung des ManneS,
die Tochter der Beerdigung d«S Vater« nicht bei-
wohnt. Die Leichendauer dauert ein, zwet, drei
bis acht Tag« und besteht im Auffriffen der Opfer,
im Trinken, Tanzen und in den rohesten Brlusti-
gungeo. Noch etn« andere O,u«ll« der Mord-
ihaten ist die hier ziewltch häufige Mißgeburt.
Die Mutter nimmt ganz «infach das betreffend»
Kind und trägt e« tn den Wald. Jn «inem
dichten Gebüsch wirft fir das Ktnd über ihren
Kopf dtvter sich und kehrt dann schvell, ohn« fich
umzudrrhen, nach Hause zmück. Hunger und
wild« Thiere machen dem traurigen Dasetn drs
bedauernswerthen Geschöpfes bald eia Ende. Ge-
wöhnlich versteht dtr Amwe LieS teuflische Werk
und Leehald vrrsucht «s der Misstonär, di«se durch
wiederholie Getränk« zu gewinnen, damit ste di«
Klnder anstatt zum Walde zur Mission brtvgt.
Eine Amme aus eiuer benachdarien Orischaft gr-
stand, daß ste mrhr als ein halbrS Hundert sol-
cher Kmder umgedracht habe. Es grnügt dazu
irgend ein merkbarer körperlichrr Frhler oder etn
zu fchwacher Körperbau. Auch die armen Zwil-
li»ge erwartet dasfelbr Loos. Eines der rrfolg-
retchsten Mittel, um dir Schwarzen h«ranzuzieh«n,
ist drr Grsang und besonders dte Mustk. Von
wie großrm Nutzrn würde der Mtsston eine Spiel-
Lose sein, deren so vtel« i» Deutschland zum Zett-
vertreib dtenen! DaS Erlernen der verschiedenen
hiefigeu Sprachen wird jetzt eine unserrr Haupt-
beschästigungen. A« Schwierigkritrn fehlt «s da
natürlich vicht, denn es giebt ja kein« Bücher,
die haben wir zu machen, wozu es »och Jahr«
bedarf."
— D«r »«rstorbt»«» Schauspirlerin Mtnona
Fn,b-Blumau«r schlagfrrttgen Humor schtldert das
„Kl. Journ." in folgenden hübschen Anrkdoteu:
AlS ste noch tn den Tagrn ihrer besten Iugend-
blüthe stand und in D. als mu»t«re Liebhaberin
weilte, wurd« ein Herr v. S., deffen mtiitärische
Charge bcretts bts zu dem hoffnungsvollen FLHn-
rtchs Portepee avancirt war, derarttg von den
Retzen der ju«gen Schauspielertn gefesselt, daß «r
keine Gelegenhrtt vorübergehen lteß, um ihr z»
huldtgen. Eivst, als Mtnona das WI«gt»f«st
feiert«, fand fich unter drn Gratulanten auch d«r
sporrnklirrevde MarSjünger. Er hatt« zuvor i»
dir Wohnuvg des GeburtstagsktndeS rine pracht-
voll« Palme geschtckt, und als es ihm später
glückte, di« vielumworbrn« Köntgia deS TageS auf
«inige Augrnbltckc alletn zu spcechen, sagt« der
bartlose Kavalier, indem er stch zärtlich zu ihr
herabneigte: „JeneS Grwächs, gnädtgstes Fräulei»,
welches ich Jhnen sandte, hat eine groß« Aehnltch-
keit mit mir! Wie es nach dem Lichtr ringt, so ringe
ich nach einem Strahl auS Jhren schönen Augenl
Wie gefällt Jhnen die Palme?" — „AuSgezeich-
net", erwiderte Minona mit feivem Spvtt, „na-
mentltch ist st, so prachtvoll — grün!" —-
Eivst weilte Frau Frieb - Blumauer während der
Ferien auf dem Gute eines schlesischen Edelmannes,
wo die einzelnen Familtenmitglttdtr durch ,ine
heitere und zwanglosr Geselltgkeit di« Siunden
zu kürzen ltebten. So vergnügt« man sich «ineo
Tages auf der Kegelbahn, welche im Park ange-
legt war. Als das Fazit drr Berechnung gezogen
wurd«, fand es fich, daß Minona die meisten
Poivts aufzuweisen hatte. Der HsuSherr trat
galant auf fie zu, küßte thr respektvoll die Hand
und sagte: „Jch hätte nie geglaubt, daß diks«
kletnen Hände stch auch im Kegelsport so tüchtig
erweisen würden!" — ,,Wte uugalant", ant-
wortete di« ltebenswürdige Schausptelertn lächelnd,
— „ich sollt« meinen, daß es doch gerad« dir
Bretter flnd, auf denen ich meinr Triumphe
feiere!" — — —
— Anläßlich deS Jubiläums der UniverfitL