Eizeuthum, Druck und Berlaz l>on R. Gmßmarm
U«ah«e »o» Juicriuru Schulzcnstraße 9 uud Kirchplay 3
Redaktion und Ex-cdiliou Mchpiay 3.
Aboanemeut fär Stettiu monatlich sy Pfg., mit TrLgcrl obn 79 Pfg.,
aus vcr Psst vicrtelAhrlich 2 Mk., mit LauddriefträgergelL 2 Mk. 59 M.
Iuscrate dic Petitzeile 15 Pfenuige.
Abcnd-Ausgabe. Doimcrstag, den 5. August 1886. Nr. 360.
D*»1s<dla»d
Berltu, 1. August.
— Nach ti«»m Ttlegramm aus F'tibtrg hat
daS tortige Laadgertcht tn d,m vor ihm anhLn-
gtgen Sojialtstenprozeß sein Urthetl »«rkündet. D»r
GrrtchtShof hat die A»g«k>agt»n etn»r verbot»u«n
Berbindung schuldtg »rkaunt und folgeude Stra
fru ausg«sproch«n: von Vollmar, Bebel, Auer,
Alrich, Frohm« und Dier«ck wu-den jed«r ,u n«un
Mouaten Geiängniß, Dtetz, Müllir uvd H«in»«l
,u je sechS Mouaten GefLugntß v«rurth«ilt. Dte
ErivägungSgründe d«S GerichtS liegen unS noch
ntcht vor. Es «ag dara» «riuueit werde», daß
d«r Staatsanwalt i» d«r Begründung der Anklage
als Hauptjweck d»r den Ang«klagt»n,»g»schrt«b«uen
Berbtndung die H«rstellung und mögitchst w«ite
B«rbr«ttung s»,taldemokratisch,r Druckjchrtsirn de-
,«ichn«t hatt«. D«r Staatsanwalt hatte r«n Nach-
wets ,u jühren untrr«o«me», daß tunerhalb der
so»iald«mokratische» Partet «i» Kern vorhanden
sei, der i» irgend welcher Organisatton konstttuirt,
d«n „So,tald«mokrat" alS Organ dteser Vrrbin-
dung g«g,ündet hab«, für d«si«n Maff«n,tnführung
nach Drutschland di« von der Verbindung gelettrt«
Organisatton thättg war. VollstLndige Klarheit
über Bedeutung und Tragweite diS Fr«ib«rger
U'theil« wird indesien «rst dte Aenntniß der E--
wägungsgründe L«S GertchteS g«ben.
Heidelberg, 4. August. Das Ftstmahl im
großen, hübsch drkorirtrn Saale d«S MuseumS
versammelt« gegen 300 Festthetlnehm«r in hervor-
ragenden Ltben«st«llung,n.
Punkt 3 Uhr suhr L«r Großherzog mit den
Prinjen Karl und Ludwig om Museum vor und
«mpstng tm Vestibül den fünf Mtnuten später an-
lange»d«n Kronprinzen. An der westlichen Schmal-
wand des SaaleS staud di« Quertafel sür dte
Fürstlichkeiten, Minister und deren Gefolge. Der
Aronprtn, saß zwischen den beidea badijchen Prin-
zen, wetterhin Mommsen und Minister v. Goßl«r ;
gegenüber saß Ler Großhirzog zwischen drm ba-
dischen KultuSminister Nokk und dem Prorrktor
Brkkrr. Auch Zeller, d«r französisch« Drlrgirt«,
saß am Fürst««ttsche.
Des PlatzmangrlS im Hauptsaale w«g«n
wurdr auch in etnem Nebensaale s«rvi»t.
Neben dem Großherzog lag einr roth« Le-
dermappe, ia der man daS Kon,«pt einer Rete
vrrmuthrte. Doch wurd« dt« Geduld der Gallerte-
Zuschauer, ,u den«n auch di« mtt Kart«n „zum
Festmahl" bedachte Presie gehörte, auf eine harte
Prob« gestellt. Suppe und Fisch, Entree und
Gemüs« und auch der Hummer giag reke- und
toastlos vorüber; nur dle verlorenen Klängr einer
im MuseumSgarten postirten Tafilmustk drargen
hter und La in d«n Saal und vermischtr» stch
»il der überlauten Ttschunterhaltung, dt« wie
«ine iwm«r höher gehende Brandung an Le» jo-
ntsch«n SLulen und d«m Veckeogtwölbe stch brach.
Frauen und Töchter der unien tafelnten Pro-
fessoren freuten stch oben ihrcr inehr od«r mtvder
deiühmten Manner u«d Väter.
Endlich, kur, vor d«m Dessert, erhob sich d«r
Großherzog und begann mit etnem Toast auf tea
drutschen Katser. Derselbe lautet:
„Fünfhundert Jahre dewscher Geschichte über-
blicken wtr heut« b,t d«m Jubelfeste der Ruperto
Carola. MeseS halbr Jahrtausend ist aber vtel
fach von weltgeschichtltcher Bedrutung, da in man-
chem Jahrhundert DeutschlandS Machtstellung wett
über die Grenzen Europas htnauö wirkssm ge
wrs,n ist. Dte Universität Heidelberg hat Lte
tvechselnden Gischick« DeutschlandS im Sinne ihrer
Stifter und Neubegründer triu helfend beglettet
Und dabti thatkräftig mttgewirkt, der Nation die
Vorzüge wisienscha;tlich«r Forschung zu gewähren.
Nichl immer war eS dieser Hochschule vergönnt,
ihre GeisteSarbeit im Frieden zu vollztehen; um
so höher schLtzen wir dte Gegrnwart, welchr uns
berechtigt, zu hoffe«, daß das neubegründete deutsche
Iieich die Macht besttzr, den Weltfrteden dauernd
,u stchern. Wtr blickrn daher dankbar zu d«m
Dkrrhaupt d«S Reichiö, nicht nur wril wir in
ihm drn Träger dir ödaiserkrone und somit d,r
Dkacht und Größe DeutschlandS erbltckin, sondern
Uuch wetl wir in der khrwncdtgrn Persönlichkeit
Unsere« Kaisers Alles das vereinigt finden, was
^«tt übrr die Girnze des diutschen Reicheö ver-
Iraurnerweckend sich «rwiesen hat. Für unS
Deutsch, gstt pgg H,ch Sbaiser als etne wcrtbe
Psticht p,e Ehrfurcht und Lieb«. Jch glaube aber
alle Anwesenden auffordern zu dürfen, Sr. Ma-
jestät dem Kaiser unserr erste Huldigung darzu-
bringen, da ich übrrzeugt bin, daß Si« AUe in
ihm den Hort drs FriedenS und damit zugleich
den schützenden Förberer d«ö geisttgen Wohlerge-
hens der Nationen und ihrer Jnterrssrn erkrnne«
wollen. Kaisrr Wtlhelm. d,r Begründer drö
Reiche», drr Behüter des Fiiedrns, lebe hoch !"
Nachdem Ler Jubel verklungen war, «rhob
sich der Kronprin, zur Erwtderung: „Entschuldi
g«n Ste dte rednertjch« Befangrnheit, mtt der ich
Si« auffordere, auf das Wohl deS Großherzog«
z« irtnkrn. Wo so viel Liebe und Verehrung fich
findet da ist «s jchwer, ihr entsprechenden AuS-
druck zu geben. Dte StLtte aber, auf der ich
st-he, rrleichtert mir wesentlich, dtrS auszuführen.
Denn hier tn Heidelberg war eS, wo srit langrr
Zeit dte Stämme Deutschlands, durch thre Söhnr
verbunden, «in geisttgeS Band schufen, welches für
die Zukunft so viel ledeutete. Die Gesinnung,
welch« von dirser Hochschule auS sich üdrr gar z
Deutschland ausbreitet«, war im etgentlichen Sinne
de« WvrteS verkörpert im Großherzog. Wenn ich
in diesem Augenbltcke ,u Jhnen spreche, so ge-
denke ich tief bewegt der Grschtchte uns«r«r Ju-
g«nd, deS Ausdrucks der Hoffnung auf die Zett,
dtr wir nicht mehr erlrben zu können glaubtrn,
für die zu wtrken aber wir betde Hand in Hand
gingen. Ernstr Zriten kamen für uus, die unS
beide ins Feldlager führten, und waS wir da gut
gesprochrn und vorbereitrt, verkündete drr Mund
d«s Großher,ogs am 18. Januar 1871. Die
gesammten deutschrn Fürsteu unter Führung des-
jentgrn, dessen Mund jrtzt sür imm«r verstummt
tst, führtcn mrinem HauS die erbliche Katserkrone
zu, u»d tn diesem Augenblicke gedenke ich mit tte-
srr Rührung drr Stunde, in der das an Haupt
und Gliedern reformirte drutsche Riich wieder her
gestellt war und Deutschlanb seinc« Kaiser wie-
der hatte. Bet dies«m geschichtlichrn Rückblick be
greist gewiß jeder, daß ich mit Mund und Herz
auf drnjenlgen Fürsten toaste, der Allen voran-
ging, als es galt, die grvßt Entsch«idung heibet-
zusühren. Der Name des GroßherzogS ist fest
verbunden mtt diesem bedrutenden und unvergeß-
lichen Akte der Geschtchte. In dtrsem Sinne for-
der« ich Sie Alle auf, mit mir einzustimmen tn
den Ruf: „Du, Großherz-g von Badrn, leb«
hoch!"
Ein dreimoltgeS Hoch durchbravste mächtig
den Saal. jliach «inigen Minuten «rhob sich
Graf Berlichingin und bracht« din Trinkspruch auf
di« Frau Großherzogin uad daS großherzoglichr
Hau« aus, tndrm er auf dea Wohlthätigkeits- und
Familienstnn deS badtsche, Fiicstengeschlechts htn-
wies. Aucb des erst genesrven und in der Ferne
weilevden Erbpiinzen gedachte er dabri mtt war-
men Worten.
Zum zwetten Mal rrhob stch setzt der Groß-
herzog in seiner Eigenschaft als Rektor, um mtt
erhobiner Stimme tie Universttät vnd die Wiffen
schastea zu feiern, wobet eine gewiffe Rührung
durchklang, als er setner eigenen Heidelberger
Studtenzett gedachte. Der üoast lautete:
„Daß die halbtausendjährige Iubelf«ier der
Universität Heidelberg »och in die Zett fällt, La
mir dte göttliche Gnade zu Theil wird, das Groß-
herzogthum zu regieren, schätzr ich dankbar als
einrn besonderen Borzug. Jch eryebe mich aber
mit um so brwegterem Hirzen zum Trinkspruch
auf dte ehrwürdige Hochschule, wril ich ihr vor
43 Jahren angehölte und an derselben in un-
vergletchlicher Gemetnschaft mit «inem hochbegab-
t«n Bruder vielfachen Studien oblag. Was unser«
JubiläumS Untversität in den sünf Jrhrhunderten
geleistet hat, davon wurde heute von berufrnster
Seit« in meisterhafter Darstellung Zeugniß gege-
ben. Jch beschränke mich nun, auv der Erinne-
rung an Mtinr eigrnen Erlebniffe zu schvpfen und
dabei den Etnfiuß hervorzuheben, welchrn dte
Pflanzstätte der Wissenschaften auf unsere natto-
nale Entwickelung auSgeübt hat. Btel« Anrrgun-
gea gingrn aus Len stillrn Werkstätlen der be-
deutrndsten Lehrer dieser Hochschule hervor und
fanden dann «inr fruchtbare Anwendung tm Staat
und d«r Gesellschast. Dte wirksamstr» Anregun-
gen wurden der Jugind zu Thetl durch die Er-
weckung eines lebhaften vaterländische» Geistes,
der sich in der Folge durch treue Hingebung uud
selbstlos« Aufopferung bewährt«. Unser« Jubel-
Universität hat an den Entwicklungsstufen der
Gestaltung deS diutschen Reiches einen vorberei-
tende» Anthetl genommen, der alS eine hohe
patrtotische Leistung dankbar anerkannt wrrden
darf. Heute tst der Untversttät dte freutige Ge-
nugthuung beschteden, dtr thatsächliche Bekundung
der Etnheit der Wissenschasten erleben zu dürfen,
da «i»e ungewöhnliche retche Betheiligung von
Vertretern derselben aus allrn Staaten Europas
und aus avdere» Weltthrtlen »u unserer großen
Freudr sich rretgnet hat. Diese lebendtg» Dar-
stellung der UaiversitaS bildet ein festeS Band,
daS alle Nationen in dem Streben nach Erkennt-
»iß der Wahrheit umschlteßt. Möge heut« ein
Bu»d bleibender Freundschaft geschloffen wrrdzn
für gemeinsame Wtrksamkeit zum Wohle der Völ
krr, welche bet diesem Feste vertreten stnd. Jch
«rjuche die hohe Versammlung, tn dirsem Geiste
der Ruperto Carola und deren fernerem Gedet-
hen, Wachsen und Erblühen eiu dretfacheS Hoch
darzubringen."
Darauf «rhvb stch der Pcorektor Becker, um
den Toast auf deu Kronpnnzen auszubrtngen,
er sagte:
„Auf den gütigen Gruß, der uns soeben
geworden, muß ich mtt tief empfundenem Da»k
antwoiten Dteser Dank richtet stch zunächst an
u»ser«n lisütor muAniiioentissjmus, d«r uns mit
fester Hanp g lettrt und geführt hat, der mit set-
nem ganzen Deuken und Thun dt«s F»st zu sei-
nem «igenen gemacht hat. A!>rr der Dank gr-
bührt auch unseren GLsten Doch wie ich von
diesen spreche, fLllt mein Auge auf ein« hehre
Fürstengestalt, di« den Blick feffelt und »icht wte-
drr losläßt. Wir habrn in Deutschland Zetten
gehrbt, ganz anders als dies«, trüde, dumpf und
schwer un» dt« Schuld daran haben Völker und
Fürsten getragen. Aber unter den Fürsten hat
stch etn Grschlecht erhoben, weil rs zuerst begrif
fe», daß dt« Jntrrefsen vvn Fürsten und Retch
nicht auseinanderlauftn, und dsß der Fürst seine
Macht stabiltrt auf «inem roolisr cks brcmve. drr
stch felber als «rster Dtener seineS Staates be-
kennt. Unter uns weilt rtn Fürstensoh«, der in
jungen Jahren sein Hier geführt hat von Sieg
,u Sieg, und der bei Wrißenburg und Wörth
Heidelberg die stchere Zuverstcht gegeben, die es
im letzten K.iege genoffen Aber dte er Frldherr
tst zugletch der vollrndet« StaatSmann äomi mi-
litiusqus gletch wicksam, gleich «rfolgreich, der stn-
ntge Förderer von Wtffenfchaft und Aunst.
Metne Herren, es t,be Deutschlands Stol, und
Hoffnung!"
Den Retgen der Toast« beschloß Helmholtz
mit einem überaus launigen Toast auf Hrtdelberg,
dabei d«r auch schönen Gegend des Kreuzbergs
grdenkrnd, von dem er hergekommen. „Nun fret-
lich, es gtebt echte und unechte Schönhetten.
Heidtloecg ist ein« «cht«, von vielen Dtchtern be-
sungeie Diesen SLngern kann tch keinr Kon-
kurrenz machen; ich fetere aber Heidelberg von
,tn«r anderen Seite, alS Naturforscher." Nach-
dem er der Berdtenste der neueren Hndelberger
Forschrr auf dtesem Gebiett mtt beredten, vtelfach
vom Beifall unterbrochenen Worten g»dacht, schloß
er mit Scheffels Wortrn: „Alt Hrtdelberg, Da
^eine u. s. w. !"
Erst gegen Uhr «ndet« daS Festmahl.
Um 9 Uhr «ntwickelte sich der Fackelziig von
v,m jenseils d«s Neckar b«leg«n«n Neuenheim her
über die ali« Brücke tn tmposanter LLnge. Ge
gen 5000 Fackelträgrr mtt zahlrelchen Mustkkorps,
sechs Wagen mtt Chargirten waren im Zuge.
Ganz Hridelberg war an den Fenstern oder un
terwegs. Von din Höhen aus glich der Zug
rtner riestgen Feuerschlange, dte tn pittoresk«,,
W«ndungen laugsam durch dte Nacht zog. Nach-
dem dem großherzoglichen Hsvtor msKniliventis-
simus ein« solenne Ovatton gebracht war, er-
folgte auf dem Ludwtgsplatz vor der Universttät
das Zusammenwerfen oer Fackeln, «i« grandioses
Schauspiel, mit dem übltchen feierltchen KantuS.
G«gen r/z tl Uhr verlteß die ganze großherzog-
lichr Familte mit dem Kronprinz-n die Stadt ,u
einem Besuchc tn Karlsruhe. Am Fcettag Mor-
gen krhren dte Herrschaften zur Besichtigung deS
Festzuges zmück.
Auslaud.
Pans, 3. August. Ouitu vuvut lujiiciem,
dachteu dte Royaltsten und tropfenweise ließen str
ihre ätzenden Beweisgründe auf daS schuldige
Haupt niederträufeln. Zuerst «rschtrn der dem
Wortlaute nach u»echte Brtrf BoulangerS a»
Aumalr tm „Iournal de BruxelleS" und alSbald
leugnete der Kriegsminister dte Berfafferschaft; der
Knoten war geschürzt. Dann veröffentlichten
ropaltsttsche BlLtter den echten Brief, wtlcher fich
von de« «rsten fast nur dadurch unterscheidet, daß
der AuSdruck „Königltche Hoheit" durch „Mon-
setgneur" erseßt ist, und folgerichtiger Wets«
lrugnet, Boulanger wi-der: der Knoten schnürte
stch fester zusammen. Oa plötzltch «rfolgte dtr
Peetpetie in der Erkläiung Limbourg« und der
Veröffentlichung der photographtschen Nach-
btldungen dieser und anderer Brief« Boulauger«
an Aumalr, welch« klar nachwi«s«n, daß
der Krtegsmintster entwedrr mehrmals wissentltch
dt« Unwahrheit gesagt oter ader ein Man» vo»
so schwochem Gedächtniffe set, daß seine Belaffung
auf seinem hohen und rerantwortlichen Posten be-
denklich erschien. Ietzt leugnet Boulauger nicht
mehr, gester» bat er im „Matin" eine lange ErklL-
rung veröffentlicht, worin er «ingesteht, in die
orleanistischr Falle gegangen zu sein, wie er,
der harmlose Boulanger, immer wieder hin-
eingehen würd«, denn er brauch« lange Zei»,
um das Mtßtrauen zu lernen. Ein weite-
r«S Zeichen seiner Harmlosigkett ift es, daß
d,r General stch darüber wundert, daß der Her-
zog von Aumal«, der von ihm so hefttg angr-
frindete Vorgesetzt«, nicht vorher seine Erlaubniß
zu der Beröffentlichung dcr Briefe eingeholt habr,
dir er ihm übrigens mtt Frruden ertheilt haben
würde. WaS dte Sache selbst angehe, so habe
er gehandelt, wie jeder Offizter — wir setzen
htozu: in Frankreich — handeln würde, darum
brauche man nicht so viel Lärm zu schlagen, denn
nach dtesem zu urtheilen, babe er anfangs „viel
ernstere Enthüllungen befürchtet!" Schließlich
sieht der General in alledem nur einen elenden
Wortstrett der ihm zu beweisen schein«, daß di«
Fetnde der Republik viel darauf halten, an der
Strlle des Kriegsmtnisters etnen anderen zu se-
hen al' ihn; «r gestehe zu, daß es ihm
nicht mißfallr, das festzustellen. Die Brme«
dürste von der Erklärung thres HaupteS,
daß jeder Offizi«r an setner Stelle ebenso gehan-
delt haben würde, wenig »rbaut sein und die öf-
fe»tliche Meinong kehrt sich mit Ausnahme etntger
ultra-radikaler BlLtter, wie „Jntravsigeant", „Ev,-
orment" «rd „Fraoce", «ntschtedriigegen Boulanger.
Selbst Clemeoceau scheint daö demokrattsche Oel,
mit welchem er sei»,n Schützling gesalbt hat, zu
bereuen, denn seine „Justice" straft thn sett Sonn-
tag mit Schweigen. Da eS sich bet der ganzen
Angrlegenheit um etnrn Streit im eiginen HauS-
halt der Franzosen handelt, so kann man sich füg-
ltch darauf beschränken, einige Urtheile Ler geach-
tetsten französischea Blätter wiederzugeben. Dt«
„Republigue Francaise" sagt: „Es steht fest, daß
der Grneral, welcher augenblickltch di« unverdiente
Ehre genießt, den Oberbefehl übrr di« französtschr
Armee inne zu haben, zwei Mal in wenigeo
Tagen öffentlich das abgeleugnet hat, wa«, wi«
er wußte, die Wahrheit war .... Wir stellen
diese tramigr Thatsache fest, ohn« ein Wort hin-
zuzusügen." Selbst der ehemalige Hauptmann
Maujan, der, als Thtbaudtn das Kriegsmintste-
rium niederlegte, setne Entlaffung gab, sagt fich
in der „France Libre" von Boulanger loS und
erklärt ihn für gertchtet.
Stettiner Nachrichtea.
Stetlill, 5. Auguft. Etnes der Llteste»
StLdtchen PommernS ist Lassan, über deffe«
Vorgeschichte der „Stralsunder Zeitung'1 FolgendrS
grschrteben wird: Das geschtchtltche Aktenstück,
welcheS den Namen der Ortschaft Lasian zum
erst«n Malr erwähnt, ist dattrt von Wüizburg,
den 10. August 1136. Auf Ausuchen de« Bam-
berger Ktrchensürsten Otto verordnele an jeoem
Tage der Kaiser Lothar II., daß zur Belohnung
für seine, des BischofS, Bemühungen um die Ber-
brrttung deS ChrtstenthumS tn Pommern, dte
Steuer der slavischen Landschaften Großwt«,
Lassan, Meserechs, Ziethen und Tribs,es künfttg
an das Stift Bamberg gezahlt werden sollte.
Mit dem 16. August 1136, vor 750 Jah-
ren also, deginnt die geschichtlich« Existenz vo«
Laffan, Dorf Zieth«» und Tribsees, während
Wolgast und Gützko« schon durch di« Mtssions-
reisrn des Bamberger Btschofs Otto bekannt
werden. Jn der gedachten Urkunde werden Laffan
U«ah«e »o» Juicriuru Schulzcnstraße 9 uud Kirchplay 3
Redaktion und Ex-cdiliou Mchpiay 3.
Aboanemeut fär Stettiu monatlich sy Pfg., mit TrLgcrl obn 79 Pfg.,
aus vcr Psst vicrtelAhrlich 2 Mk., mit LauddriefträgergelL 2 Mk. 59 M.
Iuscrate dic Petitzeile 15 Pfenuige.
Abcnd-Ausgabe. Doimcrstag, den 5. August 1886. Nr. 360.
D*»1s<dla»d
Berltu, 1. August.
— Nach ti«»m Ttlegramm aus F'tibtrg hat
daS tortige Laadgertcht tn d,m vor ihm anhLn-
gtgen Sojialtstenprozeß sein Urthetl »«rkündet. D»r
GrrtchtShof hat die A»g«k>agt»n etn»r verbot»u«n
Berbindung schuldtg »rkaunt und folgeude Stra
fru ausg«sproch«n: von Vollmar, Bebel, Auer,
Alrich, Frohm« und Dier«ck wu-den jed«r ,u n«un
Mouaten Geiängniß, Dtetz, Müllir uvd H«in»«l
,u je sechS Mouaten GefLugntß v«rurth«ilt. Dte
ErivägungSgründe d«S GerichtS liegen unS noch
ntcht vor. Es «ag dara» «riuueit werde», daß
d«r Staatsanwalt i» d«r Begründung der Anklage
als Hauptjweck d»r den Ang«klagt»n,»g»schrt«b«uen
Berbtndung die H«rstellung und mögitchst w«ite
B«rbr«ttung s»,taldemokratisch,r Druckjchrtsirn de-
,«ichn«t hatt«. D«r Staatsanwalt hatte r«n Nach-
wets ,u jühren untrr«o«me», daß tunerhalb der
so»iald«mokratische» Partet «i» Kern vorhanden
sei, der i» irgend welcher Organisatton konstttuirt,
d«n „So,tald«mokrat" alS Organ dteser Vrrbin-
dung g«g,ündet hab«, für d«si«n Maff«n,tnführung
nach Drutschland di« von der Verbindung gelettrt«
Organisatton thättg war. VollstLndige Klarheit
über Bedeutung und Tragweite diS Fr«ib«rger
U'theil« wird indesien «rst dte Aenntniß der E--
wägungsgründe L«S GertchteS g«ben.
Heidelberg, 4. August. Das Ftstmahl im
großen, hübsch drkorirtrn Saale d«S MuseumS
versammelt« gegen 300 Festthetlnehm«r in hervor-
ragenden Ltben«st«llung,n.
Punkt 3 Uhr suhr L«r Großherzog mit den
Prinjen Karl und Ludwig om Museum vor und
«mpstng tm Vestibül den fünf Mtnuten später an-
lange»d«n Kronprinzen. An der westlichen Schmal-
wand des SaaleS staud di« Quertafel sür dte
Fürstlichkeiten, Minister und deren Gefolge. Der
Aronprtn, saß zwischen den beidea badijchen Prin-
zen, wetterhin Mommsen und Minister v. Goßl«r ;
gegenüber saß Ler Großhirzog zwischen drm ba-
dischen KultuSminister Nokk und dem Prorrktor
Brkkrr. Auch Zeller, d«r französisch« Drlrgirt«,
saß am Fürst««ttsche.
Des PlatzmangrlS im Hauptsaale w«g«n
wurdr auch in etnem Nebensaale s«rvi»t.
Neben dem Großherzog lag einr roth« Le-
dermappe, ia der man daS Kon,«pt einer Rete
vrrmuthrte. Doch wurd« dt« Geduld der Gallerte-
Zuschauer, ,u den«n auch di« mtt Kart«n „zum
Festmahl" bedachte Presie gehörte, auf eine harte
Prob« gestellt. Suppe und Fisch, Entree und
Gemüs« und auch der Hummer giag reke- und
toastlos vorüber; nur dle verlorenen Klängr einer
im MuseumSgarten postirten Tafilmustk drargen
hter und La in d«n Saal und vermischtr» stch
»il der überlauten Ttschunterhaltung, dt« wie
«ine iwm«r höher gehende Brandung an Le» jo-
ntsch«n SLulen und d«m Veckeogtwölbe stch brach.
Frauen und Töchter der unien tafelnten Pro-
fessoren freuten stch oben ihrcr inehr od«r mtvder
deiühmten Manner u«d Väter.
Endlich, kur, vor d«m Dessert, erhob sich d«r
Großherzog und begann mit etnem Toast auf tea
drutschen Katser. Derselbe lautet:
„Fünfhundert Jahre dewscher Geschichte über-
blicken wtr heut« b,t d«m Jubelfeste der Ruperto
Carola. MeseS halbr Jahrtausend ist aber vtel
fach von weltgeschichtltcher Bedrutung, da in man-
chem Jahrhundert DeutschlandS Machtstellung wett
über die Grenzen Europas htnauö wirkssm ge
wrs,n ist. Dte Universität Heidelberg hat Lte
tvechselnden Gischick« DeutschlandS im Sinne ihrer
Stifter und Neubegründer triu helfend beglettet
Und dabti thatkräftig mttgewirkt, der Nation die
Vorzüge wisienscha;tlich«r Forschung zu gewähren.
Nichl immer war eS dieser Hochschule vergönnt,
ihre GeisteSarbeit im Frieden zu vollztehen; um
so höher schLtzen wir dte Gegrnwart, welchr uns
berechtigt, zu hoffe«, daß das neubegründete deutsche
Iieich die Macht besttzr, den Weltfrteden dauernd
,u stchern. Wtr blickrn daher dankbar zu d«m
Dkrrhaupt d«S Reichiö, nicht nur wril wir in
ihm drn Träger dir ödaiserkrone und somit d,r
Dkacht und Größe DeutschlandS erbltckin, sondern
Uuch wetl wir in der khrwncdtgrn Persönlichkeit
Unsere« Kaisers Alles das vereinigt finden, was
^«tt übrr die Girnze des diutschen Reicheö ver-
Iraurnerweckend sich «rwiesen hat. Für unS
Deutsch, gstt pgg H,ch Sbaiser als etne wcrtbe
Psticht p,e Ehrfurcht und Lieb«. Jch glaube aber
alle Anwesenden auffordern zu dürfen, Sr. Ma-
jestät dem Kaiser unserr erste Huldigung darzu-
bringen, da ich übrrzeugt bin, daß Si« AUe in
ihm den Hort drs FriedenS und damit zugleich
den schützenden Förberer d«ö geisttgen Wohlerge-
hens der Nationen und ihrer Jnterrssrn erkrnne«
wollen. Kaisrr Wtlhelm. d,r Begründer drö
Reiche», drr Behüter des Fiiedrns, lebe hoch !"
Nachdem Ler Jubel verklungen war, «rhob
sich der Kronprin, zur Erwtderung: „Entschuldi
g«n Ste dte rednertjch« Befangrnheit, mtt der ich
Si« auffordere, auf das Wohl deS Großherzog«
z« irtnkrn. Wo so viel Liebe und Verehrung fich
findet da ist «s jchwer, ihr entsprechenden AuS-
druck zu geben. Dte StLtte aber, auf der ich
st-he, rrleichtert mir wesentlich, dtrS auszuführen.
Denn hier tn Heidelberg war eS, wo srit langrr
Zeit dte Stämme Deutschlands, durch thre Söhnr
verbunden, «in geisttgeS Band schufen, welches für
die Zukunft so viel ledeutete. Die Gesinnung,
welch« von dirser Hochschule auS sich üdrr gar z
Deutschland ausbreitet«, war im etgentlichen Sinne
de« WvrteS verkörpert im Großherzog. Wenn ich
in diesem Augenbltcke ,u Jhnen spreche, so ge-
denke ich tief bewegt der Grschtchte uns«r«r Ju-
g«nd, deS Ausdrucks der Hoffnung auf die Zett,
dtr wir nicht mehr erlrben zu können glaubtrn,
für die zu wtrken aber wir betde Hand in Hand
gingen. Ernstr Zriten kamen für uus, die unS
beide ins Feldlager führten, und waS wir da gut
gesprochrn und vorbereitrt, verkündete drr Mund
d«s Großher,ogs am 18. Januar 1871. Die
gesammten deutschrn Fürsteu unter Führung des-
jentgrn, dessen Mund jrtzt sür imm«r verstummt
tst, führtcn mrinem HauS die erbliche Katserkrone
zu, u»d tn diesem Augenblicke gedenke ich mit tte-
srr Rührung drr Stunde, in der das an Haupt
und Gliedern reformirte drutsche Riich wieder her
gestellt war und Deutschlanb seinc« Kaiser wie-
der hatte. Bet dies«m geschichtlichrn Rückblick be
greist gewiß jeder, daß ich mit Mund und Herz
auf drnjenlgen Fürsten toaste, der Allen voran-
ging, als es galt, die grvßt Entsch«idung heibet-
zusühren. Der Name des GroßherzogS ist fest
verbunden mtt diesem bedrutenden und unvergeß-
lichen Akte der Geschtchte. In dtrsem Sinne for-
der« ich Sie Alle auf, mit mir einzustimmen tn
den Ruf: „Du, Großherz-g von Badrn, leb«
hoch!"
Ein dreimoltgeS Hoch durchbravste mächtig
den Saal. jliach «inigen Minuten «rhob sich
Graf Berlichingin und bracht« din Trinkspruch auf
di« Frau Großherzogin uad daS großherzoglichr
Hau« aus, tndrm er auf dea Wohlthätigkeits- und
Familienstnn deS badtsche, Fiicstengeschlechts htn-
wies. Aucb des erst genesrven und in der Ferne
weilevden Erbpiinzen gedachte er dabri mtt war-
men Worten.
Zum zwetten Mal rrhob stch setzt der Groß-
herzog in seiner Eigenschaft als Rektor, um mtt
erhobiner Stimme tie Universttät vnd die Wiffen
schastea zu feiern, wobet eine gewiffe Rührung
durchklang, als er setner eigenen Heidelberger
Studtenzett gedachte. Der üoast lautete:
„Daß die halbtausendjährige Iubelf«ier der
Universität Heidelberg »och in die Zett fällt, La
mir dte göttliche Gnade zu Theil wird, das Groß-
herzogthum zu regieren, schätzr ich dankbar als
einrn besonderen Borzug. Jch eryebe mich aber
mit um so brwegterem Hirzen zum Trinkspruch
auf dte ehrwürdige Hochschule, wril ich ihr vor
43 Jahren angehölte und an derselben in un-
vergletchlicher Gemetnschaft mit «inem hochbegab-
t«n Bruder vielfachen Studien oblag. Was unser«
JubiläumS Untversität in den sünf Jrhrhunderten
geleistet hat, davon wurde heute von berufrnster
Seit« in meisterhafter Darstellung Zeugniß gege-
ben. Jch beschränke mich nun, auv der Erinne-
rung an Mtinr eigrnen Erlebniffe zu schvpfen und
dabei den Etnfiuß hervorzuheben, welchrn dte
Pflanzstätte der Wissenschaften auf unsere natto-
nale Entwickelung auSgeübt hat. Btel« Anrrgun-
gea gingrn aus Len stillrn Werkstätlen der be-
deutrndsten Lehrer dieser Hochschule hervor und
fanden dann «inr fruchtbare Anwendung tm Staat
und d«r Gesellschast. Dte wirksamstr» Anregun-
gen wurden der Jugind zu Thetl durch die Er-
weckung eines lebhaften vaterländische» Geistes,
der sich in der Folge durch treue Hingebung uud
selbstlos« Aufopferung bewährt«. Unser« Jubel-
Universität hat an den Entwicklungsstufen der
Gestaltung deS diutschen Reiches einen vorberei-
tende» Anthetl genommen, der alS eine hohe
patrtotische Leistung dankbar anerkannt wrrden
darf. Heute tst der Untversttät dte freutige Ge-
nugthuung beschteden, dtr thatsächliche Bekundung
der Etnheit der Wissenschasten erleben zu dürfen,
da «i»e ungewöhnliche retche Betheiligung von
Vertretern derselben aus allrn Staaten Europas
und aus avdere» Weltthrtlen »u unserer großen
Freudr sich rretgnet hat. Diese lebendtg» Dar-
stellung der UaiversitaS bildet ein festeS Band,
daS alle Nationen in dem Streben nach Erkennt-
»iß der Wahrheit umschlteßt. Möge heut« ein
Bu»d bleibender Freundschaft geschloffen wrrdzn
für gemeinsame Wtrksamkeit zum Wohle der Völ
krr, welche bet diesem Feste vertreten stnd. Jch
«rjuche die hohe Versammlung, tn dirsem Geiste
der Ruperto Carola und deren fernerem Gedet-
hen, Wachsen und Erblühen eiu dretfacheS Hoch
darzubringen."
Darauf «rhvb stch der Pcorektor Becker, um
den Toast auf deu Kronpnnzen auszubrtngen,
er sagte:
„Auf den gütigen Gruß, der uns soeben
geworden, muß ich mtt tief empfundenem Da»k
antwoiten Dteser Dank richtet stch zunächst an
u»ser«n lisütor muAniiioentissjmus, d«r uns mit
fester Hanp g lettrt und geführt hat, der mit set-
nem ganzen Deuken und Thun dt«s F»st zu sei-
nem «igenen gemacht hat. A!>rr der Dank gr-
bührt auch unseren GLsten Doch wie ich von
diesen spreche, fLllt mein Auge auf ein« hehre
Fürstengestalt, di« den Blick feffelt und »icht wte-
drr losläßt. Wir habrn in Deutschland Zetten
gehrbt, ganz anders als dies«, trüde, dumpf und
schwer un» dt« Schuld daran haben Völker und
Fürsten getragen. Aber unter den Fürsten hat
stch etn Grschlecht erhoben, weil rs zuerst begrif
fe», daß dt« Jntrrefsen vvn Fürsten und Retch
nicht auseinanderlauftn, und dsß der Fürst seine
Macht stabiltrt auf «inem roolisr cks brcmve. drr
stch felber als «rster Dtener seineS Staates be-
kennt. Unter uns weilt rtn Fürstensoh«, der in
jungen Jahren sein Hier geführt hat von Sieg
,u Sieg, und der bei Wrißenburg und Wörth
Heidelberg die stchere Zuverstcht gegeben, die es
im letzten K.iege genoffen Aber dte er Frldherr
tst zugletch der vollrndet« StaatSmann äomi mi-
litiusqus gletch wicksam, gleich «rfolgreich, der stn-
ntge Förderer von Wtffenfchaft und Aunst.
Metne Herren, es t,be Deutschlands Stol, und
Hoffnung!"
Den Retgen der Toast« beschloß Helmholtz
mit einem überaus launigen Toast auf Hrtdelberg,
dabei d«r auch schönen Gegend des Kreuzbergs
grdenkrnd, von dem er hergekommen. „Nun fret-
lich, es gtebt echte und unechte Schönhetten.
Heidtloecg ist ein« «cht«, von vielen Dtchtern be-
sungeie Diesen SLngern kann tch keinr Kon-
kurrenz machen; ich fetere aber Heidelberg von
,tn«r anderen Seite, alS Naturforscher." Nach-
dem er der Berdtenste der neueren Hndelberger
Forschrr auf dtesem Gebiett mtt beredten, vtelfach
vom Beifall unterbrochenen Worten g»dacht, schloß
er mit Scheffels Wortrn: „Alt Hrtdelberg, Da
^eine u. s. w. !"
Erst gegen Uhr «ndet« daS Festmahl.
Um 9 Uhr «ntwickelte sich der Fackelziig von
v,m jenseils d«s Neckar b«leg«n«n Neuenheim her
über die ali« Brücke tn tmposanter LLnge. Ge
gen 5000 Fackelträgrr mtt zahlrelchen Mustkkorps,
sechs Wagen mtt Chargirten waren im Zuge.
Ganz Hridelberg war an den Fenstern oder un
terwegs. Von din Höhen aus glich der Zug
rtner riestgen Feuerschlange, dte tn pittoresk«,,
W«ndungen laugsam durch dte Nacht zog. Nach-
dem dem großherzoglichen Hsvtor msKniliventis-
simus ein« solenne Ovatton gebracht war, er-
folgte auf dem Ludwtgsplatz vor der Universttät
das Zusammenwerfen oer Fackeln, «i« grandioses
Schauspiel, mit dem übltchen feierltchen KantuS.
G«gen r/z tl Uhr verlteß die ganze großherzog-
lichr Familte mit dem Kronprinz-n die Stadt ,u
einem Besuchc tn Karlsruhe. Am Fcettag Mor-
gen krhren dte Herrschaften zur Besichtigung deS
Festzuges zmück.
Auslaud.
Pans, 3. August. Ouitu vuvut lujiiciem,
dachteu dte Royaltsten und tropfenweise ließen str
ihre ätzenden Beweisgründe auf daS schuldige
Haupt niederträufeln. Zuerst «rschtrn der dem
Wortlaute nach u»echte Brtrf BoulangerS a»
Aumalr tm „Iournal de BruxelleS" und alSbald
leugnete der Kriegsminister dte Berfafferschaft; der
Knoten war geschürzt. Dann veröffentlichten
ropaltsttsche BlLtter den echten Brief, wtlcher fich
von de« «rsten fast nur dadurch unterscheidet, daß
der AuSdruck „Königltche Hoheit" durch „Mon-
setgneur" erseßt ist, und folgerichtiger Wets«
lrugnet, Boulanger wi-der: der Knoten schnürte
stch fester zusammen. Oa plötzltch «rfolgte dtr
Peetpetie in der Erkläiung Limbourg« und der
Veröffentlichung der photographtschen Nach-
btldungen dieser und anderer Brief« Boulauger«
an Aumalr, welch« klar nachwi«s«n, daß
der Krtegsmintster entwedrr mehrmals wissentltch
dt« Unwahrheit gesagt oter ader ein Man» vo»
so schwochem Gedächtniffe set, daß seine Belaffung
auf seinem hohen und rerantwortlichen Posten be-
denklich erschien. Ietzt leugnet Boulauger nicht
mehr, gester» bat er im „Matin" eine lange ErklL-
rung veröffentlicht, worin er «ingesteht, in die
orleanistischr Falle gegangen zu sein, wie er,
der harmlose Boulanger, immer wieder hin-
eingehen würd«, denn er brauch« lange Zei»,
um das Mtßtrauen zu lernen. Ein weite-
r«S Zeichen seiner Harmlosigkett ift es, daß
d,r General stch darüber wundert, daß der Her-
zog von Aumal«, der von ihm so hefttg angr-
frindete Vorgesetzt«, nicht vorher seine Erlaubniß
zu der Beröffentlichung dcr Briefe eingeholt habr,
dir er ihm übrigens mtt Frruden ertheilt haben
würde. WaS dte Sache selbst angehe, so habe
er gehandelt, wie jeder Offizter — wir setzen
htozu: in Frankreich — handeln würde, darum
brauche man nicht so viel Lärm zu schlagen, denn
nach dtesem zu urtheilen, babe er anfangs „viel
ernstere Enthüllungen befürchtet!" Schließlich
sieht der General in alledem nur einen elenden
Wortstrett der ihm zu beweisen schein«, daß di«
Fetnde der Republik viel darauf halten, an der
Strlle des Kriegsmtnisters etnen anderen zu se-
hen al' ihn; «r gestehe zu, daß es ihm
nicht mißfallr, das festzustellen. Die Brme«
dürste von der Erklärung thres HaupteS,
daß jeder Offizi«r an setner Stelle ebenso gehan-
delt haben würde, wenig »rbaut sein und die öf-
fe»tliche Meinong kehrt sich mit Ausnahme etntger
ultra-radikaler BlLtter, wie „Jntravsigeant", „Ev,-
orment" «rd „Fraoce", «ntschtedriigegen Boulanger.
Selbst Clemeoceau scheint daö demokrattsche Oel,
mit welchem er sei»,n Schützling gesalbt hat, zu
bereuen, denn seine „Justice" straft thn sett Sonn-
tag mit Schweigen. Da eS sich bet der ganzen
Angrlegenheit um etnrn Streit im eiginen HauS-
halt der Franzosen handelt, so kann man sich füg-
ltch darauf beschränken, einige Urtheile Ler geach-
tetsten französischea Blätter wiederzugeben. Dt«
„Republigue Francaise" sagt: „Es steht fest, daß
der Grneral, welcher augenblickltch di« unverdiente
Ehre genießt, den Oberbefehl übrr di« französtschr
Armee inne zu haben, zwei Mal in wenigeo
Tagen öffentlich das abgeleugnet hat, wa«, wi«
er wußte, die Wahrheit war .... Wir stellen
diese tramigr Thatsache fest, ohn« ein Wort hin-
zuzusügen." Selbst der ehemalige Hauptmann
Maujan, der, als Thtbaudtn das Kriegsmintste-
rium niederlegte, setne Entlaffung gab, sagt fich
in der „France Libre" von Boulanger loS und
erklärt ihn für gertchtet.
Stettiner Nachrichtea.
Stetlill, 5. Auguft. Etnes der Llteste»
StLdtchen PommernS ist Lassan, über deffe«
Vorgeschichte der „Stralsunder Zeitung'1 FolgendrS
grschrteben wird: Das geschtchtltche Aktenstück,
welcheS den Namen der Ortschaft Lasian zum
erst«n Malr erwähnt, ist dattrt von Wüizburg,
den 10. August 1136. Auf Ausuchen de« Bam-
berger Ktrchensürsten Otto verordnele an jeoem
Tage der Kaiser Lothar II., daß zur Belohnung
für seine, des BischofS, Bemühungen um die Ber-
brrttung deS ChrtstenthumS tn Pommern, dte
Steuer der slavischen Landschaften Großwt«,
Lassan, Meserechs, Ziethen und Tribs,es künfttg
an das Stift Bamberg gezahlt werden sollte.
Mit dem 16. August 1136, vor 750 Jah-
ren also, deginnt die geschichtlich« Existenz vo«
Laffan, Dorf Zieth«» und Tribsees, während
Wolgast und Gützko« schon durch di« Mtssions-
reisrn des Bamberger Btschofs Otto bekannt
werden. Jn der gedachten Urkunde werden Laffan