Die öffentliche Meinung und die Juden. Das Gesetz von 1824 15
samkeit vieler Individuen unter diesem Volke geschildert wird."
Diese Charakteristik stammt aus einer ungemein bezeichnenden
Schrift des Vr. G. Friederich, betitelt „Die Juden und ihre
Gegner" (Franksurt 1816). Der Verfasser ist ein Freund der Juden.
Hören wir, wie er sich eine Besserung der herrschenden Zustände
denkt. Er meint, der Staat habe dafür zu sorgen, und empfiehlt
„eine zweckmäßige, auf Naturell und Volkstümlichkeit berechnete
Erziehung der Heranwachsenden jüdischen Generation", wobei
„gymnastische Übungen zur Abhärtung und Besiegung der Furcht-
samkeit" eine besondere Rolle spielen sollen. Ferner verlangt er
vom Staate, er solle die Juden allmählich vom Handel, insbesondere
vom niedrigen, sittenverderbenden Trödel und Schacher entwöhnen,
sie zu Handwerk und Ackerbau anhalten. Schließlich soll der Staat
für Veredelung der religiösen Kultur und Läuterung ihrer Re-
ligions- und Glaubensansichten überhaupt sorgen. Der Vertreter
solcher Vorschläge will entschieden das Beste der Juden, aber wie
seltsam, übertrieben und — optimistisch muten uns seine Gedanken
an. Welch ein naiver Glaube an die Allmacht des Staates! Aber
sicher war das nicht der Ton, in dem man von gleichberechtigten
Mitbürgern spricht. Es ist der wohlmeinende Jargon eines Pflanzen-
züchters, der von einer fremdartigen Sorte spricht und die Frage
ihrer Akklimatisierung erörtert. — An Emanzipation denkt unser
Judenfreund von 1816 gar nicht. Im Gegenteil zählt er ganz
kühl fünf Maßregeln auf, die dazu dienen sollen, „die Juden in
politischer Hinsicht für den Staat unschädlich zu machen". Nur eine
bestimmte Anzahl Individuen soll Handel treiben dürfen, der Staat
soll keine Lieferungen von ihnen nehmen. Geldwechsel und Papier-
handel soll ihnen genommen werden, die Einwanderung aus dem
Osten (Rußland, Österreich, Polen) soll man verhindern, Staats-
ämter und Heeresdienst soll den Juden verschlossen bleiben. — Und
der Erfolg? Wenn das geschähe, würden die Juden nicht mehr
als Sklaven mitarbeiten, sondern der Gesamtkultur der Menschheit
teilhastig werden. Natürlich! Das ist ja das Ziel. Der Verfasser
ist ein Schüler Herders, wie er auf jeder Seite durch zitierte und nicht
zitierte Ansichten beweist. Er will die „Humanisierung" in Herders
Sinne! — Und dabei ist der Vortreffliche offenbar ganz ehrlich und
fonder Heuchelei begeistert sür seine Theorien.
In Erwägung dieses Tatbestandes müssen wir das Frankfurter
Judengesetz von 1824 entschieden auch — human nennen.
Minderberechtigt wie die Juden waren alle die christlichen
Personen, die Beisassenschutz genossen. Sie trugen die Bürger-
samkeit vieler Individuen unter diesem Volke geschildert wird."
Diese Charakteristik stammt aus einer ungemein bezeichnenden
Schrift des Vr. G. Friederich, betitelt „Die Juden und ihre
Gegner" (Franksurt 1816). Der Verfasser ist ein Freund der Juden.
Hören wir, wie er sich eine Besserung der herrschenden Zustände
denkt. Er meint, der Staat habe dafür zu sorgen, und empfiehlt
„eine zweckmäßige, auf Naturell und Volkstümlichkeit berechnete
Erziehung der Heranwachsenden jüdischen Generation", wobei
„gymnastische Übungen zur Abhärtung und Besiegung der Furcht-
samkeit" eine besondere Rolle spielen sollen. Ferner verlangt er
vom Staate, er solle die Juden allmählich vom Handel, insbesondere
vom niedrigen, sittenverderbenden Trödel und Schacher entwöhnen,
sie zu Handwerk und Ackerbau anhalten. Schließlich soll der Staat
für Veredelung der religiösen Kultur und Läuterung ihrer Re-
ligions- und Glaubensansichten überhaupt sorgen. Der Vertreter
solcher Vorschläge will entschieden das Beste der Juden, aber wie
seltsam, übertrieben und — optimistisch muten uns seine Gedanken
an. Welch ein naiver Glaube an die Allmacht des Staates! Aber
sicher war das nicht der Ton, in dem man von gleichberechtigten
Mitbürgern spricht. Es ist der wohlmeinende Jargon eines Pflanzen-
züchters, der von einer fremdartigen Sorte spricht und die Frage
ihrer Akklimatisierung erörtert. — An Emanzipation denkt unser
Judenfreund von 1816 gar nicht. Im Gegenteil zählt er ganz
kühl fünf Maßregeln auf, die dazu dienen sollen, „die Juden in
politischer Hinsicht für den Staat unschädlich zu machen". Nur eine
bestimmte Anzahl Individuen soll Handel treiben dürfen, der Staat
soll keine Lieferungen von ihnen nehmen. Geldwechsel und Papier-
handel soll ihnen genommen werden, die Einwanderung aus dem
Osten (Rußland, Österreich, Polen) soll man verhindern, Staats-
ämter und Heeresdienst soll den Juden verschlossen bleiben. — Und
der Erfolg? Wenn das geschähe, würden die Juden nicht mehr
als Sklaven mitarbeiten, sondern der Gesamtkultur der Menschheit
teilhastig werden. Natürlich! Das ist ja das Ziel. Der Verfasser
ist ein Schüler Herders, wie er auf jeder Seite durch zitierte und nicht
zitierte Ansichten beweist. Er will die „Humanisierung" in Herders
Sinne! — Und dabei ist der Vortreffliche offenbar ganz ehrlich und
fonder Heuchelei begeistert sür seine Theorien.
In Erwägung dieses Tatbestandes müssen wir das Frankfurter
Judengesetz von 1824 entschieden auch — human nennen.
Minderberechtigt wie die Juden waren alle die christlichen
Personen, die Beisassenschutz genossen. Sie trugen die Bürger-