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Valentin, Veit
Politisches, geistiges und wirtschaftliches Leben in Frankfurt am Main vor dem Beginn der Revolution von 1848/49 — Stuttgart: Union dt. Verlagsges., 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.71759#0035
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Art der Geselligkeit. Die Großkaufmannschaft

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Eifersüchteleien und die politische Unfruchtbarkeit in der Bundes-
versammlung fröhlich hinweg. — Das Äußerliche an ihrem Dafein
war und blieb glänzend -^ und gerade das kam Frankfurt zu gute.
Biele Gesandte wohnten auf den ehemaligen Wällen, in schmalen,
stillen Straßen, die in ihrer kühlen Verschlossenheit an die Gesandten-
straße zu Regensburg erinnern konnten, andere hatten an den
neuen, bewunderten Promenaden oder vor den Toren mitten
zwischen breiten, schönen Gärten ihre Häuser, als Nachbarn der
Patriziervillen. Es war bei Einheimischen und Fremden derselbe
Baucharakter: breite, von der Straße zurückliegende Gebäude mit
schönen freien Treppen, außen und innen; nichts von kleinlicher
Platzsparerei; über der Auffahrt ein Balkon, ebenso an den Mittel-
fenstern der ersten Etage, das Dach sonst gegiebelt; aus der Rückseite
des Hauses Arkaden, ein Springbrunnen, ein stiller Garten mit
alten Bäumen — wie in einem italienischen Palazzo; hinter den
breiten Fenstern quadratische Räume mit glänzendem Parkett, recht
geschossen für den Kontretanz, nichts schreiend Farbiges, alles
weiß, ins Graue spielend, echt, gedämpft, kühl — sehr vornehm. —
Die ersten Frankfurter Patrizierfamilien hatten früher, zur
reichsstädtischen Zeit, keineswegs einen einheitlich in sich geschlossenen
Kreis gebildet. Abgesehen von Koterien und den für sich lebenden
adeligen Gesellschaften standen auch Lutheraner, Reformierte,
Katholiken gesondert H. Die ersteren waren am zahlreichsten und
deshalb, im Gefühl doch die ersten und eigentlich die einzigen zu
sein, am duldsamsten. Sie pflegten besonders Familiengeselligkeit,
wo es dann beim Kartenspiel gemütlich und humorvoll zuging.
Die Reformierten, aus Frankreich oder den Niederlanden 'ein-
gewandert, waren feiner und weltmännischer. Sie hatten den be-
triebsamsten Handel, die glänzendsten Bankhäuser. Durch Reichtum
und Intelligenz suchten sie gegen den politischen Einfluß der ande-
ren, der ihnen damals noch versagt war, aufzukommen, wie man
sagte, nicht ohne praktische Erfolge. In ihren Zirkeln verkehrten
Fremde, Berühmtheiten — so fand Frau von Stasl°) in der weit-
verzweigten Familie Gontard Aufnahme — sie Waren geistvoll, be-
reit zu schlagfertigen: Scherz. Die seux ä'ssxrit, Nachfolger der
Pfänderspiele der Goetheschen Zeit waren hier heimisch. Die Ka-
tholiken endlich waren nur gering an Zahl, wenige sehr reiche
h Vergleiche Jügela. a. O. S. 222 f. und passim.
H Sie urteilte später: ^rnriokort sst une trös solle vills, on ^ Ulins
xurtniteinent dien, tont le uronUe pnrle trunyuis et s'^xpells Oonturci.
Jügel, S. 280.
 
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