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Valentin, Veit
Politisches, geistiges und wirtschaftliches Leben in Frankfurt am Main vor dem Beginn der Revolution von 1848/49 — Stuttgart: Union dt. Verlagsges., 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.71759#0041
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Die Oberamtspostzeitnng. Des Journal cis ^ranskort

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„Leih' Kräfte mir, o Muse, sie zu Preisen,
Ihn, Franz den Guten, Ostreichs Talisman,
Ihn, Nikolaus, den mächtigen Herrn der Reußen,
Und Friedrich Wilhelm, den Gerechten dann."
Auf solches Blatt versagteu sich die liberalen Gegner natürlich
keinen irgend möglichen Angriff. So wird es einmal in folgenden
Versen charakterisiert^):

„Stets gegen gefährliche Neuerungen klagend,
Durch Keuschheit und Sanftmut emporragend,
Nie ein eigenes Urteil wagend,
Die Leser bloß mit Langeweile plagend,
Gewöhnlich wenig oder nichts sagend,
Sich immer vorsichtig und ruhig betragend."
Derselben geistigen Sphäre gehört das einstmals von Emi-
granten in Frankfurt gegründete, französisch erscheinende llournal
cis branokort an. Es verfolgte seiner Abstammung getreu besonders
die französischen Ereignisse, druckte die englischen und französischen
Kammerverhandlungen ausführlich und mit Kommentar ab, brachte
Hofnachrichten und — auch bezeichnend für ein in diplomatischen
Kreisen gelesenes Blatt — regelmäßige Notizen über Verbindungen
nach auswärts und Angebote von Wagensitzen.
1839 ging es in den Verlag der Thurn und Taxisschen Zeitungs-
expedition über und trug seitdem den Namen Journal clo b'ranokoi't
politiguo et tit-tsrairö. So war es ganz in die Bahnen der Ober-
postamtszeitung eingelaufen.

Der Bundestag und die Großkaufmannschaft bildeten gesell-
schaftlich die erste Schicht der Stadt. In sie hinein ragte, ohne
doch ihr als völlig ebenbürtig anzugehören, der Kreis des Senats.
So wie er politisch halb zu eiuem moderneu Magistrat geworden
war, so wie nun die Vertreter der großen Staaten Vonr Oberhaupt
des Zwergstaates oft nichts als Gehorsam, nur etwas diplomatisch
verblümt, verlangten, so konnte er nun auch sozial nicht den
Glanz des alten Rates aufrecht erhalten, wenn auch Forni und
Würde gewahrt wurden. Das Geschlecht der alten reichsstädtischen
Ratsherrn, deren vornehme Uneigennützigkeit ihrer Grandezza
gleichkam, war im Aussterben. Und wenn wir Hören von einem

') Frankfurter Jahrbücher II, 97.
 
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