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Valentin, Veit
Politisches, geistiges und wirtschaftliches Leben in Frankfurt am Main vor dem Beginn der Revolution von 1848/49 — Stuttgart: Union dt. Verlagsges., 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.71759#0052
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Frankfurt vor der Revolution

Washington Irving zu lesen oder „Die Hexe der Scollaugh-Schlucht"
in der Art Walter Scotts. Die Lyrik trat dagegen etwas zurück,
aber sie ist auch noch bunt genug: Schefer, Platen waren vertreten,
altere Gedichte von Goethe wurden veröffentlicht — persische
Mystik stand neben Übersetzungen von Lamartine und DelavigneH.
Ein besonders stark bebautes Gebiet war die Länderkunde. Aus
Indien und Ägypten wurden Reiseschilderungen gegeben, halb
märchenhaft, halb lehrhaft. Bor allem interessierte aber das Leben
der westlichen Nationen: das Treiben der Pariser Boulevards
malte die reizvolle Großstadt, uud die Sittenschilderungen aus
Eugland erregten die staunende Heiterkeit.
Das wesentlich Neue der Zeitschrift war ihr kritischer Teil. Der
Stoff aus allen Literaturen und Welten war zu reich; so gern die
noch neue Bildung alles aufsog, um recht „allgemein" zu werden —
die Masse war unübersehbar — und das Referat mußte zusammen-
drängend eine Übersicht vermitteln. Die Gedanken des Kritikers
mußten dem Leser das eigene Urteil bei all der literarischen Fülle er-
leichtern, ja ersetzen. Kunst, Sitte, Theater wurde hier besprochen.
Darin liegt das Moderne dieser und der anderen Zeitschrift, die
ihren Namen sogar vom kritischen Abwägen erhielt, der „Wage",
die Börne von 1818—23 herausgab. Wenn unter der Vielfarbigkeit,
in der die „Iris" schillerte, doch die selbständige dichterische Produk-
tion den ersten Platz bewahrte, so war das bei dieser „Zeitschrift für
Bürgerleben, Wissenschaft und Kunst" anders. Die „Iris" nannte
sich altmodisch noch „Unterhaltungsblatt für Freunde des Nützlichen
und Schönen"; Ludwig Börne (1786—1837), der programma-
tisch in seinem ersten Heft sagte, daß „der Zeitschriststeller doch
ein ehrenwerter Mann bliebe, wenn er auch nur der Fuhrmann
der Wissenschaft und der Geschichte wäre", der erklärte, die Barren

0 Ich füge noch einige charakteristische Titel bei in der von der „Iris" durch-
gesührten Rubrizierung: Gedichte : Gedichte Schillers ins Englische übersetzt;
Übersetzungen von Tyrtaios; Elegie zum Geburtstag einer fernen Freundin;
Waidesgarten; Das Käuzlein; An einen Zecher. Erzählungen: Die ita-
lienischen Banditen (aus dem Englischen); Das Wirtshaus zu Terracina (Fra
Diavolo!); Situationen in Doriks Manier. Historische Skizzen: Lord
Byron in Venedig; Lord Byron und Thomas Moore; Byrons Briefwechsel mit
seiner Mutter. LänderkundeundSittenschilderungen: Nach-
richten aus Brasilien in einem Briese eines dahin ausgewanderten Rheinländers;
Die Bude des Schreibmeisters in Paris. Literarische Charakteristik
und Kritik: Über die Eigentümlichkeiten der neugriechischen Volkslieder.
Naturwissenschaft: Luftschiffahrt. Mancherlei (Witzreden). Bil-
dende Künste und Konzertkritiken treten zurück.
 
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