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Frankfurt vor der Revolution
der Emsigkeit, die dahinter im Kontor wirkte. Nur ein einfaches
Messingschild an der Türe zeigte die Firma. Wenn aber eines
von den breiten Hoftoren einmal offen stand, so konnte man die
aufgetürmten Kisten und Ballen sehen, und unten in den tiefen
Kellern lag Faß an Faß.
Frankfurt war damals die Hauptniederlage für die Wein-
konsumtion Deutschlands^). Noch immer galt das alte Wort, daß
hier mehr Wein in den Kellern wäre als Wasser in den Brunnen.
Mosel-, Pfälzer-, Rheinweine sammelten sich alljährlich an und
wurden nach dem Osten Deutschlands, nach Rußland und Österreich,
vor allem nach Großbritannien und Holland spediert. Ebenso
erhielt sich von Straßburg die Einführung der französischen Weine
aus der Rheinbundszeit Her. Am Main war der Weinmarkt?).
Da wurden unter dem Schatten dicht belaubter, niedrig gehaltener
Bäume die Fässer, die nicht in die Lagerhäuser gingen, aufgestapelt.
Zu Schiff kamen sie mainauf- und abwärts, und der älteste der
Kranen, der Weinkranen, tat unausgesetzt seine Arbeit. Eine
Weinsorte mußte aber hier, außerhalb der Stadt bleiben. Das
waren die Frankenweine, die von Würzburg herunter kamen. Sie
wurden den anderen nicht gleich geachtet, und die Absperrung
geschah, „um den Ruf der Weinhändler unbefleckt zu erhalten und
jeder Mischung vorzubeugen"?). — Die Kolonialwaren, wie wir
sahen, in der Rheinbundszeit von besonderer Wichtigkeit, behielten
ihre überragende Stellung. Einen abnormen Aufschwung nahmen
sie besonders direkt nach dem Friedensschluß, als die Engländer
mit den infolge der Kontinentalsperre aufgespeicherten Waren den
Kontinent überschwemmten. Nach Kirchners Worten Hatten „deut-
scher Weltbürgersinn (?) und israelitische Tätigkeit" den Vorteil von
den damaligen Schleuderpreisen. Manufakturen kamen aus Eng-
land, Sachsen, Belgien und Frankreich, Seide besonders aus Lyon,
baumwollene, gedruckte und gemischte Stoffe, auch Leinwand und
Damast aus Sachsen und Westfalen, die Bijouterie- und Galan-
teriewaren, der durchreisenden Fremden wegen von Hervor-
ragender Bedeutung, direkt aus Paris, Glas aus Böhmen, Leder
aus dem Nassauischen, aus Luxemburg. Auch rohe Häute und
Felle wurden eingeführt; stark waren Farbwaren und Drogen
vertreten. Schafwolle lieferten Österreich und Ungarn.
y Vergleiche für das folgende: Gutachten der Handelskammer von 1832,
abgedruckt in den Frankfurter Jahrbüchern I, 204 ff.
2) Jügel a. a. O. S. 65 f.
3) Kirchner a. a. O. II, S. 12.
Frankfurt vor der Revolution
der Emsigkeit, die dahinter im Kontor wirkte. Nur ein einfaches
Messingschild an der Türe zeigte die Firma. Wenn aber eines
von den breiten Hoftoren einmal offen stand, so konnte man die
aufgetürmten Kisten und Ballen sehen, und unten in den tiefen
Kellern lag Faß an Faß.
Frankfurt war damals die Hauptniederlage für die Wein-
konsumtion Deutschlands^). Noch immer galt das alte Wort, daß
hier mehr Wein in den Kellern wäre als Wasser in den Brunnen.
Mosel-, Pfälzer-, Rheinweine sammelten sich alljährlich an und
wurden nach dem Osten Deutschlands, nach Rußland und Österreich,
vor allem nach Großbritannien und Holland spediert. Ebenso
erhielt sich von Straßburg die Einführung der französischen Weine
aus der Rheinbundszeit Her. Am Main war der Weinmarkt?).
Da wurden unter dem Schatten dicht belaubter, niedrig gehaltener
Bäume die Fässer, die nicht in die Lagerhäuser gingen, aufgestapelt.
Zu Schiff kamen sie mainauf- und abwärts, und der älteste der
Kranen, der Weinkranen, tat unausgesetzt seine Arbeit. Eine
Weinsorte mußte aber hier, außerhalb der Stadt bleiben. Das
waren die Frankenweine, die von Würzburg herunter kamen. Sie
wurden den anderen nicht gleich geachtet, und die Absperrung
geschah, „um den Ruf der Weinhändler unbefleckt zu erhalten und
jeder Mischung vorzubeugen"?). — Die Kolonialwaren, wie wir
sahen, in der Rheinbundszeit von besonderer Wichtigkeit, behielten
ihre überragende Stellung. Einen abnormen Aufschwung nahmen
sie besonders direkt nach dem Friedensschluß, als die Engländer
mit den infolge der Kontinentalsperre aufgespeicherten Waren den
Kontinent überschwemmten. Nach Kirchners Worten Hatten „deut-
scher Weltbürgersinn (?) und israelitische Tätigkeit" den Vorteil von
den damaligen Schleuderpreisen. Manufakturen kamen aus Eng-
land, Sachsen, Belgien und Frankreich, Seide besonders aus Lyon,
baumwollene, gedruckte und gemischte Stoffe, auch Leinwand und
Damast aus Sachsen und Westfalen, die Bijouterie- und Galan-
teriewaren, der durchreisenden Fremden wegen von Hervor-
ragender Bedeutung, direkt aus Paris, Glas aus Böhmen, Leder
aus dem Nassauischen, aus Luxemburg. Auch rohe Häute und
Felle wurden eingeführt; stark waren Farbwaren und Drogen
vertreten. Schafwolle lieferten Österreich und Ungarn.
y Vergleiche für das folgende: Gutachten der Handelskammer von 1832,
abgedruckt in den Frankfurter Jahrbüchern I, 204 ff.
2) Jügel a. a. O. S. 65 f.
3) Kirchner a. a. O. II, S. 12.