Einzelne Handelszweige. — Die Spedition
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Bedeutsam war auch der Tabakhandel. Hier war Frankfurt der
Umschlagsplatz für alle Sorten. Amerikanische Blätter kamen
von den holländischen Hafenplätzen und aus Bremen und gingen
nach Bayern, Nassau, Württemberg, Baden, Hessen. Die deutschen
Blätter kamen aus dem Badischen und Darmstädtischen, aus der
Pfalz und gingen nach Preußen und Sachsen. Der Absatz des
Buchhandels zog sich bis nach Holland. Alle Firmen des südlichen
und westlichen Deutschlands hatten ihre Kommissionäre in Frank-
furt. Was im Süden an Novitäten erschien, wurde hier ausgelegt
und weiter befördert, die ausländischen Bestellungen sammelten
sich bis zur allwöchentlichen oder womöglich noch öfter stattfindenden
Verpackung an. Am Dom, in der altertümlichen Domdechanei,
Hausten die Brüder Brönner in ihrem geschwärzten Kontor, emsig
tätig. In den weiten düsteren klösterlichen Räumen war ihr riesiges
Bücherlager aufgespeichert — vergilbte Traktate, Kontroversien
und Antiquarien. Bei ihnen bestellten Gentz und Stein, Wilhelm
von Humboldt und Graf Reinhards).
Eine besonders charakteristische Spielart des Frankfurter Zwi-
schenhandels war die Übernahme der Beförderung der Waren durch
den Zwischenhändler selbst — die Spedition, die sich dann als
besondere Unternehmung von den: eigentlichen Warenhandel ab-
zweigte. Es lag in der Natur der Sache, daß sich hierauf die kauf-
männisch geschultesten und die kapitalkräftigsten Elemente verlegten?).
Das Risiko war hier am größten, die Frist zwischen Aufwand und
Gewinneinlauf am längsten. Der Spediteur war der Mittelsmann
zwischen den Mittelsmännern, an ihn wandte sich der Weinhändler,
wenn es galt, den vom Produzenten oft noch selbst in Kähnen nach
Frankfurt gebrachten Wein an auswärtige Konsumenten zu ver-
frachten, an ihn wandte sich der Manufakturist, wenn die bestellten
englischen Baumwollenwaren in Rotterdam angekommen waren
und nun rheinaufwärts geschafft werden sollten. Aus diesen Funk-
tionen des Spediteurs ergab sich nun weiterhin, daß durch seine
Hand die Geldzahlungen zwischen dem Lieferanten und dem
weiterbefördernden Zwischenwarenhändler gingen. Der Spedi-
teur gab Kredit, diskontierte Wechsel, handelte mit fremden Geld-
sorten und Wertpapieren, kurz, er wurde Bankier. Damit gewann
der Frankfurter Zwischenhandel sein letztes, feinstes und am meisten
ausgeprägtes Organ. Auch wenn schon der Geldhandel die erste
Y Stricker a. a. O. S. 70, Jügel a. a. O. S. 126.
^ Kanter a. a. O. S. 23 nennt sie eine Art Geheimkunst der Frankfurter
Handelsherrn.
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Bedeutsam war auch der Tabakhandel. Hier war Frankfurt der
Umschlagsplatz für alle Sorten. Amerikanische Blätter kamen
von den holländischen Hafenplätzen und aus Bremen und gingen
nach Bayern, Nassau, Württemberg, Baden, Hessen. Die deutschen
Blätter kamen aus dem Badischen und Darmstädtischen, aus der
Pfalz und gingen nach Preußen und Sachsen. Der Absatz des
Buchhandels zog sich bis nach Holland. Alle Firmen des südlichen
und westlichen Deutschlands hatten ihre Kommissionäre in Frank-
furt. Was im Süden an Novitäten erschien, wurde hier ausgelegt
und weiter befördert, die ausländischen Bestellungen sammelten
sich bis zur allwöchentlichen oder womöglich noch öfter stattfindenden
Verpackung an. Am Dom, in der altertümlichen Domdechanei,
Hausten die Brüder Brönner in ihrem geschwärzten Kontor, emsig
tätig. In den weiten düsteren klösterlichen Räumen war ihr riesiges
Bücherlager aufgespeichert — vergilbte Traktate, Kontroversien
und Antiquarien. Bei ihnen bestellten Gentz und Stein, Wilhelm
von Humboldt und Graf Reinhards).
Eine besonders charakteristische Spielart des Frankfurter Zwi-
schenhandels war die Übernahme der Beförderung der Waren durch
den Zwischenhändler selbst — die Spedition, die sich dann als
besondere Unternehmung von den: eigentlichen Warenhandel ab-
zweigte. Es lag in der Natur der Sache, daß sich hierauf die kauf-
männisch geschultesten und die kapitalkräftigsten Elemente verlegten?).
Das Risiko war hier am größten, die Frist zwischen Aufwand und
Gewinneinlauf am längsten. Der Spediteur war der Mittelsmann
zwischen den Mittelsmännern, an ihn wandte sich der Weinhändler,
wenn es galt, den vom Produzenten oft noch selbst in Kähnen nach
Frankfurt gebrachten Wein an auswärtige Konsumenten zu ver-
frachten, an ihn wandte sich der Manufakturist, wenn die bestellten
englischen Baumwollenwaren in Rotterdam angekommen waren
und nun rheinaufwärts geschafft werden sollten. Aus diesen Funk-
tionen des Spediteurs ergab sich nun weiterhin, daß durch seine
Hand die Geldzahlungen zwischen dem Lieferanten und dem
weiterbefördernden Zwischenwarenhändler gingen. Der Spedi-
teur gab Kredit, diskontierte Wechsel, handelte mit fremden Geld-
sorten und Wertpapieren, kurz, er wurde Bankier. Damit gewann
der Frankfurter Zwischenhandel sein letztes, feinstes und am meisten
ausgeprägtes Organ. Auch wenn schon der Geldhandel die erste
Y Stricker a. a. O. S. 70, Jügel a. a. O. S. 126.
^ Kanter a. a. O. S. 23 nennt sie eine Art Geheimkunst der Frankfurter
Handelsherrn.