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Verkündigungsblatt des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine — 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.7985#0002
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über die Tcmpelzerstörung, bei mclchcr kein Stein cmf dem cmderii
bleibcn wcrde, — die Atcllcn, „wenn ciner einc Burg bciuen will, so
»berlegt er crst die Uosteii", — „Ntein lfaus ist ein Bethaus", „in
inciiies Vaters ksaiisc sind viele Mostiiiiiigen". Gcmäß all dieser
Aciißcriiiigeii glaubt dcr Bortragendc, Lhristns als Patrou der Archi-
tekten ailsprcchen zn dürfeii; lctztere köniitcii sich gewiß hiezu begliick-
wünschein

T>ie vierte Alochenversaiiiiiiliiiig — am 2Y. Novcmber — ver-
cinigte eine schr zahlreiche Zuhörerschaft zn dein von Artilleric-
bsauptniann Banniann aus Frcising in Aussicht gestellteii Vortrag:
Rciseeriiineriingen ans dcin Lande dcr jdharaonen. Dcr vcrlauf des
Abends bewies das; die Erwartiingeii, welche nian von den Ans-
einandersctznngen hcgte, nicht uilgcrcchtfertigt waren. Redncr vcrstand
es, iii schlichter Fonn Lrlcbnisse, landschaftlichc Btiinniuiigen, charakler-
istische Typcn ans dcm volksleben, cinftige und jctzigc Zuständc der
Baudcnkniälcr n. s. w. in ganz vortrefflichcr Adeise zn schildern; von
der Lbcops-jdyrainidc an bis nach Assuaii nnd der nialerischen Insel
Phylä geleitete er dic Iuhörer den Nil auswärts, nicht ohne Abstechcr
in die Todenstädtc, zu dcn altägyptilchen Bteinbrüchen u. s. w., oder
längere Ansenthalte in den Rninenftädteii von Mcmphis und Thebcn
zu machen. Ganz besondcrs ergreifcnd war die 5childcrung der
Linpfindnngcn, wclche jedcn denkcnden Menschen bci dcr Betrachtnng
der Uönigsmumien im Nuscum zu Bulack bewegen müssen, — bei-
spiclsweise bci Ramscs II., dcssen Augen einst auf INoses herabgeschaut.
Mir müssen es uns versagcn, anf Linzclheitcn wcitcr cinzugchcn; der
in sast zweistündigcm Bortrag dargebotcnc Ltoff war so rclchhaltig,
daß cine Auswahl aus demselbcn ohne schädigcndc Auslassnngen znr
llnmöglichkeit würde.

In der sünften Mochenversammlung — am s. Dezember —
hielt porzellanmaler L. F. Dcininger cinen vortrag übcr die
Porzellanmalcrei des ;8. Iahrunderts, wclchcr als eine
xassende Lrgänzung dcs im lctztcn Jahre von Direktor Bänml ge-
haltencn vortrags über die Nymphenburger Porzcllansabrik erschien.
Da das erste von Böttchcr in Drcsden hergestclltc porzcllan von dunkel-
rother bis schwarzer Farbe war, so cignete sich sür dessen Bcmalung
hauptsächlich Silber und Gold, deren Mirkung man durch jdolircn und
Gravircn lebendigcr gcstaltete. Nachdem Böttcher im Iahre l-09

auch das weiße Porzellan eifundeii hatte und dasselbe noch i,n gleichen
Iahre auf der Leipziger Mcssc erschicncn war, wnrdc es zuerst nach
japanischen und chinesischen Mustern bemalt, und zwar in Aobaltblau
unter Glasur; schon aus dieser Zeit stammt das noch heutc vielbegchrte
sogenannte „Zwiebelmuster". Darauf ging man erst ziim Nkalen auf
der Glasnr über — ansangs mit cincr sehr kleinen jdalettc von etwa
cincni Duhend ,-sarbcn; zuglcich befrcite man sich von den ostasiatischcn
vorbildern nnd bcgann Blunien, 5chmetterlinae, VLgcl, Amoretten,
Aricgssccnen u. s. w. auf den Gefäßcn anzubringcii. Dic damals so
häusig vorkommende Dckorirnng mit „Ltreublnmen" ist zuin Theil
auf das Bestreben zurückzusühren, kleinc Glasurfehler mit dcn schein-
bar willkürlich angeordncten Blümchen und Sträußchen zu verdecken.
Nene Aufgaben erhielt dic porzcllanmalcrei bei der rcicheren plastischcn
Aiisstattiing der Gefätze und dnrch die Anfertigung größcrer figürlicher
Ernppcn, wie solche nanientlich in Akeißen durch Uandler gefertigt
murdcn. Aandlers fast abentcucrliche Idce, einc etwa ;o lNcter hohe
Reiterstatue August III. aus sdorzcllan herzustcllen — selbstverständlich
nicht aus einem 5tück — kam in Folge des sicbenjährigen Ariegs,
in dessen verlauf Frledrich der Große einen großcn Theil der Nodclle
und ^ormen nach Lcrlin verbringen licß, nicht zur Ausführiing. Die
Anfcitigung von allerlei Gethicr ans Porzcllan in Naturgröße und
in Naturfarbe — bsnnde, Affen, Mölfe, Truthühner, Pfauen rc. —
gab dcr jdorzcllanmalcrei Gelegenheit zur Entivicklnng; die Mege, aus
welche die jdorzcllanmalerei hiednrch gerleth, finden ihr Zicl in den
miniaturähnlich gemalten portraits ro. aus der erstcn kfälftc unsres
Jahrhunderts. Ilnter den ornamental-dekorativen Llementen der por-
zellanmalcrci verdient das in wien erfundcne Goldrclicf noch bcsondcre
Beachtung; sür die figürlichc, landschaftliche und andre mehr freie,
malerische Oekoration boten die Uupferstichwcrkc der Illeifter des ;8.
Zahrhunderts eine übcrrcichc Ansbeute. - - Durch Aufstellung einer
großen Reihe von alten Giiginalicn ans seiner eigenen Zammliing,
sowie von Lopien gab dcr Rcdner seinem vortrag eine treffliche Lr-
läuterung. — Für weiteicn verlauf des Abends nahm der vorsitzende,
Dir. v. Langc, veranlassiing, der neuern Lrzeugnisse der Nymphen-
bnrger Porzellanfabrik rühmend zu gedenken, wobci er für die künst-
lerischc Lntwickelring eine nachdrückliche Staatsunterstütznng für wün-
schensmerth crklärte.

iilsccil, IMM

KniWlMöWmille

Kunstgerverbe-Vereine.

7tarlsrube, Badiicher Luiiftgewcrbcvcrcin. Am 4. Dezcmbcr
vor. I. fand die regelmäßige Generalvcrsammlung statt, die anch aus
dem Lande gut besncht war. Die Borstandswahl brachte eine Aenderung
insosern, als kfoflichtdrucker Schober zuni 2. vorsitzenden gewählt
wurde. Nach dem Iahresbericht zählt der verein SZO lllitglieder,
davon 270 aus liarlsruhe selbst. Ausschußsitzungen haben s, Monats-
versammlirngcn 5 stattgefunden; cin gemeinsamer Ausflug wnrdc znr
Besichtigung des Schlosses Favorite unternommen. Dem Uunst-
gcwerbemnseum sind vom Derein ;ooo !II-, von Mitglicdern 240 llk.
und y; Uunstgegenständc zugcwiesen worden. Den Linnahmen des
Vereins von ?;88 III. stehen Ausgaben von 724s III. gegcnüber,
Vereinsvermögen 2279 M. — von Anträgen sind zu erwähnen der
aus vergrößerung der Uiinstgewerbcschule abziclende und ein andercr,
der mittels Silberlotterie den Grnndstock zn cincm Uapital schaffcn
soll, aus dcren Iinsen Uunsthandwerker in der Form von Aufträgen
unterstützt werdcn sollen, während die gcschaffencn Gegcnstände Ligen-
thum des Museums werden. Zu Lhrenmitgliedcrn des vcrcins wurden
Lxc. Geheimrath vr. Nokk und Gcheimrath 0r. Lübkc ernannt.

Der Rest der Tagesordnnng war der weltausstellung in Lhicago ge-
widmct. Baden stellt 92 knnstgcwerbliche Aussteller: Silber 7, Bi-
jouterie 27, Schmiedeisen z, Möbel 5, Schnitzereien ;2, Glasmalerei 6,
Lederarbeiten 2, Publikationen und Graphisches ;7, sonstiges t«. Die
Pläne der badischen Abtheilung waren ausgestellt. b. 8. lVl.

Dcr Verein sür deutsches Lunstgcwerbe zu Lcrli» hielt im
Dezember zwei Litzungen ab, d!e mit größeren Fachaiisstellungen vcr-

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knüpft waren. Am 7. Oczember sprach Architckt Gurlitt über die
Uunst und die Tcchnik der Uu p fer t r e i b a r b e i t en, wobei in
dcr lfauptsachc auf bekanntcre nroße lverke hingewicscn wurde. Lr-
wähnt wnrde u. A. die Gestalt dcs Larl Borromäus am Lago lllaggiore,
das kfcrmanndenkma! im Tcntoburgcrwald, dcr kfcrkulcs auf lvilhelms-
höhe, die Gnadriga anf dem Brandenburger Thor zu Berlin, das
Standbild der Freiheit im kfafen von Ncw-Pork. Auch in der Archi-
tektnr ist das Uupfer in getricbcncr Form viclsach benlltzt worden nnd
spielte in der malcrisch dekorativcn Behandlnng der Uirchihüren in
den Niederlanden wie in Drcsden, Berlin und andern Liädtcn eine
wichtige Rolle. Gegcnwärtig ist die bedeutcndstc Arbcit wohl die
Ausführiing der Reichstagskuppel mit ihrcr Bekrönung, worübcr
Ieichnungen nnü lliodclle ausgestellt waren. In dersclbcn Sitzung
wnrde das Lrgcbniß dcr Monatsbcwcrbnng um cin L r i ef sch r ä n kchen
mitgctheilt, wobci dic beidcn ersten Prcise vercinigt nnd zn glcichen
Thcilen an Lrust lfärring und lferm. Gr 0 t h zur vertheiluiig kamen.
— Jn dcr Sitzung vom 2l. Dez. benrtheilte Baumeister U. lvolffen-
slein die zs cingelaufcncii Uonkurrcnzentwürfe sür das Briefschränkchcn
und besxrach gleichzeitig eine größere Zahl von Möbelentwllrfcn, die
von is verschiedenen Mitgliedern ausgestellt waren. Lr knllpfte an
die Besprechung cinige allgemcin gehaltenc Bemerkungen, in denen
emxfohlen wurde, das Brnament niemals überwuchern zu lassen und
keincs der Stücke direkt zu koxlren, sondern, ohne auf Lrfindung eincs
nenen 5tils bedacht zu scin, jeder Zeit däs Ligenartigste und Bestc zu
entnehmen, um dasselbe in inodernein Eciste den Bcdürfnissen und
Ansprüchen dcr Gegenwart anzupassen. Line aus der versammlung
gestellte Anfragc, was die Lommissioii zur Behandlnng dcr Frage der
Ausbildung kunstgewerblichcr Zeichncr seit ihrer lvahl vor 8 Monaten
 
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