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Verkündigungsblatt des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine — 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.7985#0020
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Auszeichnuilg sür kunstgeiverdliche Leistuugen. Aöiiig Lvro!
von Rumänien hat unserem vereinsmitglied, Dekorationsmaler Ad.
Lentner in Anbetracht seiner hervorragenden Leistungen bei Aus-
schmückuug der Festräume im fürstlichen Lchloß zu Sigmaringen für
die dortigen Dermählungsfeierlichkeiten das Ritterkreuz des rumänischen
Rronenordens verliehen.

Lei der Leerdigung des I. Bürgermeisters, Or. I. v. widenmayer
— am n. März — war der Verein durch seine» I. Vorstand. wie durch
mehrere Alitglieder des Ansschußes osfiziell vertreten; der I. Dorstand
legte Nameiis des vereins eineu großen Lorbeerkranz an dcm Grabo
seines Ehreiiinitgliedes nieder.

wochenverfammlungen.

In der neunten lDocheiiversammlung, am ;7. Ianuar, sprach
Or. Rothpletz in einem äußerst lichtvollen vortrag über die „Er-
haltung lebender Formen aus der Urzeit"; eine Parallele
zwischen den in dem Gestein aufbewahrten „Auiistwerken dcr Natur"
und deu in uusern Uluseeu aufgesxeicherten Aunstwerken dcr Uieuschen
bildete die Brücko zwischen dem paläontologischen Thema und der
kunstgewerblichen Zuhörerschafr. von den organischen Naturgebilden
können bekanntlich nur deren aus anorganischen Salzen bestehenden
sesten Thcile conservirt werden, während die weichen, aus Protoplasma
gebildeten Theile der völligen Vernichtung aiiheimfallen; und doch
slnd Fällc bekannt, in denen die Natur Weicbthiere und Blumen so
sorgfältig abgeformt hat, daß man durch Ausgießen der schließlich

allein zurückgebliebenen kfohlformen
diese Gebilde deutlich genug repro-
ducirtc, um sie zoologisch, bezw. bo>
tanisch bestimmen zu können. Ulikro-
skopische Beobachtungen an entfärb-
ten Steinkohlen lassen sogar an dicseiu
völlig uiiorganisch erscheinenden Material
die pflanzenstiuctur noch erkeuneii; auf
mikroskopischem wegc hat man auch sest-
gestellt, daß die in der silurischen Formatlon
aufgesundenen Zähne und Rnochen genau
die gleiche Structur besitzen, wie die dcr
Geschöpfe unsrer Zeit. Zahlreiche ungemein
lebendige Schilderungen von Tinzelheiten
aus der coiiservirenden Thätigkeit der Na>
tur — über das lVacbsen des Nteeresbodens
durch Ablagerung thierischer und xflauz-
licher Reste, über die Niammuthe im Lisc
Sibiriens u. s. w. — würzten den Vortrag
auf's beste. Der Schluß desselbeu sührte
den Rcdner wieder auf den Ausgangspnnkt
zurück durch die Frage, ob in den organischen
Gebilden von heute ein Fortschritt gegen
jene aus der Urzeit wahrzunehmen sei, —
eiue Frage, welcher er die andere gegenüber-
stellte, ob das, was wir heute an lVerken
der Runst und des Aunstgewerbes schaffen,
im Vergleich mit dcn in lNuseen ausbewahr-
ten Arbeiten älterer Zeit eiuen Fortschritt
darstelle. lver wäre unparteiisch genug,
um berechtigt zu sein, sowohl die eine wie
Sie andere Frage mit einem glatten „Ia" zu beantworten?

Die Fachausstellung an diesem Abend brachte Theile ciues sür
die Thicago-lVeltausstellung bestimmten Zimmers von S. Sch neller,
sowie eine größere Anzahl englischer lllöbel, meist Ztühle und andere Sitz>
möbel; über letztere sprach der Aussteller, Architekt Lmail. Seidl, einige
erläuternde lVorte. Besonders wurde der solide, praktische, einfache Bau
dieser aus bestem lllaterial bestehenden lllöbel lobend erwähnt, doch nicht
ohne Beifüguug ernstlicher lllahnungeu au das heimische Runsthandwerk,
einfacherzu werden; der Aussteller empfahl zwar nicht die direkte Nach-
ahmung dieser englischen lllöbel, aber er glaubt, daß sie sich mit Beibehaltung
ihrer vorzüge doch auch gewissermaßen in's Deutsche Lbersetzen ließen.

Anhänger

Zehnte lvocheiiversammlung, am 2H. Ianuar. Es wird wenige
Gebiete geben, in denen der lVissenschaft theilweise vo„ der Uunst die
lVege erschlossen wordeu. Dcr Vortrag, den Profcssor Vr. Glluther
über „L a n dsch a ft s m a le r e i und geographische ,forschung"
hielt, gab ein deutliches Bild von dem Tinfluß, den die Liebe und das
Verständniß für landschastliche Schöuheit auf die wissenschaftliche Er-
forschung der Landschaft geübt hat. Ts ist bekannt, wie selten land-
schaftliche Darstelluiigeu im Alterthum wareu; noch schlimnier staud es
damit im lllittelalter, wogegen die Landschaftsmalerei Indiens und
Lhina's ein höheres Alter zu besitzen scheint. Nachdem Jan van Eyck
als der erste das Bedürfniß empfuudeii hatte, seinen Gemälöcn land-
schaftliche kfintergründe zu geben, folgten bald andere nach, und die
lfintergründe auf Bildern von Lconardo, Pinturicchio, Tizian haben
bckauntlich zu Vergleichen derselbeu mit den Doloiuiten gefllhrt. Von
besonderer Bedeutiing siir die geographische Forschung sind die vege-
tationslandschasten, welche llittlitz in der ersten lfälfte unsres Jahr-
hunderts gesammelt und veröffentlicht hat; eine ähnliche Stellung
nehnicn Ed. lfildebrandts bekannte Aguarelle ein, sowie Rugendas'
Darstellungei! aus Brasilien. Ein schlagendes Beispiel, wie die Aunst
der Forschung die lvege geebnet, bietet der lNontblanci vor s?HO kameu
nur wenige Leute in das Thamounix; ein Landschaftsmaler — Tlf
Bourrit — war es, der damals die lNontblaiic-Gruppe zu Studieu-
zwecken bereiste und beschrieb, wodurch er zum vorläufer de Saussure's
wurde. Noch unmittelbarer trägt die jdanoramazeichnuiig zur Unter-
stUtziing dcr Geographie bei; die erste derartige llrbeit fertigte um die
! Mitte des ;8. Iahrhunderts der schweizerische ksauptmann Micheli du
Trest, als lebeuslänglicher Staatsgefangcner der Festung Aarburg. Die
äußersten Lndpunkte dieser Reihe von Beziehungcn zwischen dcr bild-
lichen Darstellung der Landschaft und der Geographie bezeichnen jdhoto-
graphie uud sdhotogrammetrie, welche geradezu für die Uartographie
unentbehrliche lsilfsmittel geworden sind.

Zu dcr großeu Fachausstellung von m od ern e n, mo nn m en-
! talen lvanddekorationeu, welche an diesem Abend stattfand, gab
der vorsitzende, Direktor v. Lange, die nöthigen Lrläuterungen; ver-
treten waren Mosaik, Fliesenmalerei, emaillirtes Lisenblech und Ule's
Fenster-Glas-Mosaik. Gbgleich mit Rücksicht auf die beabsichtigte Ab-
schiedsfeier für Lonservator Aoxp ein Theil der Erläutrrungcn crst
nächsten vcreinsabend gegeben werden konnte, so seien dieselbcn gleich-
wohl, des Zusammenhanges wegeu, hier angefügt. Von der Lompania
Vcnezia-Mnrano in Venedig, welche die Giebelfelder am lfoftheater
auszuführeii hat, waren mehrere kleine Mosaikxroben, Glasxasteu mit
vcrschiedener vergoldung, sowie Mosaikzeichuungen in Naturgröße aus-
gcstcllt, an welch letztercn nian nameiitlich beobachteu kountc, init wie
einfachen Mitteln diese monunicntalste lvaiiddekoration ihre großartigen
lvirkuugen hervorbringt. Professor Ulke hatte als Beispiel seiner
neuerfiindeiieii und im letzten Iahre zum ersten Mal an einer größern
Arbeit augewaiidtcii Flächcnmalerei in matten Schmelzfarbcu das schon
von früher her bekannte „Schneewittchen" aufgestellt. Aöuneii diese
beiden Dekorationsweisen wohl den Anspruch erheben, als monumen-
tale zu gelten und die Freskomalerei nicht nur zu ersetzen, sondern
dieselbe auch noch zu übertreffen, so hat sich M. v. kfeider — wie
er selbst betont — iu seineu Fliesenmalereien (denen sich an diesem
Abend auch einige gemalte Plattcn zugeselltcu) ein bescheideneres Ziel gc-
setzt; die ziemlich reiche Auswahl an Metalloxyden, dereu sich v. kseider's
! Palette erfreut, verschafft den auf öen weiß gebrannten Scherbeu ge>
malten und trefflich glasirten Arbeiten eine eigenartige, ansxrechende
Frische. Als tcchnisches Meisterstück sand das etwa 2 m hohe, in Lmail auf
Lisenblech gemalte Bild „Diaua", aus der Eisengießerei in Gaggenau
(Badeu) großen Beifall, ebenso die gleichzeitig ausgestellten, in gleich
brillauten und soliden Farben behandelten Bantheile (Friese rc.) der-
selben Firma. Das Ule'sche Fensterglasmosaik hat mit den Glas-
fenstern das Rohmaterial der bunten Scheiben und die Verbleiung
gemein; von gemalteu Fenstern unterschcidet sich diese Art Mosaik nur
dadurch, daß die betreffenden Bilder iinmittelbar auf dem Maurerputz
befestigt sind. Die Möglichkcitcn, durch Bemalnng dcr gegen die lvitter-
ung völlig geschützten Rückseite alle möglichen Farben-Abstufungen her-
vorzurnfen, und jede etwa schadhaft gewordene Stelle leicht auszubessern,
werden vom Erfinder als besondere Vorzüge dieses Verfahreus gerühmt.

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