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Vischer, Robert
Studien zur Kunstgeschichte — Stuttgart: Bonz, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.47063#0110
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Raphael und der Gegensatz der Style.

i.
Wer diesen alten, ewig jungen Liebling der Wett
nicht nur genießen und auf den Pfaden seiner Thätigkeit
verfolgen will, sondern auch in seinem Wesen erfassen möchte,
der hat schweren Stand; denn bei aller offnen, schlicht
natürlichen Beschaffenheit bleibt Raphael eben doch ein
wundersames Sonntagskind, vor welchem unser Denken stockt
und kaum aus dem freudigen Staunen gelangen kann. Seine
Werke wenden sich so hoch naiv an unser Auge, so still
und lauter, daß wir die wörtliche Berufung ihres Eindruckes
scheuen und lieber im unbewußten Anschaun verweilen.
Seltsamer Würze antwortet leicht die Reflexion; Wein-
sorten: Steinberger Kabinet, Johannisberger Auslese mag
wohl der Kenner in ihrer Eigenart mit wörtlicher An-
deutung charakterisiren. Dießmat jedoch stehen wir an einem
frischen, klaren Waldquell. Wir trinken sein labendes Ele-
ment. Wir blicken bis auf den Grund der tiefen, glatten
Becken, welche er sich im Urgestein ausgeründet hat, und
baden die werktagmüden Glieder in der chrystallnen Fluth,
 
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