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die Minister dabei anwesend waren, und die erste Kammer,
welche Anfangs Miene machte, es mit dem Ministerium zu
halten, trat endlich in Berücksichtigung des Volkswillens, der
sich immer deutlicher für die Einführung der Grundrechte
auesprach, dem Beschluß der 2. Kammer bei. In der Siz-
zung der 2. Kammer vom 3. März forderte der Deputirte
Lang II. die Kammer auf, durch Erhebung von ihren Siz-
zen zu erkennen zu geben, daß sie wünsche, das Ministerium
möge bleiben (und natürlich den Beschluß wegen der Grund-
rechte ausführen). Nur Ein Deputirter blieb sitzen, weil er
mit Recht ein Ministerium, das sich so feindlich gegen die
Grundrechte gezeigt hatte, nicht für fähig hielt, sie ehrlich
einzuführen. Die Minister aber erschienen immer nicht in
den Kammern; auch wurde kein neues Ministerium ernannt,
weil sich aus der Kammer Niemand dazu hergeben wollte.
Am 12. März endlich wurde der Antrag gestellt, daß man
die Minister zum Erscheinen auffordern sollte. Am 13. er-
schienen sie denn in der That, aber mit der Erklärung, daß
sie zwar die Leitung der Geschäfte übernehmen wollten, aber
den Beschluß der Ständeversammlung wegen
Einführung der Grundrechte nicht ausführen
würden; zugleich legten sie einen Gesetzesentwurf vor, nach
welchem die Beschlüsse der deutschen Nazionalversammlung
(also auch die Grundrechte) erst dann Geltung in Hanover
haben sollen, wenn sie vom König verkündet sein
werden!
Größere Frechheit und größere Verspottung des Volks-
willens ist wohl noch nie ausgeübt worden; ein Ministerium
will fortregieren, ohne sich um die Beschlüsse der Volksver-
treter zu bekümmern, und es soll in das Belieben eines Kö-
nigs gestellt sein, der nicht einmal deutsch schreiben kann, der
durch und durch ein englischer Aristokrat ist, ob er die Be-
schlüsse der deutschen Nazionalversammlung vollziehen will
oder nicht!
Tags darauf sollte über die Erklärung der Minister bs-
rathen werden. Stüve machte zwar den Versuch, unter
dem Vorwand, daß man die Ereignisse in Frankfurt abwar-
ten müsse (es war damals der Welcker'sche Antrag be-
kannt geworden), die Berathung um 5 Tage hinauszuschie-
ben; allein die 2. Kammer ging nicht darauf ein, sondern
verwarf vielmehr den Antrag des Ministeriums wegen der
Giltigkeit der Beschlüsse der Nazionalversammlung mit 67
gegen 7 Stimmen. Unter diesen 7 waren die Stimmen
von 3 Ministern, die zugleich Abgeordnete sind, und es hatte
also das Ministerium nur 4 Stimmen übrig. Jetzt blieb
kein Ausweg mehr übrig: am folgenden Tag, dem 14. März,
zog die Regierung zwar, ihren Antrag zurück, vertagte
aber die Ständeversammlung bis zum 12. April.
Bis dorthin, denkt sie, könne sie ihre Macht ganz anders
entfalten.
Durch sein schlechtes Verhalten gegen Deutschland hat
das Ministerium Stüve, das sonst nicht eben unbeliebt
war, alles Vertrauen im Lande verloren. Am 25. Februar
wurde in Hanover die Einführung der Grundrechte gefeiert;
einige Krebsfüßler dagegen wollten eine Kundgebung zu
Gunsten des undeutschen Ministeriums am 7. März veran-
stalten, und hatten zu einem großartigen Zug vor das Schloß,
welcher dem König durch eine Deputazion eine Bittschrift
gegen die Einführung der Grundrechte überreichen lassen
wollte, 2000 kalenburgische Bauern bestellt, von denen auch
wirklich — 30 erschienen. In der Stadt hatte sich das
Volk so über den Zug geäußert, daß auch nur etwa 100
Stadtherren wagten, mitzuziehen. Es kostete große Mühe,
Exzesse zu verhüten.
! Hannover, 20. März. Die Hannoverische Mor>
! genzeitung schreibt: „Der Waffenstillstand mit Dänemark ist
i den eben eingetroffenen amtlichen Nachrichten zu Folge bis
i zum 15. April verlängert."
Italien.
In Italien sind zwei Waffenstillstände gekündigt wor-
! den; am 5. März von Seiten des Königs von Neapel der
! zwischen Neapel und der abgefallenen Provinz, der Insel
Sizilien, abgeschlossene, und am 12. März von Seiten des
Könrgs Karl Albert von Sardinien der zwischen Sardinien
und den Oesterreichern abgeschlossene. Nach jenem sollten die
, Feindseligkeiten zwischen Neapel und Sizilien am 15. März
beginnen; nach diesem die Feindseligkeiten zwischen den Pie-
montesen (Sardiniern) und Oesterreichern am 20. Italien
kann_also jetzt im Norden und in Süden in vollem Krieg
begriffen sein. Dieser Doppelkrieg ist für die Unabhängig-
kett Italiens sehr günstig; denn wenn der Tirann von Nea-
pel es mit den tapfern Sizilianern zu thun hat, so kann
er keine Truppen nach Nom marschircn lassen, wie er wohl
möchte, und die Festigung der beiden Republiken Rom und
Toskana, welche im Begriff sind, sich in eine einzige mitteli-
talienische Republik zu vereinigen, kann ungehindert vor sich
gehen inmitten Les Kriegslärms. Die in Brüssel beschlos-
s jene Einmischung der Großmächte in die römischen und tos-
kanischen Angelegenheiten scheint zudem im weiten Felde zu
s stehen, da einmal die Mächte zu Viel mit sich selbst zu schaf-
s fen haben, und für's Andere eine Auflösung des Brüsseler
! Federfuchserkongresses und die Eröffnung neuer Unterhand-
! langen zu London beschlossen sein soll.
Karl Albert von Sardinien zieht auf Betreiben sei-
nes kriegerischen Ministeriums und trotz der Gegenvorstel-
lungen von Frankreich und England wieder in's Feld. Er
hat die Lombarden des im vorigen Sommer ihm geleisteten
Eides der Treue entbunden, um sie ihrer Unabhängigkeit für
den Fall des Sieges Zu vergewissern, und hat dem polni-
schen General Chrzan owsky den Oberbefehl über seine
> Truppen übergeben. Derselbe hat sein Hauptquartier in
Alessandria aufgeschlagen und am 14. März einen Tages-
befehl erlassen, in dem er die Sarden ermahnt, vor ganz
Europa zu beweisen, daß sie „der Wall Italiens" und die
„Beschützer seiner Rechte" seien. Ihm gegenüber hat der
alte Radetzky längs des piemontesisch-mailändischen Grenz-
! flusses Tessin seine Armee, im Belauf von 55 bis 60,000
Mann, zusammengezogen und in 3 Hauptheerhaufen bei Va-
rese (gegen die Schweiz hin) Pavia und Lodi aufgestellt.
In Lodi soll sein Hauptquartier sein. Bei der Nachricht
von der Kündigung des Stillstandes herrschte großer Jubel
in der österreich. Armee; in seinen Armeebefehlen spricht der alte
Marschall voll Zuversicht davon, daß er bald in der Sarden-
hauptstadt, in Turin, einnehen werde. Er nennt Leu König von
Sardinien einen Unbesonnenen, der gegen seinen eigenen Thron
wüihe, als wenn er der ärgste Republikaner wäre. Auch die
Schweifwedler von Wien scheinen Les Sieges gewiß zu sein; denn
eine Deputazion des dortigen Gemeinderaths, die dem Mar-
schall die Aufnahme in das Ehrenbürgerrecht der von den
kaiserlichen Säbelmännern so liebevoll rraknrten Stadt Wien
verkünden soll, ließ ihre Reisepässe auf Turin ausstellen.
Es fragt sich aber sehr, ob nicht der Polengeneral in Sar-
dinien den Oesterreichsrn dieselben Lehren gibt, welche
die Polengenerale in Ungarn ihnen gegeben haben. Vene-
dig unterdessen behauptet noch immer seine Selbstständigkeit
und Freiheit; seine Lage am, oder vielmehr im Meer macht
es von Natur sehr stark und seine Befestigungswerke sind
die Minister dabei anwesend waren, und die erste Kammer,
welche Anfangs Miene machte, es mit dem Ministerium zu
halten, trat endlich in Berücksichtigung des Volkswillens, der
sich immer deutlicher für die Einführung der Grundrechte
auesprach, dem Beschluß der 2. Kammer bei. In der Siz-
zung der 2. Kammer vom 3. März forderte der Deputirte
Lang II. die Kammer auf, durch Erhebung von ihren Siz-
zen zu erkennen zu geben, daß sie wünsche, das Ministerium
möge bleiben (und natürlich den Beschluß wegen der Grund-
rechte ausführen). Nur Ein Deputirter blieb sitzen, weil er
mit Recht ein Ministerium, das sich so feindlich gegen die
Grundrechte gezeigt hatte, nicht für fähig hielt, sie ehrlich
einzuführen. Die Minister aber erschienen immer nicht in
den Kammern; auch wurde kein neues Ministerium ernannt,
weil sich aus der Kammer Niemand dazu hergeben wollte.
Am 12. März endlich wurde der Antrag gestellt, daß man
die Minister zum Erscheinen auffordern sollte. Am 13. er-
schienen sie denn in der That, aber mit der Erklärung, daß
sie zwar die Leitung der Geschäfte übernehmen wollten, aber
den Beschluß der Ständeversammlung wegen
Einführung der Grundrechte nicht ausführen
würden; zugleich legten sie einen Gesetzesentwurf vor, nach
welchem die Beschlüsse der deutschen Nazionalversammlung
(also auch die Grundrechte) erst dann Geltung in Hanover
haben sollen, wenn sie vom König verkündet sein
werden!
Größere Frechheit und größere Verspottung des Volks-
willens ist wohl noch nie ausgeübt worden; ein Ministerium
will fortregieren, ohne sich um die Beschlüsse der Volksver-
treter zu bekümmern, und es soll in das Belieben eines Kö-
nigs gestellt sein, der nicht einmal deutsch schreiben kann, der
durch und durch ein englischer Aristokrat ist, ob er die Be-
schlüsse der deutschen Nazionalversammlung vollziehen will
oder nicht!
Tags darauf sollte über die Erklärung der Minister bs-
rathen werden. Stüve machte zwar den Versuch, unter
dem Vorwand, daß man die Ereignisse in Frankfurt abwar-
ten müsse (es war damals der Welcker'sche Antrag be-
kannt geworden), die Berathung um 5 Tage hinauszuschie-
ben; allein die 2. Kammer ging nicht darauf ein, sondern
verwarf vielmehr den Antrag des Ministeriums wegen der
Giltigkeit der Beschlüsse der Nazionalversammlung mit 67
gegen 7 Stimmen. Unter diesen 7 waren die Stimmen
von 3 Ministern, die zugleich Abgeordnete sind, und es hatte
also das Ministerium nur 4 Stimmen übrig. Jetzt blieb
kein Ausweg mehr übrig: am folgenden Tag, dem 14. März,
zog die Regierung zwar, ihren Antrag zurück, vertagte
aber die Ständeversammlung bis zum 12. April.
Bis dorthin, denkt sie, könne sie ihre Macht ganz anders
entfalten.
Durch sein schlechtes Verhalten gegen Deutschland hat
das Ministerium Stüve, das sonst nicht eben unbeliebt
war, alles Vertrauen im Lande verloren. Am 25. Februar
wurde in Hanover die Einführung der Grundrechte gefeiert;
einige Krebsfüßler dagegen wollten eine Kundgebung zu
Gunsten des undeutschen Ministeriums am 7. März veran-
stalten, und hatten zu einem großartigen Zug vor das Schloß,
welcher dem König durch eine Deputazion eine Bittschrift
gegen die Einführung der Grundrechte überreichen lassen
wollte, 2000 kalenburgische Bauern bestellt, von denen auch
wirklich — 30 erschienen. In der Stadt hatte sich das
Volk so über den Zug geäußert, daß auch nur etwa 100
Stadtherren wagten, mitzuziehen. Es kostete große Mühe,
Exzesse zu verhüten.
! Hannover, 20. März. Die Hannoverische Mor>
! genzeitung schreibt: „Der Waffenstillstand mit Dänemark ist
i den eben eingetroffenen amtlichen Nachrichten zu Folge bis
i zum 15. April verlängert."
Italien.
In Italien sind zwei Waffenstillstände gekündigt wor-
! den; am 5. März von Seiten des Königs von Neapel der
! zwischen Neapel und der abgefallenen Provinz, der Insel
Sizilien, abgeschlossene, und am 12. März von Seiten des
Könrgs Karl Albert von Sardinien der zwischen Sardinien
und den Oesterreichern abgeschlossene. Nach jenem sollten die
, Feindseligkeiten zwischen Neapel und Sizilien am 15. März
beginnen; nach diesem die Feindseligkeiten zwischen den Pie-
montesen (Sardiniern) und Oesterreichern am 20. Italien
kann_also jetzt im Norden und in Süden in vollem Krieg
begriffen sein. Dieser Doppelkrieg ist für die Unabhängig-
kett Italiens sehr günstig; denn wenn der Tirann von Nea-
pel es mit den tapfern Sizilianern zu thun hat, so kann
er keine Truppen nach Nom marschircn lassen, wie er wohl
möchte, und die Festigung der beiden Republiken Rom und
Toskana, welche im Begriff sind, sich in eine einzige mitteli-
talienische Republik zu vereinigen, kann ungehindert vor sich
gehen inmitten Les Kriegslärms. Die in Brüssel beschlos-
s jene Einmischung der Großmächte in die römischen und tos-
kanischen Angelegenheiten scheint zudem im weiten Felde zu
s stehen, da einmal die Mächte zu Viel mit sich selbst zu schaf-
s fen haben, und für's Andere eine Auflösung des Brüsseler
! Federfuchserkongresses und die Eröffnung neuer Unterhand-
! langen zu London beschlossen sein soll.
Karl Albert von Sardinien zieht auf Betreiben sei-
nes kriegerischen Ministeriums und trotz der Gegenvorstel-
lungen von Frankreich und England wieder in's Feld. Er
hat die Lombarden des im vorigen Sommer ihm geleisteten
Eides der Treue entbunden, um sie ihrer Unabhängigkeit für
den Fall des Sieges Zu vergewissern, und hat dem polni-
schen General Chrzan owsky den Oberbefehl über seine
> Truppen übergeben. Derselbe hat sein Hauptquartier in
Alessandria aufgeschlagen und am 14. März einen Tages-
befehl erlassen, in dem er die Sarden ermahnt, vor ganz
Europa zu beweisen, daß sie „der Wall Italiens" und die
„Beschützer seiner Rechte" seien. Ihm gegenüber hat der
alte Radetzky längs des piemontesisch-mailändischen Grenz-
! flusses Tessin seine Armee, im Belauf von 55 bis 60,000
Mann, zusammengezogen und in 3 Hauptheerhaufen bei Va-
rese (gegen die Schweiz hin) Pavia und Lodi aufgestellt.
In Lodi soll sein Hauptquartier sein. Bei der Nachricht
von der Kündigung des Stillstandes herrschte großer Jubel
in der österreich. Armee; in seinen Armeebefehlen spricht der alte
Marschall voll Zuversicht davon, daß er bald in der Sarden-
hauptstadt, in Turin, einnehen werde. Er nennt Leu König von
Sardinien einen Unbesonnenen, der gegen seinen eigenen Thron
wüihe, als wenn er der ärgste Republikaner wäre. Auch die
Schweifwedler von Wien scheinen Les Sieges gewiß zu sein; denn
eine Deputazion des dortigen Gemeinderaths, die dem Mar-
schall die Aufnahme in das Ehrenbürgerrecht der von den
kaiserlichen Säbelmännern so liebevoll rraknrten Stadt Wien
verkünden soll, ließ ihre Reisepässe auf Turin ausstellen.
Es fragt sich aber sehr, ob nicht der Polengeneral in Sar-
dinien den Oesterreichsrn dieselben Lehren gibt, welche
die Polengenerale in Ungarn ihnen gegeben haben. Vene-
dig unterdessen behauptet noch immer seine Selbstständigkeit
und Freiheit; seine Lage am, oder vielmehr im Meer macht
es von Natur sehr stark und seine Befestigungswerke sind