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werden, so lange die 6 Geißeln: Monarchie, Aristokratie,
Bürokratie (Schreiberherrschaft), stehendes Heer, Pfaffenthum
und Geldwucher, den Nucken des Volkes zerfleischen, so lang
die bekannten Menschen in den Ministerien und Kammern
sitzen. Ich bereue nicht, was ich gethan habe; denn ich bin
überzeugt, daß es endlich doch zum Wohl des Volkes gerei-
chen wird. Haben wir auch nicht die Republik, so haben
Wir doch eine republikanische Parthei errungen. Die an der
Spitze stehen, muffen leiden; ich bin bereit, meinen Antheil
zu tragen, wie ich bereits schon einen guten Theil getragen
habe. Alber das Eine soll man mir nicht nehmen: Wie ich
auch immer gehandelt habe, so habe ich gehandelt nach rei-
ner Ueberzeugung, ohne Nebenrückstchten, wie ich es dem
Volk versprochen hatte, und wie ich auch glaubte, zur Be-
freiung des Volkes handeln zu müssen!"
Auf Aufforderung des Präsidenten vertheibigt sich auch
Blind gegen die Anklage. Die republikanischen Erhebun-
ged seien" bloß eine Nothwehr gegen die große monarchische
Verschwörung zwischen Rußland, Oesterreich und Preußen zur
Unterdrückung der Volksfreiheit. Er wehrt die einzelnen Be-
schuldigungen ab und sagt endlich: Die Beschlagnahme der
Staatskassengelder habe stattfinden müssen. Gesetzt, die Re-
publik hätte gesiegt, und die Gelder waren in den Händen
des Monarchen geblieben, so wären sie dem Lande entzogen
worden und mit dem verjagten Monarchen und seinen Be-
amten in's Ausland gewandert. Man habe auch den Vor-
wurf erhoben, auch das Privateigenthum sei verletzt worden.
Im Tumult einer Revoluzion komme aber so Manches vor,
das nicht zu billigen sei. Eine Revoluzion werde nicht mit
Rosenwasser gemacht, sondern koste viel Blut und Thränen.
Wenn ein Mensch geboren werde, so verursache er Schmer-
zen, und komme selbst weinend zur Welt; so sei es auch mit
der Revoluzion.
Das Verhör der Angeklagten wird geschlossen, und es
erfolgt die Einvernahme der Zeugen. In der Mittwochs-
sitzung kommen 15 an die Reihe; von zwei Abwesenden wer-
den die Aussagen aus den Untermchungsprotokollen verlesen.
Sie beziehen sich sammtlich auf den ersten oder Aprilauf-
stand, und aus ihnen geht größtenteils hervor, daß die re-
publikanischen Führer im Einverftändniß mit dem Volk han-
delten, wenn auch Manche von der Erhebung abriethen, weil
sie glaubten, es sei keine Aussicht aus Gelingen vorhanden.
Deutschland.
r Aus dem Bezirksamt MheLubifchofsheim,
24. März. Wahrhaftig, durch Nichts konnte dem Abgeord-
neten Dörr ein besseres Zeugniß des Mißtrauens in
seinem Bezirke ausgestellt werden, als durch die Zutrauens-
adresse des vaterländischen Vereins in Nheinbifchofsheim. In
diesem Orte hatte derselbe nicht eine Stimme erhalten, und
das ist gerade dieser Ort, der sich bemüht, demselben seinen
Sitz zu sichern. Die Adresse war voll leerer Redensarten
und verfaulter Blumen, sie scheint der Landgrabenzeitung beson-
ders gefallen zu haben und die Verwesung lockte sie an; da-
rum hielt sie eine sorgfältige Blumenlese auf diesem Mist-
beete, pflückte sich ein Sträußlein und roch heraus, daß der
Abgeordnete Dörr ihr Mann ist. Früher war es anders;
doch die Zeiten ändern sich und wir in ihnen, und die Leute,
die früher aus Feindschaft gegen Dörr gerade nicht die
ehrenhaftesten Mittel gegen seine Wahl (wie derselbe sich
wohl erinnern wird) auwendeten, sind auch jetzt nicht über
Mittel für seine Erhaltung verlegen. Herr und Diener sind
darin eins; die Gleichheit ist hergestellt, und beim Schoppen
! Bier haben sich aus Schrecken vor der Volksherrschaft Alle
friedlich vereinigt. Warum nicht auch Jakob Dörr mit sei-
! nen frühern Feinden? Sie hatten sich ja Alle in einander
getäuscht, bekennen ihre Sünde, und verzeihen einander, was
l sie in der Einfalt gethan. Glück zur neuen Freundschaft,
, Herr Dörr, wenn sie nur Stand hält; aber der Preis,
ist doch zu hoch für solche Waare, das Vertrauen Ihres
Wahlbezirks ist verloren; fragen Sie Ihre Wähler, und die
Antwort wird nicht fehlen.
S Allmendshofen bei Donaueschingen, 20. März.
Hier hat sich kürzlich aus dem bisherigen „Leseverein" ein
„Volksverein" gebildet, der bereits 43 Mitglieder zählt. Et-
liche Gleichgiltigen und die bekannten Sonderbündler, auch
Etliche, welche sich immer noch nach den „fürstlich" fürsten-
bergischen Fleischtöpfen zurücksehnen, haben sich nicht ange-
l schlossen. — In der am 18. stattgefundenen Gemeindever-
sammlung wurde einstimmig beschlossen, sich der Offenburger
Petizion an die würtembergische Kammer anzuschließen; sie
wurde sogleich von sämmtlichen Bürgern unterschrieben und
übgesendet. Zugleich wurde in dieser Gemeindeversammlung
mit allen Stimmen gegen eine beschlossen (ein „fürstlich für-
stenbergischer" Hofgartenarbeiter rief: „Ich brauche kein Ge-
wehr !"), die Bürgerwehr einzurichten und zu diesem Behufe
noch 25 bis 30 Musketen anzuschaffen.
ssff Aus der Pfalz, 26. März. Die vaterländi-
schen Bereine machen bei uns Pfälzer Bauern keine guten
Gejchäfte, obgleich die Vereinsmutter drunten in Mannheim
neulich so gut war, und ein Flugblatt hat drucken las-
sen, in dem sie im Namen von uns Pfälzer Bauern mit
dem Ausschuß der Volksvereine redet. Sonst warten doch
die Advokaten, bis man sie um ihren Rath fragt; aber der
große Vaterlandsvereinsadvokat Ladenburg in Mannheim
kann nicht warten. Das ist zudringlich, oder, wenn man's
! Kind bei'm rechten Namen nennen will, unverschämt. Der
Inhalt der vaterländischen Flugblätter macht uns viel Spaß,
und das Papier können wir gut brauchen, wenn wir an
einen dritten Ort gehen. Sehr belustigend war es, daß der
Vaterlandsadvokat die Volksvereine darum für verdächtig er-
klärte, weil in ihnen Beiträge erhoben werden, um die Aus-
gaben zu bestreiten. Wir geben gern und freiwillig
Beiträge, denn wir sehen ein, daß sie für unser Wobl ver-
! wendet werden; warum aber donnert denn der Vaterlands-
j advokat nicht gegen den Verein los, dem wir ungern und
- unfreiwillig sehr große Beiträge leisten müssen, und
den man gewöhnlich die badische Negierung nennt?
! Nu — Herr Ladeborch?
Indessen leben die Volksvereine immer mehr auf, und,
was die Hauptsache ist, sie lassen die Vaterlandsmenschen
schwätzen, und nehmen sich der Dinge an, die sie am näch-
sten drücken. Dazu gehören denn manche Bürgermeister, die
vaterländische Ansichten haben. Aber man wird sie das nächste
Mal nicht mehr wählen. Ein guter Anfang ist schon an 2
Orten unserer Pfalz gemacht; am 21. ist in Walldorf ein
demokratischer Bürger, der Kaufmann Eichhorn, gewählt
worden, und heute in Dossenheim, trotz des säuern Vater-
landsweins, den man Len Dossenheimern einschenken wollte,
auch ein Demokrat, Namens Nies. Wir hoffen, daß diese
Beide dem Volke treu bleiben, und daß nach und nach die
ganze Pfalz von ihren Amtmannsbürgermeistern gesäubert wird.
4 Aus dem Hanauifchen, 21. März. Der vor
Jahren närrisch gewesene Johann Georg Schmidt,
Krämer und früherer Gemeinderath zu Stadt Kehl, soll ge-
werden, so lange die 6 Geißeln: Monarchie, Aristokratie,
Bürokratie (Schreiberherrschaft), stehendes Heer, Pfaffenthum
und Geldwucher, den Nucken des Volkes zerfleischen, so lang
die bekannten Menschen in den Ministerien und Kammern
sitzen. Ich bereue nicht, was ich gethan habe; denn ich bin
überzeugt, daß es endlich doch zum Wohl des Volkes gerei-
chen wird. Haben wir auch nicht die Republik, so haben
Wir doch eine republikanische Parthei errungen. Die an der
Spitze stehen, muffen leiden; ich bin bereit, meinen Antheil
zu tragen, wie ich bereits schon einen guten Theil getragen
habe. Alber das Eine soll man mir nicht nehmen: Wie ich
auch immer gehandelt habe, so habe ich gehandelt nach rei-
ner Ueberzeugung, ohne Nebenrückstchten, wie ich es dem
Volk versprochen hatte, und wie ich auch glaubte, zur Be-
freiung des Volkes handeln zu müssen!"
Auf Aufforderung des Präsidenten vertheibigt sich auch
Blind gegen die Anklage. Die republikanischen Erhebun-
ged seien" bloß eine Nothwehr gegen die große monarchische
Verschwörung zwischen Rußland, Oesterreich und Preußen zur
Unterdrückung der Volksfreiheit. Er wehrt die einzelnen Be-
schuldigungen ab und sagt endlich: Die Beschlagnahme der
Staatskassengelder habe stattfinden müssen. Gesetzt, die Re-
publik hätte gesiegt, und die Gelder waren in den Händen
des Monarchen geblieben, so wären sie dem Lande entzogen
worden und mit dem verjagten Monarchen und seinen Be-
amten in's Ausland gewandert. Man habe auch den Vor-
wurf erhoben, auch das Privateigenthum sei verletzt worden.
Im Tumult einer Revoluzion komme aber so Manches vor,
das nicht zu billigen sei. Eine Revoluzion werde nicht mit
Rosenwasser gemacht, sondern koste viel Blut und Thränen.
Wenn ein Mensch geboren werde, so verursache er Schmer-
zen, und komme selbst weinend zur Welt; so sei es auch mit
der Revoluzion.
Das Verhör der Angeklagten wird geschlossen, und es
erfolgt die Einvernahme der Zeugen. In der Mittwochs-
sitzung kommen 15 an die Reihe; von zwei Abwesenden wer-
den die Aussagen aus den Untermchungsprotokollen verlesen.
Sie beziehen sich sammtlich auf den ersten oder Aprilauf-
stand, und aus ihnen geht größtenteils hervor, daß die re-
publikanischen Führer im Einverftändniß mit dem Volk han-
delten, wenn auch Manche von der Erhebung abriethen, weil
sie glaubten, es sei keine Aussicht aus Gelingen vorhanden.
Deutschland.
r Aus dem Bezirksamt MheLubifchofsheim,
24. März. Wahrhaftig, durch Nichts konnte dem Abgeord-
neten Dörr ein besseres Zeugniß des Mißtrauens in
seinem Bezirke ausgestellt werden, als durch die Zutrauens-
adresse des vaterländischen Vereins in Nheinbifchofsheim. In
diesem Orte hatte derselbe nicht eine Stimme erhalten, und
das ist gerade dieser Ort, der sich bemüht, demselben seinen
Sitz zu sichern. Die Adresse war voll leerer Redensarten
und verfaulter Blumen, sie scheint der Landgrabenzeitung beson-
ders gefallen zu haben und die Verwesung lockte sie an; da-
rum hielt sie eine sorgfältige Blumenlese auf diesem Mist-
beete, pflückte sich ein Sträußlein und roch heraus, daß der
Abgeordnete Dörr ihr Mann ist. Früher war es anders;
doch die Zeiten ändern sich und wir in ihnen, und die Leute,
die früher aus Feindschaft gegen Dörr gerade nicht die
ehrenhaftesten Mittel gegen seine Wahl (wie derselbe sich
wohl erinnern wird) auwendeten, sind auch jetzt nicht über
Mittel für seine Erhaltung verlegen. Herr und Diener sind
darin eins; die Gleichheit ist hergestellt, und beim Schoppen
! Bier haben sich aus Schrecken vor der Volksherrschaft Alle
friedlich vereinigt. Warum nicht auch Jakob Dörr mit sei-
! nen frühern Feinden? Sie hatten sich ja Alle in einander
getäuscht, bekennen ihre Sünde, und verzeihen einander, was
l sie in der Einfalt gethan. Glück zur neuen Freundschaft,
, Herr Dörr, wenn sie nur Stand hält; aber der Preis,
ist doch zu hoch für solche Waare, das Vertrauen Ihres
Wahlbezirks ist verloren; fragen Sie Ihre Wähler, und die
Antwort wird nicht fehlen.
S Allmendshofen bei Donaueschingen, 20. März.
Hier hat sich kürzlich aus dem bisherigen „Leseverein" ein
„Volksverein" gebildet, der bereits 43 Mitglieder zählt. Et-
liche Gleichgiltigen und die bekannten Sonderbündler, auch
Etliche, welche sich immer noch nach den „fürstlich" fürsten-
bergischen Fleischtöpfen zurücksehnen, haben sich nicht ange-
l schlossen. — In der am 18. stattgefundenen Gemeindever-
sammlung wurde einstimmig beschlossen, sich der Offenburger
Petizion an die würtembergische Kammer anzuschließen; sie
wurde sogleich von sämmtlichen Bürgern unterschrieben und
übgesendet. Zugleich wurde in dieser Gemeindeversammlung
mit allen Stimmen gegen eine beschlossen (ein „fürstlich für-
stenbergischer" Hofgartenarbeiter rief: „Ich brauche kein Ge-
wehr !"), die Bürgerwehr einzurichten und zu diesem Behufe
noch 25 bis 30 Musketen anzuschaffen.
ssff Aus der Pfalz, 26. März. Die vaterländi-
schen Bereine machen bei uns Pfälzer Bauern keine guten
Gejchäfte, obgleich die Vereinsmutter drunten in Mannheim
neulich so gut war, und ein Flugblatt hat drucken las-
sen, in dem sie im Namen von uns Pfälzer Bauern mit
dem Ausschuß der Volksvereine redet. Sonst warten doch
die Advokaten, bis man sie um ihren Rath fragt; aber der
große Vaterlandsvereinsadvokat Ladenburg in Mannheim
kann nicht warten. Das ist zudringlich, oder, wenn man's
! Kind bei'm rechten Namen nennen will, unverschämt. Der
Inhalt der vaterländischen Flugblätter macht uns viel Spaß,
und das Papier können wir gut brauchen, wenn wir an
einen dritten Ort gehen. Sehr belustigend war es, daß der
Vaterlandsadvokat die Volksvereine darum für verdächtig er-
klärte, weil in ihnen Beiträge erhoben werden, um die Aus-
gaben zu bestreiten. Wir geben gern und freiwillig
Beiträge, denn wir sehen ein, daß sie für unser Wobl ver-
! wendet werden; warum aber donnert denn der Vaterlands-
j advokat nicht gegen den Verein los, dem wir ungern und
- unfreiwillig sehr große Beiträge leisten müssen, und
den man gewöhnlich die badische Negierung nennt?
! Nu — Herr Ladeborch?
Indessen leben die Volksvereine immer mehr auf, und,
was die Hauptsache ist, sie lassen die Vaterlandsmenschen
schwätzen, und nehmen sich der Dinge an, die sie am näch-
sten drücken. Dazu gehören denn manche Bürgermeister, die
vaterländische Ansichten haben. Aber man wird sie das nächste
Mal nicht mehr wählen. Ein guter Anfang ist schon an 2
Orten unserer Pfalz gemacht; am 21. ist in Walldorf ein
demokratischer Bürger, der Kaufmann Eichhorn, gewählt
worden, und heute in Dossenheim, trotz des säuern Vater-
landsweins, den man Len Dossenheimern einschenken wollte,
auch ein Demokrat, Namens Nies. Wir hoffen, daß diese
Beide dem Volke treu bleiben, und daß nach und nach die
ganze Pfalz von ihren Amtmannsbürgermeistern gesäubert wird.
4 Aus dem Hanauifchen, 21. März. Der vor
Jahren närrisch gewesene Johann Georg Schmidt,
Krämer und früherer Gemeinderath zu Stadt Kehl, soll ge-