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Der Volksführer — 1849

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No. 136 - No. 140 (12. Juni - 16. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.52472#0474
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546

Kreuznach, 8. Zum. Glauben Sie nicht, daß un-
sere Truppen vollkommen blinde Werkzeuge des Königs sind,
auch bei ihnen fängt es an zu tagen. Mußten doch Stein-
stücke bei solchen Verhältnissen an's Denken gewöhnt werden.
Man denke sich die furchtbare Hitze die in den letzten Tagen
herrschte; bei dieser mußten die preußischen Truppen täglich
6 bis 8 Stunden Wegs zurücklegen, und noch dabei 60 Pfund
Gepäck tragen. Wagen voller Dienstunfähigen folgen den Zü-
gen; plötzliche Todesfälle kommen täglich vor; kaum ausge-
rückt, so müssen neue Transportmittel beigeschafft werden, um die
Massen der ohnmächtig werdenden Soldaten nachzuschleppen.
Ich sah wie Soldaten ihre Nebenmänner anflehten sie nieder- !
zustoßen, damit sie von den fürchterlichsten Qualen dieser an-
gestrengten Bewegung erlöst würden. Glaubt man der Sol- !
dat frage nicht warum?
Ungarn.
Die Ungarn sollen Preßburg haben. Die letzten Nach-
richten von Preßburg melden, sie seien über die Waag ge- !
gangen und haben Szered genommen. — Vom Marschall
Paskewitsch ist eine Prokiamazion erschienen, die den Ungarn !
den Einmarsch der Russen ankündigt. Laut einer andern >
Nachricht aus Preßburg sind am 4. die dortigen 34,000
Russen an das rechte Donauufer gegangen, um mit den an z
beiden Ufern stehenden 60,000 Oesterreichern gegen Naab !
vorzudringen, wo eine Schlacht erwartet werde. Von der
Waag bis Raab stehen 60,000 Madscharen, „den Landsturm
nicht mitgerechnet." Des österreichischen Oberbefehlshabers
Melden Nachfolger, Haynau, wurde bei dem italieni-
schen Heere „Einhau" genannt; er hat setzt Gelegenheit,
sich zu verhauen, wie seine Vorgänger in Ungarn. — Wer- ;
bringen, Rekrutirungen und Truppenmärsche nach Ungarn,
Italien und nach der „deutschen Grenze" (so heißt es in der
Allgemeinen Zeitung) dauern täglich fort. Da aber der
österreichische Staatsbankdruch vor der Thüre steht, so wird
der Krieg den Krieg ernähren müssen, und dazu ist es nöthig, j
daß man Sieger sei. Täglich erwartet man hier die Aner- !

kennung der ungarischen Republik durch Frankreich. — Es
hat sich jetzt durch die verblüfften Schwarzgelben aus den
Untersuchungsakten vollständig herausgestellt, daß Pulszky
und die Ungarn nicht den mindesten unmittelbaren Einfluß
auf die Wiener Oktoberrevoluzion hatten, daß dieselbe viel-
mehr ein unverfälschtes Erzeugniß der Wiener Demokratie
gewesen ist. Hätten die Völker zusammengehalten wie die
Fürsten, die sie der Verschwörung beschuldigteu, während sie
selbst sich verschworen, dann wäre 1848 kein solches Trauer-
jahr geworden. — Zn Wien wurde dieser Tage ein Apothe-
ker eingezogen, der bei einem Festmahl, das er in seiner
Wohnung gab, Kossuth's mit Blumen bekränztes Bild
und daneben das Porträt des Jellachich in beschimpfender
Weise aufgestellt hatte. Einer der geladenen Gäste machte
die Anzeige davon, und da man bei der Hausdurchsuchung
auch noch „Waffen vorfand", so wird er eben mit „Pulver
und Blei begnadigt werden." Die rothe Monarchie hand-
habt das Standrecht anders als die Demokratie!
Französische Republik.
Paris, 6. Juni. Es ist von einem Bündnisse zwi-
schen Frankreich und Sardinien die Rede; aber der unselige
Gedanke in den Umgebungen des Präsidenten, den „Ruhm"
Frankreichs durch die Eroberung von Rom herzustellen, droht
die Verhältnisse in Italien immer tiefer zu verwickeln. —
Ein entschiedenes Blatt predigt immer lauter den Anschluß
an die deutsche Demokratie, die Herstellung eines unter die-
ser Fahne zu einigenden Deutschlands und den Krieg gegen
den preußisch-österreichisch-ruffischen Bund. „Mit jedem Tage
gewinnt der Despotismus an Umfang; in einem Monate
wäre es zu spät. Möge das Volk es nicht vergessen, zu
Paris müssen wir den Bund bekämpfen und besiegen, Jta-
lien, Deutschland, Ungarn und Frankreich selbst retten!" —
Die Cholera greift so reißend um sich, daß es bereits schwer
wird, Särge zu bekommen.

Verantwortlicher Aedcckterrr V. Salzgeher.

s487)i Verkaufsanzeige.
Amtschirurg Heiß Wtttwe in Lahr hat
einen Amputations- unv Sektionsap-
parat billig zu verkaufen.
(488)2 Schäfereiverpachtung.
Da bis Michaelis d. I. sich die Pachtzeit
der dahiefigen Gemeindeschäferei endet, so hat
man Tagfahrt zur Verpachtung auf weitere
6 Jahre auf
Mittwoch, 13. Juni d. I. Nachmittags 1 Uhr,
auf dem RathhauS dahier mit dem Bemerken

angeordnet, daß die Schäferei mit 600 Stück
Schafe beschlagen werden kann und die nähe-
ren Bedingungen jeden Tag auf dem Rath-
haus zu Allfeld eingesehen werden können.
Allfeld, 29. Mai 1849.
Bürgermeisteramt.
Söhn er.
vclt. Sautter, Nthsch.
(489)2 Fahndung.
Der Unteroffizier Müller bei der deutsch -
politischen Flüchtlingslegion, IV. Kompanie,
hat sich ohne Urlaub von seiner Truppenab-

theilung entfernt und ist seit einigen Tagen von
derselbeu abwesend. Es werden deßhalb alle
Zivil- und Militärbehörden ersucht, auf Unter-
offizier Müller, dessen Personendeschrieb bis
jetzt nicht beigefügt werden kann — er trug
bei seinem Entweichen einen Schlcppsäbel —
zu fahnden, denselben im Betretungsfalle zu
verhaften und anher zu liefern.
Heidelberg, 11. Juni 1849.
Das Auditorat des Haupt-
quartiers :
Fr. Schalter.

Einladung zum Abonnement auf den
Deutschen Zuschauer
von
G. Struve.
Nachdem meine Hand endlich von der Fessel befreit, erfasse ich den günstigen Augenblick, meine unterbrochene Zeitschrift fortzusetzen, lie-
ber die Tendenz des Blattes bedarf es wohl keiner weiteren Worte, als der Versicherung, daß die Drangsale des Kerkers meine Ueberzeugung
und meinen Willen — anstatt sie zu verletzen, nur noch mehr gestählt haben.
Die Zeitschrift erscheint in der früheren Form wöchentlich zwei Mal, einen halben Bogen stark, vom 1. Juli d. I. an unter der verant-
wortlichen Redaktion memes Freundes vr. I. LöwentHal. In der Zwischenzeit werden einige Probcblätter erscheinen.
Neustadt an der Hardt, den 12. Juni 1849.
G. Struve.

Verlag von PH. Stay. — Druck von G. Mohr in Heidelberg.
 
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