Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (3) — 1933 (März-April)

DOI chapter:
Nr. 51-76 (1. - 31. März)
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.70454#0055
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Samskag, den 4. Marz 1933

des

Orte.

Bezirk Buchen im AngrW

die
die

Rap-
An-

rednex Heberte stand am Fenster, streckte die
geballte Faust heraus und schrie wutverzerrt:
„Rot Front!" Pg. Odenwälder hat diesen
Wolf im Zenkrumsschafkleid dann bei der
Kundgebung auf dem Marktplatz richtig ge-
Kennzeichnet. Sturm 1 ging von Neunkirchen
nach
Schönbrunn
zum wohlverdienten Mittagessen, während
Sturm 2 über
Breilenbronn nach Aglasterhausen
fuhr, um dort in Quartiere zu gehen.
Jetzt geht es nach Hüffenhardt zum Sturm
5 und Sturm 3/112. 3n Bonfeld Holken wir

Die von der NSDAP bis jetzt abgehal-
kenen Versammlungen im Bezirk Buchen
waren Massenversammlungen, die von der
Einwohnerschaft der betr. Orte stark besucht
waren. Bemerkenswert ist, daß in allen
Versammlungen auch viele Frauen vertreten
waren. 3n
Bödighekm und Hainfiadk
sprach der Landlagsabgeordnete und hervor-
ragende Bauernführer der Partei, Pg. A l
bert Roth, Liedolsheim. Seine glänzen-
den und sachlichen Ausführungen fanden nicht
endenwollenden Beifall des Landvolkes. 3n
der Diskussion kam zum Ausdruck, daß die
Bauernschaft hinter der nationalsozialistischen
Bewegung geschlossen steht, und nun endlich
Schluß gemacht werden muß mit der bauern-
und mitkelstandsfeindlichen Einstellung der bis-
herigen marxisklsch-zentrümlichen Regierungen
und der korrupten Wirtschaft der schwarzroken
Mahlgelddiebe. 3n
Mudau und Schloss«!
sprach in gut besuchten Versammlungen Pg.
Postmeister Reimold, Mosbach, und fand
ebenfalls großen Beifall. 2n
Gerichksstekken
konnte der nationalsozialistische katholische
Bauernführer Link, Osterburken, scharfe
Abrechnung halten. Der erste Sturm auf das
schwarze „Heckennest" ist geglückt. Die Oden-
wälder und Bauländer Bauern beginnen all-
mählich Zweifel zu bekommen an den ange-
priesenen, angeblichen Wahrheiten der Zen-

dle Kameraden ein und marschierten unter
Dorantritt der Skandartenkapelle und
Schönbrunner SZ nach
Rappenau.
Eine Stunde marschierten wir durch
Straßen des Badeortes und trommelten
Leute aus den Häusern zu der Kundgebung
auf dem Marktplatz. Machtvoll ertönte nach
der kernigen Ansprache des Reichskagsabge-
ordneten Wetzel das Horst Messel-Lied,
penau, das fühlten wir, steht bei uns!
schließend alte Soldatenkost.
Dann geht es in die heimatlichen
Der Dienst war hart, aber schön. Ein stolzes
Gefühl erfüllt die Brust jedes SA-Mannes,
das Bewußtsein, mitgeholfen zu haben, an
dem Aufbau des Dritten Reiches.

..
WpagMamarlch res Sturmes 2/112

krumsredner. Das Landvolk wacht auf und
beginnt, die Gewissensfessel der zenkrümlichen
Seelenpressen zu zerreißen. Der Bauer denkt
heute: „Der schönen Worte hör ich viel, allein
mir fehlt der Glaube". 3n einer großen
Frauenversammlung sprach in
Buchen
Frau Pg. Bittet, Mosbach, über die „natio-
nalsozialistische Frau". Die Ausführungen
der Parteigenossin fanden reichen Beifall.
20 Neuaufnahmen für die Frauenschaft konn-
ten verbucht werden.
Die „Abschiedsvorstellung" der „Wellblech-
front", die 14 Jahre lang den Odenwald nicht
kannte, und bei der sich noch verschiedene
Schwarze, Rote und Synagogenbönzchen „be-
geisterten", fand ihren Höhepunkt in den
„Heil Hitler-Rufen" der Bevölkerung. Habt
3hr was gemerkt? — Hak Euer Gewissen
nicht geschlagen? Der Geist des Dritten
Reiches zieht auch durch die Hochburgen des
Zentrums — der „starke Turm" muß Steine
lassen — langsam aber sicher. Wer sich mit
dem marxistischen Bolschewismus verbindet,
geht zugrunde. Wir werden die Volksfremd-
linge ausrotten — auch im Buchener Bezirk.
Es ist 5 Minuten vor Schluß — noch ist
jedem Volksgenossen die Möglichkeit zur Um-
kehr geboten, noch kann jeder mit uns mar-
schieren — nach dem 5. März geht das nicht
mehr. Mir reichen all denen heute noch die
Bruderhand, die von schwarz-roten Brüdern
belogen und betrogen wurden. — Verlaßt jene

Michelbach,
Kommunistetchochburg. Doch vor der mar-
schierenden SA kniffen die Kerle, und nicht
einmal eine Faust wurde uns wütend entge-
gen gereckt. Als unser Redner Pg. Oden-
wälder beim Denkmal markige Worte an die
zusammengeströmten Einwohner richtete, er-
wachte die Freude und Begeisterung in den
Herzen der vielgeprüften Leute.
Unterschwarzach.
Wir kommen in die schwarze Gegend, doch
auch hier ist Erwachen, die Menschen kamen
aus -en Häusern beim Nahen der braunen
Soldaten und lauschten nachher gespannt den
Ausführungen des Redners. Weiter geht's
bei jetzt strahlendem Sonnenschein, der Mo-
kor unseres Wagens brüllte und tobte, bis er
den steilen Weg geschafft hatte.
Neunkirchen
lag vor uns. Gespannte Erwartung, denn
noch waren die jüngsten Ereignisse, anläßlich
des Fackelzuges zu Ehren unseres Führers
nicht vergessen. Damals tobte die rote und
schwarze Meute wie losgelassene Irre bei
der Rede des Pfarrers Renner. Doch an
der eisernen Disziplin der SA scheiterten alle
Provokationen. Voran der Spielmannszug
ging es durch die Straßen des Ortes. Begei-
sterte Jugend, freudig gereckte Arme. Am
Schulhaus stand oben in sicherer Höhe der
Lehrer Heberte, der die Umgegend mit sal-
bungsvollen Zentrumsreden unsicher macht.
Der harte Marschtritk der SA, die schneidige
Marschmusik muß scheinbar das Zentrums-
gehirn verwirrt haben, denn der Zentrums-

Sonntag, denXlll- Februar. Ein kalter
Mmtertag mit eisige,.' Nordost fegte über die
Höhen des Kleinen Ovenwaldes, als sich die
braunen Soldaten Adolf Zitters in Moos-
brunn sammelten. Sturm 1 und 2 der Stand-
arte 112 traten zum Propagandamarsch un-
ter Vorantritt des Spielmannszuges Eber-
bach-Schönbrunn an. Die hartgefrorenen
Straßen hallten wieder von dem Marschtritk
der braunen Kolonnen. Aus den Häusern
sprangen die Buben mit strahlenden Gesich-
tern und die harten Gesichter der Bauern hell-
ten sich auf, denn dort auf der Straße klang
der Marschtritk der kommenden Zeit. Ueber
glatte Straßen ging es nach Schönbrunn, von
dort weiter nach Haag. Ueberall begeisterte
Heilrufe.
Kommunistetthochburl
s,_' —' ' ...
einmal eine Faust wurde uns wütend entge-
gen gereckt. Als unser Redner Pg. Oden-
wälder beim Denkmal markige Worte an die
zusammengeströmten Einwohner richtete, er-
wachte die Freude und Begeisterung in den

falschen Wege, reiht Euch ein in die Front
Adolf Hitlers. Wir alle wollen die Volksge-
meinschaft zur Tat werden lassen, nicht für
eine Partei —, sondern für Volk und Vater-
land. Katholische Bauern erhebt Euer Haupt
— stellt Euch in die Reihen der nationalsozia-
//r/rsi/r r/r c/re

Wischen Bewegung, dann werden auch wie-
der glücklichere Zeiten kommen für jeden ,Cm-,
zelnen und für unser geliebtes Vaterland.
Schwarz-Rot bedeutet: Betrug — Korrup-
tion — Deutschlands Untergang, kurz gesagt
den Bolschewismus und damit Ende des
Christentums. Das Hakenkreuz aber bedeu-
tet: Rettung — Besserung — Aufstieg —
Säuberung — Schutz des Christentums. Zum
letzten Male wird zum Appell geblasen — zum
Kampfe stehen wir alle schon bereit, bald we-
hen Ziklerfahnen auch in unseren Straßen,
die Knechtschaft dauert nur noch kurze Zeit.
—W« Stu.
Auch im KrMgau marschiert
das Kakenkrembanner
Am Sonntag, den 19. 2., veranstaltete die
nationalsozialistische Arbeiterpartei einen Pro-
pagandamarsch, an dem die Sturmabteilungen
3, 4, 5/112 sowie, die Skandartenkapelle Nek-
karelz keilnahmen. Sammlung und Aufstel-
lung vollzog sich in U.
Siegelsbach.
Ueberall wurden die Kämpfer für das
Dritte Reich begeistert begrüßt. Nach . Be-
endigung erklang das Kommando „Aufsitzen"
und ging es dann weiter nach dem schwarzen
Obergimpern,
wo der Durchmarsch mit freudiger Begeiste-
rung begrüßt wurde und sich die Roten wut-
schnaubend abseits hielten. Von dort, ging es
dann weiter nach dem seither roten
Dabstadk
und von da nach
Treschklingen
und dem schwäbischen, roten
Bonfeld.
Ueberall, wo wir uns zum ersten Male
zeigten, nicht endenwollender Jubel und Be-
geisterung.

Deutsche Volksgenossen und Volksgenosiinnen!
Beteiligt euch an der
MeiUWseier aus dm LildmgsM Melzug
am 4. März, abends 20 Ahr.

Das Geheimnis -es Schauspielers
Bon HannS Schmiedel.
Mao wird nicht Schauspieler, »m «inen Be-
ruf zu ergreifen. Erst di« „Berufung" entscheidet.
Wer leicht memoriert, wer Gefallen an Kostümie-
rung hak, wer ein« anständige Aussprache und ein
Talent an Lebensimitation hat und sich auf der
Straß« sozusagen sein« Modelle für sein« Rollen
stiehlt, indem er realistisch« Züge kopiert, der ist.
auch wenn er sogenannte Virtuosität im Theatra-
lischen besäße, noch kein Schauspieler im vorneh-
men Sinne. Denn all dies bleibt Lernbares. Ab-
sehbares, Schema. An «in von schriftstellerischer
Intelligenz und von einer Verstandesflcherheik er-
zeugtes Gebilde könnt« man all diese Aeußer-
keiten anhängen, umhängen. Das Mäntelchen des
Scheines täuschte uns darüber hinweg, daß das
ganz Wesentliche, di« Gestaltung, fehlt. Darunter
meinen wir die Formung von »nnen her, von der
Sekte des Vertieften, Offenbarten, Ergründeten
«nd Geschauten. Das Früher« war nur ein Ge-
sehenes. an der Oberflächlichkeit Hinkastendes.
Freilich werden Menschen auf der Bühne nicht im.
Rebe! einer eigenwilligen Fremdwelt gelassen wer-
den dürfen, sie sollen in unserem Dasein schreiten,
so müssen sie auch uns faßliche Züge, uns gegen-
über erhellt lein. Aber dies ist nur Brücke, Tor-
weg zu Tieferem. Das eigentliche Behältnis der
Eigenwesenhsik offenbart sich in anderen Räumen
des Seelischen und Geistigen. Die Realistik mag
verblüffende Augenblickserhsllungen für unsere
Sinne bringen, den Wert an sich wird das Mensch-
liche wo andersher beziehen. Und hier beginnt
das Geheimnis des Schauspielers. Lassen wir den
seltenen Fall beiseite wo Spieler und Rollenper-
son faltenfrei sich anschwiegen, wo Naturell des
Spielers zur Natur schlechthin wird. Hier liegt die
Erlösung des Spielers von sich selbst als eines nur
Spielenden, aber er gestaltet nur sich im Eigen-
erleben. Das Geheimnis beginnt mit der Be-
schwörung einer organisch empfundenen . Wesen-
heit, mit der hellsichtigen Entdeckung eines Men-

schen, der rn allen seinen Regungen, Gebärden
und Reden zu sich selbst gehört, sich selbst immer
klarer erfaßt zu sich selber kommt. Der Schrift-
steller mag Brocken und Fragment« dieses Indi-
viduums T geistreich seiner hirnlich-gefühlsmäßigeu
Erregtheit abgerungen haben, dieses T bliebe «weg
unerlöst, eckig, einseitig beleuchtet, stammelnd, lö-
cherig, unwirklich. Zwischen die Klüfte des Dia-
logs, diese oft wahnsinnig steilen Kämm« zu kom-
men, ist di« Erfüllung des leeren Raumes mit ge-
stalteter, gebärdlicher Sichtbarkeit. Hierbei kann
das Nichkgesprochene von unerhörter „Sprechkraft"
sein. Es gibt beredt« Pansen, wo unsagbare Ge-
fühlswällungen anbranden, wo Symbolismen wie
plastische Offenbarungen des Ewig-Menschlichen
sich abklären Ist hier nur Instinkt am Werk?
Treffsicherheit wie auf einer neuen Klaviatur,
di« von Händen selbst im suchenden Dunkel rich-
tig angeschlagen werden? Dann gäbe es kein Rei-
fen des Spielers, Kern Versagen, kein« Proble-
matik, mit der er immer ringt. Gewiß kristalli-
siere beim ersten Manuskriptdurchbläkkern dem
geborenen Spieler un-verdrängbare Gestaltungs-
mittel sich auf. Ein« Ue-Form des zu suchenden
T löst sich ab von der geistigen Mitte, der ent-
scheidenden Personalvision her stößt Phantasie un-
Geist zugleich in den bewegten Bühnenraum wie
in die eigen« Leiblichkeit vor, schon wird das
Work untergeordnet, gegliedert, gedämpft, in ein^
gesetzmäßige Dimension hineingebannt. Der Rol-
lenlerner flößt an fremde, geahnte, im Lesen mit-
verarbeitet« Fassaden, an Grenzen anderer Eigen-
tümer. Er spürt Verletzungen seines neuen Ich,
Triumphe vielleicht, Hemmungen, aus denen er sich
immer mehr selbst öurchretket bis zu jener Konse-
quenz, die ihm üer Dichter vorschreibk. So sehr
er im Fluß bleiben möchte, zu so viel Schicksalen
er sich entschließen könnte, er muß Ernst machen,
nur einmal zu sein, nur der zu sein, der er sein
darf. Freiheit und Notwendigkeit streiten wie
überall im Lebensraum miteinander. Das ist das
Wagnis des Spiels, di« Akzente so zu legen, daß
nirgends unlogisches, gestaltwidriges Formen ent-

steht. Der Spieler wir- um so reicher, j« mehr «r
Linzelzüge, Schatten und Flächen ansehen kann,
ohne die Ur-Gestalk an sich zu trüben. Er nennt
all dies Unterfangen, dem er demütig horchend,
kühn vertrauend, genial, in des Wortes schwerer
qualvoller Bedeutung und Schaffensnok, sich hin-
gibt, ersonnenes Spiel, was doch schon Keimhafk
Leben an sich wurde. Nicht das realistisch« Leben
von vorhin meinen wir jetzt, nicht jenes, über
dessen Wahrscheinlichkeit und Möglichkeit wir
nachher uns zu Richtern anheischig machen. Es
gibt keine zwei Dichter von Rang, deren Gestalten
ausmachbar eindeutig wären, die sich in bestimm-
ten Verhältnissen zu einander verhielten: nicht
einmal innerhalb derselben dichterischen Werk-
stätt« geraten die Formen gleichartig. Das Kon-
struktive, von außen Herangebrachte verschwimmt
zu jenem raunenden Gesamtbild«, das uns als
Schöpfung bezwingt Der Spieler verliert die Di-
stanz, verschmilzt mit dem Geschöpf, springt mit
Blut und Leib, mit erregter Stimme und jagen-
den Pulsen einem Phantom zu Hilfe, in dessen
Hüllen er seine geahnte neu« Menschlichkeit ver-
sammelte. Die Gestalt ist mehr denn F-acekten-
fpiegelung sämtlicher Dialogmerkmale und Dich-
terurkeile: der Spieler dringt vor zu neuen Seins-
graden und Seelenstufen, aus denen di« Text-
worte wie Gesprächsstücke hervorbrechen. Er hat
nach allen analytischen Vorarbeiten, di« man aber
nicht psychologisch in getrennte Momente auf-
lösen soll, di« Synthese, die sinnbindend« Ueber-
schau, di« Gestalt geschaffen Der Rausch dieses
Schaffenmüssens und Dürfens zeigt deutlich, daß
Spielen alles bedeutet, was Freiheit und Gebun-
denheit des Gestaltens enthält. Ja, wenn der
Spieler sich selbst darstellen dürfte! Er letzt nur
die wandlungsfähigst«, sensibelste, Lienendske Seele
und Körperlichkeit hin wie kostbares Wachs, aus
dem er selbst Gestaltung knetet. Er opfert wohl
Substanz, doch beugt er sich dem Diktat eines
fremden Willens. Sem Geschöpf tyrannisiert ihn.
Er vollzieht die Geburt neuen Menschseins in sich
selbst. Er ist der große Wissende, dem kein« Men-

schennot »n- Kem« Menschenekstast ungekannt
bleiben darf. Auf seinen eigenen Zügen verkoken
sich di« Geschicke aller, graben in seine Seel« di«
Furchen allgemeiner Erfahrung. Aeußerer Werk-
stoff ist willkommen, aber nur Fetzen, Gewand,
Draperie: Seeiensubstanz e-elster Zurichtung, ge-
lockerkster Schmiegsamkeit, bit-hungrigster Farbig-
keit will gefaßt werden im Menschengefäß, in üer
Urne eines Schicksals. Der Regisseur mag träum««,
di« unsichtbaren Fäden «iner Spiel pupp« zu len-
ken, bald zerschneide» sich die letzten Leitungen
von oben von selbst, Wesen steht auf, Mensch-
sein steht auf. Gestalt wandelt über -r« Bretter.
Von all den kleinen wi« großen Voraussetzungen
zu wissen und die les Wissen überwinden zu müs-
sen, lebt die Unruhe des Spielers. Wi« bedeut-
sam wird, a^ einmal dieser anscheinend so müh-
sam konstruierte neue Mensch, wie befchlsgewal-
tig. Jede noch so flüchtige Geste will berechnet
sein. Em Götzenbild reißt di« Verehrung an sich,
ein Bild, das dem Künstler das Herzblut aussog,
so leibhaft verwandt, so blutnahe ist es. Das ist
nun wahre Gestalt- im Gegensatz zum virkuostsch
Kühlen Mathematiksrexempel. Der Schauspieler
dringt in di« Höhen reinen Schauens mit des Dich-
ters Leitwerk um di« Wette, er sieht aber auch
das irdisch Kleine und Enge, kennt Flug und
Schranke Horizonte und Schluchten in Gefühl
und Gedanke. Die Gestalten werden „lebendig"
Der Schauspieler wird zum Schöpfer. Di« Pha-
sen seines Gestaltens sind ihm oft selbst unbe-
wußt, sind Geschenk der Berufen hei t. Aber er
weiß, daß er nur in emsiger Tagesarbeit über di«
rein« Virtuosität hinauskomm!. Daß alles seine
Logik und Vollendung, sein Gelingen und seine
Offenbarung habe, daß «in ewiger Verjüngungs-
zauber ihn geleitet von Rolle zu Roll« trotz Ver-
sagens und Irrens, trotz Ablehnens von Publikum
und Kritik da und dort, das macht eben das
letzte Geheimnis des Schauspielers aus. Das
Allerletzte in irdischen Werkdingen, wenn sie ge-
lingen, heißt immer: Begnadung. Aus ihr speist
sich das Schafsensgeheimnls des Schauspielers.
 
Annotationen