Die letzten Wilderer
Von Fritz Zorn.
Ts waren böse Zeiten im Forst. Das Wild
wurde rar und selten, denn die Wilderer nahmen
keine Schonung mehr, seit die grobe Not im Lan-
ds war und die Mannsleute nicht mehr aus un-
bändigem Drang; sondern aus Hunger jagen
gingen.
Es griffen viele zu den Flinten, die vorher nie-
mals daran gedacht hatten und die ein tausend-
jähriges Blut in den Adern batten, das ihnen
keine Rübe lieb und sie des Nachts in den Wald
zwang. Nicht mehr Könige des Waldes waren
die .Hirsche, sondern Wertobjekte, die ein paar
Mark für das Leben hergaben, wenn man sie
heimlich umlegte.
Da machte den alten Wilderern das Jagen kei-
ne Freude mehr und sie blieben zu Saus. Sie
wollten sich nicht auf eine Stufe stellen lassen mit
den andern, die Diebe waren. Sie, die Svrößlinge
uralter Geschlechter, die einstmals das Jagdrecht
besessen hatten, ehe die Knechtschaft der Bauern
kam. sie schossen und stachen nicht, um sich zu be-
reichern! Nein und tausendmal nein! Sie taten
es um des Schiebens. Stechen? und Jagens willen,
sie taten es, weil sie dem Trieb nicht widerste-
hen konnten, wenn die Sommernacht so stille war.
Um diese Zeit fing die Bitternis an für die letz-
weih ab. Die andern aber grinsten, luden sich die
ganze Beute auf. Einer durchsuchte dem För-
ster die Taschen, nabm ihm die Geldbörse ab und
verschwand dann mit seinem Gefährten. Da
wurde des Wullenwebers Gesicht aschfahl, er durch-
schnitt dem Förster die Fesseln mit einem Ruck
un^ drehte sich dann weg. In ihm war ein
Aufruhr wie noch nie zuvor und man merkte ihm
die Erregung an, Reinke winkte ab, als der För-
ster gleich die Pistole zog: „Ist nicht nötig, För-
ster! Zu den andern gebären wir nit! Aber
nimm uns fest! Jäger sind wir halt auch gewesen,
nur andere als die da!"
Der Förster erkannte den Kamvf, den die bei-
den da vor ihm mit sich kämpften.
„Nein", sagte er, „Euch nehm ich nicht fest!
Ihr jagt sowieso nicht mehr!"
Dor Wullenweber hörte gar nicht hin. „So ein
Gesindel!" probte er bervor, „wenn das Wilderer
sind, will ich keiner mehr sein!"
Damit nahm er das Gewehr und schlug es ge-
gen einen Baum, daß der Schaft zersplitterte. Er
spieb aus, als habe er einen bitteren Geschmack
im Munde.
„Pfui Teufel!" knirschte er.
Das war das Ende der beiden letzten Wild-
schützen; sie gingen von da an nie wieder dachsen.
Sie wurden stille, einsame, aber tüchtige Arbeiter,
und wenn es des Sonntags recht schön war, streif-
ten sie zusammen durch den Forst, ohne Gewehr,
nur mit dem Svazierstock in der Hand. Dann
pirschten sie sich wie einst an das Wild heran, leg-
ten die Stöcke an und zielten. Dann waren sie
immer guter Dinge, denn sie batten sich mit ihrem
Schicksal abgesunden, Nur hin und wieder, wenn
zur gleichen Zeit da droben in den Bergen irgend-
wo einem Wilderer der Schub losging, flog ein
bitteres Lächeln über das Gesicht des Wullen-
weber.
„So ein Pack!" pflegte dann der einstige König
der verschwundenen Wilderer zu sagen, „so ein er-
bärmliches Diebsgesindol!"
Als die beiden nach Jahren an ein und demsel-
ben Tage sich zur ewigen Ruhe legten, gingen
zu Seiten der Totenwagen junge Förster in grü-
nen Uniformen und gaben ihnen das Ehrenge-
leits dem toten König und seinem Adjutanten.
Die Stunde
Von Werner Rieck
ten Wildschützen. Der alte Jörg legte sich eines
Tages auf offenem Felde hin und stand nie mehr
aus. Der junge, freundliche Göde wurde grob ge-
gen jedermann, ging Abend für Abend in den
Krug und trank bis zur Besinnungslosigkeit. Die
Jagdlust wollte er totsaufen. Der lustige Knecht
Ulle ward ganz sonderlich und in sich gekehrt, das
Blitzen in seinen Augen verschwand, er ging nie
mehr aus, tanzte nicht mehr mit den kleinen,
blonden Mädchen des Sonntags, wenn die Dorf-
musik im Kruge spielte und war niemandem mehr
Freund.
Nur zwei, die konnten das Wildern nicht lasten,
selbst auf die Gefahr bin, als Diebe verschrien zu
werden. Das waren der Wullenweber, der Wil»
dererkönig, und sein Kamerad Reinke, Die gin-
gen noch jede Nacht dachsen, und wenn sie auch
weniger als je schossen, sie legten wenigstens die
ungeladenen Gewehre an und zielten. Aber auch
ihnen fraß sich die Bitterkeit ins Serz, wenn sie
sahen, wie Stück um Stück abgeknallt wurde, nur
um des Verdienstes willen, wie keine Schonung
auf Jungs genommen wurde und der Bestand zu
Ende sing. Aus dem Wildern mar ein Stehlen
geworden durch die Neuen, aus den Wildschützen
wurden Wilddiebe.
Als sie das letzte Mal jagten, ohne vorher zu
wissen, daß es das letzte Mal sei, ereignete es sich,
daß sie gerade dazukamen, wie auf der Lichtung
hinter dem Drei-Gichen-Sain drei von den Neuen
mit dem Förster ein Handgemenge hatten bei
einem toten Hirschen. Die beiden sprangen hinzu,
halsen, den Beamten fesseln und schlugen das Ge«
Es gibt so vieles im Leben, das tragen wir
alle gar tief in uns und können es niemanden
sagen. Nur manchmal singen wir es hinaus durch
Worte und Taten werden wahrer und größer da-
bei in Liebe und Hab, in Freud und Leid. Wie
das Schicksal es will.
Das batte auch Sanne Wulkow erfahren, der
einer von jenen Stillen war, wie sie jm Osten
nur wachsen. Sein Hof lag abseits des Dorfes
zwischen Wald und See, und die Steuereintreiber
mußten lange suchen, bis sie ihn fanden. Aber sie
fanden ihn nun schon das vierzehnte Jahr und
hatten ibn und den Sof ausgesaugt, wie die grün-
bauchigen Egel im Moor den Fröschen das Blut
nbzapfen, bis sie alle Viere von sich strecken. Und
Sanne Wulkow hatte geschwiegen und stumm die
Achseln gezuckt, wenn sie ihm Vieh und Ernte
nahmen. Das war nun eben die neue Zeit! Es
mußte vielleicht so sein, er wußte es nicht.
Er lebte so dumpf durch Tag und Nacht wie
die dunklen Buchen rings um den Sof, war zu-
frieden des Daches über dem Kopf und der ma-
geren Kost, die ihm die Bäuerin auftrug. Er sah
nicht ihre geflickten Kleider, die bunter und ärm-
licher wurden von Jahr zu Jahr, er sah nicht ihre
müden fragenden Augen. Was konnte er wohl
ändern daran? Leben wollte er ruhig und still
und obne Murren gehen zu seiner Zeit; das muß-
ten ja alle, und der Gedanke daran war ihm ge-
läufig und leicht wie Wissen um Nacht und
Schlaf.
Zuweilen nur blieb er sinnend sieben, aber der
Rausch verrann stets so schnell wie ein Wölkchen
im Maienwind. Und abends wußte er tvam noch,
was er am Tage geträumt batte. Bis eines Mor-
gens ein Schreiben kam. Das las er wieder und
wieder, faltete es sorgsam und ging über die Fel-
der, zog es dort nochmals hervor. In kleine Fet-
zen zerriß er das kleine Papier und streute sie
in das teerige Wasser des Grabens, der sie weit
hinaus in das Moor trug. Er sah ihnen lange
nach.
Es dunkelte schon, als er heimkam. Grußlos
schob er sich hinter den Tisch, dran die andern
saßen. Wann? fragten die Augen der Frau;
wann? fragten die Augen der Kinder. „Ja, nun
müssen wir alle vom Hof!" sagte er tonlos und
stiert in die geleerte Schüssel, „Das soll wohl
sein!" murmelten alle, standen schwerfällig auf
und machten sich dumpf daran, berzlieben Krims-
krams bereitzustellen. Ganz zuletzt kam die kleine
verwelkte Frau und gab ihm dis Streichholz-
schachtel.
Beider Hände streiften sich weich und sacht. Da
riß er die kleine, müde Verblühte an sich und
küßte sie, küßte sie rum erstenmal wieder nach
zwanzig lieblosen Jahren und dielt sie in sei-
nen breiten, erdschweren Händen wie lange, lange
nicht mehr.
Und es wehte ein wohliges Lied durch den
Raum. Ein bebendes Weiblein saß glückschluch-
zend am nachtschwarzen Fenster, lauschte einem
verhallenden Schritt und wartete, bis es von
draußen her rot und warm durch die Scheiben
tropfte wie dunkle Rosen, wie blühende Heid« ...
wie einst. --
DrutM MMr in Nst!
Hörst Du den dumpfen Schrei
Aus Todesgasten?
Erschütternd klingt zu mir die Not!
Cs strecken sich emvor die blassen
Hände, und flebn um Brat.
Es seufzt die Erde. —
Sie kann nicht bergen
Die müden Leiber, die sie stehn um Rub.
Es stöhnt der Wald, und seine Zweigen
Decken das große Sterben zu.
Es stürmt die Wolga. —
Ihre Wasser schlagen
Im wilden Schrei sich an -er Brandung wund.
Wo Menschenstimmen ihren Dienst versagen,
da öffnet die Natur den Mund.
Hörst Du die bleiche Not
Der deutschen Brüder?
Wie die Natur Dir's klagt.
„Deutschland, d» konntest helfen,
Weil Deine starke Seele nie versagt.* G. 3.
Künstler bedienen im Ntratenschiff
Auf dem Balkan ist es seit altersher immer
kriegerisch zugegangen, so dab man eigentlich an-
nehmen sollte, die Leutchen würden sich gerade
jetzt nach dem Aderlaß des Weltkrieges, vor
schließlich doch von ihnen angezettelt wurde, we-
nigstens daheim bei Tische auf friedliche Lebens-
gewohnheiten zurückziehen. Daß man sogar in
der vielumkämvften „Stadt und Festung Belge-
rad" nicht daran denkt, hat ein kundiger Architekt
klug erfaßt und ausgebeutet. Dieser Mann, der
einst den Palast des Königs Alexander in Eetinje
erbaute, ist durch dis Ungunst der Zeiten veran-
laßt worden, sein Atelier in eine Gaststätte um-
zuwandeln. Dabei hat er sich denn auch als tüch-
tiger Werbesachmann gegeigt. Seine Gäste wer-
den nämlich von Piraten bedient, die jedoch harm-
loser sind als ihr Aeußeres. Es handelt sich um
brotlose Künstler, Schriftsteller, Dichter, die durch
die Vorführung eigener Musenkinder dem Zecher
oder Speisenden die Zeit vertreiben. Der eigen-
artigen Kleidung dieser seltsamen Kellner ent-
sprechend bat der Eigentümer seiner Gaststätte den
Namen „Piratenschiff" verliehen, Im Hinblick
aus die kostenlose Darbietung der geistigen Ge-
nüsse kann man sie jedoch eher als eine Wobl-
tätigkeitsanstalt bezeichnen. Nur beim Bezahlen
kommt der Balkan wieder zum Vorschein. Es
wird keine Rechnung überreicht, sondern der Ge-
schäftsführer, ein herkulischer, mehr als zwei Me-
ter großer Maler, fällt den Gast nach Räuber-
weise an, während zwei Spießgesellen drohend
hölzerne Pistolen schwingen. Es kann nicht wun-
der nehmen, daß die Besatzung des Piratenschiffes
immer gute Beute macht, bessere als während
ihrer Künstlerlausbahn.
58. Fortsetzung
Beim Abschied fiel mir ein Name für unfern
Sund ein: Wir liebten ibn, während ibn kein
Fremder leiden mochte. Also riefen wir ibn
„Boche", und er winselte vor Vergnügen!
12.
Frei Rhein
Ob Gva Anker von den Treibereien ihres Man-
nes nichts wußte? Als ich ins Wirtshaus wollte,
vertrat sie mir den Weg: „Eil dich, der Adam is
scho fort. Sinne am KüllLach, wo's Kreuz steht,
da tut er warte. Goll, mußt dich eile!"
„Wo will er denn Lin, Eva?"
„Nu io. mit seins Freunde zum Jagbpartiechs
in den Wald, gell!"
Nein, Gva Anker ahnte nichts. Ihrs Stimm«
klang fest und obne Falsch. .. Ich zog wortlos den
Lackhut und fand es miserabel, durch Schweigsam-
keit lügen zu müssen.
Der KüllLach stürzte wobl 500 Meter hinter
Mostheim aus den Weinbergen in den Rhein.
Dort stand auch die Kreuzigungsgruppe, von der
Eva gesprochen batte. Ich watete bin, der Sturm
warf mir Eimer voll Regen ins Gesicht, der
Sumpf -er Straße quatsche unter meinen Stie-
feln, Laufen durste ich nicht, ich wär? sonst aus-
gerutscht und im Morast gelandet, Adam begrüßte
mich eisig wie nie. „Na", sagte er, sonst nichts.
Es kam gestammelt aus seinem Halle,
„Bist du allein, Adam?"
Er antwortete nur mit einem Nicken. Dieses
Nicken wies nach dem nackten Gesträuch bin, in
dem wohl 20 Mannesgestalten in der Kniebeuge
hockten. Man sah sie schattenweise, das verdrieß-
liche Licht einer Stalllaterne gespensterte durch dis
Aeste. Adam Anker verfMgte den Zeiger seiner
Uhr, trat ungeduldig von einem Bein aufs andre,
Lis er die Hand hob und kurz mit der Triller-
pfeife zum Abmarsch pfiff. Da kroch das Fähnlein
feiner Getreuen aus dem Gestrüpp, jeder klap-
perte mit den Zähnen, keiner schien guten Mu-
tes, Ich betrachtete mir den Hausen: Galgen-
vögel, Abschaum der Menschheit. Kein Mostbei-
mer unter ihnen, vielleicht auch kein Rheinlän-
der, ich konnte 'das erst nachvrüfen, wenn gespro-
chen wurde. Aber niemand sprach ein Wort, trie-
fend und nach nassen Kleidern riechend scharten sie
sich um den Gastwirt, der die Führung hatte. Ich
blieb an Adam Ankers Seite, er allein wußte den
Weg. Dieser Weg war nicht derselbe, den recht-
schaffene Menschen hier »u geben pflegten; wir
stolperten und rutschten mit verkrümmten Rücken
"durch Unterholz, finster war's, zuweilen schnitten
uns scharfe Aeste durch Gesicht. Sinter uns klap-
perte der Troß, niemand flüsterte, mir war mit-
telalterlich und kriegerisch zumute. Hätten die
Kerle nicht Gesichter wie Schleichdiebe gehabt, sie
wären richtige Soldaten gewesen.
Die Lichter eines Gehöftes wurden in weiten
Bogen umgangen, oft reichte uns der Schlamm bis
zu den Knien. Kein Stern am Himmel, nur Re-
gen und Wind und Wolken.
Zwei Stunden dauerte der frostige Marsch,
dann stieben wir auf einen Doppelposten, der von
einer Gruvvs französischer Kavallerie beschützt
wurde. Dis rettenden Poilus trugen entsicherte
Karabiner im Arm, ein Offizier zeigte in den
Wald, wo abermals eins Postenkette mit Gewehr
bei Fuß für Absperrung sorgte. Sier durfte nie-
mand in den heiligen Hain, den nicht das Lo-
sungswort eines Führers rechtfertigt«. Auch un-
ser Trupp wurde angehalten. Adam flüsterte
„Frei Rhein", und wir drangen in den Forst,
sahen bald das festliche Geflacker von hundert
Fackelbränden, die, von den Fäusten ziviler Söld-
ner gehalten, für dis Beleuchtung des Versamm-
lungsortes sorgten.
Es standen wohl fünfhundert Männer auf der
Waldwiese, unsre Gruppe war di« letzte, die noch
erwartet wurde. Und es dauert« nicht lange, da
kündete ein melodisches Tromvetensisnal den Be-
ginn der Sitzung an, die des nassen Bodens wegen
stehenden Fußes vonstatten gehen mubte. Jede
Ortsgruppe wurde in Reihen rechtsum ausgerichtet,
die Führer schwelgten in schnodderigen Kommando-
tönen, wie sie selbst einem Uebervreußen keine Ehre
mehr gemacht hätten. Es wurde Löhnung verteilt,
jeder mußte dis flache Mote ausstrecken, hundert
Francs gab's für den einzelnen. Ich selber stand,
von Adam Anker legitimiert, an der Seite. Und
kam sechs Schritte näher, um auch da. Wochen-
gehalt der Führer auf Heller und Mennig mitzu-
zäblen: Jeder erhielt »ebn Hundertfrankenschsine!
Auch Adam Anker! Gr war Schelm genug, mir
den Sold im Schatten eines Baumes zu präsen-
tieren: „Gell, wie dumm du bist!"
Diese Plumpheit entwaffnete mich. Ich antwor-
tete ebenso witzig: „Unheilbar, Adam!"
Während der Besoldungszeremonie trat schon
ein dicker Landwirt aus der Eifel in die Mitte
des Platzes, ließ sich von zwei Hagern Fackelträ-
gern verklären und begrüßte die Kolonnen mit
einem pathetischen „Frei Rhein!" Er begann sei-
ne Rede mit der Offenbarung, daß Dorten, Mat-
thes und Smeets der Versammlung ihre wärm-
sten Gefühle durch ihn übermitteln ließen, leider
seien sie verhindert gewesen, höchstselber zu er-
scheinen, Aber die freien Rheinfranken, die sich,
es sei eine Schande, immer noch heimlich und un-
ter dem dankenswerten Schutz der französischen
Bajonette versammeln müßten, sollten nicht ver-
zagen, die Stunde sei nabe, da die Ausrufung
der rheinischen Republik dem wahren Willen des
Volkes Ausdruck gebe!
Er sagte: Dem wahren Willen des Volkes Aus-
druck geb«!! Ein zweiter Redner, seines Zeichens
Spritbrennereibesitzer aus Speyer, löste den not-
leidenden Agrarier ab und beantragte hie Ent-
rostung der grünweibroten Standarte, damit sie
den Wegbereitern Rheinfrankens die schuldige
Reverenz erweise!
Ein baumlanger Kumpan trat vor, streifte das
Wachstuch vom Schaft und entrollte sein Banner
vor den Verschwörern. Alsdann senkte er das
dreifarbige Tuch, die französischen Offiziere salu-
tierten im Sattel.
Ein dritter Tribun hüpfte wie eine Ballett-
maus in die Manege, er mußte wohl der wichtig-
st« Festredner sein, denn die verregnete Runde
öffnete alle Ventile des Tumults. Ich fragte
Adam Anker nach dem Namen dieses Mannes.
Und wurde belehrt, daß der Redner jener Elsässer
Albert Lejeune sei, den die Preußen vor fünf
Jabren ins Zuchthaus verbannt hätten. Ich kram-
te in meinem Gedächtnis nach und erinnerte mich,
daß sich ein Albert Lejeune des Notzuchtverbre-
chens an zevei ihm anvertrauten Mündelkindern
schuldig gemacht batte. Dieser Albert Lejeune
pumpte jetzt die Brust voll Luft, zog ein Konzept
aus dem Aermel, hustete, begann: „Rheinfranken!
Es gibt Zaghafte unter euch, die wir überzeugen
müssen. Wir haben jahrhundertelang unter der
Knechtschaft gelebt, und solltet ihr sie nicht ge-
spürt haben, — ich Labe sie gespürt-!"
(Fortsetzung folgt.)