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Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (3) — 1933 (September-Oktober)

DOI Kapitel:
Nr. 252-281 (2. - 31. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.70811#0448
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Juristen ohne Paragraphen
Referendare iw Gemeinschaftslager






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Dauerlauf.

Der tägliche

mittags folgt wieder Einzelausbildung

Couleurstudenten unter den Lagerinsassen.

Siue wohlverdiente Panse nach den sportlichen Hebungen.

Zum Zeichen oafür, daß im Gemeinschaftslager nicht in
Büchern studiert wird, hat man das Paragraphenzeichen
am Galgen aufgehängt.

und das Gefühl für die
di« Schicksalsverbunde '

aus allen Teilen des Landes hier zusammen. Leiter des
Lagers ist Oberstaatsanwalt Spieler aus dem preußischen
Justizministerium. In allererster Linie soll die Gemeinschaft
sich sportlich betätigen. Die Bewegungslosigkeit und dumpfe
Luft der Studierstube weicht für eine Zeit der Geländeübung
in frischer Luft, und eine systematische sportliche Betätigung
tut bei vielen Wunder.
Bereits frühmorgens um 6 Uhr ertönt das Wecksignal
durch die Hellen Schlafräume. Dann kommt eine halbe
Stunde Frühsport mit anschließendem Kaffeetrinken. Von
8 bis 11 Uhr stehen Ordnungsübungen und Einzelausbildung
auf dem Tagesplan. Die folgenden dreiviertel Stunden sind
dem theoretischen Unterricht gewidmet, hier aber nicht der
Juristerei, sondern all den Fragen, die sich während der
praktischen Tagesbetätigung ergeben. Die Zeit bis um
2 Uhr wird mit Mittagessen und Ruhepause ausgefüllt. Nach-
und Sport mit einer
gemütlichen Kaffee-
pause. Vor dem
Nachtessen, dem die
Zeit zwischen 7
und 8 Uhr einge-
räumt ist, werden
gemeinsame Lieder
gesungen.Nachdem
Essen holen dann
dieHerreuJuristen
Nadel und Faden
hervor und lernen,
wie man abgeris-
sene Knöpse wie-
der an die alte
Stelle bringt und
beim Sport aufge-

der, daß fie es als chre vornehmf
einzelnen Deutschen den Sinn
Volksgemeinschaft, für di« Schicksalsverbundenheit
aller, wiederzugeben. »Zurück zum Volk!* ist die große
Parole, unter der man Stände und Klaffen zu einem ein-
zigen großen Ganzen zusammenschweißen will.
Auch für die jungen Juristen, die kurz vor dem
Eintritt in ihr verantwortungsreiches Berufsleben stehen,
ist jetzt der Weg zur Gemeinschaft gefunden worden. Nach
einem Erlaß des preußischen Justizministers müssen die Refe-
rendare im Rahmen der großen juristischen Staatsprüfung

Nach dem Ciurücken und Einkleiden wird durch den
Sturmsührer eine Kontrolle des Gepäcks vorgenommen.
Wissenschaftliche Bücher dürfen während des Aufent-
haltes nicht benutzt werden und verfallen der Abgabe.

platzte Hosennähte zusammenzieht. Der Zapfenstreich um
10 Uhr beschließt den geregelten gesunden Tageslauf.
Beim Abschluß des Gemeinschaftslebens erhält jeder einzelne
Teilnehmer ein Zeugnis, das
sich nur über die gezeigten
Charaktereigenschaften aus-
spricht. Dieses Gutachten, das
der Lagerführer ausstellt,
wird in einer Ausfertigung
zu den Prüfungsakten und ,
in zweiter Ausfertigung zu /
den Personalakten genommen.
Die Einrichtung von
Gemeinschaftslagern für
Referendare ist die kon-
sequente Weiterführung
des Gedankens der
Volksnähe und -Verbun-
denheit, den die natio-
nalsozialistische Regie-
rung wie immer so au:',
hier praktisch zum
druck bringt. Man
braucht nur einmal Teilneh-
mer der ersten Kurse über
ihre Eindrücke zu befragen
und wird begeisterte Urteile
aus ihren Reihen hören. Das I
Leben im Gemeinschaftslager -
wurde ihnen Erlebnis und
Fundament, das ihnen weg- s
weisende Richtlinien für ihren s
verantwortungsvollen Berus -—
und für die Zukunft des deut- Selbst ist ber Wann! Bedienungspersonal ist im Ge-
sche» Rechtswesens gab meinschaftslager ein unbekannter Begriff,

die Zeit zwischen der Abliefe-
rung der schriftlichen Arbeit
und der mündlichen Prüfung
in einem Gemeinschafts-
lager mit anderen Kandida-
ten verbringen. Sechs Wochen
lang soll sich chr Leben einzig
und allein auf kameradschaft-
licher Grundlage unter Berück-
sichtigung des Führerge-
dankens abwickeln. Wäh-
rend dieser Zeit des Gemein-
schaftslebens sind alle Exa-
mensvorbereitungen und juri-
stischen Arbeiten untersagt. Es
soll nicht geprüft werden, ob
der Kandidat seinen „Fall" be-
herrscht, ob er diesen Paragra-
phen und jene Begriffsdefini-
tion kennt; die sechs Wochen
des Zusammenseins gelten der
Charakterbildung. Es gilt vor
allem, die grundlegende Le-
bensauffassung der Menschen
kennen zu lernen, die später
einmal Richter über andere
sein sollen. Man will sehen,
wie die jungen Menschen ohne
fremde Hilfe und Bedienung mit sich selbst fertig werden,
wie sie sich eingliedern und unterordnen können.
Das erste Referendar-Lager für Preußen wurde in
Jüterbog eröffnet. In puritanischer Einfachheit und Nüch-
ternheit leben in Wechselnden Kursen sünszig junge :
 
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