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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (2) — 1920

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Nr. 171 - Nr. 180 (27. Juli - 6. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44127#0407
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durch das Staatsministerium alsbald eine Vslksabstim m u n g
über das Volksbegehren herbeizuführen. Entscheidet diese
bei einer Verfassungsänderung mit zwei Drittel Mehrheit,
bei einem sonstigen Gesetz mit einsacher Mehrheit der Ab-
stimmenden sich für das Gesetzesbegehren, so gilt das Gesetz als a n-
genommen und ist durch das Staatsministerium auszufertigen
und zu verkünden. Der Landtag kann bei Ablehnung des
begehrten Gesetzes seinerseits ein den gleichen Gegenstand anders
regelndes Gesetz beschließen. In diesem Falle muß das Staats-
ministerium gemäß Verfassung dieses vom Landtag beschlossene
Gesetz zusammen mit dem vom Volke begehrten Gesetze zur
Volksabstimmung bringe». Soweit über den gleichen Ge-
genstand von mehreren Seiten verschiedene Gesetzesbegehre» einge-
reicht, so findet dieser Absatz entsprechende Anwendung.
Der dritte Teil des Gesetzentwurfes besaßt sich mit der
V o l k s a b st i m m u n g, für die die für die Landtagswahl gelten-
den Bestimmungen entsprechende Anwendung finden. Den Tag
, der Volksabstimmung bestimmt das Staatsministerium. Er darf,
abgesehen vom Falle des 8 46 Abs. 1 der Verfassung, »ichtlän -
ger als 6 Wochen über den Tag hinaus festgesetzt werden, an
dem die Notwendigkeit der Volksabstimmung sich ergeben hat. Die
der Volksabstimmung zu unterstellende Frage ist vom Staatsmini-
sterium in der Weise zu fassen, daß sie mit „Ja" oder „Nein" be-
antwortet werden kann. Sie ist in Blättern, die als öffentliche
Verkünbigungsblälter dienen, bekannt zu machen. Vor der Volks-
abstimmung über ein vom Landtag beschlossenes Gesetz oder Wer
ein Volksbegehren sind auch diese in gleicher Weise bekannt zu
machen. Die Herstellung und Ausgabe der Stimmzettel für- Volks-
abstimmungen erfolgt durch das Ministerkum -es Innern.
Sie sind in genügender Anzahl den Stimmbezirken zur Verfügung
zu stellen. Werden gleichzeitig mehrere Fragen zur Volksabstim-
mung-gebracht, so ist für jede Frage ein besonderer Stimm-
zettel auszusüüen. Die-sämtlichen Stimmzettel sind in einem
Umschlag abzugeben.
Ungültig sind Stimmzettel: die nicht in einem amtlich
abgcstempelteu Umschlag oder die in einem mit einem Kennzeichen
versehenen Umschlag übergeben worden sind, die nicht von weißem
oder weißlichem Papier sind, die mit einen; Kennzeichen versehen
sind, die weder „Ja" noch „Nein" oder beides zugleich als
Antwort zu -er gleichen Frage, oder die einen -Zusatz, eine Verwah-
rung oder eine» Vorbehalt gegenüber der zur Abstimmung gestell-
ten Frage enthalten.
Der letzte Teil des Gesetzentwurfes bringt formelle Bestimmun-
gen über das Gesetz, das nach seiner Einbürgerung bei weisem Ge-
brauch einer der Grundpfeiler der Demokratie und der Entwicklung
unseres öffentlichen Lebens fein wird.

Politische Ueberstcht.
Das Weißbuch über Spa.
Berlin, 26. Juli. Das dem Reichstag -»gegangene Weiß-
buch über die Verhandlungen in Spa enthält eine Denk-
schrift mit 26 Anlagen. Die Einleitung der Denkschrift behandelt
die Berufung der Konferenz und die Anlagen dazu enthalten die
Einladungsnvte und das Verzeichnis der Delegierten.
Die Denkschrift selbst zerfällt in 5 Punkte: I. die militärischen
Fragen, 2. die Kriegsschuldigenfrage, 3. die Kohlenfrage, 4. die
Frage der Wiedergutmachung und 5. die Ernährungssrage. Die
Anlagen des eisten Abschnittes sind: eine Denkschrift über die
Organisation der Sicherheitspolizei/dir Noten des
Präsidenten der Konferenz wegen Nichterfüllung militärischer
Verpflichtungen und wegen der Nichtherabsetzung der Heeres-
stätke. Beide tragen das Datum des 22. Juni, die deutschen Vor-
schläge für die Verminderung der Reichswehr vom 7. Juli, das
Konferenzprotoksll vom 9. Juli und die amtliche Veröffentlichnng
in der „Deutschen Allgemeinen Zeitung" vom 12. Juki diesem Pro-
tokoll, die sich gegen die DarstMttig wendet, als hätte Deutschland
die Unterzeichnung der militärischen Abmachungen der Entente einen
Freibrief für die weitere Besetzung deutschen Gebietes gegeben. Dem
Abschnitt 2 ist als Anlage das Ko-nferenzprotvkoil von; 10. Juli
über das Verfahren gegen die Kriegsschuldigen beigefügt. Der dritte
Abschnitt gibt zunächst ein Bild besten, was seit der Unterzeichnung
des Friedensvertrags in der Sache der Kvhlenlieserung geschehen
ist. Daran schließt sich eine knappe Darstellung des verwickelten
Ganges der Verhandlungen in Spa.
Als Anlagen sind beigesügk: Die Entscheidung der Alliierten
vom 9. Juli. Ein Auszug aus -en Reden von Stinnes und Hue
vom 10. Juli, eine Tabelle der Kohlenförderung und -es Kohlen-
versandes in Deutschland vsm Juli 1919 bis Mai 1920, der erste
deutsche Vorschlag zur Kvhlenfrage, die Niederschrift über die S a ch-
verständigenkvnferenz vom 11. Juli, eine Erläuterung
des zweiten deutschen Vorschlags durch Stinnes und Hue von; 13.
Juli, der dritte deutsche Vorschlag mit der Antwort der Alliierten
vom 15. Juli, der letzte deutsche Vorschlag vom 16. Juli, der Prv-
tokollauszug vom 16. Juli mir einer Erklärung Lloyd Georges über
die Lieferungen aus Oberschlesien, das Konferenzprolokoll vom
16. Juli mir einem Anhang und der Aufzeichnung über dis finan-
ziellen .Wirkungen des Kohlenabkommens. Im vierten Abschnitt
der Denkschrift über die Wiedergutmachungen sind Finanzvorschläge
der deutschen Delegation, ein Plan für Sachleistungen gemäß Art.
236 und der Anlage 4 zu Teil 8 des Friedensvertrags, und An-
regungen für die Durchführung des Wiederaufbaus der zerstörten
Gebiete, sowie eine Zusammenstellung der getätigten Lieferungen
Mtd Leistungen, die Deutschland aus seine Wiedergutmachungsschukd
anzurechnen sind, beigefügl. Nach dieser Zusammenstellung beträgt
der Gesamtwert der abgetretenen Saargrubcn eine Milliarde, der
Wert des anrechnungsfähigen Staats- und Reichseigentums in den
Abtretungsgebieten etwa 6,8 Milliarden Goldmark. Dazu kommen
als eigentliche Wiedergutmachung die Handelsflotte mit mindestens
4 Milliarden, das in Ablieferung begriffene Vieh mit 180 Millio-
nen, die bis zum 1. Juni 1920 gelieferten 5 650 000 Tonnen Koh-
len mit 280 Millionen, Farbstoffe mit 8 Millionen, Wett der Kabel
nach Abzug der Regierungskabel mit 64,65 Millionen, Eisenbahn-
material mit rund 1I5 Milliarden Goldmark. Für die verschiede-
nen interalliierten Kommissionen wurden bisher gezahlt rund 9 Mil-
lionen Goldmark. Der Wert der Rücklaßgüter ist mit 5,5 Milliar-
den Goldmark anzusetzen. Das gibt zusammen die Sumnre von
30 103 650 000 Goldmark. Genräß Art. 235 des Friedensvertrags
können aus den ersten 20 Milliarden bezahlt werden die Rohstoffe,
Lebensmittelbezüge sowie die Unterhaltung der Besatzungsheere.
Der bisherige Gesamtaufwand für die ersteren kann auf 3 Milliar-
den und die Kosten der Unterhaltung der Besatzungsheere aus min-
destens eine halbe Milliarde geschätzt werden. Der fünfte und
letzte Abschnitt über die Ernährungssrage weist darauf hin, daß die
Verhandlungen mehrfach Gelegenheit geboten haben, die schwierige
Ernährungslage der Kohlenarbeiter zur Sprache zu bringen. Ms
Unterlage ist die Note vom 12. Juli über die Ernährungslage
Deutschlands beigefügt.
Ausland.
Lord Cecils Reform des Völkerbundes.
Paris, 26. Juli. (W.B.) Lord Robert Cecil ge-
währte einem Vertreter des Pariser Petit Journal eine
Unterredung, in der er auf den Völkerbund zu sprechen
kam. Lord Robert Cecil sagte, daß man den in Bezug
auf Rußland Europa gegenüber begangenen Irrtum Ein¬

sehen müsse, der dadurch begangen worden sei, daß man
geglaubt habe, den Frieden einzig und allein auf die An-
wendung militärischer Kraftentfaltung stützen zu können,
ohne sich mir die wirtschaftlichen Bedingungen zu kümmern.
Kein Mensch von gutem Willem hätte Frankreich Elsaß-
Lothringen streitig machen können und niemand hatte auch
etwas gegen die Bildung eines rein polnischen Staates
einznwenden gehabt. Dies alles seien Fragen gewesen,
über die man sich schon längst einig gewesen sei. Alle
anderen Fragen hätte man später beraten können. Die
Hauptsache wäre die Erledigung der wirtschaftlichen Fragen
gewesen.
Die Besetzung des Rhsiimfers sei ein verdorbenes
Glück für Frankreich. Man könne eine fremde Bevölkerung
nicht auf die Darier besetzen, ohne sich selbst zu schwächen,
anstatt Kraft daraus zu ziehen. Amerika, sagte Cecil
weiter, werde niemals in eine franzöfisch-englisch-amerikanische
Allianz emwilligen und auch England wolle keine Allianz
mit Frankreich, sondern nur ein bestes Einverständnis mit
der französischen Republik. Im Völkerbund müßten Deutsch-
land und Amerika offiziell vertreten sein. Man könne
Europa ohne Deutschland nicht mehr aufbauen. Amerika
werde sich jedenfalls erst später dem Völkerbund anschließen,
wenn dieser ein festes Gebäude geworden sei. Vorläufig
müsse man aber ohne Amerika auszukommen versuchen.

Beschwerden
über


unregelmäßige Zustellung
der
„Volkszeitung"

melde man der Expedition, Schröderstraßs 39.
Telephon 2673.

Badische Politik.


Zur Verbesserung -er Lage -er Ruhegehaltsempfänger
und Hinterbliebenen.
Dem badischen Landtag ist ein Gesetzentwurf über die Ergän-
zung und Regelung -er Bezüge der RuhegehaftsempfÄrger und
Hinterbliebenen zngegangen, dem zufolge der Ruhegehalt -er
in -er Zeit vom 1. April 1919 bis einschließlich 1. April 1920 in
den Ruhestand versetzten Beamten mit Wirkung vom 1. April 1020
an auf den Betrag festzusetzen ist, der sich ergeben hätte, wenn der
Beamte bei seinem Ausscheiden aus der zuletzt von ihm bekleideten
Stelle nach -en Vorschriften vsm 1. April 1920 besoldet gewesen
wäre. Diese Vorschrift gilt sinngemäß auch für die Hinterbliebenen
von solchen. Der Zuschuß an Altruhegehaftsempfänger und M-
hinterbüebene beträgt -ie Hälfte des Unterschiedsbelrages zwischen
-em bisherigen Ruhegehalt oder Witwen- und Maisengehalt und
demjenigen Betrag an Ruhegehalt ober Witwen- und Waisengehalt
ausschließlich Teuerungszuschlag, der sich ergeben hätte, wenn der Be-
amte bei seinem Ausscheiden nach der Vorschrift vom 1. April 1920
besoldet gewesen wäre. Di« im Besoldungsgesetz vorgesehenen
K! n d e r z ns ch l ä g e werden neben dem Ruhegehalt und den
Hn'.lerbliebenenbe-ügen gewährt. Waisen erhalten den Kinder-
zuschlag (bis zum 21. Lebensjahr), auch wenn sie kein Waisengel-
mehr beziehen. Zur Anpassung an die Veränderungen in der all-
gemeinen Wirtschaftslage wird vom 1. April 1920 an zu den Ruhe-
gehältern, Wittvenbezügen und Kinderzuschlägen ein Teuerungs-
zuschlag in Höhe der Hälfte desjenigen Betrags gewährt, der:
der Beamte am 21. Mar 1920 als Teuerungszuschlag erhalten hat
oder hätte. Bei besonderen Verhältnissen kann auf Antrag über
die Hälfte bis zur vollen Hohe des Betrages hinausgegangen wer-
den. Beamtinnen, die sich nach ihrer Furuhesetzruig verheiratet
haben, erhalten keinen Teuerungszuschlag; er wird ihnen aber dann
gewährt, wenn sie verwitwet, geschieden oder oheverlassen sind. Das
Gesetz tritt mit Wirkung vsm 1. April 1920 in Kraft.
Die nächste Landtagssitzung
sinder am Donnerstag, 29. Juli, nachmittags >-4 Uhr statt. Am
Tagesordnung steht bi« zweite Lesung des Volksabstimmungs-
gesetzes, die Abänderung des Gebäudeversicherungsgesetzes und der
1. Nachtrag zum S taa tsv o ra nschlag 1920. Der Be-
ratung des Staatsvoranschlags wird sich am Freitag höchst-
wahrscheinlich die Umbildung der Regierung anfchüchen.
so daß an diesem Tage die ordentliche Landtagstagung geschlossen
und das Hgus in die Ferien gehen wirb.
Hauptversammlung des Verbands gemein-
nütziger Bauvereinigungen.
Karlsruhe, 26. Juli. Im Anschluß an die Tagung
des Landeswohnungsvereins trat am Sonntag der Verband
gemeinnütziger Bauvereinigungen zu seiner Hauptversamm-
lung zusammen. Zugegen waren auch Vertreter des Arbeits-
ministeriums und der Eisenbahngeneraldirektion. In seiner
Eröffnungsansprache stellte R eg. -RatDr. Kampf fmey er
das nunmehrige vertrauensvolle Zusammenarbeiten von
Genwinden und Baugenossenschaften fest. Er erörterte so-
dann die Frage des Baustoffmangels, der darauf zurück-
zusühren sei, daß von 200 badischen Ziegeleien nur 28 mit
Kohlen beliefert werden konnten. Zur Verteuerung des
Bauens habe auch der Schleichhandel mit Baumaterialien
beigetragen. Schließlich erörterte Redner noch den Versuch,
auch die Baustoffbeschaffung auf genossenschaftliche Basis
zu stellen.
Ueber die Sozialisierungsbestrebungen auf dem Gebiet
der Baustoffbeschaffung, sowie im Bau- und Wohnungswesen
überhaupt, sprach danach Staatsrat Dr. Engler, der
ausführte: Die Rationierung der Wohnungen bedeutet wohl
den schärfsten Eingriff in das Privateigentum; es sei daher
kein Wunder, wenn oie Wohnungskommissionen in allen
Städten großen Schwierigkeiten begegneten. Eine wirkliche
Lösung der Wohnungsfrage lasse sich indeß nur erzielen
durch den Bau neuer Kleinwohnungen von durchschnittlich
drei Zimmern. Die geplante Mietabgabe soll ein Prozent
des Feuerversicherungswertes betragen. Auf diese Weise
könnten in Baden eine zugunsten des Wohnungsbaues zu
verwendende Einnahme von 47 Millionen beschafft werden.
Ob diese Summe aber auf die Dauer zur Lösung der
Neubautenfrage ausreichen werde, scheint aber fraglich.
Redner begründete im folgenden das Verlangen nach
gemeinwirtschaftlicher Verwaltung der bestehenden Woh-

nungen. Ein Schritt auf dem Gebiet der Sozialisierung
des Wohnungswesens sei in den Produktivgenosssnschafter
und in der Baubeschaffung G. m. b. H? zu erblicken. -
Dis Artssprache ergab im großen und ganzen 'dis Zustim-
mung zu diesen Darlegungen, wobei aber die zu über-
windenden Schwierigkeiten nicht verkannt wurden. (Wir
werderr auf das Referat des Gen- Dr. Engler noch aus
führlich zurttckkommen. Die Red.)

Soziale Rundschau.
Lin Jahr Technische Nothilse. Vom Verband dec Gemeinde-
UN- Staatsarbefter, Male Heidelberg, wird geschrieben: E-
Artikel unter v-biger Ueberfchrist in Nr. 170 des „HeidelberHer Tage
blatt" gibt uns Veranlassung dazu. Folgendes mitzuteilen: W!'
haben uns von Anfang an, d. h. seit ihrem Bestehen gegen di
„Technische Nothilfe" gewandt, well wir in ihr nichts anderes «0
«ine staatlich konzessionierte Streikbrechergesellscha st-
erblich n konnten. Wenn das „Heidelberger Tageblatt" in einer
Bericht aus dem Landesbezirk Berlin-Stadt über Einsatz wäh
reich des Binnenschiffer-Streiks vom 4.—31. Mai anführt, wa-
dort die „Technische Nothilfe" nicht alles gerettet hat, wovon wir
nebenbei bemerkt, gar nichts verspüren, so weiß jedenfalls die „Tech-
nische Nothilfe" selbst am allerbesten, was sie schon -erstört hat uns
für uns selbst erübrigt es sich-nur noch, auf die Broschüre hinzu
weifen, welche der Zentralverban- der Maschinisten und Heizer so-
wie Berufsgenvssen Deutschlands herausgcgeben Hst. Aber noch
auf eines müssen wir in erster Linie hinwesten, und zwar auf die
Zuschriften aus Gasarbeüerkrrifen in den Betrieben der Strom-,
Gas- und Wasserwerke, welche besagen, daß die „Technische Not-
Hilfe" vielfach großen Schaden anrichtete, welcher längerer
Reparaturen bedurfte. Deshalb erklären wir, daß wir die „Tech-
nische Nothilse" ab lehnen, daß es gegen die „Technische Not-
hlkfe" nichts geben kann als rücksichtslosen Kampf. Aufgabe der
Gewerkschaften r.uiß es bleiben, -en Notbelrieb selb st zu regeln.
Die „Technische Nothilfe" muß verschwinden, und zwar so bald äks
möglich. Der Streik der städtischen Arbeiter in Potsdam am
27. Juni d. I. als jüngster Fall hat es zur Genüge bewiesen.

8 /4 Millionen Gewerkschaftsmitglieder.
-Nach einer bei den Vorständen der Gewerkschaften des
Allgemeinen Deutschen Gswerkschaftsbundes in diesen Tagen
veranstalteten Umfrage hat die Mitgliederzahl des A. D. G. B.
die Zahl von 8V4 Millionen überschritten. Davon zählen
14 Verbände über 100600 Mitglieder, und zwar die Metall-
arbeiter (1700 MO), Landarbeiter (700 MO), Fabrikarbeiter
(680000), Transportarbeiter (600000), Textilarbeiter
(804 MO), Bauarbeiter (800000), Eisenbahner (800000),
Bergarbeiter (436000), Holzarbeiter (420000), Angestellte
(400000), Gemeiudearbeiter (291217), Schneider (187000),
Tabakarbeiter (110000) und Schuhmacher (100000). Diese
14 gewerkschaftlichen Großmächte umfassen zusammen
7068000 Mitglieder oder 88,6 Prozent der gesamten Mit-
gliederzahl des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes.
MiMäranwärLer-Demonftration.
Am Sonntag fand in Mannheim eine Demonstrations-
versammlung von nahezu 800 Militäranwärtern und An-
gehörigen des Reichswirtfchaftsverbandes derzeitiger und
ehemaliger Berufssoldaten der Städte Mannheim und
Heidelberg statt. Zur Verhütung einer Zurücksetzung
der MtlitLranroärter in der Besokdungsordnrrng und in den
Personal- und Verwaltungsreformen wurde folgende Ent-
schließung gefaßt und an die Reichs- und basischen Staats-
behörden aogesandt:
1. Zu den Beratungen und Verhandlungen der Be-
hörden über Veamtenangelegenheiten müssen die Organi-
sationen der Militäranwärter, also für die Behörden in der
Reichshauptstadt Berlin der Bund deutscher Militäranwärter,
für die andern Behörden die an deren Spitze vorhandenen
Verbände und'Vereine dieses Bundes, hinzugezogen werden.
2. Die Versammlung erhebt schärfsten Einspruch gegen die
durch das Reichsbesoldungsgesetz vom 30. April 1920 und
des Bad. Bes.-Ges. vom 21. Mai 1920, vorgekommene Ein-
gliederung der sich überwiegend aus Mil.-An. ergänzenden
Beamten.
3. Die Versammlung erhebt schärfsten Einspruch gegen
die aller Gerechtigkeit widersprechende Herabsetzung der
Mil.-Anw, in der Postpersonalreform. Diese Reform hat
die größte Erbitterung und Unzufriedenheit nicht nur in
die unmittelbar beteiligte Poftbeamtenschaft sondern in die
Beamten aller Verwaltungen hineingetragen. Wenn dis
Geldnot des Reiches Sparsamkeit erfordert, so sollen alle,
ohne Unterschied des Stanoes, ein Opfer bringen. Es geht
aber nicht an, daß Mil.-Anw., die die Assistentenprüfung früher
abgelegt haben, als ihre um 15 bis 20 Jahrre jüngeren
Kollegen aus dem Zivilanwärterstande und diesen auch
dementsprechend im Gehalt voraus waren, von den letzteren
in Stellung und Gehalt mit einem Schlage überholt werden,
noch dazu bei völlig gleichen Dienstleistungen.
Die Versammelten erblicken hierin eine schwere Kränkung
des gesamten Mil.-Anw. Standes, und sie fordern deshalb
sofortige Beseitigung des Ärgernisses und unbedingte Auf-
rechterhaltung iyrer gegenwärtigen Gleichstellung mit den
Beamten aus dem Zivilanwärterstande.
- -im». - - -
Kommunales.

i. Gemeinderatssitzung in Mosbach am 22. Juki. Von einer Be- M
slellung von Lorned beef wird Abstand genommen, da ein Bedürfnis für
solches Fleisch hier nicht besteht. — Einem Angebot in billigen gebrauch:
len englischen und französischen Militärstiefeln durch eine Berliner Firma
soll nahegetreten werden, wenn das verlangte Muster befriedigend aus-
fällt. -- Dem Blindcncrholungsheim Wertheim wird mit einem jähr-
lichen Beitrag von 25 Mk. beigetretcn, ebenso -er Badischen Gesellschaft
für soziale Hygiene.- — Zur Einleitung von Verhandlungen zwecks Ab-
schluß eines Vertrags mit der neuen Siadikapelle wird eine Kommission
gebildet, der außer dem Bürgermeister die Gemein-eräte Jost und Wahl
owie der Kommandant der Freiw. Feuerwehr angeboren. — Dem Ar-
bciterausschuß wir- auf Grund einer Beschwerde mitgeleilt, baß cs nicht
angängig ist, daß städtische Arbeiter in ihrer dienstfreien Zeit Arbeiten
ur eigene Rechnung bei Privatleuten aussührcn.— Für die städtischen
Beamten wird durch Ratschreiber Bischoff ein SIcnographiekurfus ab-
gehalten; die Kosten für die teilnehmenden städtischen Lehrlinge werden
auf die Stadtkass« übernommen. — Bei Versteigerungen ist für die Folge
-ie Umsatzsteuer von dem Bewerber zu tragen. — Beim Ministerium soll
angefragt werden, in welcher Höhe diejenigen Gemeinden, aus denen
Schüler in das hiesige Realprvgymnasium kommen, zur Leistung Zeines
Beitrages herangezvgrn werden können, da infolge Ausfalles der Spar-
kassenüverschüsse infolge, der vorgeschriebcnen Erhöhung des Reservefonds
und der erheblich gestiegenen allgemeinen Unkosten die Stadt nicht >"
de-. Lage ist, den Aufwand allein zu bestreiten. Es soll ferner -ie Er-
mächtigung eingeholt werden, das Schulgeld auf den Höchstsatz
 
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