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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (4) — 1922 (Mai bis August)

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Nr. 111 - Nr. 120 (13. Mai - 24. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.48723#0084
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A Ri
Vierter Verbandslag des Deutschen
BKuarbeiLerverbandes.
k. Am 13. Mai ging im Leipziger Vol-tshause der Verbands-
Mg der Bauarbeiter zu Ende, der — wie bereits alle Zeitungen
meldeten — in seiner ordnungsmäßigen Arbeit durch eine unerhört
Mpslhaste „Aktion" einer kommunistischen SPreugkolonne zu stö-
ren versucht wurde. Dem Vcrbandstage wohnten eine große
Reche internationaler Gäste bei als Vertreter der Bruderverbände
aus Oesterreich, der Tschechoslowakei, Schweiz, Holland, Dänemark,
Engie,nd, Rußland, Belgien, Frankreich, Ungarn, als deutsche
Gäste Vertreter der freien Verbände der rechnisch-iu-ustrielleu
Angestellte und Beamten, der Zimmerer, Dachdecker, Glaser,
Maler, öpür, Sleinarbeiter, Steinsetzer, Asphalteure, Poliere,
sowie der Zentrale znr Förderung des Bauarbeiterfchutzes.
Der Vorsitzende P aeplow, der Kassterer Kober, der
Streiikleiter Töpfer und der Redakteur Otto ergänzten in kurz
zusarnmengedrängten Ausführungen die schriftlich vorliegenden
eingehenden Geschäftsberichte. Der Verband hat gegenwärtig eine
MitMederzahl von 486 000. Das Verbands-Vermögen betrug am
Ende des vorigen Jahres 57ff Millionen Mark. An Streikunter-
stützungen verausgabte der Verband in der B-erlchtszoit der beiden
setzten Jahre 36)< Millionen.
Uevcr die Berichte des Vorstandes waren scharfe Mcinungs-
-tämpfe zu erwarten, wär doch der Vorstand, unr den Verband
durch Zerrüttung durch kommunistische Umtriebe zu bewahren,
während der Berichtszeit dazu geschritten, eine Anzahl Mitglieder
aus dem. Verbände auszuschlictzen und die Vereine Chemnitz und
McherKleSm ganz änfMLfen. JuDefsen die OPPofitiv-n aus dem
Vervandsrag zeigte sich nicht nur schwach an Zahl, sondern auch
schwach an Geist, an Köpfen. Ausführungen FröNichs-Kölu und
anderer, und vor allem ein Schlußwort Paeplows von tiefem Emi-
druck, entzogen den kommunistischen Auffassungen und PraktAen
jeglichen Boden. Dazu ließ eine vom Verbandstag gewählte Be-
schwerdekoinmisston, der man alle Ausschlüsse zur Nachprüfung un-
terbreitet hatte, berichten, daß sie alle Ausschlüsse als zu Recht
vorgemmmen habe erkennen müssen, abgesehen vom Ausschluß
'-Maurs und neun Genossen (Zeitz), dis sie wieder in ihrem alten
Rechte einzuseyen beantragt. Sie billigt auch die Maßnahmen,
die der Zentralvorstand den Bez-irtsvereinen Chemnitz und
Aschersleben gegenüber ergriffen hat. Den ausgetretenen Mit-
gliödern jedoch, die aus Unlatz der Chemnitzer Vorgänge komwu-
uMschen Pairar-beiteror'gatrfsationen bcitraten, sollte der Eintritt
in den BariarSeiterverband bis zum 1. August wieder ermöglicht
Werden, und auf Unlcrslützungen, die an eine Wartezeit gebunden
sind, solle das Mitglied erst Anspruch Haven nach Ablauf von 6
Monate« vom Tage des Wiederauflebens der Mitgliedschaft an.
Neber den Wiedereintritt solle in jedem einzelnen Falle -er Bc-
zirksvereinsvorstand im Einvernehmen mit dein Hauptvorstand
entscheiden.
Diese-Beschlüsse wurden mit übergroßer Mehrheit angenom-
men. Uever sämtliche Anträge, -die sich mit der Schreibweise des
„Grundsteins" beschäftigen, ging der Verbandstag mit großer
Mehrheit zur Tagesordnung über. Er bestätigte mit übergroßer
Majorität den Neutralitätsbeschlutz des Karlsruher BerstHNds-
rages und stimmte der damals gesagten Resolution in allen Punk-
ten erneut zu. Der Antrag, die Amtsführung von Vorstand, Re-
daktion und BerbmM nusschutz zu billige" wurde mit allen gegen
etwa 8 Stimmen angenommen. Zur HAfe für das hungernde
Rußland wurden 500 000 Marl au den ADGB. überwiesen.
Dann hielt Paeplow den Vortrag zum zweiten Punkt der
Tagesordnung-. Aeuderung der VerbaNdssatzuug zur
Schaffung eines Bnugewerksbundes.
Als hier nur in großen Zügen augedentete prograzumatische
Aufgaben stellt sich -er Bund: „Vergesellschaftung des gesamten
Bau.- und Wohnungswesens, Beseitigung des Wohnung-Wuchers,
Erzeugung und Verteilung -er Baustosse sowie Herstellung aller
Bauwerke nach Bedarfs- und genieinwirtschasklichcn Grundsätzen."
Nachdem Paeplow betont, daß mit dem Programm nicht
etwa ein Abgehen von der bisherigen grundsätzlichen Einstellung
Les Vorstandes tmv Verbandes etwa im Sinne der „Weltrevo-lu-
tton" beachfichtigt sei, erstrecken sich seine Ausführungen aus die ein-
gehende Darlegung der für den Bund vorgesehenen beruflichen
Gliederung der Beitragsleistung u-sw. —
In der Diskussion sprachen dis beiden Vertreter des
Glaser sowie des Töpservervcmdes die freudige Bereitschaft ihrer
Organisation zur Betei-liMng au -er Gründung des Bundes aus,
wogegen die beiden Vertreter des Steinarbe-iterverbaudrs und
des Bundes der technisch-industriellen Angestellten sich zullt bisher
abweichenden Standpunkt ihrer Organisationen äußerten. Für
THeatSr, Kunst und Wissenschaft.
SLadLLHeater.
Die Regimentstochter.
Komische Oper in 2 Akten von G. Donizetti.
Bon -es Vielschreibers 66 Opern eine der Wenigen, die nicht
der Vergessenheit verfallen sind, im Gegenteil besonders in Deutsch-
land noch oft genug den Theaterzettel zieren. Wie die meisten der
Werke dieses fruchtbaren Komponisten, der nach Heinrich Heines
Pariser MnsUbriefen „in der Fruchtbarkeit nur noch von Kaninchen
Ühcrtrosseu würde", trägt auch dieses Werk lediglich dem Unter-
hallungsbcdürfnis Rechnung und drückt damit -en eigenen musi-
kalischen Wert so ftemftch auf das Niveau der Operette herab. Es
sind sicher ganz famose musikalische Sächelchen in der Partitur ent-
halten wie das große Duett Nr. 2, das seinkomische Trio Nr. 6,
voll Lebendigkeit und Frische das erste Finale, dafür sind wiederum
Muster von Trivialitäten vorhanden, die das Werk als Ganzes nicht
rmkrikisch einfach als Oper bezeichnen lassen. Was dem Werk eben
seine auch heute noch gültige Anziehungskraft verleiht, ist einmal
das alleweil bunte Su-nenbild, daun amu die größtenteils bescheiden
einfache r- somit -cickn fliehe Melodik, die mit Vorliebe verwen-
deten Tanz- und Marschrhythmen.
Tie Erstaufführung am Freitag unter Musikdirektor Paul Ra-
tz i gs Leitung war von einem irischen, flotten Tempo beseelt, wel-
ches die einem manchmal ankommende Langeweile rasch zu ver-
scheuchen vermochte. Ncber die Einzellcistungcn -er Solopartien
ist Gutes zu sagen. Eugcnie Casal in der Titelpartie im Anfang
nicht so ganz auf der gcwolntten Höhe, dann aber stimmlich Wie
darstellerisch eine echte Regimentstochter, die ihren Trommelwirbel
ebenso sein zu schlagen versteht, wie sie die Lieder und Coloraturcu
zwingt. Besonders gut gelang auch die Einlage der „Frühlings-
fti<imen" von Johann Strauß, so das; dieser Genuß als Entschädi-
gung für den Anachronismus der Einlage gelten soll. Auch Alfred
Schetters war als Tonio durchwegs von überraschender Güte
und der Erfolg diesen; Künstler gern zu gönnen. Ebenfalls Isolde
War neck, die ihre B'.-rctzesa mit Vornehmheit und Würde und
zu gegebener Zeit m.c -u -. Humor zu. geben wußte. Der bär-
veitzige Kriegsmann Sulpiz gab Karl Kruthofser Gelegenheit,
sich in gute Erinnerung zu bringe», zum mindesten nach der dar-
stelleriscWn Seite hin. Aus dem Angstmeier von Hofmeister, Hor-
iensio, machte Fred Schommer eine wirkungsvolle Karrikatnr.
Das Publikum nahm das Wert mit großem Beifall auf, es gab
Blumen in Menge und berechtigterweise wurde auch Musikdirektor
Radis in den tosenden Beifall eingeschloffen. Ein ausverkauftes
Haus? — Wegweiser, wie über die etwa- weniger theaterfreudige
Zeil Dee Sou s-natc ohne Vermehrung d«s Defizits binweg-
zukommen ist. F. M.

die Stsiuarbeiter wird der in vierzehn Tagen stattsindende Per
bandstüg die Fr-agz entscheiden. Falle die Entscheidung ablehnend
aus, so möge der Bauarbettervervand von Zwang und Heraus
beschwörung von Gren-zstreiti-gkeilen durch Nie Ausdehnung des
Orgautzsati-onsgebiets auf die Industrie der Steine ab letzen und
das Zustandekommen -er beiden Verbände der weiteren freien
Entwicklung Merlassen. -- Für Den Bund der technifchindnstrieil-
len Angestellten hat eine Reichskonserenz, an Der auch
Paeplow teilgenommen, beschlossen, das auch vom Bund Durch-
aus als notwendig erkannte und freudig begrüßte Zusammengehen
Von Hand- und Kopsarveitern im Baugewerbe vorläufig durch
ein Kartellverhältnis sicherzustellen, jedoch noch nicht bis
zur völligen Verschmelzung zu gehen.
Vor Beginn der Mtttwocynawmittaqssitzung war -er Leitung
-des Veribandstages bekannt geworden, daß Die Kommunisten
die organisierte
Störung des Verbandsragrs
Planken und ihre Anhänger zum „aktiven Eingreifen" ausgesorderl
hätten. Die Lolalkommissiou hatte deshalb dte Schließung der
Galerien ungeordnet.
Ueberfa« durch Kommunisten.
Kurz vor 5 Uhr wurde der Verbands tag von einer unter
konuunnistischer Leitung stehenden, woU über UM Personen
starken Arbeitermasse gesprengt. Die Demonstranten sprengten
einige Galerie- und Saaltüren und stürzten unter lautem Lärm in
den Saal, so -atz -der Vorsitzende die Sitzung schließen musste.
Die Demonstranten besetzten Ne GMerie und die Bühne sowie die
Gänge im Saale vollständig. Im Saale tarn es zu tätlichen
Angriffen gegen einzelne Delegierte. Verwünscl-uugcu gegen
Vorstandsmitglieder und gegen die Leitung -des Verbandstages
wurden taut. Man verlangte, daß der Vorsitzende spreche, der sich
aber weigerte. In dem Lärm ergriff ein tolumunistischer Dele-
gierter Das Wort, der zur' Besonne n heil m a h n t e. Nach
kurzer Zeit erschien der geistige Leiter der Demonstration, Fritz
Heckert, im SE und hielt eine längere Rede, in der er An-
griffe gegen einzelne VorstaMsmitgtieder und andere Personen
erhob. Er fand -en lärmenden Beifall der Demonstranten. Es
wurde verlangt, daß Der Verbandstag die Wiederaufnahme der
.auSMschlossenelt Kommunisten in den Verband beschließe. Hek-
kcrt selbst erklärte, für sich und einige andere Führer aus Ne Mit-
gliedschaft verzichten zu wollen. Von Den Teilnehmern Des Ber-
bandstags antworteten auf Fragen Heckerts das Vorstandsmit-
glied Etlinger und der Be zirtsleiier Hütt mau ui Kurz
vor 7 Uhr forderte Heckert die Demonstranten zum Auseinauder-
gehcu auf. Diese zeigten aber dazu zunächst keine Lust, schließlich
zogen sie aber unter dem Gesang der Internationale ab.
Der Bervnndstag verläßt Leipzig.
Bereits am' Abend zuvor war in einer von den Kommunisten
einberufeuen öffentlichen Versammlung, in der Heckert sprach,
zum „aktiven Eingreifen" aufgesordert worden; Kommunistische
Delegierte des Verbaudstages waren an der Aufforderung zum
Eingreifen und an -er Organifierung des Ueverfalls beteiligt.
Die große Mehrzahl der au dem -Sturm auf den Verba,r-dstag be-
teiligten Menge bestand aus jungen Burschen; von denen eilt gro-
ßer TM der Kommunistischen Jugend angehörte,. Auch
Frauen, bezw. junge Mädchen waren darunter. Die Zahl
der a>t dem Ueberfall beteiligten Bauarbeiter war nach Angabe
von Leipziger Gewerkschaften verhältnismäßig gering.
Kurz nach Auflösung der Demmistratiou traten Vorstand und
P-eirat des Verbandes zu einer Besprechung Mer dte Lage zu-,
saMmen. Die beiden Körperschaften schlugen vor, Leipzig zu Ver-
lassen, Der Verbandstag beschloß demgemäß und nahm schon am
andern Tage seine Arbeiten in Altenburg auf.
H ier referierte TöPf c r über
Lohnbewegungen und Reichstarif.
Töpfer wie Paeplow traten, -unter Gegeneinanderab-
wägüng der Vor- und NachteAe Kes neuen Reichstarisvertrags
für feine Annahme durch den Verbandstag ein, Wogemu Ne Dis-
kussion geteilter Meinung war. Die namentliche Abstimmung er-
gab mit 178 gegen 157 Stimmen Ne Ablehnung des Reichs-
tarifsvertrags. Darauf wurde ein Antrag, erneut Verhandlungen
anzuknüpsen, auf Anregung Paeplows zurückgezogen rind ein An-
trag ans Abschluß „autonomer Wirtschaftsbezirkstarife" gegen we-
nige Stimmen ab gelehnt.
Inzwischen war eine Abordnung des Leipziger Gewerkschafts-
kartells ciilgetrofseu und bat den Verbandstag, wieder zurückzu-
kehren nach Leipzig, Der Leipziger -Ge-werkschaftsa-usschus! sei in
der Lage, Sicherheit zu geben für die ungestörte Fortführung der
Tagung im Leipziger Volkshaus. Dieses Anerbieten wurde an-
genommen, und am andern Tage, am Freitag morgen um 8 Uhr,
na-lM der Verbaudsta-g feine Arbeiten wieder in Leipzig auf.
Altenburger Arbeitersänger hatten Mit ihren Liedern den „Tag
in Altenburg"' bsWlossen, -und MtenbuWer Arbeiterjugend- hatte
Mit -Gesang Dem stattlichen Zug der Delegierten zum Bahnhof
das Geleit gegeben.
In Leipzig wurde mit übergroßer Mehrheit beschlossen, daß
die Delegierten, die sich an der Vorbereitung des kommunistischen
Ueverfalls beteiligt Haven,, als ausgeschlossen gelten und das Lo-
kal sofort zu verlassen haben. Einige mit Namen genannte Dele-
gierte packten daraus ihre Sachen und zogen- unter Protest ab.
Dann wurde das Beraten über das Statut -es neuen Bau-
gewerkSbundes zu Ende geführt und gegen eine Stimme unter
-großem Beifall
die Gründung des BangewerkSbundes beschlossen.
Der Bund tritt -am i. Januar 1923 ins Leben; die Bestim-
mungen über Die Beiträge und Unterstützungen -gelten ab 1. Juli
ds. IS. Die vom Jugendtag in Leipzig beschlosfenon Richtlinien
für den Ausbau der Jugendabteilungeu des Bundes wurden vom
Verbandstag einstimmig beschlossen.
Bor der Gefamtävstimmung erklärte Paeplow, daß der
Bau-gewerksbuud jedes unzulässige Mittel zur Gewinnung von'
Angehörigen anderer Berufe ablehne und nett einigen ihn« nahe-
stehenden Verbänden (Fabrikarbeiter) ein Kartcllverhältnis an-
streben werde. Der Verbandstag beauftragte den Vorstand mit
den nötigen Ver-Haudlungen-.
Dann h-tött Dr. Jng. Martin Wagner unter gespannter
Aufmerksamkeit des Verbandstages ein Referat über die
Sozialisierung. Er gab einen Rückblick über Die Entwick-
lung der jungen Sozialifierungsbewegmtg der bangewerblichsn
Kopf- und Handarbeiter, wie sie ihren Ausgang nahmen von den
letzten Verbandstagen in Weimar und Karlsruhe durch die Grün-
dung
des Verbandes sozialer Bnubetrievc,
gegen den sich seitdem das ganße organisierte Mt-eruehmertum
wendet. Der feste Wille der ArbÄterschaft, -aus eigener K r a s t
Vorwärts zu kommen, müsse von assen soziMMchen. Parteien un-
terstützt werden. Bis jetzt sei -das nicht überall geschehen. Ttliber
Pessimismus fei nicht am Platze. Praktisch erprobte Wirtscha-s-ts.-
führer würden i-n sozialisierten Betrieben hcrangebitdct. EL sei
zu arbeiten in Gemeiusi-nn und Opferfreude, daun werde -der Er-
folg nicht lausblei-ben. (Stürmischer Beifall-)
Der Verbandstag nahm von einer Diskussion über den Vor-
trag Abstand. Gegen wenige -Stimmen wurde beschlossen, 5 -<L
der in die Bun-deshauptfasfe fließenden Beiträge znr Förderung

l der Sozialisierung -es Baugewerbes zu vertuenden. Ein weiterer
I Beschluß ruft die Berban-ds-mitglieder zur Bereitstellung chersön-
i l-icher Mitte- -durch die Entnahme von Schuldscheinen Des Ver-
i bandcs sozialer Baubetriebe auf. Die Mitglieder derjcuigen
> Vereine oder Bezirke, die für ihr Gebiet besondere Sozialisieru-ngs-
beträge beschließen, werden verpflichtet, Die beschlossenen Beiträge
ebenfalls zu zahlen. Einstim-m-ig wurde gefordert, daß sich der
Gewerkschaftskongreß mit der Sozialisierung beschäftige. Der
Verbandstag legt dem Kongreß mehrere auf die Sozialisierung be-
zügliche Anträge vor. Nach Annahme einiger weiterer Anträge
zur -Sozialisierng hielt Genosse -Gustav H e-i-nke sein Referat
über den Bauarbeiterschutz,
in dem er mit reichhaltigem Zahl-c-nmateri-a! unter lebhaftem- Bei-,
fall Ne iwtwcn-digteil der Verbesserung des Schutzes für Leben
und Gesundheit des Bauarbeiters begründete und insbesondere
auch die Anstellung weiterer Baukontrolleure und eine bessere Be-
zahlung Dieser Kontrolleure forderte. Eine entsprechende Entschlie-
ßung wurde einstimmig angenommen.
Mn letzten Tage kam zunächst ein ciugegauge-ner Protest gegen
den Ausschluß der Delegierten B ö s ch e u - Solingen und Wal-
ter-Halle und ihre Verweisung vom Verbandstag zur Entschei-
dung. Diese B es chw erde ko mm ission beantragte über den Ausschluß
geheime Abstimmung. Einigen anderen Abgeordneten, die aus
dein Verbandstag kommunistische Flugblätter gegen den Ver-
vandsvorstand verbreitet und den wmnuttitfMcherr Neberfall be-
günstigt haben, beantragte die Beschwerdekommissisn eine scharfe
Rüge zu erteilen. Die geheime Abstimmung ergab 206 für und
145 Si-emttten gegen den Ausschluß. Paeplow erklärte nach der
Abstimmung, -daß -ie Ausgeschlossenen später wieder ausgenom-
men werden könnten, wenn sie bewiesen hätten, daß sie nichts
mehr gegen den Verband unternehmen.
Es wurden dann die Wahlen -vorgcM-mmen. Genosse Et-
linger scheidet aus dem Vorstande aus, um sich im Verband
sozialer Bailbetriebe ganz der Sozialisierung zu widmen. An sei-
ner Stelle wurde Genosse B e r n h ard - Hamburg, als Leiter der
Abteilung der Statistik und Literatur gewählt. Der bisherige
Schriftleiter Otto wird Obmann der Reichsfachgrnppe der Erb-
lind Tiefbauarbeiter; an seine Stelle tritt der bisherige Mitschrift-
teiter Tielbe r g. Reu gewählt wurde Genosse H. Niendorfs
als Leiter der Jngendabteilung. Jur übrigen- wurde der bisherige
Vorstand mit überwältigender Mehrheit wiedcrgewÄHlr. Dann
Wurden 30 Vertreter zum Gewerkschaftskongreß gewählt. Die in
Karlsruhe beschlossenen AnstellungsbediuMngeit für Die Ber-
bailbsangestellten wurden mit unwesentlichen Aenderungen wieder
bestätigt.
Damit hatte Der Verba-n-stag sei-ne Arbeiten erledigt. In
sei mm. Schlußwort wies Paeplow aus die große Bedeutung Der
Tagung hin, aus die Schaffung Des Baugewerksbnndes und die
Förderung -der Sozi-alisternn-g. Er forderte die Abgeordneten auf,
Die ganze deutsche Arbeiterschaft aufzurüttelu zum Mampf für Ne
Sozialisierung und zur Abwehr der konzentrierten Angriffe der
Unternehmer, aber auch zum Kamps gegen die Diktatmgettiste Der
Kom-munisten. Der stürmische Beifall zeigte, daß die Anfsordcrttng
Paeplows auf fruchtbaren Boden gefallen ist.

KsmMimaLeS.
Die neue bad. Gemeindeumanschlags- und
Rechnungsordnung.
iv. .
Bemerkungen.
Zur Genieitchcwca-auMiagsordnlNtg. Der Voranschlag wird
künftig nicht nur nach seiner Form, sondern nach ferne»« ganzen
vrgaiMchen finanziellen Aufbau von seiner bisherigen Gestalt we-
sentlich verschieden sein. Die schon vor 20 Jahren von estrem
badischen Lanotagsabgeordnetcu als „mysteriös" (d. h. nn-ver-
stänDlich), bezeichnete Abrechnung zwischen Grundstock und Wirt-
schaft kommt in Wegfall. An seine Stelle treten jedermann ver-
ständliche Berechnungen znr Erhaltung des Vermögens auf
Grund von Beschlüssen des Bürgerausschufses (Rücklagen uiw.).
Die Ergebnisse Des lausenden Rcconüngsjahres haben auf die Ge-
staltung des Voranschlags des nächsten Rechnungsjahres keinerlei
Einfluß mehr. Berücksichtigt werden dagegen dis Ergebnisse
(Nebelschütz oder Fehlbetrag) Des letzten abgeschlossenen Rech-
nungsjahres, soweit der Bürgcrausschutz schon darüber Beschluß
gefaßt hat. Diese Bestimmung ist wichtig, einmal Wei! Der Bür-
geMUsschutz nunmehr im Gegensatz zu Dem bisherigen Zustand —
seine Finanzkontrolle in vollkommenster Weise ansüven lann,
vielleicht aber auch deshalb, weil dadurch eine klar.- und stetige
-Finauzgevahrung gewährleistet wird. Etwas unklar ist die Frage
der Behandlung der „außerordentlichen Ausgaben". Was unter
a. o. Ausgaben zu versiehe« ist, ist oben (GBO.) erläutert-, I« der
Regel wird die Sache doch so sei«, daß die Mittel für außerordent-
liche Unternehmungen durch besondere Kredite (Anleihen) vom
BttiMpausschnb bewilligt Wersen; ein unmittelbarer Zusammen-
hang solcher Ausgaben mit dem Voranschlag besteht also nicht.
Die Bestimmungen über die AusgleichUM von Bermögens-
einbutzen (Rückstellungen zur Ausgleichung der Entwertung von
Der Abnützung mtterworsenen VermögensteAe« und die Aus--
gü-ichung einmaliger Vermögettsverluste) sind anfechtbar. Unter
dem Gesichtspunkt -er gegenwärtigen WirtschaftKlage und der
Marikeutwsrtung können Abschreibungen und entsprechend--. Rück-
lage» -aus den G-oldmariwcrteu ihren Zweck der späteren Erneuer-
ung -des Vcrmögensteils niemals erfüllen. Dieses Verfahren ist
weiter nichts als eine im Prinzip richtige, in der Ausführung aber
fast werkloss Formel. Bei den Fahrnis-w-ertcn insbesondere kommt
noch der Umstand hinzu, daß, wenn nur der Anschafsimgswert
zugrunde gelegt wird, Goldmark und Papi-ermarkwerre zusam-
menMrechueu sind, die Grundlage also eine recht verworrene ist.
-Hier sollte, wenn irgend möglich, noch eine bessere Lösung gefun-
den werden. Was weiterhin den Ausgleich von Vettnögeusver-
lu-steu vetvisft, so erscheint diese Bsfttunmmg einseitig, da ist auf
Pcr-mögonsvermchrungcn, -die tatsächlich Durch Verkehrs- und sonc-
stige Verbesserungen zufolge der Tätigkeit Der Gcmeindeverwnl-
k-nug stattfinDc-n, die zahlengemätz -aber nicht oder wenigstens lischt
sofort iu die Erscheinung treten, keine Rücksicht ui-mpu. An dem
Grundsatz muß festgehaltsu werde»-! das Vermögen (Grundstock)
darf sich nicht vermindern; zu einer Bermehrrm-g ist sic Gemeinde
nicht verpflichtet. Um aber feststellen zu können, ob sich das Ver-
mögen vermehrt oder vermindert hat, »der ob es nnverändett ge-
blieben ist, mutz eine einheitliche GrmMage, ein fester Vermögens-
begriff. möglichst Dem praktischen llaufmä-nnischen) Leben entlehnt,
geschaffen, und es müssen alle Umstände berücksichtigt werden, die
aus -Die Verurögeusbi-td-nug und VermSgens-veränderurrg von Ein-
fluß sind. Diese Voraussetzungen sind in den Vorschriften der
GRO. nicht gegeben.
Die GBO. empfiehlt sparsame und wirtschaftliche Verwendung
der bewilligten Mittet- Das ist heute eige-utt-ich se-lbstverständl-ich:
aber es kann nicht schade», wenn Diese zum Eieineinplatz gewor-
dene Mahnung in der GBO. wiederholt wird. Das Gebot der
„Sc-lbitcryaunng" wird sür -das übrige sorgen.
H-iustchKich der Form Des Voranschlags regen wir em, je eine
weitere Spalte sür. Zu und Ueverfchüssc vorzu-sstte«. Das Hal sich
-in anderen Ländern als zweckmäßig erwiesen, weil dann rasch
und leicht die endgültige finanziöle Betastung der einzelnen Ver-
waitungszwctgk oder etwaige Ein-nahmettberschnssc festgrftellt
Werden lömien. * (Forts, folgt.)

„Volkszeitung"
Telesonanrus: —2^
AiizemenMnnahme: Nr.
. Reduktion: Ar. M48
 
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