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Wachsmuth, Curt
Die Stadt Athen im Alterthum (Band 2, Erste Abtheilung) — Leipzig, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.12671#0380
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354

Die Agora

kamen und auf Staatskosten gespeist wurden1), und bei der
sie andrerseits ihren Gerichtsstand (als Collegium) hatten2).
Allein es ist sehr wahrscheinlich, dass die drei oberen Ar-
chonten mit den sechs unteren zusammen, also ebenfalls in
diesem Gebäude speisten3)-, und der Name Thesmothesion
kann allgemeinerer Bedeutung sein, da nicht selten und
wahrscheinlich schon in der Solonischen Verfassung auch
alle neun Archonten Thesmotheten genannt wurden4). Un-
zweifelhaft darf man aber dies Gebäude an der Agora
suchen, höchst wahrscheinlich auch auf der Südhälfte der-
selben 5).

1) Die Zeugnisse sind Bd. I S. 482 Anni. 2 zusammengestellt;
hinzuzufügen ist nur noch Gloss. zu Herodot. I 146 (Bd. II S. 451, 38
der grossen Ausg. Stein's) -rrpuTOivelov. öecuoöeciov, GöXoc Kai toö cvtou
Qr\KY], Vgl. Preller, Demeter und Persephone S. 341 Anm. 26 und
Hermann, gr. Staatsalt. § 227 Anm. 17 S. 489 5. — Uebrigens empfiehlt
Lobeck, Phrynich. S. 519 die Form 6ec|ao6exiov.

2) Suid. u. d. W. otpxujv = Bekker's An. Gr. I S. 449, 22 oi Bequo-
Gexai (Ka6f]VTo) Trapä rö 6ecuo0eaov.

3) So vermuthete schon Schümann, gr. Alterth. PS. 427.

4) Vgl. z. B. Hermann a. a. 0. § 138 Anm. 3 und Bergk im N.
Phein, Mus. XIII S. 449.

5) S. Bd. I S. 164, wo von dem kühnen Versuch Köhler's, das
Thesmothesion bestimmt in die Nachbarschaft des Buleuterions zu ver-
legen, gesprochen ist; er glaubt jetzt in den Mitth. des ärck. Inst. III
S. 144 ff. eine Bestätigung dieser Annahme in den drei Inschriften (aus
römischer Zeit) gefunden zu haben, welche Widmungen einzelner
Archonten und des Schreibers der Thesmotheten an den Apollon Hypa-
kraios bezeugen , da er diese sich r nur aus der Nähe des Thesmothe-
sion beim Apollonheiligthum' erklären könne, welche selbst die Ver-
anlassung war, dass Apollon „von den im Thesmothesion speisenden
Kommensalen als Tischpatron verehrt wurde". Ich gestehe, dass mir
diese 'Bestätigung' beinahe noch kühner erdacht erscheint, als die ganze
Vermuthung, die gesichert werden soll. Dass die Nähe eines Heilig-
thums, die hier noch dazu an sich keine sehr bedeutende gewesen sein
kann und in doppelter Weise, da wir auf der einen Seite ein Grotten-
heiligthum, auf der andern ein geschlossenes Gebäude haben, der un-
mittelbaren Wahrnehmung entzogen wurde, eine solche Wirkung hervor-
brachte, wie die hier supponirte, entbehrt gewiss in hohem Maasse
der Wahrscheinlichkeit. Wenn wir abtretende Archonten diesem Gotte
Weihgeschenke stiften sehen, so ist daraus meines Erachtens eben ein-
fach die Folgerung zu ziehen, dass irgend ein (uns bisher unbekanntes)
Verhältniss der Archonten zu dem Gotte bestand, was ja kaum über-
 
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